MMtarjustkz. Aus Halle a. S. berichtet man uns unterm 2. Juni: Die militärischen Dienstinteressen waren heute vor dem Kriegsgericht wieder einmal gefährdet, als gegen den Leuwant Wilhelm v. Beaulieu vom Füsilier-Regiment Str. 8S verhandelt wurde. Der Angeklagte war Adjutant bei dem 3. Bataillon und ist wegen Mißhandlung seines Burschen nach dem 1. Bataillon versetzt worden. Er nahm vor der Anklagebank auf einem Stuhle Platz und wurde der Miß- Handlung, des Mißbrauchs der Dienstgewalt, der Beleidigung Unter- gebencr usw. beschuldigt. Die Verhandlung, die von früh 8 bis abends nach 6 Uhr dauerte, war nicht öffentlich. Es toar aber schon vor der Verhandlung öffentlich bekannt geworden, daß der Leutnant mit seinem Burschen ein sehr böses Spiel trieb. Die Burschen wurden ihm schließlich entzogen. Das Gericht verurteilte den Angeklagten wegen Mißhandlung, vorschrifts- widriger Behandlung in mehreren Fällen usw. zu 21 Tagen Stuben- arrest und verkündete öffentlich, daß er den Burschen Rosenkranz geohrfeigt, mit dem Reitstock geschlagen und nachts im Bett mit Wasser beschüttet habe. Die Beleidigung wurde darin erblickt, daß der Bursche dem Leutnant bekennen mußte, er. nämlich der Bursche, seteinunverschämterHalunke. Oeftcrrdch. Der Streik der Studenten. Wie», 3. Juni. (Privatdepesche des„Corto.".) Die Schließung der JnnSbrucker Universität, die die Regierung unter dem Druck der Klerikalen vornahm, hat wie der Funke im Pulverfaß gewirkt. Die freiheitlichen Studenten, Deutsche wie Tschechen , haben den Universitätsstreik beschlossen. Auch die technischen Hochschüler schlössen sich dem Streik an. In G r a z, Prag und Brünn sind die Hochschulen bereits geschloffen und die übrigen dürsten morgen nachfolgen. Erbitterung ruft das schwächliche Verhalten der deutsch -bürger- lichen Parteien hervor, die aus feiger Rücksichtnahme für die verbündeten Christlichsozialen das Verhalten der Regierung ent- schuldigen. franhmcb. Arbeitermord. Paris , 2. Juni. Heute nachmittag entstand in V i g n e u x bei Paris zwischen streikenden Steinbruch- a r b e i t e r n und Gendarmen, welche die am Streik nicht beteiligten Arbeiter in Schutz nahmen, ein H a n d- g e m e n g e, wobei die Gendarmen umzingelt wurden und „gezwungen" waren, � von der Waffe Gebrauch zu machen. Ein Streikender wurde getötet, sechs wurden verletzt, davon einer schwer, von den Gendarmen wurden vier, zum Teil erheblich, verwundet. Soweit die offiziöse Nachricht. Die„Petite Rspublique" gibt dagegen nach einem Telegramm des „B. T." folgende Darstellung: Der Streik von V i g n e u x dauert bereits seit einem Monat. Die Arbeiter der Sandgruben, meist fremde Staats- angehörige, hatten Lohnerhöhung und gewisse Er- leichterungen verlangt, die die Gesellichast, der die Sand- gruben gehören, abgeschlagen hatte. Aber bisher war der Wirt- schaftliche Kampf auf beiden Seiten ruhig geführt worden. Außer einigen kleinen Reibereien war nichts Bemerkenswertes vor- gefallen. Alles deutete darauf hin, daß der Streik bald beendigt werde. Da kamen vor einigen Tagen die Arbeitgeber auf den Gedanken, einige B a g g e r m a s ch in en, die den Sand des Seineflusses ans llfer schaffen, wieder in Gang zu setzen. Man holte Arbeiter von auswärts herbei und ließ diese Arbeiter durch Gendarmen bewachen. Von nun an kam es wiederholt zu Streitigkeiten. Gestern stüh wurde ein Gendarm von einem Arbeiter geneckt und beschimpst. Man verfolgte ihn, aber es gelang ihm, zu entfliehen. Nachmittags drangen 12 Gendarmen ins Ease in der Avenue du Lac, das in Vigneux als Stammlokal für Streikende gilt. Mehr als 300 Arbeiter, unter ihnen Frauen und Kinder, waren im Saale und vor dem Hause versanimelt. Die Gendarmen erkannten in der Menge den Mann wieder, mit dem sie vormittag den Streit gehabt hatten und wollten ihn arretieren. Die Arbeiter verweigerten seine Aus- lieferung, es kam zu Drohungen und, wie die Gendarmen sagen, zu Sie in würfen. Auch ein Schuß soll gefallen sein. Fest steht nur, daß die Gendarmen mit Revolvern und mit Lebel-Gewehren die Leute in das Haus zurück- drängten und Schüsse auf die Menge abgaben. Die Gendarmen sagen jetzt aus, sie hätten nur gegen die Decke ge- schössen, aber ein Toter und sechs Verwundete beweisen, daß die Kugel auch andere Ziele gesucht haben. Angstgeschrei ertönte, die Arbeiter versuchten durch die Fenster zu fliehen, aber zwei Gendarmen hatten auch die hintere Seite des HaufeS gedeckt und empfingen die Fliehenden mit Flinten- s ch ü s s e n. Diese Handlungsweise wird sich schwer verteidigen lassen, wenn es. wie es scheint, zu einer Kammerdebatte über diesen Vorgang kommen sollte. Auch die Gendarmen wurden hart bedrängt; wer von ihnen wurden durch Schläge mit Flaschen ernstlich verletzt. Die Stimmung der Bevölkerung richtet sich gegen die Behörden. Eine Untersuchung ist eingeleitet. Die„Petite Röpublique" ist ein r e g i e r u n g s f r e u n d- l i ch e S Organ. Um so schwerer wiegt es, daß diese Dar- stellung auf das klarste beweist, daß die u n v e r s ch ä m t e n Provokationen der Gendarmen es waren, die einen Zusammenstoß geradezu herbeiführen mußten. Dann aber haben die Gendarmen wie tolle Mörder gegen die Un- bewaffneten und Fliehenden gewütet. Herrn Clemenceau hat nur noch das blutige Blatt des Arbeitermordes zu seinem Ruhmeskranz gefehlt. Nun hat er auch dies errungen.— Italien . Die Scharfmacher gegen die streikende» Landardeiter. Rom , 3. Juni. Mehrere Abgeordnete der Provinz Parma haben gestern die Regierung über die Ausschreitungen der Streikenden in der Umgegend der Stadt Parma i n t e r- p e l l i e r t. Der Unterstaatssekretär des Innern Facta erklärte, die in Frage stehenden Handlungen seien Attentate gegen die Arbeits- und Bewegungsfreiheit gewesen, und ihre Urheber seien bereits vor Gericht zur Verantwortung gezogen. Die Regierung habe bereits eine Note an den Präfekten von Parma gerichtet, worin ihm genaue Instruktionen erteilt werden, um die Wiederholung ähnlicher Auf- tritte zu verhindern. Spanien . Gegen das Duell. Madrid , 2. Juni. Im Senat brachte der Justizminister eine Gesetzesvorlage ein, nach der da? Duell abgeschafft und an dessen Stelle ein zivil- beziehungsweise ehrengerichtliches Verfahren treten soll.—_ Beseitigung des Ausnahmezustandes. Madrid , 2. Juni. Der Ministerrat beschloß, die konstitutiv- nellen Garantien in den Provinzen Barcelona und G e r o n a wieder herzustellen. Das Dekret wird morgen vom König unterzeichnet werden. Die Aufhebung der konstitutionellen Garantien erfolgte bekanntlich zu Ende des ver- Sangenen Jahres aus Anlaß der Bombenexplxsion in Barcelona am lorabend des Weihnachtsfestes.— Gtigland. Budgetdebatte. London , 2. Juni. Unterhaus. Nach zweitägiger Debatte ist die zweite Lesung des Finanzgesetzes angenommen lvorden, nach- dem der Oppositionsantrag, der eine Erweiterung auf Grundlage der Besteuerung forderte, mit 867 gegen 124 Stimmen abgelehnt worden war. Die Redner der Opposition kritisierten das Budget hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Beschaffung der Mittel für die Alterspensionen und für weitere Schiffbauten im nächsten Jahre nicht vorgesehen seien. Premierminister A s q u i t h verteidigte die Budgetvorlage nachdrücklich, betonte die außer- ordentliche Verminderung der Staatsschuld und erklärte, daß der FreihandelEngland eine finanzielle Festigkeit gegeben habe, auf die England stolz sein könne, und die das Land m den Stand setze, ferneren Ausgaben zu be- gegnen._ Der erkrankte Adressat. London , 3. Juni. Lord Tweedmouth, der unter Campbell Bannerman Marineminister war und dem Kabinett Asquith als Präsident des Geheimen Rats angehörte, ist schlver erkrankt. Es haben sich bei ihm schwere geistige Störungen gezeigt. Das Ausscheiden aus dem Kabinett ist bald zu erwarten. Lord Tweedmouth hat bekanntlich als Marineminister jenen aufsehen- erregenden Brief vom deutschen Kaiser empfangen. Rußland. Ernstliche Unordnungen. Petersburg, 2. Juni. Die D u m a verhandelte in ihrer heutigen Abendsitzung über eine Interpellation wegen des B r a n d e s auf den Obuchowschen K r o n g u ß st a h l f a b r i k e n am 25. April d. I. Nachdem der Gehilfe des Marineministers u. a. die Erklärung abgegeben hatte, daß zehnBeamte wegen gesetzwidriger Untätigkeit gerichtlich belangt worden seien, sprachen sich Redner aller Parteien für die Annahme einer vom Referenten Purischkewitsch(Extreme Rechte) eingebrachten Resolution aus, die das Vorhandensein ernstlicher Unordnungen, auf welche der Feuerschaden und die dadurch bedingten Verluste zurück- zuführen seien, anerkennt und die Bildung einer Regierungskom- Mission zum Zweck der Revision der Krongußstahlfabriken und Aus- arbeitung wirksamer Matzregeln zur Verhütung von FeuerSbrünsten für notwendig erachtet.—_ Die Arbeiterfrenndlichkeit der Herrenduma. Als der Vertreter der Petersburger Arbeiter, Genosse P o l e t a j e w, während der Debatte über den Etat des Handels- Ministeriums in der Duma erklärte, daß die russische Arbeiter- klaffe von dieser Duma nichts erwarte und nur auf ihre eigene Kraft, auf ihre ökonomische und politische Organisation rechne, ent- gegnete der Oktobrist Dmitrjukow, dqß die Arbeiterfrage zweifellos in der dritten Duma ihre Lösung finden werde, wenn nur die Arbeiter Geduld haben und nicht wieder zu revolutionären Mitteln greifen würden, die die friedliche Lösung dieser Frage nur verzögern könnten. Es verging aber kaum ein Tag, und die Partei- genossen des Herrn Dmitrjukow demonstrierten ihre„Arbeiter- freundlichkeit" in so schlagender Weise, daß der wahre Charakter ihrer Bestrebungen keinem Zweifel mehr unterliegt. Bei der Erörterung der Frage, ob die sozialdemokratische Interpellation wegen der Verfolgung der Gewerk- schaften in der Duma verhandelt werden sollte, sprach sich näm- lich die oktobristische Majorität der Jnterpellationskommission mit 10 gegen 6 Stimmen gegen die Besprechung der Interpellation aus. Besonders interessant waren hierbei die Argumente, die der Vertreter der Majorität, der Okwbrist G o l o I o b o w, gegen die Interpellation vorbrachte. Mit zynischer Offenheit erklärte er, daß die allerorts stattfindende polizeiliche Schließung der Gewerkschaften nicht ungesetzlich sei, weil der verstärkte und außerordentliche Schutz der Administration dieses Recht verleihe! Wolle man— so fügte dieser Apologet des verstärkten Schutzes höhnisch hinzu— der Administration dieses Recht nehmen, so müsse man ein Gesetzes- Projekt betreffend die Abschaffung des Ausnahmezustandes über- Haupt in der Duma einbringen. Und was die Anschuldigung wegen ungesetzlicher Auslegung des Vereinsgesetzcs seitens der Administra- tion betreffe, so sei die Erörterung dieser Frage Sache des Senats und nicht der Reichsduma. Vergebens wiesen die Vertreter der Opposition darauf hin, daß man mit solchen Argumenten jede Interpellation unmöglich machen könne. Die Blockbrüder verschanzten sich hinter dem Ausnahme- zustand, um dem Vertreter der Arbeiterklasse die Möglichkeit zu rauben, die Gewaltpolitik der Regierung an den Pranger zu stellen. Die feige Furcht der„führenden" Dumapartei vor den Anklagen des Proletariats kennzeichnet besser wie alles andere die gepriesene.Arbeiterfteundlichkcit" der Herrenduma. )Marohho. Ei« Dementi. Paris , 2. Juni. Eine Note der„Agence Havas" stellt formell in Abrede, daß die Mitteilung an die Signatar- mächte der Algecirasatte betreffend die Instruktionen für General d'Amade infolge von Reklamationen Deutsch- lands erfolgt sei._ Huö der partei* Vom Fortschritt der Presse. Die„Fränkische TageS- p o st" zu Nürnberg gibt bekannt, daß sie mit der bevorstehenden Aenderung ihres Formats auch eine Bereicherung ihres Inhalts er- halten wird. Eine Unterhaltungsbeilage soll fünfmal wöchentlich erscheinen. Außerdem soll als W o ch e n b e i l a g e „Der Volksbildner" erscheinen, ein Organ für alle Bildungs- bestrebungen. Ueber seine Aufgaben sagt die„Tagespost", es solle „unter Mitarbeit hervorragender Kräfte eine Beilage herausgegeben werden, die den Zweck verfolgt, nach einem einheitlichen Plan in systematischem Aufbau, in einfachster und leichtester Form, ohne Boraus- fetzungen irgendwelcher Art, aber mit dem ganzen Ernst redlicher Forscherarbeit, die Massen deS Volkes in die Wissenschaft einzuführen. Diese Beilage soll ersetzen, was die Volksschule versagt: eine allmähliche wissenschaftliche Vorbereitung für die heutige tätige Welt deS politischen und sozialen Lebens, damit jeder befähigt wird, über ihre Rätsel selbständig nachzudenken, ihre Aufgaben zu erkennen und an ihrer Lösung in freier Selbsttätigkeit mitzuwirken. Diese Bei- läge, die zum Aufbewahren bestinunt ist, wird sich so nach und nach zu einem großen umfasjenden Arbeiter- und Volkslesebuch gestalten, das ein stetiger guter Begleiter und Führer durch die Wirrsale des heutigen Daseins sein wird." Die Landeskonferenz der sozialdemokratischen Partei Sachsens wird vom Zentralkomitee zu Montag, den 10. August, nach Plauen einberufen. Die Tagesordnung umfaßt neben den geschäftlichen Angelegenheiten auch die Punkte: Die Wahlrechtssrage. Referent: Richard I l I g e. Das Vereins- und V e r s a m in- lungsrecht. Referent: Richard L i p i n s k i. Sozialdemokratische Kommunalkonfercnz in Schweden . Am Mittwoch, dem Tage vor der Eröffnung des Parteitages der schwedischen Sozialdemokratie, fand im Volkshause zu Stock- Holm eine Konferenz der Gcmeindevertretcr der Partei statt. Es waren 23 Vertreter aus 17 Städten und Orten anwesend. Der wichtigste Punkt der Verhandlungen war das Kommunal. Programm der Partei, das allgemein als mangelhaft und verbesserungsbedürftig bezeichnet wurde. Nach gründlicher Aus- spräche darüber wählte man ein Komitee, das Vorschläge zur Revision des Kommunalprogramms ausarbeiten soll, um sie dem Parteitag zu unterbreiten. Sodann wurde über die Frage beraten, «tuf welche Weis« ein Zusamittenärbeiten der sozia!« demokratischen Gemeilndevertreter am besten ge- regelt werden kann. Der Lteferent Fredrik Nilsson sprach sich dafür aus, daß ein Zusammenschluß der Gemeindevertreter des ganzen Landes geschaffen werde. Durch regelmäßig wieder- kehrende Kommunalkonferenzen, verbunden mit Vorlesungen und praktischen Kommunalstuoien, sowie durch Schaffung einer Auf- klärungs- und Vermittlungsstelle könne viel geleistet werden, um die Gemeindevertreter der verschiedenen Orte miteinander in Ver- bindung zu bringen und sie besser für ihr Amt auszurüsten.— Die Konferenz wählte dann einen Jnterimsvorstand für die Organisation oer Gemeindevertreter, deren konstituierender Kongreß Anfang nächsten Jahres abgehalten werden soll. polttxffiche«, ßmcvuiekcs ulw, Redakteurfreude». Am Dienstag hat Genosse Leopold vom „Volksblatt für Halle" eine Gefängnis st rafe von sieben Monaten angetreten. Strafkonto der Presse. Wegen Beleidigung einer Gemeinde- Verwaltung wurde Genosse Burgemeister von der„Ober- fränkischen Volkszeitung" zu Hof zu 30 Mark Geld st rafe verurteilt._ GewerhrchaftUcbea. Neues vom Streikbrecherschutz. In Heroldsberg bei Nürnberg wurde der Maurer Heid von seinem Berufskollegen Wedel mit einer Latte über den Kopf geschlagen, so daß er sich die Zunge blutig biß. Heid rief im Aerger:„Das hast Du gewiß gern getan, Dich krieg ich schon." Er machte Anzeige, der jedoch keine Folge ge- geben wurde. Dafür bekam er aber eine Anklage wegen— eines Vergehens gegen den berüchtigten§ 153 der Gewerbeordnung. Damals standen nämlich zufällig die Maurer in einer Lohnbewegung, und ebenso zufällig gehörte der schlag- lustige Wedel zu den Arbeitswilligen. Obwohl während der ganzen Affäre kein Wort von der Lohnbewegung gefallen war, sollte Heid durch die obenerwähnte Aeußerung den Wedel zur Teilnahme am Streik haben zwingen wollen? Das Schöffengericht Erlangen mußte auf Freisprechung erkennen, aber der Fall zeigt wieder einmal mit voller Deutlichkeit, welchen Schutzes sich die nützlichen Elemente erfreuen und wie leicht Anklagen wegen Verrufserklärung erhoben werden. veuvkckes Reich. Der Streik der Töpfer in den Deutschen Steinzeugwerkcn Krauschwitz u. Lugknitz ist beendet. Die Arbeiter mußten angesichts der ungünstigen Konjunktur einen Vergleich eingehen. Es wurde ein gemeinsamer Tarif geschaffen, was für Lugknitz ein Vorteil bedeutet, da dort bisher nach Willkür gezahlt wurde. Der Tarif ist auf 2 Jahre abgeschlossen, außerdem wurde die Organi- sation anerkannt. Leider verhinderte die schlechte Konjunktur, daß alle Streikenden wieder eingestellt werden konnten. Die in den Werken nicht mehr Beschäftigung Findenden werden von der Or- ganisation Weiter unterstützt. Die Firma hat sich indessen ver- pflichtet, bei Neueiustellungen zunächst die alten Leute zu berück- sichtigen. In Frei waldau(Bezirk Liegnitz ) sind zirka 90 im Zentral- verband organisierte Scheibcntöpfer in den Angriffstreik eingetreten, weil da» Unternehmertum die geforderten Löhne nicht bewilligen wollte. Diese Arbeiter bezogen bisher ta»hl die niedrigsten Löhne ihrer Branche in ganz Deutschland . In'der Braungeschirrtöpferei hat sich bisher die Krise wenig bemerkbar gemacht. Die Konjunktur ist im iGegenteil eine gü-nstige zu nennen, so daß ein baldiger guter Ausgang des Kampfes zu erwarten ist. UnternehmerterroriSmuS. Welches Geschrei über sozialdemokratischen TerroriSmuS würde in der kapitalistischen Presse wohl werden, wenn Arbeiter an ihre Arbeitgeber oder deren erste Hausknechte die kategorische Forderung stellen würden:„Raus aus dem Unternehmcrverband!" Sicher würde man die Staatsanwaltschaft an ein halbes Dutzend Strafparagraphen erinnern, auf Grund deren man gegen die Terroristen vorgehen solle. Ueber den terroristischen Gewaltakt der Direktion der Ham- bürger Straßenbahngesellschaft hat sich die mit fetten Unternehmer- annoncen gespickte bürgerliche Presse Hamburgs noch nicht aufge- regt, wohl weil sie die Meinung vertreten, der wirtschaftlich Schwache müsse sich fügen. Die Direktion der 10 Prozent-Gesellschaft erklärte der am Man- tag bei ihd vorstellig gewordenen Kommission, welche die Wieder- einstcllung der sechs gemaßregeltcn Beiratsmitglieder verlangte, „noch sei sie Herr im Hause, denn sonst würde sie sich mit Haut und Haaren dem Transportarbciterverbande verschreiben". Also erst Verzicht auf die Verbandszugehörigkeit, dann könnt Ihr weiter im Interesse der Dividenden- und Tantiemenschlucker bei miserabler Bezahlung— das Fehlende zahlt das Publikum in Gestalt von Trinkgeldern— Dienste tun, bis Ihr dienstunfähig seid und wir Eurer nicht mehr bedürfen! Das ist der Standpunkt der„humanen" Direktion, auf den aber die Gematzrcgelten nicht eingegangen sind. Sie weisen dieses� ungeheuerliche Ansinnen als mit ihrer Ehre und Ueberzeugung unvereinbar zurück. Das Verlangen der Direktion auf Gesiunungsvcrkauf müßte die schärfsten Maßnahmen der An- gestellten zur Folge haben.„Die Gemaßregclteii erklären jedoch, auf das zweifelhafte Vergnügen, bei der Straßenbahngesellschaft beschäftigt zu sein, zu verzichten, und raten dringend davon ab. daß die Kollegen irgend etwas in ihrem Interesse unternehmen." Die Gemaßrcgelten sprechen die Erwartung aus, daß alle Kollegen sich dem Transportarbeiterverbande anschließen werden. Diese würdige und charakterfeste Erklärung hat großen Ein- druck auf alle Angestellten gemacht und wird nicht verfehlen, diese in Scharen der Organisation zuzuführen. So hat sich der Brutali« tätsakt als ein Teil von jener Kraft erwiesen, die das Böse gewollt. aber das Gute gebracht hat._ Maifeier und Hamburger Gewerkschaftskongreß. Mit dieser Frage beschäftigten sich die vereinigten Gewerkschaften Nürnbergs . Nach erschöpfender Diskussion wurde beschlossen, dem Bureau des Hamburger Gewerkschaftskongresses folgende Resolution zu übermitteln: „Die Delegierten der Gewerkschaften Nürnbergs haben sich einstimmig dahin ausgesprochen, daß die Maifeier in der von der Generalkommission mit dem Parteivorstand vereinbarten Form un- möglich durchgeführt werden kann. Die einzelnen Orte können nicht das Risiko tragen, das ihnen durch diese Beschlüsse auferlegt wird. Praktisch bedeutet dieser Beschluß die Beseittgung der Arbeitsruhe am ersten Mai. Die versammelten Dele- gierten der Nürnberger Gewerkschaften verkennen nicht die Schwierigkeiten, welche die Maifeier schon bisher den Gewerk- schaften und der Partei verursacht hat. Die Gewerkschaftsvertreter fordern deshalb zum mindesten eine klare Stellungnahme vom Gewerkschaftskongreß in Hamburg und eine einheitliche Kund- gebung entweder für oder gegen die Arbeitsruhe am ersten Mai. mit der Maßgabe, daß, im Falle Arbeitsruhe im Rahmen der Beschlüsse der internationalen Kongresse begutachtet werden sollte. das Risiko die Zentralverbände zu tragen haben, j>. h. die Kosten aus den Hauptkassen zu decken sind. Die Generalkommisstou ist zu beauftragen, dahin zu wirken, daß die der Partei durch di? Maifeier erwachsenden Kosten ebenfalls von der Zentralkasse ge- tragen werden."_ Die Lohnbewegung der Tapezierer in Metz endete nach fünf- wöchiger Tauer mit einem Erfolge der Arbeiter. In der Mehrzahl der Betriebe wurde die Arbeit mit einer Arbeitszeitverkürzung von 3 Stunden pro Woche und einer wöchentlichen Lohnerhöhung von 1,80 bis 3 M. aufgenommen. Ein Tarifabschluß kam nicht zustande.
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