Einzelbild herunterladen
 

oefieDen blieb, wurde das ganze Material Herrn Professor West höfer, Proscltor am Moabitcr Krankenhause , zur Begutachtung vorgelegt. Dieser begutachtete, das; mit abso- luter Sicherheit eine schwere Störung des Gehirns anzu- nehmen sei; daraus deuten die Wunde am Kopf, die Zuckungen des linken Armes und die Bewußtlosigkeit. Da aber Professor X. hartnäckig bei seiner früheren Meinung blieb, so wurde noch ein Gutachten eingeholt und zwar von Geheim rat Orth, dem Nachfolger Rudolf Virchows. Dieser gab ein sehr lehrreiches und eingehendes Gutachten ab, woran ein Mensch überhaupt stirbt, und zwar unterscheidet er 4 Gruppen von Todesursachen 1. Blutverlust, 2. Stillstand des Herzens, 3. Stillstand der Atmung, 4. Funktions- Unterbrechung des gesamten Nervensystems. Die erste Todesursache sei eo ipso auszuschließen und ebenso die dritte; die zweite sei ebenfalls auszuschließen,' denn ein Stillstand des Herzens, ein sogen. Herzschlag, trete nur bei einem kranken Herzen ein, hier seien aber weder im Leben noch bei der Sektion trankhaste Veränderungen des Herzens konstatiert worden. Es bleibt also nur die Todesursache: Funktions- Unterbrechung des gesamten Nervensystems übrig. Da der Verunglückte vorher nie krank gewesen ist, also nicht infolge eines früheren Leidens zu Boden gestürzt ist, so spricht alles dafür, daß er durch eine äußere Gewalleinwirkung getroffen und zu Boden gestürzt ist, da- durch eine schwere Gehirnerschütterung mit Funktionsunterbrechung des gesamten Nervensystems erlitten hat und an dieser gestorben ist. ES siegt also aller Wahrscheinlichkeit nach Tod durch Unfall vor. Das ReichsvcrficherungSamt entschied zugunsten der Witwe: 1. Der Witwe W. werden sämtliche Kosten der Gutachten in Höhe von 90 Mark ersetzt, 2. ihr wird eine Unfall-Hinterbliebenenrente gewährt. Die Zweckmäßigkeit der Durchführung von Unfallsachen durch Arbeitersekretariate und die Notwendigkeit der Arbeiter und ihrer Angehörigen, mit aller Energie ihre Rechte zu vertreten, wird durch vorstehenden Fall aufS neue illustriert. Vierter perbandstag der Such- und Steindrillkerel- Hilfsarbeiter und-Arbeiterinnen Deutschlands . Zu Punkt ,,?l g i t a t i o n" wird von dielen Rednern Klage geführt über das Verhalten der Maschinenmeister. Wie überall, ver- suche man auch in Hamburg das Hilfspersonal von den Rotationsmaschinen zu verdrängen. Dieses Vorgehen begründet man damit, daß für die gelernten Arbeiter gesorgt werden müsse. In Magdeburg arbeiten die Maschinenmeister dem Hilfs- arbeitervcrband direkt entgegen und versuchen sie, insbesondere die Arbeiterinnen von der Organisation abzuhalten. Hier müssen die Mädchen, weil schutzlos, sich alle Schikanen, selbst Angriffe tat- iicher Art, gefallen lassen. Die von der Generalkommission ins Leben gerufenen Unterrichtskurse werden lobend erwähnt. Die Agitation unter den Arbeiterinnen wird von allen Seiten als eine mühevolle Arbeit bezeichnet. Von fast allen Delegierten hört man das gleiche Lied, daß die Agitation für den Hilfsarbeiterverband durch verschiedene Machinationen etlicher Maschinenmeister sowohl im Buch- als auch im Steindruckgcwerbe sehr erschwert wird. S i l l i e r erklärt, daß er, soweit Maschinenmeister seiner Organisation in Frage komnien, ein derartiges Verhalten seiner Kollegen entschieden mißbillige und daß das Handän-Hand-Arbeiten der Berufskollegen bei allen Bewegungen unbedingt notwendig sei. Kloth(Vertreter der Buchbinder) äußert sich ähnlich und fordert bei Lohnbewegungen eine bessere Verständigung der ört- lichen Verwaltungen im graphischen Berufe. Der Redner ermahnt, die derzeitigen Anzeichen im wirtschaftlichen Leben nicht unbeachtet zu lassen. In ihrem Schlußwort spricht die Referentin Hanna- Berlin ven Wunsch aus, daß die gegebenen Anregungen und Beschlüsse bei der Agitation in Zukunft beherzigt werden mögen. Fräulein Hanna stellte ausdrücklich fest, daß bie angeführten Klagen gegen die Maschinenmeister nicht allgemein zutreffen, sondern daß es noch eine Reihe von Maschinenmeistern und gelernten Arbeitern gebe, die für die Organisation der Hilfsarbeiter tätig sind. Am 4. Verhandlungstage erstattete Redakteur P u ch e r- Berlin Bericht über das VerbandsorganSolidarität". Der Redner er- sucht, in der Diskussion über den Punkt Presse in Betracht zu ziehen, daß er die Redaktion im Nebenamte zu besorgen habe. Mängel seien da unvermeidlich. Die gewerkschaftliche Rundschau bedarf einer größeren Beachtung, unter besonderer Berücksichtigung der graphischen Berufe. Auch dem sozialpolitischen Gebiete muß größere Beachtung gewidmet werden. DieSolidarität" soll auf- klären und werben unter den Berufskollegen. Das war bisher nur in bescheidenem Matze möglich. Um in dieser Richtung mehr zu erreichen, muß dieSolidarität" achttägig erscheinen, es bedarf der Mitarbeit der Kollegen und die Anstellung eines be- soldeten Redakteurs, der sich voll und ganz den RedaktionSgeschüften widmen kann. Die Debatte gestaltete sich sehr lebhaft und setzte eine scharfe Kritik über die Haltung des Redakteurs bei den ver» fchiedensten Anlässen ein. Die Hauptvorsitzende. Frau Thiede- Berlin, nimmt den angegriffenen Redakteur in Schutz. Solange Kollege P u ch e r die Redaktion im Nebenamte führen müsse, dürften sich die Verhältnisse kaum bessern. Die Rednerin bekämpft den Borschlag, für die weiblichen Mitglieder eine Romanbeilage zu schaffen. DieSolidarität" soll in erster Linie fachgewerkschaftlichen Fragen dienen, die die Kollegenschaft interessieren; für die übrigen Fragen bietet die Parteipresse und dieGleichheit" Gelegenheit in Hülle und Fülle. Die Leipziger Delegierten wünschen, daß in Zukunft religiöse Fragen aus der Diskussion in derSolidarität" ausgeschieden werden mögen. In der weiteren Debatte wurden auch die Berliner Ver- schmelzungsfrage einiger Zahlstellen und einige Artikel aus dem Mitteilungsblatt" erörtert. Die Verlesung dieser Artikel findet wenig Anerkennung der Delegierten. ES erfolgt Regelung der Diäten- und Gehaltsfragen. Die Wahl der Vorstandsmitglieder ergab die Wiederwahl der Kollegin Frau PaulaThiedeals Vorsitzende und des Kollegen L o t h a l- Berlin als Hauptkassierer. Als besoldeter Redakteur wird Kollege Pucher gegen 11 Stimmen gewählt. Euq Induftrie und r>andcl Nebcr Preise bei den Fleischlicferungen für die Truppen. Die diesmaligen halbjährlichen Verdingungen der Fleischliefe- rungen für die Berliner Garnison haben stattgefunden. Die Preise find für ein Kilogramm in Pfennigen. n. Halbjahr 1908 II. Halbs. 1907 II. Halbj. 1908 Fleuchsorten Durchschnitt Durchschnitt Durchschnitt Ochsenfleisch... 130% 140% 134", Kuhfleisch.... 126 132'/, 128% Rindertalg.... 97'/, 85 85 Sammelfleisch... 183'/, 144 139 albfleisch.... 150 160 144 Schweinefleisch,. 182 127'fc 134'/, Fetter Speck... 133 140'/, 141 Magerer Speck.. 149 154 152 Hieraus ist ersichtlich, daß die Preise beim Los 1(Rind-, Hammel- und Kalbfleisch) zwar niedriger sind wie im Vorjahre, jedoch sind die Preise gegen das Jahr 1906 für Ochsen-, Kuh- und Sammelfleisch bedeutend höhere. Beim Los 2 find die Preise beim chweinefleisch und fetten Speck höhere als in den beiden Vorjahren, und für mageren Speck ist der Preis etwas niedriger. Erwähnens« wert ist ferner, daß bei den acht Angeboten für das Los 1 ein Breisunterschied von 27 454. M. zwischen der Mindest- und Höchst- Forderung ist. Beim Los 2 ist der Preisunterschied eui noch höherer. nämlich 82 904.20 M., trotzdem nur vier Angebote eingereicht worden Rnb. Diese Preisangebote sind eine nette Illustration zu den Be- hauptungen, bis Fleifchpreise seien enorm gefallen, Der Ausschuß deS Deutschen Handelstages beschäftigte sich u. a. noch mit einer Reihe von Fragen aus dem Bereich deS Post- Wesens. Nach einem Bericht des Herrn Kommerzieurats v. P fister (München ) sprach sich der Ausschuß dafür aus. daß Postkarten mit dem AufdruckDrucksache" und aufgedruckter Dreipfennigmarle ein- geführt würden, daß gestattet werde, in gedruckten Anzeigen über eine Zahlung den Betrag der gezahlten Summe und den Namen dessen, für den die Zahlung erfolge, handschriftlich anzugeben, und daß auf Drucksachen die Einfügung handschriftlicher Zusätze in den mechanisch vervielfältigten Text bis zu fünf Worten zulässig sein soll. Ferner sprach sich der Ausschutz nach einem Bericht des Herrn Dr. Vogel(Berlin ) dafür aus, daß Einkilopakete ein- geführt würden, die unter Verzicht auf die Haftpflicht der Post zu ermäßigtem Porto befördert würden und für die kein Bestellgeld gezahlt werden solle. Die für Warenproben geltenden Portosätze werden bei der Versendung aller Gegenstände Anwendung finden, die nach Gewicht und Größe die für Warenproben festgesetzten Grenzen nicht überschreiten. Der Ausschutz sprach sich bezüglich der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe für die Beibehaltung der geltenden gesetzlichen Bestimmungen und demgemäß gegen jede weitere Beschränkung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe aus; desgleichen gegen eine gesetzliche Einschränkung der Sonntags arbeit im Binnenschiffahrtsgewerbe. Zwischenhandelsgewinne. Nach derD. L. P." erzielte die Chemnitzer Viehmarktsbank-Aktiengesellschast einen Reingewinn von 22,5 Proz. des Aktienkapitals. Die Magdeburger Viehmarktsbank brachte einen Reingewinn von 18 Proz. heraus. Die Danziger Viehmarktsbank ist in der Lage. 17 Proz. Dividende zu verteilen. Dagegen erzielte die Berliner Viehkommissions- und Wechselbank einen Reingewinn von nur 10 Proz. Exportpolitik. Im April l. I. ist die Gründung einesZentral- Verbandes der deutschen Exportvereine" mit dem Sitze in Hamburg erfolgt. Durch diese ganz Deutschland umspannende Vereinigung soll unter anderem auch der sogenannte direkte Fabrikantenexport energisch bekämpft werden. Der Verband umfaßt schon jetzt mehr als 600 Exportfirmen Deutschlands und stellt mithin eine Organi- satton von weittragender Bedeutung dar. Der Ledermarkt. Besondere Zurückhaltung im Einkauf zeigt noch immer die Schuhindustrie. Wie die Zurückhaltung der Nachfrage das Preisniveau für Schuhleder beeinflußt hat, geht auS nachstehender Ueberficht hervor: 1 Pfund('/, Kilogramm) kostete in Mar! Anfang April d. I. 1907 1908 Norddeutsches Sohlleder. beste Sorte, 45 50 Pf. Trierer Sohlleder, Wildochsenleder. Vacheleder, Wild-, besseres Sohlleder Abfälle........... Kipsvache, I, milde....... Mit den Ergebnissen der Frankfurter :) 1907 1.201.80 1.501.65 1.351.45 0.650.72 1.261.28 Ledermesse 1.10-1.16 1.421.66 1.201.40 0.600.60 1.101.20 ist man im ganzen nicht unzufrieden. In den gesuchtesten Sorten, die knapp angeboten waren und worin dem Begehren nicht ganz genügt werden konnte, fanden kleine Preisaufbesserungen statt; im übrigen blieben die Preise wie bisher. Bichciiifuhr. Neuerdings macht sich in Dänemark wieder eine starke Bewegung geltend, dre auf die Ausfuhr tierischer Erzeugnisse abzielt. DasAndelsbladet"(Nr. 48) schreibt: Die dänische Land- Wirtschaft ist imstande, viel Mastvieh zu erzeugen, und die wachsende Industrie Deutschlands hat einen hohen Bedarf an Rindfleisch. ES liegt daher im wohlverstandenen Interesse beider Parteien, die Ver- bindung zwischen Produzenten und Konsumenten leicht und un- gehindert zu gestalten. Dänemark führt jährlich steigende Mengen von landwirtschaftlichen Erzeugnissen nach Deutschland auS und kauft von dort Industriewaren in ungefähr doppeltem Betrage. In den letzten fünf Jahren hat Dänemark im Handelsverkehr mit Deutschland dem Werte nach importiert 1901: 166,60 Millionen Mark, 1902: 187,86 1903: 213,76 1904: 240,75 1905: 232,83 Hauptsächlich die Quarantäne erschwert die Einfuhr und erhöht die Unkosten. Die Maßnahme ist beim Schlachtvieh eine sonst gute Grenz- und Schlachtkontrolle vorausgesetzt unnötig. ausgeführt 76,50 Millionen Mark 77.63 101,25., 118.13 144.00 Soziales. «erztekonferenz über Krankenkassen. Wie wir bereits mitteilten, hat der Staatssekretär v. Bethmann- Hollweg aus den 11. Juni eine Konferenz zur Beratung der Frage über die zukünftige Gestaltung deS Verhältnisses zwischen Hetzten und Krankenkassen einberufen. Die Liste der Teilnehmer an dieser Konferenz weist allein 7 Vertreter der Regierung auf. außer dem Minister als Vorsitzenden der Konferenz. Es sollen vertreten sein: das Reichsamt des Innern, das ReichS-Marineamt. das Reichs- Postamt, daS preußische Kriegsministerium, das Ministerium für Handel und Gewerbe, für Unterricht und Medizinalangelegenheiten usw. AIS Vertreter der Herzte sind nicht weniger als zehn Herren bestimmt und zwar die Aerzte Dr. Backhaus-Wattenscheid (Knappschaftsarzt), Dr. Dippe-Leipzig(Aerzteverband), Dr. Gördt- Bochum(Knappschaftsarzt), Dr. Hartmanu-Hanau, Prof. Dr. Löbker- Bochum(für den Ausschuß der Herzte), Dr. Hartmann-Leipzig (Ober- Häuptling der deutschen Herztezunst), Dr. Markuse-Berlin(als Bor- fitzender der freigewählten Kassenärzte Berlins ), Dr. Schwechten- Berlin (Bahnarzt), Dr. Reichel, Knappschaftsarzt auS Chropaczow, Oberschlesien , und Dr. Mugdan-Berlin.... Kein einziger Vertreter der Arbeiter ist zugezogen. AIS B e r- treter der Krankenkassen ist JuliuS Fräßdorf -Drcsden und Eduard Gräf -Franlfurt a. M. sowie der Kassenrendant Küpper-Köln und Rendant Wiskirchen-M.-Gladbach eingeladen, während von Berliner Krankenkassen kein Vertreter zugezogen wurde. Nicht einmal die Zentrale für daS Kranken- kafsenwesen in Deutschland ist eingeladen. AlSunparteiische" Beiräte hat man ferner eingeladen den Stadtrat Dr. Flesch-Frankfurt a. M.. Stadtrat v. Frankenberg- Braunschweig, Beigeordneten FuchS-Köln, Finanzrat Klüpfel-Essen, Verwaltungsdirektor der niederschlesischcn Knappschaftsvereine Schwerk, Beigeordneten Dr. Wiedfeldt-Efsen und Stadtrat Wobbe-Königs- berg i. Pr. Die eigenarttge Zusammensetzung dieser Konferenz zeigt schon, daß nicht daS Interesse einer Heilung der Kassenmitglieder oder Vorbeugung gegen Krankheiten das Motiv für die Konferenz ge- wesen ist, sondern daß sich im wesentlichen um den Ausbau einer Versicherung der Herzte gegen Arbeitslosigkeit oder Unfähigkeit handeln soll. DaS bestättgt auch der In- halt deS umfangreichen Fragebogens, der den Teilnehmen, zugegangen sein soll. Der Inhalt deS Fragebogens enthält nicht die gegenüber dem Herztestreik brennend gewordene Frage, ob der Arzt zur Hilfeleistung verpflichtet sein soll, überhaupt nicht das geringste über Pflichten der Aerzte. Desto massenhafter sind Fragen aufgestellt, die Privilegien den Herzten zu schaffen und die Selbstverwaltung der Kassen lahm- zulegen bestimmt sind und das alles ohne Zuziehung irgend eines gewerkschaftlichen oder politischen Vertreters der mehr als 11 Millionen Arbeiter, denen doch eigentlich wohl die Kranken« Versicherung dienen soll. Nach dem Fragebogen handelt es sich unter anderem um die ärztliche Behandlung im allgemeinen, ob der Be- griff:ärztliche Behandlung" einer gesetzlichen Bestimmung bedürfe, ob nur approbierte Aerzte zugelassen werden sollen oder auch ärztliche Hilfspersonen, wie Heildiener, Naturärzte usw., in dringlichen Fällen um Zulassung der im Auslände approbierten weiblichen Aerzte und für Grenz- bezirke ausländischer Aerzte und darum, ob in allen Fällen die Zahlung deS Krankengeldes von der KrankheitS- befcheinignng durch einen approbierten Arzt abhängig ge- macht werden soll? Einen breiten Raum soll die Dis- kussion über die verschiedenen Arztshsteme einnehmen, insbesondere über die Vorteile und Nachteile der freien Arztwahl. Ob für anziehende Aerzte eine längere Karenz- zeit vorzusehen sei? Welche Kautelen für den Fall der gesetz- lichen freien Arztwahl vorzusehen seien? Ob die Arzt- frage durch Abstimmung der Versicherten entschieden werden soll? Welche gesetzlichen Maßnahmen zur Sicherung einer aus- reichenden ärztlichen Versorgung der Kassen- Mitglieder etwa zu treffen seien? Ob da, wo die freie Arztwahl nicht eingeführt sei, den Mit- gliedern die Auswahl mindestens unter zwei Kassenärzten zu gestatten sei? Ob sich eine Aenderung des§ 56a des Kranken- Versicherungsgesetzes empfehle, wonach heute schon 30 Mitglieder Anträge auf Aenderung der Arzt- und Apothekcrsrage stellen können? Ob den Kassen ein Rechtsmittel gegen das Einschreiten der Aufsichts­behörden ohne aufschiebende Wirkung zu gestatten? Ob es sich empfehle, den Landeszentralbehörden daS Recht zu geben, einen Mindestprozentsatz von Aerzten im Verhältnis zu den Kassen- Mitgliedern vorzuschreiben? Ob für jede Kasse eine Arztordnung aufzustellen sei usw.? Ob die Bezahlung der ärztlichen Leistungen überhaupt durch ein Gesetz geregelt werden solle und wie? Endlich welche Schiedsinstanzen in Streit- fällen zwischen Aerzten und Krankenkassen zu schaffen seien? Ob auch für alle Kassenarten diese Aenderungen gettoffen und auch die staatlichen Betriebskrankenkassen einbezogen werden sollen? Eine Unmasse für das Wohl und Wehe der über 11 Millionen Krankenversicherter wichtiger Fragen ohne Zuziehung einer aus- reichenden Vertretung der Arbeiter. Dafür, daß die wirtschaftlichen Interessen der Aerzte, nicht aber Fragen der Fürsorge bei und Bor - sorge gegen Krankheit zur Geltung gelangen, leisten die Namen der ausgewählten Aerzte Gewähr. Dem entspricht es auch, daß diesen Aerzten Fragen über die Berechtigung der Krankenkassen zu pro- phylaktischen Maßnahmen und über eine Aenderung deS§ 29 des KrankenverficherungSgesetzes nicht vorgelegt werden. Dem Reichs- amt des Innern dürfte doch wohl bekannt sein, daß daS Kranken- Versicherungsgesetz noch nicht den Titel trägtGesetz zur Ver­sicherung der Aerzte und Militäranwärter auf Kosten der Arbeiter". Werden die bislang in die Oeffentlichkeit gedrungenen Pläne der Reichsregierung Wirtlichkeit, so dürfte die Aenderung deS Gesetzes- tttelS erforderlich fein._ Um sechs BergmannSlebea lohnt sichS nicht! ES müssen schon schlimme, sehr arge Zustände sein, wenn ein so loyales und unternehmerftommeS Blatt wie derBreslauer Generalanzeiger" sich zu einer Kritik derselben auffchwingt und da- bei sogar eine Anklage riSttert. Im Juni vorigen Jahres hatte es das Blatt aber tatsächlich fertig gebracht, einen Arttkel abzudrucken, in welchem die auf der Wolfganggrube bei Rüde(Oberschlefien) herrschenden unerhörten und lebensgefährlichen Zustände geschildert wurden. ES wurde darin berichtet, daß dort zwei Pfeilerbaue im Betrieb seien,bei denen als ein großes Glück anzusehen ist, daß die Belegschaft immer noch mit heiler Haut dadonkam. Da eine Fahrstrecke nicht vorhanden sei. müßten die Arbeiter, um zu ihrem Arbeitspunkte zu kommen, stets die stark ansteigende und nur 1,50 breite Förderstrecke benutzen, wo sie in ständiger Gefahr seien, einem heransausenden Kohlenwagen zu begegnen, ohne ihm auS- weichen zu können. Vor dem Besuch deS EinfahrerS oder deS B e r g r e v i e r b e a m t e n fei jene Arbeits- st elleziemlich geschützt, denn der Zugang seiein s e h r b e s ch w e r l t ch e r. Ja, eS sei sogar möglich, daß das Bergrevieramt von diesem Arbeitspunkte über- Haupt nichts wisse. Der Bergverwalter Buchelt als verantwortlicher Leiter der Grube stellte Strafanlrag auS§ 186 Str.-G. und die Sache kam vor der Breslauer I. Strafkammer zum AuStrag. Der angeklagte Redakteur bot den Wahrheitsbeweis an und der gelang in so umfassendem Maße, daß die Freisprechung erfolgen mußte. ES wurde fest- gestellt, daß tattächlich keine F a h r st r e ck e für den Verkehr der Arbeiter wie die Bestimmungen sie vorschreiben sondern eben nur die Förderstrecke vorhanden war, die außer- ordentlich enge Dimensionen hatte und eine Steigung von mehr als 4 Proz., so daß auf ihr die freie Handbeförderung nur unter Nichtbeachtung einer ausdrücklichen Ministerialverfügung vor sich gehen konnte. Durchhiebe zum Ausweichen waren zwar vorhanden, sie konnten von der Belegschaft aber nicht benutzt werden. weil sie mit Steinen vollgestopft waren. DaS Bremsen der Kohlenwagen soll vorschriftsmäßig mit eisernen Hemmbolzen erfolgen; es waren auch solche vorhanden, sie konnten aber mchr verwendet werden, weil sie zu lang waren. Ein Zeuge erzählte, in wie großer Lebensgefahr er einmal in jener Strecke geschwebt habe. Er kam mit einem Grubenstempel (einer Art Stützbalken) die Strecke entlang, da sauste ihm plötzlich ein gefüllter Wagen auf der ab- schüssigen Bahn entgegen. Auszuweichen war bei der ge- schilderten Beschaffenheit der Strecke unmöglich gewesen, und der Mann wäre elend gerädert worden, wenn er nicht die GeisteSgegen- wart und die Kraft besessen hätte, dem Wagen den Stempel ent- gegenzuwerfen und ihn so noch im letzten Augenblick zum Stehen zu bringen. Aber daß man sich i n b< fährlichkeit solcher sk- gewesen sein muß. bewies die Verhandlung. AlS nämlich ein Grubenbesitzer dxn Abteilungssteiger auf die Gefährlichkeit aufmerksam machte, meinte dieser zynisch IAch hier kommt selten jemand her, und eine besondere Fahrstrecke aufzufahren, lohnt sich nicht!" Der die staatliche Kontrolle ausübende Bergrevierbeamte, der von dem Kläger als Sachverständiger geladen war, gab ein(Gutachten dahin ab: Auf der betreffenden Strecke seien nur vier Schlepper und zwei Häuer beschäftigt ge- Wesen, und wegen so wenig Leuten wäre eine Aenderung in der Betriebsweife nicht lohnend!!! EineS schlagenderen Beweises für die Gemeingefährlichkeit des privatkapitalistischen WirlschaftSbetriebeS bedarf es mcht._ Für die völlige Sonntagsruhe im Detailhandel erklärte sich das KaufmannSgericht Fürth in einem vom Ministerium eingeforderten Gutachten zu dem Gesetzentwurf des ReichSamteS, der bekanntlich eine dreistündige Verkaufszeit an Sonntagen zulassen will. Die Gehilfenverlreter sowohl als auch der rechtskundige Vorsitzende des Gerichts waren der Ansicht, daß die völlige Sonntagsruhe nicht nur im Interesse des Personals, sondern auch der Prinzipale liege und sehr wohl durchführbar sei. Die Befürchtungen wegen einer Schädigung der Geschäftsleute würden nicht eintreten, wenn für das ganze Reich der Ladenschluß gesetzlich festgelegt sei. DaS Publikum würde sich rasch daran gewöhnen, Werktag» einzukaufen. Der Be- schluß wurde mit 7 gegen 6 Stimmen gefaßt. »er Betriebsleitung derGe- k a n da l ö f e r Zustände bewußt