Nr. 133.
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Vorwärts
Berliner Volksblatt.
25. Jahrs.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Mieder mit den Ehrlofen!
Mittwoch, den 10. Juni 1908.
Der 10. Juni muß das Werk des 3. Juni
vollenden!
Das Volk der ehrlichen Arbeit, die Koalition aller anständigen Wahlrechtsfreunde, aller Gegner der Schulverpfaffung
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
Am Vorabend der Stichwahlen hat der Blodfreisinn muß den verkommenen Börsenfreifinn, die nationalliberalen betitelt sich ein Zirkular, das die Barth- Gruppe, die " Demokratische Vereinigung ", verbreitet." Das Zirkular
in Berlin einen neuen schmählichen Packt mit den Re- Schlotbarone und die konservativen Nahrungsmittelwucherer wendet sich dagegen, daß die blockfreisinnige Presse die
aktionären abgeschlossen, um die Reaktion zu stärken und die Partei der ehrlichen Arbeit, die diesmal von allen Parteien die meisten Urwählerstimmen aufgebracht hat, um Mandate
zu prellen!
Diese neueste Verräterei des Blockfreisinns besteht in folgendem:
zu Paaren treiben!
Drauf und dran!
Nieder mit dem freifinnig- konservativen Kartell! Bringt die Ehrlosen zur Strecke!
Glückwünsche der Internationale.
Interessant ist folgender Passus des Zirkulars:
Leider sind nicht nur Wähler, sondern auch Wahl. männer umgefallen. So hatte die Volkspartei in Stöpenick mehrere Herren, die sich für Breitscheid- Witt ver pflichtet hatten, auffälligerweise als ihre Wahlmänner aufgestellt. Nach ihrer Wahl entpuppten fich die„ Ehrenmänner" als waschechte Tubentäler. Köpenid ist übrigens auch der Ort, wo die Konservativen überhaupt keine Wahlmänner aufgestellt hatten, sondern offenbar mit den Blodliberalen ein Abkommen nach der Richtung getroffen hatten, daß diese notorisch tonservative Parteigänger als libe rale Wahlmänner aufstellten!"
Der Blockfreisinn scheint in der Tat seltsame praktiken angewendet zu haben, um die ehrlich Freisinnigen niederzukämpfen!
Heute, am 10. Juni, hat das arbeitende Volf Groß- Beeskow- Storkom abgegeben sind, zu niedrig eingeschätzt Berlins , haben alle ehrlichen Wahlrechts- und Kulturfreunde habe. Die Stimmenzahi belaufe sich auf weit über noch einmal Gelegenheit, im Kampfe gegen die Reaktion und 4000. ihre freisinnigen Zuhälter ihren Mann zu stehen! Noch einmal gilt es alle Kraft aufzubieten! Mit dem Im 12. Berliner Landtagswahlkreise standen höchsten Nachdruck, mit der äußersten Kraftentfaltung muß sich Sozialdemokraten und Freisinn gegenüber. Die National- der Kampf gegen den berräterischen Freifinn geführt werden! liberalen und Konservativen hatten nur eine geringfügige Zahl von Wahlmännern aufgebracht, gerade genug, um eventuell bei der Wahl zwischen der Sozialdemokratie und dem Freisinn den Ausschlag zu geben. Da stellte nun in letter Stunde der vereinigte tonservative und nationalliberale Wahlausschuß die Forderung an den Freisinn, die freisinnige Kandidatur für den 12. Berliner Landtagswahlkreis überhaupt zurückzuziehen und dafür am 16. Juni für den nationalliberalen Professor Leidig einzutreten! Die beiden Wahlausschüsse verlangten, daß bis zum Die sozialistische Gruppe der Kammer hat sich soeben versammelt. 13. Juni, nachmittags 3 Uhr, diese Erklärung abgegeben sein müsse, widrigenfalls die konservativen und nationalliberalen Ihre Freude über die Nachricht von Eurem Siege war groß und ihre Mitglieder sind eins mit den Parteigenossen in dem Bedürfnis Bahlmänner ihre Stimme für den Kandidaten der konser Euch brüderlichen Gruß und herzlichste Glückwünsche zu senden. vativen Bartei, Herrn Rechtsanwalt Ulrich, abIn gerechter Vergeltung, durch den Sieg unter den schwierigsten geben würden. Die Freisinnige Zeitung" vom Wahlbedingungen, unter denen jemals eine Abstimmung stattSonntag gab diese Erklärung der Nationalliberalen und gefunden hat, habt Ihr zur Bestürzung unserer Feinde bewiesen, Stonservativen ohne jeden Kommentar wieder. Die daß das Wachstum Eurer Kräfte, weit entfernt davon, durch die Bossische Zeitung" erhob dagegen Protest und erklärte, lepten Wahlen, die Euch schon eine Steigerung von 250 000 Stimmen daß von einem Zurücktritt des freifinnigen Kandidaten teine brachten, unterbrochen zu sein, sich in verstärktem Maße fort Rede sein könne. Noch heftiger polemisierte das„ Berliner gefegt hat. Tageblatt", das haltlos zwischen Blockfreisinn und Sozialliberalen hin- und herpendelt, meist aber in diesen letzten Tagen redaktionell die offiziösen Anweisungen des Blockfreisinn wiedergegeben hat, gegen diese unerhörte Zumutung der Konservativen und Nationalliberalen.
Trotzdem scheint der Blockfreifinn auf die erniedrigenden Bedingungen der beiden Wahlausschüffe eingegangen zu sein!
Meldet doch das offiziöse Drgan der Nationalliberalen, die, National- Zeitung", das folgende:
Deputiertentammer.
Ihr habt am 3. Juni einen Sieg erfochten, dessen Folgen für ganz Deutschland unberechenbar sind, denn er tündet den Berfall des tonservativ- liberalen Blods, das Ende seiner Existenz an. Mit Euren eigenen Worten rufen wir Euch voll Freude und Hoffnung zu:
Die Vorposten der proletarischen Armee haben die Wälle des Schandwahlrechts überstiegen!" " Das sozialistenreine Dreiflaffenparlament Preußens hat auf gehört zu sein 1"
„ Der Dreiflaffenlandtag wird ihm folgen 1" Es lebe die deutsche Sozialdemokratie! Es lebe die internationale Sozialdemokratie. " Zum Wahlkampf in Moabit erhalten wir von dem ParteiEd. Vaillant. bureau der bereinigten Nationalliberalen und Zürich , 6. Juni. Ronservativen die hocherfreuliche Mitteilung, daß sich fämtliche bürgerliche Parteien des Wir entbieten unseren brüderlichen Gruß den Niedergerittenen, Konservative, Nationalliberale und Freifinnige Voltspartei, die wader die erste Bresche in die Junkertrußburg Preußens und dahin geeinigt haben, daß überall überall der Wahlkampf damit in die Festung der Reaktion ganz Deutschlands geschlagen am 10. Juni gegen die Sozialdemokratie gemein haben. Hoch das deutsche Proletariat! Hoch die völkerbefreiende schaftlich zu führen ist. Die vereinigten Konservativen und Sozialdemokratie! Nationalliberalen fordern die Wähler öffentlich auf, überall Bürcherische Gruppe der Sozialbemokratischen Arbeiter. partei Rußlands . für den bürgerlichen Kandidaten, welcher Parteirichtung er auch sei, gegen die Sozialdemokratie in der Stichwahl am 10. Juni ihre Stimme abzugeben. Dieselbe öffentliche Erklärung erläßt auch die Leitung der Freisinnigen Volkspartei ."
Dasselbe Uebereinkommen ist nach der„ Täglichen Rundschau" unter den drei bürgerlichen Parteien auch in Schöne berg - Nixdorf zustandegekommen! Freisinnige, Konservative und Nationalliberale wollen sich dort bei den heute stattfindenden Stichwahlen unter allen Umständen gegen die Sozialdemokratie unterstügen!
Genf , 8. Juni. Der deutschen Sozialdemokratie zum herrlichen Wahlsieg Glückwünsche und Bewunderung. Der ersten preußischen sozialdemokratischen Landtagsfraktion brüderlichen Gruß. Das Auslandatomitee des Bund, Salzburg , 8. Juni. 1 Guer Sieg ist auch in den Alpen mit großer Freude aufgenommen worden. Die alpenländische Sozialdemokratie Preußler. Ein Gruß der Meininger sozialdemokratischen Landtagsfraktion. Sonneberg , 6. Juni. Die sieben Meininger senden den sieben Preußen die herzlichsten Glückwünsche zu diesem großartigen Sieg. Mit Parteigruß! Karl Knauer.
Die ausländische Parteipresse zum Wahlfieg. Humanité"( Paris ):
Dieses Uebereinkommen fann gar keinen anderen Sinn haben, als daß sich der Freisinn bereit erklärt hat, int 12. Berliner Landtagswahlkreise seine Kandidatur zugunsten des nationalliberalen Professors Leidig, eines berüchtigten Reaktionärs, zurückzuziehen. zurückzuziehen. Denn wären Konservative und Nationalliberale mit ihrer Erklärung dem Freisinn schon vor den Stichwahlen auf den Leib gerüdt, wenn sie ihn nicht zur Nachgiebigkeit hätten zwingen wollen? Und der Freifinn hat nachgegeben, er ist Welche bewundernswerten Lehren geben uns da die deutschen bereit, abermals ein Mandat an die Reaktion der Wahlrechts- Genossen! Auch sie waren geschlagen, besiegt und angeblich niederund Schulfeinde auszuliefern, um mit Hilfe der National- geritten"; fie, die auf den sozusagen automatischen Erfolg ihres liberalen und Konservativen in Rixdorf- Schöneberg über die Stimmenzuwachses zu bauen gewöhnt waren, erhielten bei den Sozialdemokratie zu triumphieren! Reichstagswahlen 1907 eine Schlappe. Das entmutigt sie aber So sinkt der Blockfreisinn von Stufe zu Stufe! Nicht nicht, sondern, auf ihre eigene Kraft bauend, geben fie fofort wieder nur bor den Toren Berlins liefert er der Reaktion Man- an die Arbeit, um den Sieg vorzubereiten." date aus, sondern in Berlin selbst verschachert er schamlos Mandate an die Wahlrechts- und Schulfeinde, Brot" Die Sozialisten, die den Kampf mit bewundernswertem Gifer und Fleischwucherfreunde, um nur selbst auf selbst auf national- geführt haben, bewähren sich demnach als die einzigen aufrichtigen Berteidiger des allgemeinen gleichen Wahlrechts, und ein groß Teil liberal- tonservativen Krücken in den Landtag hinein- der sonstigen Nachläufer der Freifinnigen hat deshalb für die zuhinken! Diese neue Ehrlosigkeit des Freisinns muß Sozialisten gestimmt. Es ist also ein Sieg der Idee des allgemeinen unseren Genossen ein neuer Ansporn dazu sein, heute sowohl gleichen Wahlrechts, den wir da zu verzeichnen haben. Unsere im 12. und 10. Berliner Landtagswahlkreise als auch in preußischen Genossen haben Bresche gelegt in die Zitadelle der Rigdorf- Schöneberg die freisinnig- nationalliberal- konservative preußischen Reaktion." Reaktion niederzuringen!
Ueber sonderbare Wahlpraktiken berichtet das Zirkular dann des weiteren:
" Zweitens aber hatten die Sozialliberalen ein sehr merkwürdiges Pech, wenn bei gleicher Stimmenzahl zwischen ihren und den Wahlmännern der Rechtsparteien eine Auslosung nötig wurde. Jn 13 Fällen unterlagen dabei die Sozialliberalen, so stets in Lankwiz, Marien dorf , Köpenid, Wilmersdorf , Wannsee . Die Art des Losziehens war dabei bisweilen eine ordentlich harmlose. Sie geschah zum Beispiel in Wannsee nach der Methode des Ausratens( langes oder turzes Hölzchen bezw. Zettel in linter oder rechter Hand), ein Verfahren, das sicher nicht nur Steptifer zum Kopfschütteln Anlaß geben wird. Sie leicht tann man sich dabei porher verabreden."
Das Zirkular der Barth- Gruppe rechnet trotz alledem noch damit, daß nicht der Block freisinn, sondern mit Hilfe der Barth- Breitscheid - Gruppe die Sozialdemo fratie mit den Konservativen in Stichwahl kommen wird. Es erwartet dann, daß der Blockfreifinn damit vor die interessante Alternative gestellt würde, entweder zwei Konfera bative oder einen Sozialdemokraten und einen freisinnigen Demokraten durchbringen zu helfen!
Vorfahren und Nachkommen.
Lie Freifinnige 3tg." hat sich über die Berliner Niederlage ihrer Partei unter allerhand albernen Trostgründen auch den folgenden zurechtgemacht:
" Die Sozialdemokratie muß nun im Abgeordnetenhause zeigen, was sie will und was sie vermag. Auf die geringe Anzahl ihrer Mandate tann sie sich zur Ent. schuldigung nicht berufen, sie selbst hat ja hundertmal dem Freifinn, der doch im Abgeordnetenhause auch nur eine bes scheidene Rolle spielt, zum Vorwurf gemacht, daß er feine Programmforderungen nicht durchge setzt hat. Jetzt sind die Genossen daran, darzutun, wie man das mit einer verschwindenden Zahl von Abgeordneten leisten fann. Wir unsererseits und mit uns wohl alle ernsthaften Politiken wissen schon jetzt, daß der Eintritt der Genossen in den Land tag durchaus nicht, wie Herr Dr. Barth annimmt, eine neue Aera für Preußen herbeiführen wird. Aber es ist doch gut, wenn den Genossen selbst und ihren Mitläufern durch die Tat bea wiesen wird, daß Versprechen und halten zweierlei ist, und daß an der brutalen Macht der Zahl auch die hochtönendsten Redens arten zerschellen."
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Das ist natürlich wieder ganz windschief, denn was wir dem Freifinn zum Vorwurf gemacht haben, war keineswegs, daß en seine Programmforderungen nicht durchgefeht" hat, sondern daß er nicht in der Richtung und im Geiste seines Programms gearbeitet hat, daß er und zwar im Reichstage ebenso sehr wie im Landtage feinen angeblichen Gegnern sogar noch geholfen hat, die Durchfeßung liberaler Programmforderungen zu verhin dern; mit anderen Worten: daß er sein eigenes Programm ver. leugnet und verraten hat. Die" Freifinnige 3tg." mag ganz une besorgt sein, diese faule Ausrede von der zu geringen Zahl werden, wir Sozialdemokraten nie gebrauchen, denn die ist echt freis finnig. Beim Lesen dieses kindischen Ergusses fiel uns ein, wie wenig sich doch der deutsche Liberalismus im Laufe der Jahrzehnte gemausert hat. Schon als vor nunmehr 50 Jahren die damalige liberale Fraktion im preußischen Abgeordnetenhause, obgleich sehr stark an Bahl, in der jämmerlichsten Meise es an jeder Entschiedenheit fehlen ließ und die Geschäfte ihrer konservativen Gegner besorgte, und als infolge dessen( ganz wie heute) ein Teil ihrer Mitglieder sich ablöste und eine entschieden liberale" Partei, nämlich die Fortschrittspartei gründete, da gebrauchten die Altlibe. ralen in ihrem Rechenschaftsbericht genau dieselbe Ausrede wie heute die Freifinnige Btg.". In diesem Rechenschaftsbericht( für bie Jahre 1859-1861, erschienen in den" Preußischen Jahra büchern". Band 8) liest man nämlich unter anderem: büchern", Band 8) liest man nämlich unter anderem:
Das Programm( der neuen Fortschrittspartei) liefert den Beweis, daß die von ihr aufgestellten Forderungen im wesenta lichen keine anderen sind als diejenigen, welche die konstitutionelle d. h. liberale), Partei, seitdem sie im Vereinigten Landtag fick