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mattnS. Auf Grund der auf diesem Wege erpreßiea«uSsagen wurden im Jahre 1907 in den Ostseeprovinzen zum Tode der- urteilt S50 Personen und zur Zwangsarbeit mehr als 400 Personen. DaS geschilderte Bild wäre unvollständig, wenn nicht noch die Ergebnisse derregulären" Tätigkeit der Administration angeführt wären. Vom 1./14. Januar 1906 wurden von.gewöhnlichen' Kriegsgerichten zum Tode verurteilt mehr als sechs- hundert Personen, und zur Zwangsarbeit etwa 1500 Personen. Während desselben Zeitraums wurden von den lettischen Bauern wegen verschiedener Verbrechen, die im Bereich des Bezirks von unbekannten Personen begangen wurden, mehr als 100 000 Rubel an Strafen ausgezahlt. Die administrativen AuS- Weisungen stiegen endlich während dieser Zeit ins Unendliche und führten in verschiedenen Orten zu einem fühlbaren Mangel an Arbeitskräften. So wurde in Gustavsberg(Kreis Riga  ) mehr als die Hälfte der erwachsenen männlichen Bevölkerung ohne Angabe des Grundes ausgewiesen._ Unverantwortliche Großfürsten. Petersburg, 9. Juni. In der heutigen Sitzung verhandelte die Duma den Etat des KriegSministeriums. Der Referent Gutschkow  (Oktobrist) wies unter anderem darauf hin, das Kriegsministerium habe den richtigen Weg für Reforme» eingeschlagen, doch gehe es diesen Weg langsam. Der Grund der herrscheuden Disharmonie wäre unter anderem der Umstand, dah mehrere dank ihrer Herkunft unverantwortliche Großfür st en Chefs verschiedener Zweige des Militärressorts seien. Die äußerste Rechte legte Wider- spruch gegen weitere Reden ein, die Mitglieder deS Kaiserhauses be­rühren. Hierauf wird die Sitzung geschlossen. Ein Erzbischof getötet. TifliS  , 10. Juni. Der Exarch von Grusien, Erzbischof Nikon, ist heute auf der Treppe des Synodalgebäudes durch mehrere Revolverschüsse getötet worden. Der ihn begleitende Klosterbruder wurde schwer verwundet. Die Mörder entkamen. finnlancl. Das bedrohte Finnland  . HelfingforS, 10. Juni. Hier herrscht wegen der an gekündigten Einschränkung der Autonomie Finnlands   große Erregung. Der Senat ist entschlossen, äußersten Wider st and zu leisten, so daß wahrscheinlich eine Auf- lösung desLandtages und selb st herrliche Ein- f ü h r u n g eines neuen Wahlgesetzes erfolgen wird. JVIarohho. Mulay Hafid in FeS. Nachrichten aus dem Innern zufolge ist Mulay Hafid am Sonnabend mit großem Pomp in Fes eingezogen. Er will ein bis zwei Wochen in Fes   bleiben und hat die Absicht, sodann mit einer großen Truppenmacht sich gegen Tanger   zu wenden. Amerika. DaS republikanische Wahlprogramm. London  , 10. Juni. Die Hauptpunkte der republi- kanischen Platform, die nächsten Dienstag in Chicago  angenommen werden soll, sind folgende: Tarifrevision, Währungsreform, Vermehrung der Flotte, Erhaltung der Landmacht, Förderung des Handels, Unterstützung der Post- danipserlinien und Regelung des Korporationswesens. Eue der parte!* Der Berkauf sozialdemokratischer Zeitungen war bisher bei den badischen Bahnhofbuchhandlungen nicht zugelassen. Aus eine Anfrage des Genossen Dr. Frank in der badischen Kammer erklärte am Sonnabend Minister Marschall  , daß die Regierung bisher keine Veranlassung hatte, ein Verbot des Verkaufs sozial- demokratischer Zeitungen zu erlassen. Preußens Regierung und seine sonstigen Reaktionäre werden sich voll sittlicher Entrüstung schütteln. Genosse Bollmar erkrankt. Genosse Vollmar, der seit längerer Zeit schon leidend ist. der aber trotzdem nach Kräften sich an der Landtagsarbeit beteiligt hatte, ist, wie der.Münchener Post" aus Soiensaß gemeldet wird, am ersten Tag seiner Ankunft dort, am vergangenen Sonnabend, wieder schlimmer erkrankt. Er hat hohes Fieber mit starten Schmerzen in Brust und Rücken. Nach Ansicht ---- um einen Jnfluenzaanfall. Genosse nächsten Wochen leider nicht aktions- es sich für die der Aerzte handelt Vollmar wird daher sähig sein. Nach einem Telegramm Lungenentzündung festgestellt. PoKzefllck»««,(ijmcfitllcbcs uk  «. Die vorsichtige Polizei. Am Sonnabend abend hatten sich in Halle a. S. am Kirchtor zahlreiche Parteigenossen eingefunden, um den Genossen Thiele vomV o l k s b l a t t" bei seiner Ent- lassung aus dem Gefängnis zu begrüßen, lieber die Erfahrungen, die sie dabei mit der Polizei machen mußten, berichtet das.Volks- blatt":.... Obwohl bie_ Straße dorr zu den verkehrsstillsten ge- hört und die berühmte»öffentliche Ordnung" nicht im geringsten durch die ruhig Wartenden gestört werden konnte, wurde telephonisch Polizei herbeigerufen, die dann auch schnellstens, zum Teil im Lauf- schritt, an der bedrohten Stelle erschien unter Leitung des Polizei- kommissarS Goldmann. Zuletzt mögen dreißig oder noch mehr Polizisten dagewesen sein. Herr Goldmann begnügte sich� nun nicht etwa damit, daß er den Fahrdamm und den Fußweg für den Verkehr stei hielt, im übrigen aber die Wartenden gewähren ließ, sondern er forderte alle Dastehenden auf ihrer Wege zu gehen. Wer diesem Befehle nicht sofort nachkam, dem wurde die Sistierung angekündigt. Manche der Polizisten nahmen sich ihrer Aufgabe mit einem Eifer an, als sei der preußische Staat aufs alleräußerste gefährdet. Herr Goldmann wollte sogar der Frau unseres Kollegan Thiele das Warten verbieten. Damit hatte er allerdings kein Glück.... Das ging fast eine Stunde so fort, bis endlich nach'/z7 Uhr statt um 6 Uhr die Entlassung Thieles erfolgte.... Wenige Minuten nach der Enrlassung war die .Ruhe und Ordnung" wieder vollständig hergestellt, und im Volks park wurde die Wiederkehr in gemütlicher Runde gefeiert...." Strafkonto der Presse. Wegen Beleidigung eines Fabrikanten wurde Genosse Gewehr von der.Freien Presse" zu Elberfeld   zu 20 M. Geldstrafe, der Genosse Wille. Bericht- erstatter derFreien Presse" in Velbert  , zu 100 M. Geldstrafe ver- urteilt._ Soziales. Das Elend der böhmischen Glasschleifer. Im letzten Heft deS Archivs für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik" illustriert Friedrich Gaertner   die Lage der Glasarbeiter in der böhmischen Schleifer- industrie. Das Rohglas, das in den über ganz Böhmen   zerstreuten Glashütten erzeugt wird, erfährt seine Raffinierung durch eine Verlagsindustrie. Die Verleger sind Händler; sie kaufen das Roh glas, lassen es durch die Hausindustrie veredeln und besorgen den weitern Vertrieb. Von etwa 90 Verlegern sind zirka 3800 Arbeiter abhängig. Man unterscheidet gewöhnlicheSchleifer" und höher qualifi- zierteKugler". Besonders die Arbeitsbedingungen der Schleifer sind die denkbar ungünstigsten. Der Schleifer befindet sich mit dem Oberkörper in heißer, mit den Füßen in kalter Luft, der Raum ist mit Glasstaub wie mit Nebeln erfüllt. Dementsprechend sind die Sterblichkeitszahlen groß. Auch in den Familien der Glas- schleifer sind die Gesundheitsverhältnisse sehr schlecht. Während die Mortalität vor dem vollendeten zweiten Lebensjahre bei den Kindern der andern Arbeiterkategorien 43 Proz. ist, steigt sie bei den Schleifern auf 53 Proz. Von 100 Schwangerschaften führen bei den Glasarbeitern nur 58 Proz. zu Kindern, die das dritte Lebensjahr erreichen. Höher als in andern Berufen ist auch die Mortalität im vorgeschritteneren Alter. Die Geißel der Glasarbeiter ist die Tuberkulose. Es entfiel auf die Tuberkulose von 100 Sterbe- fällen: Männer Frauen Schleifer...... 75,0 Proz. 38,8 Proz. Kugler....... 29,16 17,16, Fremde Berufe.... 22,6, 20,5, Das Einkommen ist besonders bei den Schleifern gering- fügig. Ein ständig besänftigter Arbeiter, daS heißt ein Arbeiter in besonders glücklichen Verhältnissen, pflegt 8 16 Kronen gleich 6,80 bis 13,60 M. in der Woche zu verdienen. Die Lebensmittelpreise sind dabei im Glasschleifbezirk Böhmens   höher als selbst in Wien  . Abhilfe gegen diese Mißstände könnte nur ein allgemeines um- fassendes Heimarbeitergesetz schaffen. Sexverksckaftlicbes. Straßenpolizciverordnung gegen Boykottzettelverteiler. Das ist das neueste im Polizeikampf gegen die organisierte Arbeiterschaft. Genosse Förster   verteilte am 27. Oktober 1907 auf der Ohlauer Chaussee bei Breslau   Flugzettel, die die Aufforderung enthielten, ein Lokal in Tfchansch zu meiden, weil der Wirt seinen Saal zu Versammlungen nicht hergebe. Zwei polittsche Gegner waren darüber erbost und beschwerten sich beim Gendarm. Sie erklärten sich belässigt zu fühlen. Der Gendarm forderte nun Förster auf, sich zu entfernen und das Verteilen der Zettel auf der Chaussee zu unterlassen. F. ging langsam weiter, gab aber doch von Zeit zu Zeit Boykott- zettel an Passanten ab. Er wurde angeklagt und in zweiter Instanz vom Landgericht Breslau   wegen Uebertrewng der Regierungs« Polizeiverordnung vom 26. Juni 1900 zu einer Geldstrafe ver- urteilt, weil er trotz des Befehls des Gendarmen, der zur Erhaltung der Leichtigkeit, Bequemlichkeit und Sicherheit des Verkehrs er- gangen sei, das Berteilen der Boykottzettel auf der öffentlichen Straße sChaussee) nicht eingestellt habe. Die Verordnung verlangt, daß unbedingt Folge zu leisten sei solchen Anordnungen der Sicherheitsbeamten, die zur Erhaltung der Ruhe, Ordnung. Sicherheit, Leichtigkeit und Bequemlichkeit des Verkehrs auf öffentlichen Wegen. Straßen, Plätzen usw. ergehen. Das Landgericht erachtete die Verordnung für anwendbar, nachdem eS das Borliegen groben Unfuges(§ 366 Nr. 11 des Strafgesetzbuches) und ein u n entgeltliches Verteilen im Sinne des§ 10 des preußischen PreßgesetzeZ verneint hatte.(F. hatte vomAuftraggeber" 50 Pf. Entgelt erhalten.) Das Kammer- g e r i ch t verwarf die Revision deS Angeklagten mit einem Hinweis auf seine bekannte Praxis in bezug auf Streikposten. Die Allmacht des Schutzmanns und Gendarmen, welcher behauptet, er handele.zur Erhaltung der Sicherheit oder Bequemlichkeit des Verkehrs", erscheint also in neuer Variation im schönsten Glänze. Auch damit werden wir uns abfinden. BerUn und klmgegend. Amtsblatt-Weisheit. Im.Wilhelmshavener Tageblatt"(3. Juni) liest man unter der Stichmarke.Wohltäter" folgendes: Wie die unlängst veröffentlichten Feststellungen ergeben haben, hat der Streik im Baugewerbe Groß-BerlinS im vorigen Jahre die gewaltige Summe von 20 Millionen Mark gekostet, das heißt, soviel ist während der Zeit an Löhnen für die Ar- beiter weniger gezahlt worden. Allein der Maurerstreik hat eine Lohneinbuße von fast 3 Millionen Mark gebracht. Das ist ein kläglicher Mißerfolg des mit großem Tamtam ins Werk gesetzten Streiks. So sieht also dieWohltat der höheren Löhne" aus, welche die als Führer wirkenden sozialdemokratischenVolks- beglücker" erzwingen wollten. Armes, verblendetes Volk,� das noch immer töricht genug ist. dieser Sorte vonWohltätern" ge» dankenloS zu folgen! Wieviel Not und Elend in den Familien wäre verhütet worden, wenn der unselige Streik unterblieben wäre! Wieviel empfindliche Verluste haben die Geschäftsleute dadurch erlitten, daß die Millionen an Löhnen nicht gezahlt, also auch nicht umgesetzt wurden! Zu den materiellen Schädi- gungen kommt die große sittliche Gefahr hinzu. Man bcde.nke, was eS bedeuten will, daß ein an tägliche Arbeit gewöhnter Mann plötzlich monatelang tatenlos feiern muß. Wie leicht kommt er mit dem Strafgesetz und dem Staatsanwalt in Bc- derFranks. Ztg.' haben die Aerzte _____________ Hoffentlich gelingt es der Heilkunst. den Kranken in Bälde wieder herzustellen. Der Kongreß der polnische» Sozialdemokratie Oesterreichs   ist am 7. Juni zu Krakau   zusammengetreten. Er ist von 123 Delegierten beschickt. Als Vertreter der deutschen Sozialdemokratie Oesterreichs  ist Abgeordneter W i n a r s k y, als Vertreter der tschechischen Sozial- demokratie Abgeordneter Dr. Winter, als Vertreter der ruthenischen Sozialdemokratie Abgeordneter W i t y k sowie Genosse Dr. N o w a- k o w s k y j erschienen; außerdem Vertreter beider Fraktionen der polnischen sozialistischen   Partei in Rußland   und der polnisch-littauischen Sozialdemokratie. Der Kongreß wurde vom Genossen M i s i o l e k eröffnet, worauf zu Vorsitzenden die Genossen Diamand, Hudec und Reger gewühlt wurden. Sodann überbrachte Abgeordneter W i t y k die Grüße der ruthenischen Sozialdemokratie. Er erinnert an die von wahrhaft internationaler Gesinnung erfüllte Rede DaSzhnSkiS in der galizischen Debatte und spricht die Hoffnung aus, daß daS brüderliche Ein- vernehmen zwischen polnischer und ruthenischer Sozialdemokratie auch in Zukunft fortdauern werde. Abgeordneter W i n a r s k y begrüßte den Kongreß namens der deutschen Sozialdemokratie Oesterreichs  . Zahlreiche Bande verbinden das deutsche und polnische Proletariat Oesterreichs  . Die Unterdrücker des galizischen Volkes sind die Stützen der österreichischen Reaktion. Alle Schandtaten, die in Galizien   begangen wurden, konnten bisher die Bourgeoisparteien noch nicht dazu veranlassen, endlich gegen die Mörder aufzutreten. Nur das Proletariat Österreichs   ist sich seiner Pflicht bewußt, seinen unterdrückten Brüdern in ihrem schweren Kampfe zu helfen. Abg. Dr. Winter drückte die herzlichsten Gefühle der tschechischen Sozialdemokratie für die polnische Bruderpartei auS. Dann erstattete Dr. B o b r o w s t i den Bericht über die Tätig- keit der Partei. Der aufgelöste Kongreß der bosnischen   Sozialdemokratie. Ueber die Auflösung des Kongresses wurde derWiener Arbeiterzeitung  ' aus Sarajewo   vom 7. Juni telegraphiert: Der Kongreß der bos» nischen Gewerkschaften wurde heute nach anderthalbstündiger Dauer aufgelöst. Als ein Genosse eine Resolution beantragte, in der gegen die Abschiebung der auswärtigen Delegierten protestiert wurde, sprang der Regierungsvertreter v. Lindes auf imd erklärte den Kongreß für ausgelöst. 20 Polizisten zu Fuß und 10 Berittene mar- schierten vor dem Arbeiterl, eim auf und drohten zu schießen, wenn der Kongreß nicht auseinandergehe. Der Reglerungskommissar Brodnik, bei dem daS Präsidium Beschwerde führte, lobte noch den brutalen Schergenstreich seines Untergebenen._______________________________________ vcrcmtwTBcdakt.: Georg Tavidsohn, Berlin  . Jnferatcuteik verantw.:Th. Glocke, Berlin  . Druck u,Berlag:BorwärtsBuchdr.u,VxrlägKanstalt PsulSingerölCo�BerlinSiV. Hierzu 3 Beilagen«.UoterhaltungSbl. ' rührung. Wer er muß feiern der Parkelführer haiS   verfügt! Es ist doch eine geradezu himmelschreiende innere Qual für einen ehrlichen Mann, der sich und die Seinen anständig ernähren will, wenn er nicht arbeiten darf, sondern auf Kommando hungern muß. Es heißt einfach:Bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt! Parierst du nicht, fo fliegst du!" Es ist nur notwendig zu konstatieren, daß die Arbeitsruhe durch eine Aussperrung erzwungen worden ist, um die Kritik an die richtige Adresse, an die der Unternehmer, zu richten. Der Schlaumeier, der die obige Weisheit verzapfte, scheint der Ansicht zu sein, wenn nicht ausgesperrt worden wäre, dann hätten wir eine günstigere Baukonjunktur gehabt, es sei dann so viel gebaut worden, daß kein Lohnausfall zu verzeichnen sein würde. Stimmt das Rcchcnexempcl des Amtsblattredakteurs, dann hat das Unter- nehmertum ein ungeheures volkswirtschaftliches Verbrechen be- gangen. Wir sind gespannt darauf, wie die Aussperrwütigen gegen den Vorwurf sich verteidigen werden. Oeutfcbes Reich. Eine Konferenz für den Gau IX des LederarbritcrverbandeS fand zu Pfingsten in Offenbach   a. M. statt. Anwesend sind 18 Delegierte auS 17 Orten, 3 Mitglieder des Gauvorstandes, Knappe- Berlin für den Zentralvorstand und Gauleiter Küntsch als Vorsitzender. Der Geschäftsbericht erstreckt sich von 1904 bis 1908. Im Gau  sind 15 000 Lederarbeiter tätig, von denen aber nur gegen 800 organisiert sind. Die Agitation ist im Gau sehr schwierig, die Fluktuation im Verbände und in den Lederfabriken ungemein groß. Von 1809 Neuaufnahmen in der Berichtszeit sind nur 330 Mitglieder ge- blieben. Die stärksten Hindernisse für die Ausbreitung der Organisation sind sozialer Natur. In Worms   dominiert der bekannte Lederkönig Freiherr von Heyl. Von 4000 dort be- schäfsigten Arbeiter« sind keine 1000 organisiert.Wohlfahrts­einrichtungen" nach Stummschem Muster, schlimmster Terrorismus und ärgste Gesinnungsriecherei haben ein Schmarotzertum großgezogen. Außerdem hält eine guteVerbindung" mit den Be- Hörden die Arbeiter von der Organisation ab. Vor den Toren der Heylschen Fabrik wurden Flugblätter verteilt. Plötzlich erschien ein telephonisch herbeigerufener Schutzmann auf dem Plan, der einen der Flugblattverbreiter festnahm. Ein altes Gesetz von 1850 wurde ausgegraben, um den Mann in Strafe nehmen zu können. (Worms   liegt imliberalen" Hessen  !) Einmal brachte die Mainzer Volkszeitung" einen Artikel über Mißstände bei Heyl. Anstatt die Mißstände abzuschaffen, fahndete die Fabrikleimng eiftigst nach den Urhebern der Notiz. VierVerdächtige" wurden zur Hofarbeit kommandiert, wo sie von den Kollegen alsSünder" angesehen wurden. Im Taunus   und in Jndustrieorten ländlicher Bezirke find die Lederarbeiter vielfach kleine Besitzer, die den Lohn als Neben- einnähme betrachten. Die Unternehmer benutzen das, indem sie ihre Produktton im Winter, wo sie billige Arbeitskräfte(für 15 Pf. die Stunde!) haben können, ausdehnen und im Sommer einschränken. Dann sind diese Firmen auch in der Lage, infolge ihrer Wirtschaft- lichen Uebermacht die Behörden in ihrem Sinne zu beeinflussen, so daß das Menschenmöglichste geleistet wird, um die Hausagitatton, Versammlungen und Besprechungen zu hintertreiben. So war daS Bild im ganzen trüb, welches die Delegierten in den Berichten über die Lage in ihrem Berufe und den Stand der Organisation boten. Angeregt wurde die Anstellung eines Ortsbeamten für Worms  , um Einfluß auf den Heylschen Betrieb zu gewinneu; außer- dem soll der Gau   in mehrere engbegrenzte Bezirke geteilt werden und eine demnächst aufzunehmende Lohnstatitik soll die Unterlage für die in größeren, Maßstabe einzusetzende Agitation schaffen. Achtung! Brauer. Die Differenzen in den Brauereien zu Eisenberg sind beigelegt. Am Sonnabend nachmittag fanden Verhandlungen statt, die mit einem Siege der Arbeiter endeten. Die Forderungen der Brauer wurden sämtlich erfüllt. Die Arbeit ist gestern Mittwoch aufgenommen und der Bierboykott wieder auf- gehoben worden._ Die 8. Konferenz des Verbandes der Isolierer und Steinholzleger Deutschlands  . Die 8. Konferenz der Isolierer und Steinholzleger Deutsch» lands wurde vom 7. bis 9. Juni im Volkshaus in Dresden   abge. halten. Die Konferenz war beschickt, von 16 Zahlstellen durch 14 Delegierte. Von der Freien Vereinigung deutscher GeWerk- schaften war der Genosse Juppcnlatz delegiert. 6 Zahlstellen hatten keinen Delegierten entsandt. Nachdem in den beiden ersten Sitzungen die geschäftlichen Angelegenheiten'erledigt waren, wurde folgender Punkt erledigt:Die Einigungsverhandlungen mit dem Partcivorstand, der Generalkommission und den für uns bei der Verschmelzung in Betracht kommenden Gewerkschaften." Nach längerer Debatte wurde einstimmig beschlossen, bis zum 1. Juli aus der Freien Vereinigung auszutreten. Weiter erklärte sich die Konferenz im Prinzip mit 11 gegen 5 Stimmen für eine Ver- schmelzung mit dem Zentralverband der Maurer Deutschlands  . Die Isolierer und Steinholzleger wollen in diesem Verbände eine besondere Sektion bilden. Sollten jedoch die von der Konferenz aufgestellten Bedingungen nicht akzeptiert werden, dann soll der Verband als selbständige Organisation bestehen bleiben und der Generalkommission angeschlossen werden. Dieser Beschluß wurde einstimmig gefaßt. �et2te JVachncbten und Dcpefcben« Der wortbrüchige Schah wird übermütig. London  , 10. Juni.  (W. T. B.) Einem Telegramm de» Reuterschen Bureaus aus Teheran   zufolge hat der Führer der un- populären tzofpartei, Emir Bahadur, dessen Verbannung verlangt worden war, seine Funktionen bei Hofe am?. Juni wieder aufgenommen! Fünf andere Mitglieder der Hofpartci. welche der Schah zu entlassen versprochen hatte, sind gleichfalls an den Hof zurückgekehrt! Von vierzehn Notabeln, welche sich am 7. Juni abends an den Hof begeben hatten, um dem Schah wegen des Bruchs seines Versprechens ernste Vor» stellungen zu machen, wurden drei verhaftet, unter ihnen Zill es Sultan  . Am selben Abend wurden die Telegraphenlinien durch Emir Bahadurs Mannschaften durchschnitten, die auch auf die Arbeiter feuerten, welche die Linien wiederherstellen wollten. AIS  der Schah davon hörte, mißbilligte er dies. Einer telegraphischen Mitteilung vom 8. Juni zufolge wurden die drei Verhafteten No- tabeln weggeführt, wahrscheinlich nach dem Surkhissarpalast, zwölf Meilen von Teheran   entfernt. Was die politischen KlubS und daS Parlament anlangt, so haben sie noch keine Schritte getan, sondern überlegen ernstlich, was zu tun sei. Die Stadt war heute völlig ruhig._ Lotterieschwindel. Budapest  , 10. Juni.(93. H.) Der Inhaber eine» Bank» geschäfteS, Leopold Bleier. welcher Lose auf Raten verkaufte, die» selben aber niemals lieferte, wurde verhaftet und sein Geschäft ge. schlössen. Seine Betrügereien belaufen sich auf über 200 000 Kronen._ Windhose. Reichenberg, 10. Juni.  (B. H.  ) Eine Windhose hat in der Umgegend von Semil große Verwüstungen angerichtet. Zahlreiche Häuser wurden abgedeckt, Fabrikschornsteine zum Einsturz gebracht. Die Weberei von Melich wurde völlig zerstört. Zahlreiche Per». sonen wurden verletzt.