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errercht. Es kam zur Klage, der Richter hrteS die kkageuden Arbeiter ab, forderte aber die Unternehmer auf, neue Tarifver- träge abzuschliehen, in denen auch solchen Ausnahmezuständen bei der Festsetzung des Minimallohncs Rechnung getragen sei. Die weitere Debatte wird dann auf Mittwoch vertagt. Zu Präsidenten für morgen werden I a r o l i n- Oesterreich, C a I e. v a e r t> Belgien <der Abgeordnete von Charleroi ) und Hall» England. Mitglied dcS Parlaments, gewählt. Paris , 10. Juni. (W. T. B.) Der Bcrgarbeiterkongretz be» fchloh in seiner NachmittagSsitzung auf Antrag Englands, die Frage der Regelung der Kohlcnproduktton einem internationalen Komitee zu überweisen. Sodann wurde über den deutschen Antrag, be» treffend das Verbot der Verwendung von Kindern unter 14 Jahren in Kohlenindustrien und der Verwendung von Personen unter Jahren bei Arbeiten unter Tage abgestimmt. Die deukschen. österreichischen und belgischen Delegierten unterstützten den Antrag. Die englischen und französischen Delegierten enthielten sich der Abstimmung. Hierauf wurde der deutsche Antrag, be» treffend da? Verbot der Beschäftigung der F r a u e n in den Kohlen» bergwcrlen einstizstzsig angenommen, Beuticher CeHrcrtag. (Telegraphischer Bericht.) Hg. Dortmund , 10. Juni 1908, Am heutigen zweiten Verhandlungstage wurden die Beratungen fortgesetzt. Ueber das Thema: Der Lehrermangel nach seinen Ursachen und Wirkungen sprach Generalsekretär TewS-Berlin. Er führte auS: Die Volksschule ist vielfach gewisserinasien nach den Grundsätzen des Armenetats ein« gerichtet. Millionen Kinder geniegen einen völlig unzulänglichen dürftigen Unterricht. Selbst das Kaiserwort: ,70 Kinder zu unter« richten ist eine Menschenquälerei I" hat die UnterrichtSverlvaltungen nicht aufgerüttelt. Nicht alle UnterrichtSverlvaltungen haben das Ihrige zur Abstellung der Uebelftände getan. In Preußen standen Herr v. Mühler, Herr v. Puttkamer und Herr v. Studt, der zwar den klugen Hans in seinem Lehr st allbesuchte(Heiterkeit), aber nie eine Berliner Gemeindeschule von innen angesehen hat, auf der anderen Seite. Nach der Ausfasiung der Regierung besteht Lehrcrmangel nur insoweit, als ordnungsmäßig eingerichtete Stellen unbesetzt sind. Unterrichtstechnisch versteht man unter Lehrermangel jede unzulängliche Versorgung der Schule mit Lehrkräften. Die preußische Volksschule hatte 190S für 6164 898 Kinder in 116902 Klassen nur 97 974 Lehrkräfte, so daß 18 000 Klassen ohne Lehrer blieben.(Hört l hört l) Dabei waren 13 387 Klassen mit mehr als 70, 80 und bis zu 160 Kindern besetzt. In vielen Kreisen der Provinzen Brandenburg , Posen und Schlesien fehlen 1016 Proz. der Lehrer. Nach einer in den letzten Wochen auf- genommenen Statistik derPreußischen Lehrerzeitung- versorgten z. v. in Königszelt 6 Lehrer 11 Klassen, in Over- HermSdorf(Schlesien ) ein junger Lehrer 4 Klassen, in ZeerSk 12 Lehrer 19 Klassen usw. Im Westen find vielfach ver- heiratete Lehrerinnen Lehrer-, Beamten« und Rektorenfrauen angestellt. Im ganzen Deutschen Reiche dürften etwa 5000 Lehrer» stellen unbesetzt sein. Wesentlich größer ist der Lehrermangel im weiteren Sinne. Im Regierungsbezirk Posen haben die katholischen Landschulen für 22 26 Klassen nur 1276 Lehrer und Lehrerinnen. 1000 Klassen find ohne Lehrkraft. Am günstigsten steht noch SchleSIvig- Holstein mit 61 Kindern ans den Kops deS Lehrers. Aber auch hier werden noch 16 888 Kinder in stark überfüllten Klassen unterrichtet. Bayern hat etwas mehr Lehrer als Klassen, Sachsen dagegen für 18 079 Klasien nur 11 896 Lehrer, also 6188 überzählige Klassen. In Baden fehlen 943, in Württemberg 1283 Lehrer. Wenn der vom preußischen Kultusminister vertretene Grundsatz, daß keine Klasse inehr als 46 Kinder und jede Klasse einen Lehrer haben soll, durchgeführt würde, müßten im Deutschen gleiche 77 000, i» Preußen 63 000 Lchrcrstrllen mehr eingerichtet werden. Die Zahl der Lehrer müßte im Durchschnitt um die Halste vermehrt werden. Dabei entsprechen die tatsächlichen Verhältnisse ungefähr den gesetzlichen Bestimmungen. Diese zu ändern, ist not- wendig. Im Auslande ist die Zahl der Lehrer durchweg Verhältnis« mäßig großer. In Frankreich hat keine Schulklasse über 60 Sitze. Dänemark verlangt für je 36, Norwegen für je 40 Kinder eine Lehr» kraft. Selbst in Italien soll die Kinderzahl einer Klasse nicht über 70 hinausgehen. Anstatt der fehlenden Lehrkräfte müßten die Unter« richtsverwaltungen bei der Eigenart des Schulwesens über eine ent- sprechend große pädagogische Reservearmee verfügen. Das Unzulängliche der deutschen Volksschulen ergibt fich durch einen Vergleich mit den höheren und mittleren Lehranstalten. Schon vor 50 Jahren hatten die höheren Lehranstalten Preußens auf je 19 Schüler, heute auf je 18 Schüler einen Lehrer. Die Mittel- schulen haben für 34, die höheren Mädchenschulen für je 23 Schüler eine Lehrkraft, die Volksschulen dagegen im Durchschnitt für je 63, auf dem Lande durchschnittlich für je 68, in den Pro- vinzen Posen, Schlesien und Westfalen auf dem Lande 86 bezw. 77 und 72. Am trostloseste» liegen die Verhältnisse in der Ostmark, wo zwar in sämtlichen höheren Lehranstalten durch« schnittlich für je 21 Kinder ein Lehrer vorhanden ist, in den Volks« schulen dagegen nur für je 73. Für einen Volksschüler werden aus Staats- und Gemeindemitteln in Preußen 63 Mark, für einen höheren Schüler 180 Mark aufgewandt.(Hört I Hört I) Das ist zweierlei Maß, eine ungerechte Verteilung der BildungSgüter, die euva dem Dreiklasienwahlrecht entspricht. Die Volksschule erscheint in dieser Verfassung als Armenschule, nicht als die Volksschule deS Staates. (Sehr richtig!) Die Ursachen deS Lehrermangels liegen darin, daß die äußeren Verhältnisse der Volksschule in ihrer EntWickelung»nt den An« forderungen an das Lehramt nicht gleichen Schritt gehalten haben. (Lebhafte Zustimmung.) Die Gegenwart verlangt andere Lehrer als eine frühere Zeit. Qualifizierte Kräfte find vorhanden, finde» aber an anderer Stelle eine höhere Entlohnung und angenehmere beruf» liche Verhältnisse. Die geistige Schulaufsicht, ungeregelte amtliche Verhältnisse, der Mangel jedes geordneten Avancements lassen den Lehrerberuf wenig aussichtsvoll erscheinen. Durch die unzweckmäßige Organisation der Lehrerbildungsanstalten ist auch den Schülern der höheren Lehranstalten der Eintritt in den Lehrerberuf unmöglich gemacht. Den, Lehrermangel kann nur ob« geholfen werden durch eine grundsätzliche Reform deS gesamte» VoltsschulwesenS. Die Volksschule muß Volkseinheitsschule werden. (Lebhafte Zustiinmung.) Al» verschämte Armenschule hat sie sich überlebt. Die Lehrerbesoldung muß der Besoldung der mittleren Beamten entsprechen. Vor allem aber bedarf die amtliche Stellung der Volksschullehrer einer«enderung.(Sehr wahrl) Die Schule darf nicht länger Hintersass in der Kirche bleiben. Von der Volksbildung haben alle Kreise des Volkes, nicht mit die zunächst in Betracht Kommenden, Nutzen. Im internationalen Weit- bewerb wird dasjenige Volk den Sieg erringen, das am besten unter» richtet ist.(Sehr gut» Die deutschen Volksschullehrer nennen sich die Schüler Pestalozzis und Diesterwegs. Die aufopfernde Liebe des einen und der Wahr- heitS- und Freiheitssinn deS anderen sind ihre Richtschnur. In diesem Sinne müsse die deutsche Lehrerschaft auch in der Oeffent« lichkeit für eine würdige, zeitgemäße AilSgestaltung der Volksschule kämpfen und arbeiten. Von der Entsagung und Aufopfernng der Hingabe und Treue der zunächst Verantwortlichen hängt schließlich aller Erfolg ab. WaS wir für unsere Schule tun und fordern, das loird ihr gegeben werden.(Stürmischer, langanhaltender Beifall.) Der Referent legte der Lehrerversammlung folgende Leitsätze M Beschlußfassung vor: l. Der andauernde Lehrermangel, der bei sachgemäßer Fest« stellung viel größer ist, al» es nach der Zahl der nichtbesetztrn Lehrerstellen den Anschein hat, ist begründet in der den An- forderungen und dem Wesen des Volksschulamtes nicht ent- sprechenden materiellen und amtlichen Stellung der Volktschul« lchrer sowie in der unzweckmäßigen Organisation des Lehrer- bildungSwesenS. 2. Bei dem unzureichenden Zudrang zum Lehrerberuf ist die Heranziehung einer ausreichenden Zahl von Persönlichkeiten, die den Anforderungen deS Lehrerberufs nach jeder Richtung gewachsen sind, nicht möglich; die berufliche Leistungsfähigkeit des Lehrer- standeS geht zurück. Infolge deS Lehrermangels bleiben zahl- reiche Stellen längere oder kürzere Zeit unbesetzt, überfüllte Klassen werden nicht geteilt, mehrere Klassen werden von einem Lehrer verwaltet, Klassen müssen kombiniert, die Zahl der Unter- richtsstunden beschränkt, jüngere Lehrer häufig versetzt werden. Durch diese Zustände wird die unterrichtliche und erziehliche Wirk- samkeit der Volksschule geschädigt, die Beruföfreudigkeil der Lehrer getrübt, ihre Krakt zersplittert und ihre Gesundheit wie die Ge- sundheit der Kinder durch Ueberfüllung der Schulklasien und Kombination mehrerer Schulklassen gefährdet. 3. Dem Lehrermangel kann dauernd nicht abgeholfen werden: ») durch bloße Vermehrung der Lehrerbildungsanstalten in ihrer jetzigen Gestalt: d) durch materielle Erleichieruugen für die an- gehenden Bolksschullehrer und eifrige Werbung; o) durch Ersatz der Lehrer durch Lehrerinnen. 4. Eine wirkliche Beseitigung des Lehrermangels ist nur möglich a) durch eine zeitgemäße Regelung der Lehrerbesoldung; d) durch zeitgemäße Regelung der Lehrerbildung(allgemeine Vor- bildung auf den allgemeinen BildungSanstalten. Berechtigung zum Universitäisstudium); o) durch eine zeitgemäße Regelung der amt- lichen Stellung der Volksschullehrer, insbesondere durch Beseitigung der geistlichen Schulaufstcht und der bureaukratischen Bevormun- dung und durch Besetzung der SchulaufstchtSstellen mit Bolksschul- lehrern. Lehrer Will« Straßburg : Bei uns besteht kein Lehrermangel, aber auch kein Lehrerüberfluß, sondern nach dem Worte eines KlassenschulinspektorS lediglich Lehrerknappheit.(Heiterkeit.) Diese Lehrerknappheit ist wohl auch daran schuld, daß eine Klassen- schulinspektion drei Lehrern den Urlaub zum Besuch des LehrertageS verweigerte I(Lebhaftes Hört l hört I) Ich glaube, daß unsere Lehrerknappheit hart an die Grenze des Lehrer mangels streift. Lehrer Tcoiming- Antwerpen: Bei uns im Auslände spüren wir nicht» von einem Lehrermangel. Wenn eine Stelle aus- geschrieben wird, kommen 60 bis 80 Bewerber. Aber ich möchte deshalb doch davor warnen, in» Ausland zu gehen, wenn man nicht vollständige Garantie hat.(Zustimmung.) Hierauf wurde ein Schluhantrag angenommen. In seinem Schlußwort hob Referent Generalsekretär TewS«Berlin hervor, daß die deutschen Lehrer fich nicht dagegen gewandt haben, daß Lehre- rinnen angestellt würden, sondern nur dagegen, wo sie angestellt wurden. ES ist mit der Zeit dahin gekommen, daß Lehrerinnen fast ausschließlich in den Städten tätig find. Dadurch wird der Lehrerstand mehr und mehr zum Landlehrer st and, und da« gegen wenden wir uns.(Lebhafter Beifall.) ES gibt schon zahl- reiche Schulen, an denen die Lehrerinnen überwiegen. Werfen wir also den letzten Mann nicht aus der Schule heraus.(Beifall.) Die Lehrerinnen mögen nicht glauben, daß der deutsche Lehrerstand sich wehrlos in» Hinterhaus drängen läßt, damit da« Fräulein Lehrerin im Vorderhaus Platz nimmt.(Stürmischer Beifall.) Hierauf wurden die Thesen des Referenten en bloc unverändert angenommen, weiter ein Antrag, seine Rede in Broschürenform zur Massenverbreitung herauszugeben. Damit hatten die Verhandlungen de» Lehrertages ihr Ende erreicht. Am Nachmittag fand im Hamm am Falk« Denkmal eine Huldigungsfeier statt. Im Laufe des heutigen Nachmittags und de» morgigen TageS finden noch zahlreiche Nebenveranstaltungen statt, außerdem«ine Zusammenkunft des Lehrervereins, die jedoch ledig« lich organisatorische und statutarische Angelegenheiten zu er» ledigen hat._ Nerbavdstag der Porjellanarbeiter. Den Bericht über die DienStag-Sitzung mögen die Leser am Schluß de» in der vorigen Nummer desVorwärts" enthaltenen Berichtes über den Verbandstag der Photographen aufsuchen, wohin er infolge eineS technischen Versehens geraten ist. Die Verhandlungen über die Taktik bei Lohn» bewegungen und Streiks, welche am Dienstagabend durch ein Referat des Vorsitzenden W o l l m a n n eingeleitet worden war, wurden am Mittwoch fortgesetzt. Wollmann vertrat im allgemeinen den Standpunkt, den schon die vorige General- Versammlung eingenommen hatte: Es könnten keine Direktiven gegeben werden, die für alle Zeiten und für alle Orte gelten sollen, sondern es müsse dem Borstande da» Vertrauen entgegengebracht werden, daß er hinsichtlich jeder einzelnen Lohnbewegung die richtige Entscheidung treffe. An der Hand dieser allgemeinen Gesichtspunkte betrachtete der Redner die Lohnbewegungen, welche der Verband in den letzten Jahren durchgeführt hat und zog daraus die entsprechenden Nutzanwendungen für die Zukunft. Zur Frage der Tarifgemeinschaft sagte der Redner: Im Unternehmer« verbände gebe es eine Richtung, welche durch Verhandlungen mit der Arbeiterorganisation der Industrie zu dienen meine. Die Mehrheit der Unternehmer gehöre jedoch zu den Scharfmachern, die nur durch die Organisation zu Verhandlungen gezwungen werden können. Tarife könne man nur verlangen, wo die Organi- sation stark genug ist, um auf die Gestaltung derselben einzuwirken und erforderlichenfalls dafür zu kämpfen. Tie zahlreichen Diskussionsredner sprachen fast ausschließlich über einzelne bestimmte Lohnbewegungen und die Verhältnisse in ihren Orten. Nach Schluß der Debatte wurde eine von Woll- mann eingebrachte Resolution angenommen. Sie lautet: Es erweist sich als ein vergebliches Bemühen, für alle Berufe, Betriebe und Orte unserer Industrie, wie für jede Zeit eine allgemein geltende, dem Vorstand wie den Mitgliedern vor- zuschreibende Taktik zu suchen. Die Taktik kann und muß für jeden Fall eine andere sein, je nach der Stärke der Organisation am Ort und im ganzen VcrbandSgebict, der örtlichen und all- gemeinen Konjunktur, der vorhandenen wie der angekündigten oder voraussichtlichen Streiks und Aussperrungen im ganzen Verbandsgebiet unter Berücksichtigung der finanziellen Leistungs- fähigkeit, das ist dcS Verbandsvermögens, und der persönlichen Leistungsfähigkeit und Opferwilligkeit der Mitglieder. Alles das kann von den Kollegen in einem Betriebe oder Orte niemals genau erkannt, sondern nur von der Verbandsleitung übersehen werden. Es kann daher für die Mitglieder als Richtschnur nur das Streikreglement gelten, dessen genaueste Beachtung im Interesse der Mitglieder liegt und dessen gewissenhaste Be- folgung zu fordern der Vorstand durch die Generalversammlung verpflichtet wird. Vor allem darf eine Arbeitsniederlegung niemals ohne den Willen de» Vorstandes stattfinden." Der folgend? Punkt der Tagesordnung war die Frage der Verschmelzung mit den Verbänden der Töpfer und der Glasarbeiter. In Verbindung damit wurde ein Antrag des Vorstandes beraten, der eine Finanzrcform bezweckt, welche in gewissem Sinne als Voraussetzung der Verschmelzung be. zeichnet wird. Mit der sogenannten Finanzreform verhall es sich so: Der Porzellanarbeiterverband hat als Ueberbleibsel seiner längst verflossenen Hirsch-Dunckerschen Vergangenheit ein ausge- dehnteS und kompliziertes Unterstützungswesen. Dasselbe unter- scheidet sich von dem Unterstützungswesen anderer Gewerkschaften namentlich dadurch,, daß gegen verhältnismäßig geringe Beiträge verhältnismäßig hohe Unterstützungssätze gezahlt werden. Unter diesen Umständen bleibt von den Mitteln des Verbandes für die eigentlich gewerkschaftlichen Aufgaben nicht so viel übrig wie in anderen freien Gewerkschaften. Eine Reform de» VnterstützungS- wejenS in dem Sinne, daß es dem der anderen Gewerkschaften sich nähert, wird als VorauSjetzung der Verschmelzung bezeichnet. Der Vorstand, der sich schon lange gegen den Widerstand eines großen Teils der Mitglieder bemüht, das Unterstützungswesen auf eine modern-gewerkschaftliche Grundlage zu stellen, hat der General- Versammlung einen Antrag unterbreitet, welcher eine Reform nach dieser Richtung bedeutet. Der Antrag sieht eine Erhöhung der Beiträge und eine Herabsetzung der Unterstützungssätze» aber eine Verlängerung der Bezugszeit derselben vor. Wollmann begründete den Antrag und bemerkte, derselbe würde auch gestellt worden sein und müßte auch angenommen werden, wenn die Verschmelzung nicht auf der Tagesordnung stände. Die Finanzlage des Verbandes, die Notwendigkeit, mevr Mittel für die gewerkschaftlichen Ausgaben bereitzustellen, spreche schon an sich für den Antrag. Die Verschmelzung selbst hefür- wartete der Redner, dieselbe habe aber nur dann Aussicht, wenn der Verband sein UnterstützungSwesen in dem beantragten Sinne reformiere. Der Kassierer Herden gab eine ausführliche finanztechnische Begründung de» Antrages. D r u n s e l, der als Vertreter der Gcneralkommission an- wcscnd ist, in der Verschmclzungsfrage aber �den Töpferverband vertritt, führte unter anderem auS, die Vorstände der drei Ver- bände seien einig in der Befürwortung der Verschmelzung, in den Mitgliederkrcisen dagegen herrschen zum Teil noch andere Ansichten. Die EntWickelung dränge auf den Zusammenschluß zu großen Ver- bänden. In den drei hier in Frage kommenden Verbänden sei die Frage der Verschmelzung nicht» neues, aber eS würden wohl noch einige Jahre der Diskussion und der Erwägung vergehen, ehe die Verschmelzung zur Tatsache werde. Da es sich hier um drei an. nähernd gleich starke Verbände handle, so könne nicht der eine in den anderen eintreten, sondern aus der Verschmelzung müsse ein neues Organisationsgebilde hervorgehen. Im weiteren begründete der Redner die Zweckmäßigkeit der Verschmelzung unter eingehender Erörterung der beruflichen Verhältnisse. G i r b i g, Vorsitzender des GlaSarbeiterverbandeS, trat gleich- falls in längerer Rede für die Verschmelzung ein. ES folgte eine lebhaste Debatte. Gegen die Verschmelzung an sich wandte niemand etwa? ein, jedoch stieß der Vorstandsantrag vielfach auf Opposition. Mehrere Redner, besonders S e e l m a n n- Kronach vertraten die Ansicht, daß die Annahme des Antrages einen erheblichen Verlust an Mitgliedern zur Folge haben würde. Gewiß bedürfe das Finanzwesen des Verbandes einer Reform. aber mit der vom Vorstande beantragten würden die Mitglieder nicht zufrieden sein. Sie wären wohl bereit, einen um 10 Pf. höheren Beitrag zu zahlen, sie würden sich aber nicht gefallen lassen, daß die Unterstützungen, an die sie gewöhnt sind, gc- schmälert werden._ Zum BcrbandStag der Photographen ist die folgende, zum PunktFachschulwesen" gefaßte Resolution nachzutragen: In Erwägung dessen, daß eine gründliche fachliche AuS. bildung nur dann möglich ist. wenn eine gründliche theoretische Bildung neben der praktischen Hand in Hand geht, erachten wu die Förderung von Fachschulen mit TageSunterricht für notwendig. Solange die Jachschule nicht als städtische bezw. staatliche Lehr- wcrkstätte mit mehrjährigem Lehrgang ausgebaut ist, fordern wir eine gleichzeitige gewerbliche oder technische Tätigkeit im Berufe. Personen, bei welchen dies« Voraussetzungen fehlen, sind vom Fach« schulbesuch auszuschließen. Die Schaffung von Fachschulen für da» weibliche Geschlecht gesondert, wie sich dies in der Lehranstalt des Lettehauses zeigt, verwerfen wir, da hierdurch Reservate(zc- chaffen werden. Private Lehranstalten, d. h. solche, die in Hin- icht auf persönlichen Nutzen der Unternehmer geschaffen sind, sind Ä)arf zu bekämpfen, da sie nur ein Interesse haben, Schüler heran- zuziehen, unbeschadet um deren Ausbildung und weiteres Fort« kommen, ferner aber durch diese Halbkräfte unser Beruf schwer ge- schädigt und das Ucberläufertum gezüchtet wird." Die Schlußabsätze des Berichts, beginnend:Am Dienstag fand eine usw. usw." gehören zum Bericht über den Verbandstag der Porzellanarbeiter, sie sind durch ein Versehen beim Umbrechen an die falsche Stelle geraten. Huq Induftrle und DandeL Streiflichter auf die Krise. In welcher Weise die deutschen Staaten und Städte in den letzten Monaten den Anleihemarkt in Anspruch genommen haben, geht daraus hervor, daß die beschlossenen und zum Teil schon auf- gelegten Anleihen die Summe von 1407 Millionen Mark aufweisen. Daß da» Geldbedürfni» verschiedener wirtschaftlicher Unternehmun- gen gleichfalls ein ganz bedeutende? ist, geht aus der großen Summe der Aktienmtssionen und ObligationSaufnahmen hervor. die in den letzten Monaten beschlossen oder durchgeftthrt worden sind. Wenn man nur die größeren unter ihnen herausgreift, so ergibt sich die stattliche Summe von rund 100 Millionen Mark. Tie industriell« Konjunktur, namentlich auf dem Montanmarkte, befindet sich andauernd in einer Abwärtsbewegung. Trr Bau. und Hypothetenmarkt hatten, wie in ganz Deutschland , auch besonders in Hamburg unter den prekären Gcldverhältnisscn lange Zeit recht empfindlich zu leiden. ES äußerte sich dies darin, daß gekündigte Hypotheken von den Grundeigentümern in vielen Fällen nicht wieder geschlossen werden konnten, auch nicht zu einem höheren Zinsfuß, sondern daß an ihrer Stelle DiSkonthypothckcn treten. Auf dem Baumarkt« in Hamburg war bis jetzt eine starke Einschränkung der Bautätigkeit, dank den zahlreichen staatlichen Arbeiten und der Sanierung in der Neustadt in Verbindung mit dem Bau der Vorortebahn, nicht zu verzeichnen. Die Krise, die im Jahre 1907 in Nordamerika auSge- brachen ist, zeitigt für Europa noch recht üble Nachwehen, WaS in einer starken Abnahme der dortigen Einfuhr und in einer gc- steigerten Ausfuhr zum Ausdruck kommt. In den ersten ztvci Monaten deS laufenden Jahres stieg die Ausfuhr Nordamerika - nifchcr Waren gegen das Vorjahr um 26� Millionen Dollars und in den ersten acht Monaten dcS Fiskaljahres 1907/08 stellte sich die Wareneinfuhr um 96,6 Millionen Dollars geringer als in der ent- sprechenden Zeit des JahrcS 1906/07. Die Verhältnisse in Brasilien liegen ungünstig, und die Handelsbilanz �eigt eine starke Verschlechterung. Die Regierung hat die Garant:« für die Zahlung der in England für den Brasi- lianischen Lloyd gebauten Dampfer übernommen. Die Gummi- krise am Amazonas und in Para dauert fort und beunruhigt den gesamten Handel. Ganz besonder» macht sich die Krise in Para fühlbar. Ein Beweis für den Rückgang deS Geschäftes ist, daß das Zollamt in Belem im März 1907 3304 Kontos Reis vereinnahmte, in demselben Mdnat 1908 aber nur 1749 Konto» Reis, also beinahe die Hälfte. Der Importzoll sank von 1163 Kontos Reis im März 1907 auf 608 Kontos Reis im März dieses JahrcS. Die englische Booth-Lmie hat den Frachtenverkehr zwischen Liverpool und Amazonas für die Dauer der gegenwärtigen Krise eingestellt. In Argentinien ist in letzter Zeit auS nicht rein Wirt- schaftlichen Gründen eine merkliche Geschäftsstille eingetreten. In Haiti wurde die revolutionäre Bewegung beigelegt, und da sich die politische Gesamtlaac gebessert hat, erwartet man eine günstige Entwicklung deS Geschäftes. In Peru hat das Geschäft weiter abgeflaut, da der Kurs- rückgang von zirka 46 Proz. Reserve in den GeschäftSunter- nehmungen auferlegte. Auch wegen der bevorstehenden Präsidenten- Wahl wird eine abwartende Haltung beobachtet. In Chile liegen die wirtschaftlichen Verhältnisse andauernd schlecht, und die Exporteure verhalten sich nach wie vor in der AuS» führung der Ordre? zurückhaltend. Die Lage der Märkte in Süd- und O st a s i e n hcigt im all- gemeinen gleichfalls keinerlei Besserung; neuerdings ist auch das Javaaeschäft stark zurückgegangen. Der Bombay-Markt liegt vollkommen still. Die Preis« der dort lagernden Stocks haben womöglich noch mehr nachgelassen.