lichkeit noch übertroffen werden! Und so kann nur Günstiges in Abrede gestellt werden. � Hieß es gestern. daß der Plan Stengels, ein Spiritusmonopol einzuführen, fallen gelassen sei, so heißt es heute, daß nicht nur ein Spiritus-, sondern auch ein Tabakmonopol drohe I Hieß es gestern, daß 400 Mittionen neuer Steuer» gefordert würden, so spricht heute die„Köln . Volksztg." schon von der vollen halben Milliarde! Und immer neue Steuerobjekte werden genannt. Das rheinische Zentrumsorgan berichtet über die Re- qierungsabsichten folgendes: Die Regierung wolle in erster Linie mehr aus den Reichsbetrieben herausholen; die Reichspost soll dabei dreimal herangezogen werden, da? erste Mal durch den Telephongesprächzähler, dann durch eine Erhöhung der Telegrammgebühren, wobei jedes Wort über zehn mindestens sieben Pfennig kosten soll, und endlich durch eine Erhöhung der Zeitungs- gebühren um 300 Prozent, da die Post an den Zeitungen 30— 10 000 000 M. zusetze. Den Ausfall von 35— iO Mill. aus der Zuckersteuer soll das Bier aufbringen, ein Borschlag, dem die süddeutschen Staaten Widerspruch entgegensetzen. Tabak und Branntwein müssen gewaltig bluten. Die Liebesgabe soll allmählich beseitigt werden. Die QuittungS- st e u e r kehrt in veränderter Form wieder. Durch die Fahr- karten st euerreform soll die vierte Klasse heran- gezogen und die Steuer auf die erste und zweite ermäßigt werden. Große Summen soll die von den Konservativen gewünschte Börsenumsatz st euer abwerfen. Dagegen sind keine direkten Reichs steuern, weder eine Reichsvermögens-, noch eine Reichseinkommensteuer geplant. Man sieht, je mehr man über die Regierungspläne er- fährt, desto ungeheuerlicher erscheint der Raubzug, der gegen die besitzlose Bevölkerung geplant ist l Das ist ja auch natürlich. Für die Blockregierung, die unter dem Wahlspruch: B e- reichert Euch! gewählt ist. gibt es ja keine Wahl. Die Diktatur des Äeichtums, des Großgrundbesitzes und des Großkapitals, die Blockpolitik heißt, ist unvereinbar mit einer gerechten Steuerpolitik! Sie, die herrschen, wollen nicht steuern! Die starken Schultern sind ja stark genug, um alle Lasten a b z u- schütteln! So müssen denn die Besitzlosen aufs neue bluten! Die Politik machen die anderen, die 5t o st e n ihrer Politik müssen die Armen tragen! Das ist für den gepriesenen Block die richtige, die einzig mögliche Finanzpolitik!_ llDlernalionale Glikhwiinfche zum Nahllieg. Wien , 10. Juni. Der in Krakau tagende XI. Parteitag der Polnischen Sozialdemokratischen Partei hat sein Präsidium be- auftragt, den preußischen Genossen zu ihrem bedeutungsvollen Siege bei den Landtagswahlen zu beglückwünschen. Die Bedeutung dieses Sieges geht weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, denn die Gefahr der preußischen Reaktion bedroht die Freiheit Europas . Euer Sieg läßt die Hoffnung aufleben, daß das preußische Junkertum w seiner bisherigen Burg im preußischen Landtage in den Vertretern des Proletariats seinen Meister findet. Zehn Sozialdemokraten waren es im österreichischen Klassenparlamente, die dem Proletariat die Tore zu semem Einzug als mächtige Partei öffneten, unsere Siege beim Klassenwahlrecht bedeuten das Ende des Klaffenparla- ments. In einer beinahe gleichen Zahl gelangt Ihr nun in den Landtag als Vorkämpfer für das gleiche Wahlrecht. Der sichere Sieg wird nicht lange auf sich warten lassen. Für das Präsidium de» XI. Parteitages der Polnischen Sozialdemokratischen Partei. Dr. Hermann Diamand. politische Gcberficbt Berlin , den 12. Juni 1908. Blockfreifinnige Manöver. Zu ganz niederträchtigen Mitteln greifen die Organe deS Blockfreisinns, die„Vossische" und die„Freisinnige Zeitung", um den 6. und 7. Landtagswahlkrcis, die der Sozialdemokratie' anHeim- gefallen sind, für ihre Parteifreunde zu retten. Die beiden edlen Blätter verbreiten geflissentlich die Nachricht, daß in diesen Kreisen zahlreiche Wahlmännerwahlen kassiert werden würden. Wir wollen nicht untersuchen, woher diese Weisheit stammt, aber die Frage möchten wir uns erlauben, was die Blockblätter eigentlich mit diesen Alarmnachrichten bezwecken. Glauben sie etwa, sie könnten die Wahlkommissare in dem Sinne beeinflussen, daß sie das Ergebnis der Wahlen fälschen und soviel sozialdemokratische Mandate kassieren, daß schließlich eine Mehrheit für die freisinnigen Kandidaten heraus» kommt? Derartige Machinationen, die die berüchtigten oft- elbischen Korrekturen von Wahlergebnissen weit in den Schatten stellen würden, trauen wir nicht einem einzigen Wahlkommissar zuk ES würde auch ein mehr als eigenartiges Licht auf die In- telligenz der Bewohner der Reichshauptstadt werfen, wenn gerade hier ungewöhnlich viel formelle Verstöße von Wahlvorstehern.fest- gestellt werden müßten. Unsere Wahlmänner werden dadurch, daß sie geschlossen am 10. Juni bei der Wahl erscheinen, dafür sorgen. daß auch diese letzte Hoffnung des BlocksreistnnS zu schänden wird. Freifinnige Prostitntion. Zu dm Wahlmännerstichwahlen am 10. Juni versandten in Schöneberg N a ti o n alltb er ale und Freisinnige folgende Zirkulare: Sehr geehrter Herr! Wie Ihnen bekannt sein wird, fehlen der Sozialdemokratie an der absoluten Mehrheit nur noch wenige Wahlmänner. ES muß daher unter allen Umständen verhindert werden, daß in den Stichwahlen noch mehr Sozialdemokralen gewählt werden. In Ihrem Bezirk stehen nun sozialdemokratische gegen konservative Wahlmänner zur Stichwahl. Wir bitten Sie daher, um die Sozialdemokratie z« schwächen, in diesem Falle für die konservativen WahlmSanrr zu stimmen. Für die Nationalliberale Partei : Justizrat Dr. v. Gordon. Rechtsanwalt Dr. Marwitz. Direktor Woiwode . Für die Freisinnige Partei: Stadtv. Zohrl. Stadtrat Katz. MagistratSsekretär Radler. Für die Reaktion und gegen die Demokratie, für die Wahlrechtsfeinde gegen die Wahlrechtsfreunde ist eben überall„freisinnige" Parole gewesen! Wahlresultat aus Charlottenburg . ES waren insgesamt S15 Wahlmänner zu wählen. Für die Sozialdemokratie wurden gewählt in der Hauptwahl in der 1. Ab- teilung 2, in der 2. Abteilung IS und in der 3. Abteilung 157 Wahl- männer, in der Stichwahl in der 1. Abteilung 2, in der 2. Ab- teilung— und in der 3. Abteilung 13 Wahlmänner, so daß im ganzen 193 sozialdemokratische Wahlmänner gewählt sind. In der Stichwahl waren wir beteiligt in der 3. Abteilung in 47 Bezirken mit 85 Mandaten lgewählt 13), in der 2. Abteilung in 9 Bezirken mit 12 Mandaten(gewählt 0) und in der 1. Abteilung in 2 Bezirken mit 3 Mandaten(gewählt 2).— Vom Eid auf die Verfassung. Der Eid auf die preußische Verfassung, den die neu- gewählten sozialdemokratischen Abgeordneten zu leisten haben, macht der reaktionären Presse immer noch schweren Kummer. Namentlich eine Aeutzerung der„Leipziger Volkszeitung ", daß die Sozialdemokratie sich an dergleichen„Kmdertrödel" nicht stoßen werde, hat es dieser Presse angetan, und flugs ist die „Konservative Korrespondenz" dabei, aus der bündigen Dar- legung unseres Leipziger Parteiorgans die jesuitische Folgerung abzuleiten, daß die Sozialdemokratie sich nun nicht mehr darüber beschweren könne, wenn dem von ihren Anhängern vor Gericht geleisteten Eide mit Mißtrauen begegnet werde. Unserer Meinung nach haben die Herrschasten, die mit diesem alten Gaunerkniff dem Preußentum Dienste zu leisten vermeinen, eigentlich auffälligere Objekte zur Hand als sozial- demokratische Abgeordnete, wenn ihnen durchaus daran liegt, über das Halten von Verfassungseiden praktische Beispiele zum besten zu geben. Es hat bis jetzt noch keinen sozialdemokratischen Ab- geordneten gegeben, der einen Eid auf die Verfassung oder sonst einen Eid gebrochen hätte. Wohl aber, haben unter- schiedliche Fürsten von Gottes Gnaden gezeigt mit welcher Wurstigkeit man einen solchen Schwur leisten und— brechen kann. Ueber den„mentalen Vorbehalt", mit dem Friedrich Wilhelm IV. am 31. Januar 1850 die preußische Verfassung beschwor, sollte vor allem die konservative Presse unterrichtet sein. Ebenso darüber, daß Bismarck während des Verfassungs- konflikts 1864 folgende reizende Erklärung zum besten gab: „Ein Eid auf die Verfassung kann nur bindend sein, wenn man es dem Vereidigten möglich macht, mit der Verfassung zu regieren. Wenn man es ihm aber unmöglich macht, mit der Ber- faffung zu regieren, so ist selbstredend der Eid aus die Berfassung weder für den Träger der Krone noch für seine Minister bindend." Sozialdemokratische Abgeordnete sind, wie gesagt, noch nicht in die Lage gekommen, den Spuren preußischer Könige und ihrer Minister zu folgen. Wenn aber je sich solche Not- wendigkeit ergeben sollte, so haben die Wortführer der kon- servativen Partei aller geschichtlichen Tradition nach am wenigsten Ursache, am„Umsturz von unten" zu schelten, was sie beim„Umsturz von oben" ganz in der Ordnung gesunden haben.—_ Wer nimmt eS mit dem Eid nicht genau 1 Das Organ der Verfassungsgegner. die» DeutscheTages- zeitung schreibt: Warum sollte aber eigentlich einem wasch- echten Genossen der gerichtliche Eid heiliger sein als der Treueid? Da die„Deutsche TageSztg." den Unterschied zwischen er- zwungenen Treueiden und gerichtlichen Eiden nicht kennt, ist es auch erklärlich, daß sie Verletzimg der beiden Eide gleich wertet und dah�r auch die große Zahl der gerichtlichen Meineide in den Kreisen, die der„Deutschen Tagesztg." sehr nahe stehen. Daß die Konservativen, die Junker, genau so, wie schon Träger der Krone es getan haben, auf den geleisteten Treueid pfeifen, weiß man aus der Geschichte. Daß den Krautjunkern aber auch gerichtliche Eide keine Beschwerden machen, beweist die Kriminal- statt st ik. Nach dieser wurden z. B. im Jahre 1890 wegen Meineid 783 Personen verurteilt. Davon gehörten an der sozialistenreinen Landwirtschast...?ZS Personen der Industrie........... 264„ dem Handel und Verkehr....... 93„ den freien Berufen, der Beamtenschaft usw. 47„ dem sozialistisch infizierten Stande der Arbeiter und Tagelöhner....... 42, dem sozialistisch infizierten Stande der Dienstboten.......... 29„ Die Frage, in welchen Kreisen man es mit dem gerichtlichen Eide am wenigsten genau nimmt, ist durch vorstehende Zahlen einwandfrei beantwortet l— Die„Tages-Ztg.", die jetzt im 15. Jahrgang erscheint, könnte einwenden, im Jahre 1890 sei ihr ethischer Einfluß noch nicht stark genug gewesen, um die moralischen Oualitäten in den Junker- domänen zu heben. Sehen wir deshalb zu, wie es später aus- sah, nachdem das Oertelblatt schon eine Reihe von Jahren erzieherisch gewirkt hatte. Die Kriminalstatistik für 1904 erweist folgendes: In diesem Jahre wurden 028 Personen wegen Meineid sverurteilt. Von den Verurteilten gehörten an: der Landwirtschast..... 181 Personen der Industrie....... 242„ dem Handel und Verkehr... 82, dem ArbeUer- u. Tagelöhuerfiande 48, dem Dienstbotenstande.... 83. dem Hofdienst und den freien Berufen........ 11„ ohne Berufsangabe(Rentner usw.) 31„ Unter den Verurteilten, die beruflich der Landwirt- schaft angehören, waren 31 Selbständige, 142 Gehilfen usw., 8 Angehörige. Für die Industrie ergibt sich folgende Verteilung: Selbständige 30. Gehilfe» 188, Angehörige 18, von den dem Handel und Verkehr ungehörigen Verurteilten sind 44 als Selbständige und 30 als Gehilfen bezeichnet. Das ungünstige Verhältnis für die Gruppe, die von der «Deutschen Tageszeitung" ethisch erzogen wird, springt markant in die Augen. Damit das Bündlerblatt auch nicht den Ausflucht ver- suchen kann, die hohe Kriminalziffer für die Landwirtschast dem demokratischen Süden aufs Schuldkonto zu schreiben, machen wir zur Vorsicht auch noch folgende Aufstellung: Wegen Meineid wurden verurteilt, in Preußen 353 Per- sonen, davon allein in den Provinzen West- und Ostpreußen , Branden- bürg(außer Berlin l), Pomweru, Schlesien und Posen 181 Per- sonen. Legt man die Bevölkerung nach der Zählung vom 1. De- zember 1903 zugrunde, ergibt sich folgendes Resultat: Auf je 100 000 Einwohner wurden wegen Meineid verurteilt: in P r e u ß e n...... 9,4 Proz., im Sündenpfuhl Berlin .. 8,3„ in den östlichenProvinzen 11.5„ Nun dürfte auch Knuten- Oertelchen wissen, in welchen Kreise« man eS mit den gerichtlichen Eiden am wenigsten genau nimmt I Hannoversche Polizei«nd sozialdemokratische Wahlmänner. Der„Volkswille", unser Hannoversches Parteiorgan, hatte vor einigen Tagen gemeldet, daß die Polizei am Wahltage sich an- gelegentlich nach den Personalien der sozlaldemokra- tischen Wahlmänner erkundigt hat. Jetzt schreibt das Blatt zu diesem Thema:„Da uns das aus zahlreichen Wahllokalen gc- meldet ist, so handelt es sich, offenbar um ein systematisches Vorgehen, dessen Zweck wir zunächst nicht zu durchschauen vermögen. Unterstützt wird diese Annahme dadurch, daß dieser Tage sogar die Polizei in den Wohnungen sozialdemokratischer Wahl- männer gewesen ist, um die Personalien ein zu- holen. Es wäre dringend nötig, daß ganz offiziell unverhüllt einmal erklärt ivürde, was die Polizei niit diesen Per- s o n a l i e n denn eigentlich beabsichtigt. Im Interesse der Befragten werden die Feststellungen sich nicht gemacht.... Selbstverständlich werden unsere Genossen im Abgeordnetenhause bei erster Gelegenheit den Minister um Auskunst über das Polizei- liche Interesse an der Person unserer Wahlmänner ersuchen.... Idyllische Zustande. Der Druckfehlerteufel hat eine die Handhabung der Gewerbe» ordnung grell beleuchtende Tatsache in eine ganz harmlose Sache umgewandelt. In der Notiz„Idyllische Zustände" heißt eS, daß Generalrat Willuer den Vorschlag macht, die Arbeitsordnung de» Gewerbeinspektionsbeamten mitzuteilen. Wenn ein Mensch, der den Titel Generalrat führt, einen solchen Vorschlag macht, dann ist die Sache harmlos und ohne jede Bedeutung. Willner ist aber nicht Generalrat, sondern königlich preußischer Gewerberat in Krotoschiu und hat die Fabriken in den Kreisen Adelnau , Jarotschin , Kempen , Koschmin , Krotoschin , Ostrowo , Pieschen , Schildberg und Wreschen zu inspizieren. Aus seinem Vorschlage geht hervor, daß neun Landräte den§ 134s der Gewerbeordnung nicht beachten. Wie aus dem Konmnssionsbericht der VIIL Kommission von 1891 zu ersehen ist, war damals beantragt, den GewerbeauffichtSbeamten die Arbeits- ordnung zuzustellen. Der Antrag wurde zurückgezogen, als die Regierung die bestimmte Erklärung abgab, daß man deshalb zwei Exemplare für die untere Verwaltungsbehörde fordere, weil ein Exemplar an den Gewerbeaufsichtsbeamten gehen solle! Man wolle den Fabrikanten nur die zweimalige Sendung ersparen. Wenn nun der Gewerberat Willner den Vorschlag macht, jenen da- mals gestellten Antrag zum Gesetz zu machen, dann ist damit be- wiesen, daß in jenem Bezirk sämtliche Landräte gegen die Be- stimmung des§ 1 3 4 o der Gewerbeordnung der- st o ß e n. Wenn selbst im inneren Verkehr der Beamten das Gesetz so wenig beachtet wird, daß selbst ein seit Jahren in, Amt befindlicher Gewerberat keine Ahnung von dessen Inhalt hat, dann kann man daraus ermessen, wie wenig auch sonst der In- halt der Gewerbeordnung beachtet wird I— Wozu das Militär gebraucht wird! Ueber die dritte Tagestour der„Prinz-Hctnrich- Fahrt" benamseten Automobilraserei wird gemeldet: „Soeben habe ich noch die Rennstrecke mit Direkto, de la Croix abgefahren. Die Straße ist wefterumiert und fast staubfrei. Bei allen Kreuzungen stehen Militärposten und an beiden Kurven in der Mitte der 9Vz Kilometer langen Strecke sind T e l e p h o n st a t i o n e n eingerichtet, deren Leitungen soeben durch Militär fertiggestellt werden." Zu Zwecken der Automobilraserei steht also daS Militär zur Verfügung! Das Volk bezahlt den Militarismus, opfert ihm seine Söhne, damit Soldaten bei Sportsexereicn Sicherheitsdienste verrichten. Mögen doch die Sportfexe auf e i g e n e K o st e n Geniel und gesunde Glieder riskieren!— Zum Thema TerroriSmuS. Der.Volksbote", unser Stettiner Parteiorgan, teilt mit, daß die Leitung des Eisenwerks„Kraft" in Kratzwieck den Arbeitern bei Strafe der Entlassung das Fernbleiben von der Arbeit am Wahltage untersagt hat.„Da dies eine gewaltsame Behinderung in der Ausübung der staatsbürger- lichen Rechte der Arbeiter darstellt", schreibt der„Volksbote" im Anschluß daran,„erwarten wir von der Staatsanwalt- schaft die Erhebung der Anklage gemäß dem§ 107 des Strafgesetzbuches, welcher lautet:„Wer einen Deutschen durch Gewalt verhindert, in Ausübung seiner staatsbürgerlichen Rechte zu wählen und zu stimmen, wird mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten oder mit Festungshaft nicht unter fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar." In Anbetracht der Eile, mit der man in der Regel gegen Streiksünder vorzugehen pflegt, zweifeln wir nicht einen Augenblick daran, daß der Staatsanwalt alsbald die schuldigen Personen ausfindig machen und ihre Bestrafung veranlassen wird."— Hm!—_ Die Bergwerksbesteuerung beschäftigte den Landesausschuß für Elsaß-Lothringen in seiner Sitzung vom Mittwoch in zweiter Lesung. Die Regierung und die Spezialkommission des LandeSausschusses schlugen vor. eine Flächenabgabe von 0,50 M. für den Hektar ver- liehenen Feldes, die Einführung der Gewerbe- st euer auf die Ertragssähigkeit an Stelle der bisher auf den Reinertrag basierten verhältnismäßigen Bergwerksabgabe, und als besondere Bergwerksabgabe eine Förder- abgäbe von'/«Proz. von dem mittleren Verkausswerte der gewonnenen Materialien. Trotz dieser hannlosen Besteuerung ver- suchten doch einige Bergwerksinteressenten gegen die Vorichläge Sturm zulaufen. Sie beantragten eine Herabsetzung der Förderabgabe auf V, Prozent. Gegen diesen Vorschlag wandten sich einige klerikale Redner und der„demokratische" Ab- geordnete Blumenthal, der die Erhöhung der Förder- abgäbe auf 1 Proz.� beantragt. Von einer Verstaatlichung der noch zu gründenden Bergwerke war keine Rede, viel weniger noch von einer Verstaatlichung der bereits in Betrieb stehenden Berg- werke. Die Förderabgabe soll gewissermaßen eine Entschädigung aus dem Nationaleigentun, der Bergwerke an den Staat darstellen. Naive Gemüter sind doch die Mitgüeder des LandeSausschusses. wenn sie meinen, die Förderabgabe werde von den Unternehmern und Kapitalisten getragen. Der Antrag Blumenthal wurde mit 28 gegen 20 Stimmen abgelehnt, ebenso der Antrag Couturier. dagegen wurde der Antrag der Kommission, die Förderabgabe aus Proz. festzusetzen, angenommen. Das Kapital hat nun also wieder freien Boden in der Ausbeutung der Bodenschätze! �Die paar Steuern wird eS schon auf die Konsumenten abzuwälzen ver- stehen l_ Unterm neuen Bereinsgefetz. In Heinersdorf (Meiningen ) sprach jüngst in einer Gewerkschaftsversammlung Genosse N e u r in g- Dresden über das Thema: „Die gegenwärtige Lebensmittelteuerung und wie verbessern wir unsere Lage?" Nach der Versammlung sind einigen Besuchern Straf- Verfügungen folgenden Inhalts zugeflogen: „Strafverfügung. Es ist gegen Sie zur Anzeige gekommen, weil Sie an, 1. d. Mts. Abends im Ehardtschen Saale sich an einer g e- werkschaftlichen Bersamlung. unter 18 Jahren betheiligten Beweismittel: der Zeuge Feldjäger Walther Auf Grund des§ 17 d Reichsvereingesetz v. 19. 4. 08 wird daher gegen Sie eine Geldstrafe von 2 Mk. hiermit festgesetzt, welche binnen 14 Tagen an die hiesige Gemeindekasse zu be- zahlen ist.' Heinersdorf , den 7 Juni 1908 Der Gemeindevorstand. Gg. Liebhan'
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten