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StaatSministerium. das noch vor den Ferien Stellung nimmt; der Bundesrat hat sich erst im Herbst mit den Vorlagen zu befassen und zwar in den ersten Scptembertagen. Die Steuer- gcsetze sollen dann dem Reichstage sofort bei der Wieder- aufnähme der Arbeiten vorgelegt werden. Soweit das rheinische Zentrumsblatt. In den Organen der freisinnigen Volkspartei herrscht vorläufig Schweigen. Ob der Freisinn für indirekte Steuern, die eine unerhörte Be- lastung der Besitzlosen bedeuten, zu stimmen die Schamlosigkeit haben wird, läßt sich schwer voraussagen. ES hängt davon ab, ob der Freisinn größere Furcht vor seinen Wählern oder vor der Blamage der Ausschaltung aus dem Block haben wird. Sein bisheriges Verhalten deutet ja allerdings darauf hin, daß er. nachdem er seine Anhänger politisch verraten hat, sie jetzt auch wirtschaftlich verraten wird.-» Ein Geständnis. Die»Norddeutsche Allgemeine Zeitung" be- handelt weitschweifig die Frage der Landtagswahl im 12. Berliner Landtagswahlkreis. Bekanntlich hat das konservativ-nationalliberale Kartell dort gedroht, bei einer eventuellen Stichwahl zwischen Sozialdemokratie und Freisinn konservativ-antisemitisch zu stimmen, wenn nicht der Freisinn sich vorher auf eine nationalliberale Kompro- i» i ß k a n d id a t u r einige. DieNorddeutsche Allgemeine Zeitung", das Organ Bülows, nimmt zu diesem edlen Konkurrenz- streit keinerlei Stellung, sondern spricht nur sein Bedauern dar- über aus, daß es durch die Unnachgiebigicit der einen oder anderen Partei der Soziakocmokratie möglicherweise gelingen könnte, den Sieg davonzutragen. Aber nicht diese skrupulöse Unparteilichkeit, sondern folgender Passus der Auslassung derNorddeutschen All- gemeinen Zeitung" ist interessant. Das Bülow-Organ schreibt nämlich: .In Moabit stehen die Dinge einfach so, daß das System unseres LandtagSwahlverfahrenS sich mit aller Klarheit zu bewähren haben wird, und daß die bürgerlichen Parteien es ebenfalls werden tun müssen." Soweit dieser wahrhaft schandbare Stil Schlüsse auf den Sinn' zuläßt, will das offiziöse Organ damit sagen, daß sich gerade bei der Wahl im 12. Berliner Landtagswahlkreis das infame Dreiklassenwahlsystem bewähren müsse! Daraus würde zu schließen sein, baß die Negierung keineswegs ernstlich an eine Wahlreform denkt! Wenn trotz dieser offiziösen Erklärung freisinnige Wahlmänner gegen den sozialdemokratischen Kandidaten und für r e a k. tionäre Kandidaten stimmen, so beweisen sie damit nur. daß sie selbst eine Wahlrcform. wenigstens in demokratischem Sinne, nicht wünschen!_ Wie's trefft. Als jüngst derVorwärts" das Zentrum darauf festnagelte, daß es die Konservativen, also die ärgsten Wahlrechtsfeindc, unterstützte, da meinte dieKol- nische Volkszeitung", die Wahlreform spiele bei den jetzigen Landtagswahlen keine Rolle. Dasselbe Blatt schreibt aber am Vorabend der Wahl: Gerade auf die gegen wärtige Wahl kommt ungeheuer viel an. Vielleicht ist sie die letzte, die nach dem bisherigen Wahlverfahren zustande kommt. Vielleicht. Den liberalen Parteien braucht niemand etwas Gutes zuzutrauen im Punkte der Wahlreformfreudigkeit, aber gerade deshalb sind alle, die ein wirklich gerechtes Wahlrecht wünsckien, die nicht ein neues Unrecht an Stelle des alten setzen oder diesem noch hinzufügen wollen, um so mehr verpflichtet, am Wahltage ihre Schuldigkeitzu tun und namentlich dafür zu sorgen- daß die Bäume der Nationalliberalen nicht in den Himmel wachsen." Dafür sorgt das Zentrum um so mehr dafür, daß die Bäume der Konservativen, der ärgsten Wahlrechts- feinde, in den Himmel wachsen! Wie steht's mit dem Zentrum? Seit das Zentrum sich in der Opposition befindet, hat es ew merkwürdig feines Verständnis für die Fehler und Schwächen der Regierungsparteien. So sagte in einer ZentrmnSwählervcrsammlung in Köln der Redner. Stadt- verordneter Dr. Schulte: .Angesichts der Tatsache, daß die vereinigten Freisinnigen im Abgeordnetcnhause im Januar dieses Jahres einen Antrag auf Abänderung des preußischen Dreiklassenwahlrechts stelkten. ist es von Bedeutung, darauf hinzuweisen, daß die freisinnigen Parteien nicht in der Lage sind, im Abgeordnetenhause eine Mehrheit zu bilden gegen Konservative und Nationalliberale, daß cS ihnen demnach bewußt war, Anträge auf Abänderung des preußischen Vom Herzen zum Hirn schoß mir siedend das Blut; Ich spie und ich schrie, und eS schäumte mein Mund: Du Lump I Du Schuft! Du Schinderl Du Hundt'-» Was ich seit Monden hinuntergeschluckt, Hab' ich ihm mitten ins Antlitz(�stuckt; Die Faust ihm geschmettert ins freche Gesicht~ WaS weiter geschah, ich weih nicht; Ich sah ihn taumeln, im Kreise sich drehn, Sah, wie im Nebel, die andern stehn Und floh aus der Stube, der dumpfen Kaserne Fort, iinmer fort, in die dämmernde Ferne. Endlich, vom Rennen mich auSzuruhn, Betrat ich ein Gasthaus; da schreib' ich NUN. Mutter! Ich weiß, sie werden mich fassen; BorS Kriegsgericht wird man mich stellen lassen. Wer sich, ivie ich. so ungeschliffen Hat am Herrn Vorgesetzten vergriffen. Den sperrt man ins Zuchthaus acht, neun Jahr Und lieber sterb' ich; daS ist doch klar. Mutter, mir ist der Tod ein Genuß! Zürne nicht, Mutter; denn Mutter: ich muß. Tausend Küsse! Der Fluß ist nah; Ich ersaufe für Thron und Altar; Hurra!" Der Brief ist zu Ende; das Wetter tollt, Blitze zucken, der Donner rollt. Mutter Hille sitzt stumm und grübelt und sinnt Und denkt an ein Grab und ihr totes Kind. Wenn der Vater noch lebte, der früh verblich, Vom Dampfe verbrüht, der dem Kessel entwich. (Sie fanden den Leichnam verkohlt und zerstückt) Wenn der Vater noch lebte, der würde verrückt! Und soll man nicht selber verrückt dabei werden? Giebl's denn noch redliche Richter auf Erden? Drei Monat Gefängnis und Degradation"» Das ist kein Urteil, das ist ja Hohn l Der Men wird'S plötzlich im Kopfe so wirr, ES krampst sich ihr Finger, das Auge blickt irr. Sie beginnt mit den Stühlen im Slübchen zu raufen Und kreischt, daß die Nachbarn zusammenlausen, Schrill, unaufhörlich, Schaum vorm Mund: »Du Lump! Du Schuft! Du Schinderl Du Hund!' Wahlrechts gegen die derzeitigen Intentionen des Fürsten Bülow beziehungsweise der preußischen Regierung nicht durchsetzen zu können. Dies Bewußtsein ließ den Freisinn mit ManneSmut auf die Tribüne treten, da er sich die Gunst des Kanzlers nicht der- scherzen konnte." Nun hat aber doch daS Zentrum ebenfalls im Ab- geordnetenhause einen Antrag auf Einführung des allgemeinen. gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts für Preußen eingebracht und es ist genau wie der Freisinn nicht in der Lage, eine Mehrheit zu bilden gegen Konservative und Nationalliberale. Hat man, zumal bei der schlappen Haltung der Ultra montanen in der Wahlrechtsfrage, nicht allen Grund, vom Zentrum dasselbe an- zunehmen, was es selber vom Freisinn annimmt nämlich, daß ihm sein Antrag nicht ernst gemeint und daß er nur deshalb ein- gebracht worden ist, weil daS Zentrum weiß, daß sich dafür keine Mehrheit findet._ Aus dem Danziger Landtagswahlkampf. In Danzig beteiligte sich die Sozialdemokratie zum c r st e n M a I e an den Landtagswahlen. Die Feuerprobe ist gut bestanden. Etwa 15(10 Stimmen wurden in der 3. Ab- teilung für die Sozialdemokratie abgegeben, dazu einige in der 1. und 2. Abteilung. Das ist ein Achtungserfolg, der uns zu guten Hoffnungen für die Zukunft berechtigt. Das Resultat der Wahl kann erst unter Berücksichtigung aller Umstände voll gewürdigt werden. In Ermangelung geeigneter Säle zu großen Volks- Versammlungen mußte sich die Wahlarbeit auf st i 1 1 e Kleinarbeit allein beschränken. Erbärmliche Feigheit schloß uns schon auf den Einladungen von gegnerisck>eii Versammlungen aus. So gesichert, bewarf man die Sozial- demokratie mit Schmutz und tat arbeiterfreundlich bis zum Ekel. Keine gegnerische Partei machte eine Ausnahme! 1590 Arbeiter gaben öffentlich ihre Stimmen für die Sozialdemokratie ab! Bei einer geheimen Wahl wäre die Zahl sicher vier oder fünfmal größer gewesen. Der staats- erhaltende Terror sorgte dafür, daß die Tausende von Arbeitern der Kaiserlichen Werft, der Gewehrfabrik und sonstigen staat- lichen Betrieben nicht ihrer Ueberzeugung entsprechend stimmen konnten! Aber auch die privaten Unternehmer leisteten das Menschenmöglichste an Vergewaltigung der freien Meinung, wie der von uns bereits mitgeteilte Fall der Vöttcheraussperrung zur Genüge beweist. Die Wahlzeit für die 3. Abteilung, von lls/fj Uhr vormittags bis 3 Uhr nachmittags, entsprach ganz der Arbeiterfreundlich- keit und dem sozialen Verständnis des liberalen Magistrats. In ländlichen Bezirken begann die Wahlzeit um 2 Uhr nach- mittags I 1500 Stimmen und nicht einWahlmann! Auch hierdurch wird das famose Dreiklassenwahlrecht prächtig illustriert. 2 Wahlmänner verloren wir durch das Los. Der Zufall selbst war also gegen unsl Weitere 6 Wahlmänner wären uns sicher gewesen, wenn unsere Wähler in ländlichen UrWahlbezirken nicht vor den Stichwahlen das Wahllokal verlassen hätten. In der Stadt kamen 15 sozialdemokratische Wahlmänner in Stichwahlen. In vielen Bezirken unterlagen wir mit wenigen Stimmen. Unsere Beteiligung brachte ferner liberale Wahlmänner gegen konservative in einer großen Anzahl UrWahlbezirke in Stichwahl. Hier waren wir überall»Mchlaggebend... Darüber kann kein Zweifel bestehen: hätten die Liberalen ein Mandat an die Sözsialdemo- k r a t i e wie verlangt abgetreten, dann wären sie heute nicht die Besiegten I Wir hätten unseren ganzen Wahlapparat mit größter Kraftentfaltung gegen die Konservativen mobil gemacht. Zwei Mandate für die Liberalen, eins für die Sozialdemo- kratie wäre in diesem Falle der Wahlansfall gewesen! Wer die Wahlziffern studierst, der muß zugeben, daß die Sozial- demokratie in unserem Kreise dasZünglein an der Wage" war, auch ohne einen einzigen Wahlmann. Die Danziger Sozialdemokratie schöpft aus dem ehrlich errungenen Achtungserfolge frische Kraft zu neuer Arbeit für die Organisation!_ Ein schlechtes Gedächtnis. Im bayerischen Landtag wurde am 5. Juni bei der Debatte über die Lehrerbcsoldung auch über dieFreie b a h e- rische Schulzeitung" gesprochen, die von dem linksliberalen Lehrer Beyhl in Würzburg redigiert wird. Auf eine Anfrage des liberalen Abgeordneten Oberbürgermeisters Dr. Casselmann, ob die Gerüchte von einem Vorgehen de» Kultusministers gegen diesen Lehrer richtig seien, gab der Kultusminister Dr. von Wehner eine verneinende Antwort. Nun veröffentlicht Lehrer Beyhl in seiner Zeitschrift eine Entschließung der könig - lichen Regierung von Unterfranken , in der es unter anderem heißt: Im Vollzuge eines Auftrages der genannten königlichen Stelle beziehungsweise des königlichen Staatsmini» steriums für Kirchen- und Schulanstelegen- Heiden vom 13. Mai d. I. werden Sie als Schrlftleiter der genannten Schulzeitung sich selbst größerer Mäßigung befleißigen und Aufsätze Ihrer Mitarbeiter, die nach Inhalt und Sprache ungehörig sind, strenger als bisher zurückweisen." Am 13. Mai gibt der Kultusminister der Kreisregierung den Auftrag zur Maßregelung des Lehrers Beyhl. Am ö. Jurn erklärte er im Abgeordnetenhause: er wisse von einem solchen Schritte nichts. Einem Minister kann ein schlechtes Gedächtnis sehr unan- genehm werden.-_ Der Eukenburg-Prozeh. Entgegen allen Anzweiflungen, ob Fürst Eulenburg vor die Geschworenen kommen wird, meldet daSBerliner Tageblatt": Wir haben bereits gemeldet, daß die Verhandlung gegen den Für- sten Eulenburg in der am 22. Juni beginnenden Schwurgerichts- Periode des Landgerichts I stattfinden wird. Borsitzender des Schwurgerichts ist Landgerichtsdirektor K a n z o w, der lange Jahre Staatsanwalt, dann Vorsitzender der V Strafkammer war und jetzt Vorsitzender einer Ziviltamiilcrjst� Eine Verhaftung aus Anlast des Kaiserbesuchs wurde am Pfingstdienstag. wie jetzt erst bekannt wird, in L i e g n i tz vorgenommen. In den Vormittagsstunden jenes TageS traf Wilhelm II. in der alten Piastenstadt ein wenn wir uns recht erinnern, um der Einweihung irgendeiner Kirche beizuwohnen. Be- reit« in der Frühe hatte man die Familie des ehemaligen Schrankenwärters Henschel Mann. Frau und Tochter in polizeilichen Geivahrsam genommen. Die drei sollen nämlich an religiösem Wahnsinn leiden und früher bereits Drohbriefe an den Kaiser gerichtet haben. Man wollte nununliebsame Zwischenfälle" vermeiden. Die Liegnitzer Polizeibehörde wird gut tun. Aus- llärung über den Vorfall zu geben. So wie er in die Oeffentlichkeit gedrungen ist. stellt sich die Verhaftung unseres Erachtens als eine Ungesetzlichkeit dar.-_ Hohenau Versteckspiel. Zur Abwechselung meldet jetzt wieder einmal eine Kor- rcjpoud�nz»von zuverlässig» Seite"« daß der Kaiser den ijjm vor, gelegten Spruch des Ehrengerichts gegen den Grcffcn Wilhelm Hohenau bestätigt habe. Der Spruch des Sondcrehrengcrichts soll nicht auf Freispruch wegen mangelnder Beweise, sondern auf Eni- fernung aus dem Heere lauten, was den Verlust des Titels und der Uniform zur Folge hätte. Vielleicht erfährt die Oeffentlichkeit zu gelegener Zeit einmal etwas AMeytischxs, ftamhmcb. Ein Proteststreik. Paris , 13. Juni. Die verschiedenen Gruppen deS Ver» bandcs der Bauarbeiter nahmen gestern abend den Be- schluß an. die von der- Regierung auS Anlaß der blutigen Vorfälle in Vigneux getroffenen Maßnahmen mit einem 24 st ü n d i g e n A u s st a n d e zu beantworten. Die Ve- stimmung des Zeitpunktes soll dem Ausschuß des Verbandes überlassen bleiben. Italien . Schandjustiz gegen Arbeiter. Rom , 11. Juni. Die an preußische Gepflogenheiten gemahnenden Urteile mehren sich in Italien . Am 10. d. M. hat man in Pia- cenza ein geradezu infames Urteil gegen 11 Landarbeiter gefällt. die einen Streikbrecherzug, der für P a r m a bestimmt war, angehalten hatten. Man hatte die Anklage nicht wegen Verbrechens gegen die Freiheit der Arbeit erhoben, weil man dafür nicht so unerhörte Strafen hätte verhängen können, sondern wegen Gewalttat und Nötigung, mit den erschwerenden Umständen des gemeinsamen Vor- gehens und des erreichten Zweckes. Das Urteil lautete für acht Angeklagte auf je 2 Jahre ö Monate Gefängnis, für drei auf 1 Jahr 6 Monate: Macht im ganzen 24Vz Jahr Gefängnis! Und diese Herren Richter halten den Klassenkampf für eine Erfindung der Sozialisten! Cnglancl. Die irischen Gewerkschaften und die Arbeiterpartei. London , 11. Juni. Während der Pfingsttage hielten die irischen Trade-Unions ihren 15. Jahreskongrcß im Belfast ab. Neben rein gewerkschaftlichen und irischen Angelegen- heilen kam auch die Frage des Anschlusses an die britische Arbeiterpartei zur Sprache. Die Frage war nicht leicht zu entscheiden, da das irische Volk sich seit vielen Jahren aus- schließlich mit nationalen Angelegenheiten beschäftigt und deshalb einer Klassenorganisation nicht geneigt ist. Hinzu kommt, daß die irische Fraktion oppositionell ist und in der Regel für sozialpolitische Vorlagen eintritt. Nach einer längeren Diskussion nahm indes der Kongreß folgende Reso- lution an: Wir sind der Ansicht, daß die irischen Trade-Unions sich unverzüglich der Arbeiterpartei an- schließen sollen, um auch in Irland eine selbständige politische Arbeiterbewegung zu schaffen." Die Resolution wurde gegen eine verschwindende Minder- heit angenommen. Führen die Trade-Unions diese Resolution aus, so wird dies geradezu eine Revolution i w Denken des irischen Proletariats bedeuten. Eine Kundgebung für daS Franenwnhlrecht. London , 13. Juni. Seit heute früh treffen zahlreiche Ab» o r d n u n g e n v o n ,F r a u e n r e ch t l es» tu uem aus der Provinz ein, welche der heutigen Riesenkundgebung beiwohnen werden. Zahlreiche fremde Delegationen sind gleich- falls eingetroffen, darunter solche aus Franlreich. Oesterreich-Ungarn. den Vereinigten Staaten, Kanada . Australien , Südafrika usw. Die Delegationen wurden am Bahnhos Yon Vertreterinnen der Londoner Frauenrechtlerinnen in Empfang genommen. Bon 15 Musikkorps begleitet zogen die Kundgeberinnen nach der Alberthall, wo das Riesenmeeting stattfand, Auf der Tagesordnung stand als einziger Punkt die Erklärung, daß die Frauen daS Anrecht auf das Stimm- recht erlangen möchten. Nach dem Meeting fand ein II m z u g nach den, Trafalgar Square statt, als Zeichen deS Protestes gegen die Haltung der Negierung in der Frage der Beschäftigung von Frauen in den Schanlwirtschaften. Rußland. Verhaftungen. SoSnowiee, 12. Juni. Wegen revolutionärer Umtriebe»vurden gestern vierzehn Personen, unter ihnen eine Studentin und eine Zahnärztin. verhaftet und nach Petrikau gebracht; in der Wohnung der Zahnärztin wurden Waffen und revolutionäre Schriften beschlagnahmt._ Russische Gräuel. Bor kurzem versuchten in JrkaterinoSlaw politische Ge- fangene au» dem dortigen Gefängnisse zu entkommen. Die grauen. haften Vorgänge, die dem verunglückten Versuche folgten, schildert ein Brief eines Gefangenen folgendermaßen: «Am 11. Mai unternahmen die Insassen der zehnten Kammer. die zum Spazierengehen herausgeführt waren, um 12 Uhr 20 Min. einen Fluchtversuch, indem sie die westliche Gefänznismauer in die Luft zu sprengen suchten. Da sie keine Zeit fanden, die Spreng- ladung in die Mauer zu stecken, legten sie das in Matratzen befind- liche Dynamit an der Mauer nieder und entzündeten die Matratzen. Infolge der Explosion platzten fast alle Fensterscheiben im Gefäng- nis und in einigen Zellen sprangen die Schlösser von den Türen. Die Mauer jedoch erlitt fast keine Verletzungen. Als die Insassen der 10. Kammer sahen, daß die Explosion er. folgloS geblieben war. stürzten sie längst der Mauer dem Hinter. gebäude zu. Zwei von ihnen, I. Nagorny und D u b i n i n. versuchten, au« einem Revolver feuernd, über das Dach des Hinter» gebäudcs nach dem staatlichen Brmintwcinlager zu entkommen. Ein anderer lief, aus einem Revolver feuernd, längs dem Hinter- gebäude bis zur östlichen Gefängnismauer. Die übrigen. 12 bis 13 Personen, suchten Deckung in der Küche. Während dieser Zeit gingen die Insassen der 12. Kammer (IS bis 20 Personen) in der Nähe der östlichen Mauer in einem von einer Drahtumzäunung umschlossenen Platze spazieren. Die Aufseher und Konvoisoldaten, die gleich nach dcr Explosion aus dem Amtszimmer stürzten, eröffneten ein unregelmäßiges Feuer längs der östlichen Mauer, d. h., gegen die nichtsahnepdcn In- fassen der 12. Kammer, die gerade spazieren gingen, und desgleichen auf die Fenster des Gefängnisgebäudes, den Hof und die Küche. Das Feuer hielt mehralseinehalbeStundean. Das Resultat war: zirka 40 Tote und 35 Ver» w u n d e t e. Von den Insassen der 10. Kammer wurden q l l e mit Ausnahme von 4 Personen getötet. In der 12. Kammer waren 12 tot und 4 verwundet. Auch in den anderen Kammern fanden sich Tote und Verwundete. Die Opfer rekrutierten sich aus- schließlich aus den Reihen 5er politischen Gefangenen, an denen die AdminiLrütikk! Gelegenheit fand, ihr Mütchen zu kühles....