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ArveiterveSMng eine ganz geringe Rolle. Reil sie zu den schiebt- bezahlten Arbeitern gehören und die älteren davon noch im Schlepp- tau der anderen Parteien, hauptsächlich der Zentxumspartej, sind. Das Gros der organisierten Arbeiter bilden hier die Bau- Handwerker, und diese sind ein recht fluktuierendes Element. Dazu kommt noch, dah das Baugewerbe seit dem letzten Jahre vollständig daniederliegt. Bei der letzten RdchStagswahl waren hier 15 304 Wahl­berechtigte. Bei der jetzigen Wahl in allen drei Klassen zusammen 0440, obwohl seither zwei Gemeinden eingemeindet wurden. Ein Weniger an Wahlberechtigten von 5860. Tatz an diesem Ausfall die Handwerker. Bauern und Privatiers am wenigsten beteiligt sind, ist doch sicher. Datz die Arbeiter und Beamten am meisten davon betroffen werden, ist ebenso sicher, und alles was hier trotz der relativ niedrigen Anlage weniger als 0? M. bezahlt, ist Wähler der dritten Klasse. In anderen Ständen zahlen auch die ledigen Personen sehr oft 20 M. Steuer und dürfen dann wählen, während ledige Arbeiter und Angestellte nicht wählen dürfen. In einer Notiz wurde auch davon gesprochen, daß wir bei reger Agitation wenigstens einen kleinen Erfolg hätten erringen können. Dem- gegenüber sei bemerkt, daß es doch bei unserem Wahlsystem mit der Listenwahl nur alles oder nichts gibt. Hätten wir Bezirks- Wahl, dann wäre die Sache anders. Bei der letzten Stadt- verordnetenwahl erhielten die Sozialdemokraten 740, die National- liberalen 7g8 und das Zentrum 1547 Stimmen.(Die Angaben imVorwärts" nicht richtig.) Die Kritiker betonen auch scharf den agitatorischen Wert eines Wahlkampfes. Dieser Punkt wurde auch in Freiburg gewürdigt. Nur darf man an einem Ort, der nicht über ein Parteiblatt verfügt, und wo ein positiver Erfolg von vornherein ausgeschlossen ist, den agitatorischen Erfolg auch nicht überschätzen. In der Agitation wäre uns entgegengehalten worden, daß man uns eine Vertretung geben wollte, und die hiesigen Genossen waren eben der Meinung, daß, wenn wir in der Lage sind, bei allen Gelegenheiten aus dem Rathaus unsere Stimme zu erheben, dann wirke das mindestens ebensogut wie ein aussichtsloser Wahlkampf. In allen badischen Städten, wo unsere Genossen jetzt in der Stadtverordnetenversanrmlung sitzen, haben sie durch Kompromiß die erste Vertretung erobert. Die Freiburgcr Genossen haben bei verschiedenen Anlässen gezeigt, daß sie zu kämpfen verstehen, und haben schon wiederholt ihre örtlichen An- gelcgenheiten den allgemeinen Parteierfordcrnissen untergeordnet. 1902 hatten wir den Kompromiß bei den Gemeindewahlen. Da ertönten die Klagen über die Versumpfung. 1003 verdoppelten wir bei der ReichstagSwahl die Stimmenzahl gegenüber der vorigen Wahl. 1905 hatten wir wieder bei der Gemeindewahl, zwar nur ein«lein wenig, gesündigt. Wenige Monate später hatten wir die Landtagswahl mit dem Stichwahlsieg. Und 1907 hatten wir bei der Reichstagswahl einen Erfolg, wie ihn nur wenige Orte in Deutschland zu verzeichnen hatten, ein Erfolg, der uns auch das Karlsruher Mandat rettete. Und wenn es wieder gilt, werden die Freiburger Genossen wieder auf dem Damme sein. Die hiesige Arbeiterschaft ist so geschult, daß wir uns auch einen Kom- promiß leisten können, ohne der Versumpfung zu verfallen. Der Landesvorstand, dem die Sache auch unterbreitet wurde, hat uns auch keinen anderen Rat gegeben. Des weiteren wollen wir noch richtig stellen, daß die Streichungen nicht 50 betrugen, und nicht von Zentrumswählern, sondern von den 30 konservativen Wählern herrühren, die sich in der dritten Klasse befinden. »» » Die Erwiderung im einzelnen müssen wir unserem badischen Korrespondenten überlassen. Das Wichtigste aber scheint uns zu sein, daß die Genossen zu Freiburg den Wert eines frischen, scharf geführten Wahlkampfes zu niedrig und denpositiven Erfolg", d. h. die vier Mandate zu hoch anschlagen. Die Teilnahmslosigkeit der Wähler bei der Abstimmung ist die schärfste Kritik des Ab. kommens. Gerade der Umstand, daß noch viele Industriearbeiter sich im Schlepptau de» Zentrums befinden, sollte die Freiburger Genossen bestimmen, jede Gelegenheit zur Agitation gehörig aus. zunützen. Daß die Tätigkeit der vier Genossen im Stadtparlament agitatorisch wirken wird, ist zu hoffen. Aber die die breiten Massen aufrüttelnde Wirkung eines Wahlfeldzuges ist doch etwas ganz anderes. Ein sozialdemokratisches Waldheim . Der Sozialdemokratische Bczirksvcrein Stuttgart.Heslach erwarb ein zirka vier Morgen große? Wald, und Wicsengrundstück, im sogenannten TachSwald gelegen, und richtete das zu einem ungezwungenen Heim für Groß und Klein aufs prächtigste her. Am Sonntag wurde der Platz seiner Bestimmung durch einen feierlichen Er- öffnungsalt übergeben. Abg. Hildenbrand wies in einer An. spräche auf die Bedeutung und den Zweck der Anlage hin, die jedem zum zwanglosesten Aufenthalt in freier Luft dienen soll. Bei Gesangs- und Konzertvorträgen blieben die Versammelten bis zum Abend beisammen. Zur finanziellen Fundierung de» Unternehmen», das mit der Einzäunung und den UnterkunftS- fowie provisorischen WirtschaftSräumen sich auf etwa 5000 M. stellt, find Anteilschein« zu 5 M. ausgegeben worden. AIS Sommergast kann man für 20 Pf. den ganzen Sommer frische Luft und das genießen, was man sich mitbringt oder an besuchteren Tagen villig erstehen kann. Unsere Toten. In Gelsenkirchen starb der Genosse Gottlieb Berg. Er hat seit seinem Eintritt in die Partei mit unermüd- lichem Eifer für sie gewirkt; nicht minder für den Bergarbeiter« verband. In beiden Zweigen der Arbeiterbewegung hat er bis zu seinem Tode imchtige Vertrauensposten bekleidet. Die Gelsen» kirchencr Genossen haben den Braven, den ein tückisches Leiden schon im 47. Jahre dahinraffte, würdig geehrt. Mehr alS 500 folgten seinem Sarge zur letzten Ruhestätte. Personalien. Der Genoffe Schubert, bislang Redakteur am »Sächsischen Bolksblatt' zu Zwickau , hat die Redaktion deS»volkSblattS" zu Harburg übernommen. Ans der Redaltion derVolkSwacht* in Breslau ist Genosse Ludwig R a d l o s ausgeschieden, um am 1. Juli sein neueS Amt als Arbeitersekretär in Neumünster anzutreten. fllus der frauenbewegung. Erwiderung. In der Nummer 140 deSvorwärts" erschien einDamen. Wahlrecht" überschriebener Artikel, der sich mit meinen Ausführungen in der Rundschan der letzten«Sozial. Monatshefte' befaßt. Zur sachlichen Erwiderung zunächst folgendes: «u« dem Angriff de» Verfasser» muß jeder, der meinen Artikel nicht gelesen hat. den unbedingten Eindruck gewinnen, als ob ich statt des allgemeinen, ein Domenprivilegierten» Wahlrecht gefordert hätte. Ich brauche für denkende Genossen und Ge- nossinnen kaum zu erklären, daß i ch so gut wie jeder andere Sozial« demokrat dafür eintrete, mit allen anwendbaren Mitteln und in jedem Lande und für jede» Parlament, nur für das allgemeine. gleiche, direkte Wahlrecht für Männer und Frauen zu kämpfen. Etwa» andere» aber ist es, ob ich eS für taktisch und politisch vernünftig halte, wo wie in Eng- land ein weit ausgedehnte», wenn auch nicht allgemeine» Frauen« Wahlrecht auf genau der gleichen Grundlage wie da» dort bestehende Männerwahlrecht beantragt ist und gegenwärtig erreichbar wäre, für diese» Wahlrecht zu stimmen. Ich halte da» deshalb für richtig, weil erstens für meine lluschauung in der Erringung der politischen Gleichstellung des weib­lichen Geschlechts mit bSM männlichen tn einem wirtschaftlich und kulturell so vorgeschrittenen Lande wie England an sich ein gar nicht hoch genug einzuschätzender wirtschastlicher Fortschritt auch für die Arbeiterklasse läge, weil zweitens selbstredend unmöglich ist, ein allgemeines Frauen st immrecht in einem Lande zu er- obcrn, so lange das Männer stimmrecht dort noch gewissen Be- schränkungen unterliegt, ein ausschließliches parlamentärisches Fest- halten am allgemeinen Frauenstimmrecht also für solche Länder den Verzicht ans die aktive Beteiligung der Frauen am politischen Leben für längere Zeit hinaus bedeutete. Einen Verzicht, de» ich für eine erheblich größere Schädigung der Frauenwelt, vor allem aber der weiblichen Arbeiterschaft halten würde, als den momentanen Ausschluß einer kleinen Anzahl von Prole- tarierinnen vom Wahlrecht. Weil ich drittens die Prodaganda, die die weiblichen Vertreter der Arbeiterinnen im Parlament selbst entfalten könnten, gerade für eines der vorzüglichsten und wirksamsten Agitationsmittel des weiblichen Proletariats sowohl für das all- nemetue Frauenstimmrecht alö für sonstige dringende Arbeiterinnen- sordenmgen ansehe. Ich wäre natürlich nicht dieser Anschauung, wenn das Frauen- stimmrecht, um das es sich gegenwärtig in England handelt, wirklich einDamenprivilegiertenrechl" wäre, das heißt wenn es nur Frauen vonBesitz und Bildung" zuließe, den größten Teil der Proletarterinnen aber ausschlösse. So liegt die Situation in England ganz und gar nicht. Ich muß es einem eingehenderen Artikel vorbehalten, den deutschen Genossinnen, die meist ja über die Wahlrechtsverhältnisse in England absolut nicht unterrichtet sind, diese Wahlrechts- bestimmungen im einzelnen auseinanderzusetzen, will aber zur vor- läufigen Beurteilung der Frage nur folgendes anführen: Ketr Hardie, der Führer der englischen Arbeiterpartei, stellt in einer Broschüre über Frauenstimmrecht nach genauen Untersuchungen fest, daß 82 Prozent der Frauenwähler, denen die Frauenstimmrechtsbill das Wahlrecht verleihen würde, Frauen aus den arbeitenden Klassen wären. Handelte es sich wirklich, wie der Artikelschreivcr glauben machen will, um ein reines Damenprivileaiertenrecht, so wäre auch laum zu begreifen, weshalb die größte sozialistische Partei Englands, die Unabhängige Arbeiterpartei" mit ihren Führern Macdonald und Keir Hardie an der Spitze, sich so lebhaft für Annahme der Frauenstimmrechtsbill einsetzt. Es können doch schließlich nicht Hunderttausende von Genossen und Genossinnen nur weil sie auf einem von unserer ofstziellen Parteianschauung abweichenden Stand- punkt stehen vollkommene Idioten seien. Ebenso wenig ist das von der großen Zahl der englischen Arbeiterinnen anzunehmen, die sich nach den eigenen Berichten deSVorwärts" im Berein mit den bürgerlichen Stimmrechtßlämpferinnen an den gegenwärtigen Londoner Riesendemonstrattonen für Frauenstimmrecht beietligen. Nun will ich sogar zugeben, wie ich da» ausdrücklich in meiner Rundschau betont habe, daß möglicherweife die Frauenstimm- rechtsbill momentan eine ganz geringfügige Stimm-Verschiebung im Parlament zuungunsten de« Proletariats hervorrufen könnte. Für mich wie für die Genossinnen der J. L. P.(Unabhängige Arb.- Partei) handelt es sich aber darum, daß diese möglichen kleinen Nach- teile nur bedeutend durch die vorerwähnten Errungenschaften ziigunsten der Arbeiterfrauen überwogen zu sein scheinen. Die Genossinnen derSozialdemokratischen Föderation" in Eng- land wie die deutschen Genossinnen in Stuttgart waren nicht dieser Ansicht. Sie sehen eine Parteischädigung darin, einem Gesetz zuzu- stimmen, da» gegen unser Prinzip veS allgemeinen gleichen Wahl­rechts verstößt. Demgegenüber habe ich betont, daß' wir derartige Prinzipdurchbrechungen tatsächlich alle Tage begehen, nämlich jedesmal, wo Sozialdemokraten ihre Zustimmung zu Gesetzen gebe». diewir berechtigterweise nur als winzige Abschlagszahlungen aus unsere Forderungen bezeichnend Unsere Fraktionen in den der- schiedenen Parlamenten wägen bei jedem Gesetzentwürfe vernünftiger- weise die Vorteile für die Arbetterschaft gegen die Nachteile ab, und nach dem Resultat dieser Abwägung richtet sich ihr Votum. Bei dem Vereinsgesetz überragen nach Ansicht der Partei bei weitem die Nachteile; folgerichtig wurde daI Pereinsgesetz abgelehnt. Diese rein taktische Behandlung der Einzelfragen, ohne die ein parlamentarische« Mitarbeiten sich überhaupt verbietet, hindert selbst- redend nicht, daß die Partei daneben für ihre in allen Punkten sehr viel weitergehenden Forderungen fortdauernd agitiert und kämpft. Sollte meine Stellungnahme zum Frauenstimmrecht in England auch nur um Haaresbreite Do« dieser ganz allgemein geübten Kampfesweise abweichen? Dagegen schreibt mein Gegner in der«Frauenbewegung": ,®5 ist ein fundamentaler Unterschied, ob man ohne Schuld mit einem schon bestehenden Klaffenwahlrecht zu tun hat oder ob nian selbst ein solches befürwortet. Wer das verkennt und für ein neues Privilegienwahlrecht eintritt, muß damit rechnen, daß er den Leser» der gegnerischen Blätter alS neuer Weisheitsträger unter den Sozial- demokraten serviert wird. Und die Feinde der Arbeiterschaft nutzen die Gelegenheit, wenn sie die Knüppel, die ihnen aus unserem Lager, wenn auch ungewollt, gereicht werden, zum Verprügeln der Arbeiter gebrauchen. Wenn Genossin Zepler weiter davon spricht, daß die Sozialdemokratie in den verschiedenen Parlamenten für kleine Verbesserungen stimmt, und das als einen Verstoß gegen die bisherigen Prinzipien erklärt, dann stellt sie die Dinge geradezu auf den Kopf. Es ist doch ein Unterschied, ob man gleich möglichst bc- scheiden im Fordern auftritt, oder ob man nachdem alle Hebel zur Durchbringung einer Forderimg in Bewegung gesetzt sind, aber bei den Gegnern nur tauben Ohren predigt nimmt, waS über- Haupt noch zu bekoinmen ist." Meine kurzen Gegenbemerkungen werden hoffentlich die Leserinnen desVorwärts" überzeugt haben, bis zu welchem Grade der Artikelschreiber den Sinn meiner Ausführungen entstellt hat. wie unhaltbar sich auch rein logisch seine Polemik erweist. In der Sache selbst erhebe ich absolut nicht den Anspruch, die Genossinnen sofort zu meiner Meinung herüberzuziehen. Unbeschadet meiner Ansicht kann ich sehr wohl die Gründe würdigen, die die Genossinnen der S. D. F. in England wie die deutschen Genossinnen in Stuttgart auf die Gegenseite getrieben haben und werde jeder Zeit bereit sein, sachliche Argumente ernst zu diskutieren und ihnen ebenso sachlich meine Gegengründe entgegenzusetzen. Wie ich überhaupt der Ueber- zeugung bin, daß nichts für den praktischen Fortschritt sowohl als für die Theorie der Partei fruchtbarer sein kann, als möglichst ein- gehende sachliche Erörterungen aller strittigen Fragen. Aufs allerschärf st e muß ich mich aber gegen dje Manier des Artikelschreibers verwahren, der taktische MeiuungSverschieden- Helten mit gehässigen persönlichen Jnvektiven bekämpfen zu können glaubt. Eine Anschauung, die von der größten sozialistischen Partei Englands geteilt wird, ist weder einErtravergnllgen", das ich mir leiste, noch kann eS wohl alsbewußter Hohn" undgewollte Provokation" anmuten. Hält denn wirklich der Verfasser irgend einen Genossen für so gedankenlos, daß er einer sachlich überlegten Anschauung gegenüber eine Wirkung von derartigen persönlichen Angriffen erhofft? Ich meine, die Parteicrfahrungen der letzten Jahre sollten nach- gerade jeden von uns überzeugt haben, daß nicht diejenigen der ParteiKnüppel" drehen und ihr Ansehen nach außen schädigen, die selbstprllfeud in Einzelfragen zu abweichenden Ansichten gelangen, sondern nur diejenigen, die j e d e r Anschauungsabweichung im eigenen Lager mit Verdächtigungen begegnen, wie sie selbst einem Gegner gegenüber im höchsten Maße verwerflich wären. Wally Zepler. »» « Es muß eigentümlich berühren, daß Gen. Zepler eine fach. liche Feststellung zugehässigen, persönlichen Jnvektiven" ummünzt. Mit keinem Wort ist ihr der Vorwurf böser Absicht gemacht worden. Sie selbst gibt sich zwar das Zeugnis dersachlich überlegenen An» schauung", aber deshalb betrachten wir doch ihre Anschauung nicht für so geheiligt, daß die Feststellung der Wirkung ihrer Stellung. nähme nicht ihrer Absicht als ein persönlicher Angriff ange- sprachen werden könnte. Im übrigen glauben wir uns als Ant- wort mit der wörtlichen Wiedergabe der in Betracht kommenden Auslassungen der Gen. Zepler in den<5oz. Monatsheften" be­gnügen zu können. Sie lauten: .Diejenigen deutschen Genossinnen, die das Aufgeben einer grundsätzlichen Programmforderung unter allen Umständen für verwerflich halten, stehen durchaus konsequent auf dem Stand- Punkt der S. D. F. Aber auch die Geschichte der deutschen Partei hat in den letzten Jahren vollauf bewiesen, daß diese absolute Aufrcchterhaltung des Prinzips in der politischen Praxis mehr und mehr unmöglich wird. Oder sollte es etwas anderes sein als solch eine Prinzipdurchbrechung, wenn wir heute bei den preußi- schen LandtagSwahlen mittun, oder wenn die Partei in den Reich»-, Landes- oder städtischen Parlamenten fortdauernd ihre Zustimmung zu Gesetzen gibt, die mit Recht nur als winzige Ab- schlagszahlungen auf unsere Programmsorderungen bezeichnet werden?" Was ist das anderes, als die notgedrungene Abfindung mit be. stehenden Klassengesetzen gleich zu werten der Befürwortung wei. tcrer Klassengesetze? Trotzdem, Gen. Zepler wird bei dem Urteil bleiben: wenn sie ihre Meinung lagt über die Wirkung bestimmter politischer Stellungnahme, oann sei das ein verdienstliches Werk, wenn aber anders ihre Ansicht äußern über die objektive Wirkung des Bor- gehenS der Genossin Zepler, dann sei das verwerflich. AuS dem angekündigten Artikel wird man hoffentlich auch er» fahren, warum Gen. Zepler jetzt davon spricht, daß sie keinreines" Damcnprivilegienrecht befürwortet habe, während derVorwärts" nur vom Damenwahlrecht als Begriff für«in beschränktes Frauen- Wahlrecht gesprochen hat._ Versammlungen Veranstaltungen. Treptow -Baiimschnlenweg. Mittwoch, den 24. Juni, abends 31T Uhr, bei Christ, Marienthaler Straß«, Ecke Ernststraße. Bc- richt des Vorstandes und der Vertrauensperson. Auflösung desFrauen- und MädchenvereinS" und Uebertritt in den Sozialdemokratischen Wahlverein". Köpenick . Mittwoch, den 24. Juni, bei Joch, Schönelindestraße I. Vortrag. Wilhelmsruh . Mittwoch, den 24. Juni, abend? S Uhr. bei Bank, Vortrag. Referentin Frl. Hausler. (3end)ts-2einmg. Verleumdung als Kampfmittel im Hirsch-Dunckerfchen Lager. Am 18. März berichteten wir, daß der Redakteur des Hirsch- Dunckerschen BlattesRegulator" m Berlin Gleichauf vom Schöffengericht wegen verleumderischer Beleidigung zu 150 Mark Geldstrafe verurteilt ist. Er hatte in versteckter Form die bereits gerichtlich als Verleumdung gebrandmarkte Erzählung wiederholt, der Vorsitzende des Deutschen Metallarbeitervcrbandes Schlicke habe sich gelegentlich einer Verhandlung mit Unternehmern in Hamburg tzom Werftbesitzer Blohm mit 100 Mark bestechen lassen. Gegen dieses Urteil hatte er Berufung eingelegt. Wie uns jetzt mitgeteilt wird, ist es in der Berufungsinstanz zu einem Vergleich gekommen. Der Angeklagte erklärte:Es habe ihm stets fern gelegen und liege ihm auch jetzt fern, gegen den Privatkläger den Vorwurf zu er- heben, daß dieser durch irgend welche materielle Jnleressen, in Sonderheit durch das mehrfach erwähnte Frühstück, sich habe be. einflussen lassen, die Interessen des von chm geleiteten Metall- arbeitervcrbandes zu vernachlässigen. Der Angeklagte erklärt ferner, daß er auch in Zukunft aus der erwähnten Frühstücks» angelegenhcit keine Vorwürfe gegen den Privatkläsier mehr er« heben wird." Ferner übernahm der Angeklagte die Kosten des Verfahrens. Darauf nahm Kläger die Klage zurück. Mißglückte DrangsalierungSversuche gegen Arbeiter. Eine Anzahl von Parteigenossen waren vom Amtsvorsteher von Alt-Glienicke mit Strafmandaten bedacht worden, weil sie am 1. Mai in der Nähe einer Fabrik morgens früh vor Arbeitsbeginn Einladungen zu einer Mnifestversammlung verteilt hatten. Die Strafmandate stützten sich auf eine Kreispolizeiverordnung von Ende 1907, wonach das öffentliche Verteilen von Druckschriften auf Straßen und Plätzen, auf denen ein reger Verlehr herrscht, ber- boten ist. Offensichtlich glaubte man diese Verordnung gegen die politische und gewerkschaftliche Bewegung gut verwenden zu können. Das köpcnicker Schöffengericht hat aber dieser Tag« in seinen beiden Abteilungen diese Poltzetverordnung als mit dem Reichs- Preßgesetz in Widerspruch stehend, auf Antrag des Rechtsanwalts Dr. Hcrzfeld für ungültig erklärt, die Partesaenossen freigesprochen und der Staatskasse auch die notwendigen Auslagen, einschließlich der Kosten der Verteidigung, auferlegt. Wie man Streikbrecher schützt. Vor dem Schöffengericht Erlangen hatten sich die Maurer Dorn und Förtsch von Heroldsberg bei Nürnberg wegen Vergehens gegen den berüchtigten Z 163 zu verantworten. Der Prozeß ent» sprang einer Tarifbcwejjung, die die Arbeiter de» Bauunternehmers Geist in Heroldsberg eingeleitet und in der sie nichts weiter gefor- dert hatten, als daß Geist die bisherige Arbeitszeit und den bis- herigc» Lohn untcrschriftlich anerkennen sollte. Er weigerte sich jedoch, den Tarif zu unterschreiben, so daß ein mehrtägiger Streik entstand. Als Arbeitswilliger fungierte der Maurer Braun. AIS er beim Mittagessen in einer Wirtschaft mit Dorn zusammen kam, redete ihn dieser an mit der Frage:Nun, schmeckt's?" Braun er- widerte:Freilich, ich Hab alte» und neues Fleisch." Darauf sagte Dorn:Nun ja. da wirst Du Doktor und Apotheker nimmer los." Dadurch fühlte sich der Arbeitswilligebedroht". Der zweite Slngeklagte Förtsch hatte sich mit seiner eigenen Frau über die Differenz unterhalten, wobei ein dabeistehender Dienstbote drohende Aeuherungcn über Geist gehört haben will. Er wurde freige» sprochen, aber in der oben angeführten Aeußerung deS Dorn er» blickte das Gericht tatsächlich eineDrohung mit Gewalttätig- leiten" und erkannte auf die unerhörte Strafe von vier Wochen Gefängnis!_ Eine originelle Polizeiverordnung. Weil sie gemeinsam ein Fäßchen Bier getrunken hatten, waren die Steinbruchsarbeiter Bieler, Voigt, Schmidt und Peter zu je 3 M. Geldstrafe eventuell einen Tag Haft verurteilt worden. Gegen diese» Urteil hatten sie. bei der Strafkammer in Halle Berufung eingelegt. Das erstinstanzliche Urteil stützt sich auf eine heitere Verordnung, die am 16. März 1907 für das Landstädtchen Löbejün auf Grund de» Allg. Landrechts zum Schutze de» Publikums erlassen worden ist, und wörtlich folgendermaßen lautet: Das Abhalten von gemeinsamen Trinkgelagen innerhalb der Petriebswerkstätten und in ber Umgebung derselben im Umkreise von 500 Metern ist ver« boten. Das Einführen von Bier oder anderen geistigen Getränken in die Betriebswerks»«»»«» in größeren, zum Genuß für mehrere Personen dienenden Mengen ist untersagt. Bieler erzählt, daß er da» Fäßchen Bier an einem warmen Nachmittage mit in den Stein- bruch gebracht und eS dort mit seinen Kameraden, die eS gemein­sam bezahlt hatten, getrunken habe. Streit und Zank mit dem Unternehmer oder den Kameraden sei dabei nicht vorgekommen. Der Verteidiger der Angeklagten wies vor der Berufungsinstanz am Freitag daraus hin, daß die Polizei gar kein Recht habe, solche Verordnungen zu erlassen. Die Strafkammer in Hall«, als Be- rufungSgericht, erklärte zwar die reizende Verordnung nicht sofort für ungültig, sprach die Angeklagten aber frei. Zentralvcrband der Bäcker»ud ttonditoreu. Heut« abend'/,b Uhr im GewcrkschallshauS, Engel-User 15, Saal I: 1. Borrrag des Landtags« abgeordneten Ströbel:Die politische Situation nach dem Landtagswahl» ampl tn Preußen." 2. Htrsch-Dunckersch« Unduldsamkeit.