dieser beiden Kategorien gehörte dem weiblichen Ge- schlechte an; dazu 16S0 Färber und Appreteure, sowie 1000 Angestellte auf Komtoir und Abliefeuingsstnbe). Die Arbeiter für Gaze(Mühlebeutelstoffe) sind hier mitgezählt, so weit sie für Häuser in Zürich arbeiten. Dagegen ist die Bandfabrikation, Seidenzwirnerei und Floretspuuierei in diesen Zahlen nicht einbegriffen. Die Zahl der Fabritations hänser(Firmen) hat sich lvieder um etwas vermindert. Dieselbe beträgt nur' halb so viel(73), als im Jahre 1825(140). Die stärkste Verminderung er- folgte in den sechziger Jahren. Tie fabrizirten Stoffe hatten 1891 einen Gesammtwerth von 91 Mill. Franken, wovon 71 Millionen Export in Ganzseide und ca. 16 Millionen in Halbseide. Der Verbrauch iin eigenen Lande mag zwischen 4 und 5 Millionen betragen. In den Vereinigten Staaten waren 1890 in der Sridcnindustrie 51 000 Arbeiter und 24 216 Webstühle (92 569 mechanische und 1647 Handwcbstühle) beschäftigt. Die Verdrängung und Vernichtung der Handweberei ist in Amerika gar nicht uöthig, weil sie nur einen bescheidenen Umfang zu erreichen vermochte, während in der alten Welt dieser Prozeß eine eberrso langwierige wie folgenschwere Periode durchlaufen muß.„Amerika , Du hast es besser."— In Spanien bereitet sich wieder einmal eine K ri sis vor. Jüngst hieß es dort, irgendwo seien wieder„Anarchisten" aufgetaucht— das heißt, ans dem spanischen Polizei- und Regienmgsstil in richtiges Deutsch übersetzt: Die Regierung fürchtet sich. Und sie hat auch Grund. Das dünne Härchen, an dem die Monarchie hängt, ist noch dünner als das Härchen, au dem das Leben des wieder erkrankten Königs- bübchcns hängt. Und von allen Seiten wird daran gezerrt. Nach den jüngsten Berichten hatten die Karlisten ein Komplott gemacht, um das Bübchen in ihre Gewalt zu bekommen und seine Mutter— die„Königin-Redentin"— aus Spanien zu entfernen. Der Plan ist vorläufig mißlungen. Ernst- baster ist die republikanische Bewegung, die seit der Einigung der verschiedenen Fraktionen oder Gruppen einen bedeuten- den Aufschwung genommen hat. In allen größeren Städten finden Massenkundgebungen zu gnusten der Republik statt, und jeden Augenblick kann man eines allgemeinen Ausbruchs gewärtig sein. Nachschrift. Telegramme vom heutigen Tag melden schon von„Unruhen" in Granada und Madrid. — Der dicke Milan ist ein kostlicher Bursche. Erst ver- höhnt er durch sein Leben und Reden den Stand seiner Kollegen, wie kein Beaumarchais") es je fertig gebracht; «nd nun verhöhnt er auch den eisernen W-lfenfonds-Kanzler, indem er sich eine verletzte Ehre zulegt und Strafformulare en gros und en masse gegen die sündhafte Presse entsendet. Er hat die Frankfurter Zeitung und ein Dutzend anderer Blätter verklagt, die über die Komödie spotteten, die Milan aufführte, indem er mit der reichen und obendrein im russischen Dienst und Sold stehenden Natalie sich wieder ausgesöhnt und seinen verschiedenen anderen Lieben den Abschied gegeben hat— bis auf weiteres.— Frankreich . Die französischen Kammerradikalen haben im Bund mit der Regierung beschlossen, daß heute eine Debatte über die allgemeine Politik der Regierung beginnen, und daß sie mit einem V e r t r a u e n s v o t u m für die Regierung enden soll. Ob die Parlaments-Komödie nach Wunsch und Verabredung verlaufen wird, ist freilich die Frage. Außer Zweifel aber scheint es zu stehen, daß das Koniplott Cavaignac endgiltig gescheitert, und daß auch C o n st a n s— bis zu den Wahlen wenigstens— bei Seite geschoben ist. Was nach den Wahlen sein wird, entzieht sich jeder Berechnung. Wie werden sie ausfallen? Wann werden sie sein? Alles dunkel und ungewiß.— Eine Klaviersteuer hat die französische Kamnier auf den Antrag Robert Mitchell und Genossen beschlossen. Jedes Piano soll mit 10 Franks jährlich besteuert werden. Man hat einen Jahresertrag von 5 Millionen Franks (4 Millionen Marl ) herausgercchnet. Anstatt solche Steuer- scherze zu treiben, sollte die Kammer das direkte Steuer- wesen von Grund aus umgestalten und die auf den Besitz- losen am schwersten lastenden zahlreichen indirekten Steuern und Abgaben beseitigen.— Aus Frankreich . Man schreibt uns: Paris , dm 13..Februar 1333. Ter nengewählte sozialistische Abgeordnete von C a r m a u x, JeanJauräs, ist in diesen Tagen gleichfalls in die Re- daktion der„?stits rkpubllguv frarnjaise" eingetreten, zu deren bervorragcndsten Mitarbeitern Goblet, Millerand, Vasly, Malon und Fourniäre gehören. Mit einem sehr beachlenswerthen„Die sozialistische Politik" überschriebcnen Artikel leitet Jauräs seine Thäligkeit in der Redaktion des Blattes ein. Nachdem er die kürzlich so großes Aufsehen er- regende Rede des Abgeordneten Cavaignac und die Rath- und Programmlostgkeit des Ministeriums, welche es dahin ge« bracht habe, daß der Bonlangist Döroulöde in einer gegen den Boulangismus gewählten Kammer zu den Häuptern der Majorität gehöre, krilisirt bat, fährt er folgendermaßen, auf sein eigent- liches Thema übergehend, fort:„In dieser Ungewißheit und in diesem Chaos ist es die erste Pflicht von uns sozialistischen Republikanern, aufzutreten und uns sehr deutlich auszusprechen. Wir haben eS gethan und werden es trotz alles Wider- strebens und Murrens bei jeder Gelegenheit thun. Und dann müssen wir angesichts dieser möglichen und fast sicheren Vereinigung der Zentrumsfraklionen, gegenüber der wahr« scheiulichen Konzcniration ver gemäßigten und reaktionären Kräfte, alle demokratischen und sozialistischen Kräfte konzentriren. Unter den Sozialisten scheinen manche mit Ruhe dem bevor- stehenden Einbruch der„konstitutionellen Rechten"(d. h. derjenigen frühere» Monarchisten, welche erklärt haben, die Republik als die rechtmäßig bestehende Staatsform anerkennen zu wollen) in die republikanische Politik anzusehen; zu jenen gehören wir nicht. Sicherlich wird es möglich sein, durch die Wirksamkeit der versprochenen sozialen Reformen einen Tbeil der ehemaligen konservativen Gefolgschaft, welche die rein politischen Ideen nicht interessirtcn, direkt zu uns herüberzuziehen. Aber mit den Rekruten des Sozialismus dürfen wir niemals vergessen, daß wir vor allem Republikaner sind. Möge über diesen Punkt niemals Zweideutigkeil bestehen! Auch handelt es sich sicherlich für il»s nicht darum, die Radikalen durch Zugeständnisse auf Kosten unseres Programms mid unserer Grund« sähe zu gewinnen und eine rein politische Agitation an stelle der sozialen zu setzen. Wir haben nichts von unseren Bestrebungen und Auffassungen wegzustreichen, um dieselben in den Rahmen der alten radikalen Partei eintreten zu lassen. Aber die von uns zum Sozialismus gerufene Gefolgschaft der radikalen Partei darf dabei nicht absolut aus der Fassung gebracht und aus ihrem Jdeenkreise herausgerissen werden. Sie muß bei uns einige der sehr edlen politischen Bestrebungen wiederfinden, welche ") Der Verfasser von Figaro'S Hochzeit. sie zum Radikalismus geführt hatten. Die Arbeiter und Klein- bürger, welche von unseren sozialistischen Systemen noch nicht gewonnen worden sind, die aber demokratischen Instinkt und Sinn besitzen, müssen im Sozialismus mit einer weiteren ökono- mischen Auffassung einige ihrer besten Herzensangelegenheiten von gestern wiederfinden. Zeigen wir ihnen deutlich, daß wir die Freiheit um ihrer selbst willen lieben, daß wir uns niemals zu zäfaristischen oder klerikalen Versuchen bereit finden lassen werden, daß es für uns keine soziale Gerechtigkeit ohne politische Freiheit giebt, daß wir die volle Befreiung der Gewissen»nd der Gesellschaft wollen, daß uns, wenn wir vor allem die soziale Revision anstreben, die politische Revision nicht gleichgiltig ist, da dieselbe ohne Zweifel die nothwendige Vorbedingung der erstercn bildet, und daß wir in Erwartung der gänzlichen Erneuerung der gesellschafrlichen Ordnung die Leiden der Kleinen durch thcilweise, fiskalische oder andere, Reformen z» lindern wissen. Wir müssen ohne irgend welche Abdankung oder Veruiengung das politische Programm der Radikalen mit dem ökonomischen des Sozialismus verknüpfen, um die ganze Demokratie zu uns zu rufen und der möglichen Koalition der Gemäßigten und der Reaktionäre die energische Konzentration der demokratischen und sozialistischen Kräfte ent- gegen zu stellen."— Der zweite Kongreß der Arbeitsbörsen Frankreichs wurde Sonntag, den 12. Februar, in Toulouse eröffnet. Schon am Tage vorher waren Delegirte von Paris , Roanne , Saint-Etienne , Lyon , Cette, Mont- pellier, Co gnac. Alger, Nantes u. s. w. fein- getroffen. Auf dem Rathshause wurden sie Sonntag früh feier- lich vom Maire der Stadt empfangen und mit einem Ehrenwein bewirthet. Es handelt sich auf dem Kongresse darum, die Be- Ziehungen zwischen den Nrbeitsbörsen und den Gemeinderäthen festzustellen, nationale und lokale Streikkassen zu gründen, neue Mittel zur Gründung und Stärkung der Fachverbände zu finden, alle Gewerkschaften zur Stellungnahme zur Maidemonstration zu veranlassen und die Vereinigung säiumtlicher Gewerkschaften und ihre Vertretung auf dem allgemeinen Pariser Kongresse im Juli 1333 anzubahnen.— Der Kongreß des französischen Arbeitsbörsen- Verbandes hat gestern seine Arbeiten beendigt. Unter den gefaßten Beschlüssen sind noch die beiden hervorzuheben, daß sür alle öffentlichen Arbeiten— des Staats, der Departe- mcnts und der Gemeinden— das Kontrakt- und Sub- missionssystem abgeschafft, und den Gewerkschaften das Recht der Bewerbung zuerkannt werde; und ferner daß die Regierung Geld für die Entsendung von Arbeitern zur Welt- ausstellung von Chicago bewilligen möge.— Malon ist in Cannes (Südsrankreich), wo er um seiner Gesundheit willen seit längerer Zeit weilt, operirt worden. Der Luftröhrenschnitt wurde glücklich vollzogen, nnd nach den letzten Nachrichten war das Befinden des Kranken so gut, als es unter den Umständen nur sein kann. Die Aerzte hoffen auf volle Genesung.— Belgien . Die pfäsfisch-kapitalistische Kammermajorität, welche sich der Einführung des allgemeinen Wahlrechts widersetzt, hat, wie wir schon vor Monaten sagten, ihre Hoffnungen auf einen, im Blut zu erstickenden Putsch gesetzt. Nun ist es aber eine eigene Sache nnt dem„im Blut er- sticken". Bon selbst macht sich das nicht; es muß gemacht werden. Und wer soll es machen? Natürlich die Sol- daten mit„der Flinte die schießt, und dem Säbel der haut". Aber da steckt der Haken. Werden die Soldaten auch schießen und hauen? Das ist eine Frage, welche die belgischen Reaktionäre sich jetzt zagenden Herzens vorlegen. Sie trauen der Armee nicht. Uiid sie habe» recht. Wie General Brialmout, der tüchtigste Militär Belgiens , denkt, das sahen wir dieser Tage. Er ist für das allgemein Wahlrecht. Und unter den Mannschaften befinden sich sehr viele Sozialisten; insbesondere die Rekruten sind, wie sich das jetzt bei verschiedenen Gelegenheiten gezeigt hat, durch und durch sozialistisch gesinnt, und sie thcilen ihre Ideen den älteren Mannschaften niit, die den- selben um so zugänglicher sind, als sie miserabel behandelt werden und vom Siege des Sozialismus nur eine Verbesserung ihrer Lage zu erwarten hätten. Die Soldaten und Milizen be- theiligen sich sehr zahlreich an den Kundgebungen zu gunsten des allgemeinen Wahlrechts, und mit Entsetzen melden die Regierungsblätter, daß die vornehmsten„Stützen des Thrones und Altars" mit großer Begeisterung die„sozialistischen Nevolntionslieder" mit singen. Das ist allerdings gefährlich. Was soll aus dieser besten der Welten werden, wenn die Flinte nicht mehr schießt, und der Säbel nicht mehr haut?— Inzwischen wächst die Aufregung im Lande mehr und mehr. Von verschiedenen Orten werden blutige Zusammenstöße zwischen Volksmassen und Gendarmerie gemeldet. Und dabei nimmt— infolge der steigenden Roth— die Be- wegung der Arbeitslosen einen immer, drohenderen Umfang an. Kurz alles vereinigt sich in Belgien , um die Krise zu beschleunigen und zu verschärfen.— England. Die Redeschlacht um die H o m e r u l e- b i l l tobt fort. Es wäre thöricht, das Ende prophezeien zu wollen. Bei der ersten Lesung wird es wahrscheinlich noch nicht zur Abstimmung kommen, obgleich dies nach englischem Brauch angeht. Die Opposition will im Land, und namentlich auch in dem protestantischen Theil Irlands (der Grafschaft Ulster) einen Aaitationssturm entfesseln, und hofft dann sicher zu siegen. Jndeß alle Berechnungen sind vorläufig in die Lust gemacht.— Der Kongresi der Vereinigte» Staaten hat das Quarantänegcsctz in einer Fassung angenommen, wonach der Präsident der Republik ermächtigt ist, die Ein- Wanderung von Passagieren aus infizirten Häfen zu suspen- diren und die Einsuhr insektionSverdächtiger Waaren zu verbieten. Die Zentralbehörden haben das Recht, in allen Häfenplätzen, in denen die Lokalbehördcn sich säumig zeigen, die nöthigen Maßregeln zur Vorbeugung, Verhütung und Unterdrückung von ansteckenden Seuchen selbst zu treffen. Dem Präsidenten werden für diesen Zweck 350 000 Dollars zur Verfügung gestellt.— DQvlolnrenkÄlvrfÄxes. Sitznng der Militärkommission. Als erster Redner kommt Richter auf die Frage der kürzeren Dienstzeit für die berittenen Truppen zu sprechen, die er seitens der Militär- Vertreter etwas weniger ironisch behandelt sehen möchte, da sie in der That gar nicht so unwichtig sei und über kurz oder lang insofern entschieden werden müsse, ob nicht eine gewisse Arbeits- lheilung zwischen Remontereitern und eigentlichen Kavalleristen einzutreten habe, um fiir letztere die kurze Dienstzeit zu ermög- lichen. Er wolle jedoch die gegenwärtige Militärvorlage nicht mit der Frage bepacken, wünsche aber irgend eine Ausgleichung, vielleicht dadurch, daß die Kavalleristen eine kürzere Zeit in dcr Re- fem zu dienen hätten, was durch einige organisatorische Aenderungen möglich zu machen wäre. Er wünscht statistische Mittheilunaen über Einjährig-, Drei- nnd Vierjährig-Freiwillige seit 1373. Der Ansicht Lieber'?, daß die Anträge Bennigsens, betr. gesetzllcher Festlegung der zweijährigen Dienstzeit richtiger seien als der Antrag Rickert's, tritt Redner in längerer Red? entgegen. Gen. v. G oßler giebt diverse Aufschlüsse, die jedoch kein wesentliches öffentliches Interesse haben. Abg. v. d. Schulen bürg, der für die längere Dienst- zeit der berittenen Truppen plaidirt, wünscht auch irgend ein Aequivalmt für diese Mehrbelastung, glaubt aber, daß eine sinanzielle Entschädigung zweckmäßiger sei, als eine Verkürzung des Reservedienstes. Bei der Truppe aber müsse der Kavallerist drei Jahre bleiben, nicht blos der Abrichtung der Pferde wegen, sondern weil er drei Waffen handhaben lernen müsse: Säbel, Lanze und Karabiner.— Er appellirt „an die gedienten Soldaten" in allen Fraktionen, daß wenigstens sie sich in der Bewilligung des Nothwendigen zusammenfinden möchten. Von der Regierung wünscht er, daß sie einer präziseren Fassung des§ 1 insofern zustimme, daß die auf den zweijährigen aktiven Dienst sich be- ziehenden Worte:„im allgemeinen" nicht einer Mißdeutung ausgesetzt werden, an einen Mißbrauch seitens der Militär- Verwaltung glaubt er selbstverständlich nicht. Dr. Lieber verbreitet sich in einer höchst„tiefsinnigen" Rede, der es gar nicht geschadet hätte, wenn sie ungehalten ge- blieben wäre, über die Windthorst'schen Resolutionen, über kon- stitutionell« Garantien, Verankerung der Präsenzzisser mit der Bevölkerungszahl und ähnliche Probleme, sagt aber nichts Neues. Wenn es nach seinen Wünschen ginge, würde die Kommission ungefähr bis Weihnachten zu sitzen haben. General v. G o ß l e r giebt den Windthorst'schen Resolutionen eine der gegenwärtigen Militärvorlage günstige Deutung. Herr v. Hammer st ein giebt noch einmal seiner Abneigung gegen die zweijährige Dienstzeit Ausdruck. Stumm konstatirt, daß die dreitägige Debatte über den Z 1 zwecklos war. Singer giebt der Meinung Ausdruck, daß der sozialdemo- kratische Antrag auf Einführung einer gleichen Dienstzeit sür alle Waffengattungen eine sachliche Widerlegung nicht gefunden hat. Im Volke nehme man die Sache nicht so humoristisch, wie von seilen der Herren Militärvectreter, sondern werde künftig die Aushebung zur Reiterei als eine Art Strafe betrachten. Interessant sei es übrigens, daß die Anregung zu dem nun mehrfach besprochenen Ausgleich, der zu gunsten der Reitertruppen für deren längeren aktiven Dienst wünschenswerth erscheine, lediglich durch den sozialdemokratischen Antrag ge- geben wurde. Der Schulenburg'sche Vorschlag würde aus geradem Wege zum Söldnerheere führen.— Grundsätzlich ist die sozial- demokratische Partei auch gegen die zweijährige Dienstzeit, weil sie dieselbe für n o ch viel zu lang halte; werde dieselbe aber eingeführt, so müsse die kleine Erleichterung, die darin liege, auch der Kavallerie und reitenden Artillerie zu gute kommen. Werde der sozialdemokratische Antrag abgelehnt, so werden die Vertreter unserer Partei, ohne sich irgend für den Inhalt der Vorlage zu engagiren, für den nächstgunstigen, d. i. vorläufig der Rickert'sche, stimmen. Graf v. Kleist wendet sich gegen Singer, ebenso Hinze(freist), welcher sich bezüglich der Dienstzeit der Kackallerie vollständig auf den Standpunkt der Bernfs-Kavalleristen stellt und den sachlichen Nachweis für die„Nothwendigkeit" dreijähriger Dienstzeit der berittenen Truppen für erbracht hält. Bei der endlich erfolgenden Abstimmung wird der Antrag Bebel-Grillenberger-Singer mit allen Stimmen gegen die der Antragsteller und des Abg. Haußmann abgelehnt. der Antrag R i ck e r t wird mit allen gegen neun(Freisinnige, Volksparlci und Sozialdemokraten), der Bennigsen'sche mit allen gegen vier(Nationalliberale und Stumm), der Regierungs- antrag mit allen gegen fünf(Deulsch-Konservative und Stumm) abgelehnt. Tie Kominission steht daher vor einem Vakuum. Schluß der Sitzung 3/U Uhr. Die nächste Sitzung findet am Montag statt und zwar Vor- mittags 10 Uhr, wenn Plenarsitzung, um 11 Uhr, wenn keine Plenarsitzung stattfindet. Die Kommission zur Vorberathung der lex Heinze setzte heute in 3 ständiger lebhafter Debatte oie Berathung über den Lattenarrrest-?lntrag(§ 16a lex Heinze) fort, kam aber noch zu keinem Resultat. Die nächste Sitzung findet morgen Vor- mittag statt. Vsvkeittkrrütfickitcu. Eine Protestversammlnng gegen die Militärvorlage ist weiter abgehalten worden in Stade (Referent: Lorenz- Hamburg ). Von der Agitation. Aus Waren wird der„Mecklen- burgischen Volks-Ztg." berichtet: Am 5. Februar unternahmen ungefähr 30 Genossen eine Agitationstour nach den umliegenden Landschaften und Dörfern, um daselbst die Broschüre„Ge- spräche u. s. w." zu verbreiten. Wir waren in der angenehmen Loge, noch verschiedenes Material, das wir von Berlin bekommen hatten, verbreiten zu können. Biit Zufriedenheit können wir aus diese Agitationstour blicken, indem die Genossen überall mit Freuden empfangen wurden. Die Leute fragten bei uns an, ob die sozialdemokratischen Abgeordneten denn nichts thun könnten, um dieses Wahlsystem abzuschaffen, denn sie könnten nie- m a l s f r e i w ä h l e n, da sie bei der Wahl unter strenger Aufsicht der Gutsherrschaft ständen. Nachdem wir ihnen Klarheit gegeben und ihnen die Uebelstände vor Augen geführt halten, versicherten sie uns, wenn es wieder zur Wahl gehen sollte, würden sie keinen Konservativen, auch keinen Liberalen, sondex» sie würden für den Sozialdemokraten stimmen. Sie theilten noch mit, daß sie von Morgens früh um 4 Uhr bis Abends um 11 Uhr für 50 Pst arbeiten müßten und klagten auch über die Behandlung. Trotz Einschreitens der Gendarmerie und verschiedener Pächter auf dem Lande, die den Leuten wieder die Schriften abgenommen haben, können wir mit dieser ersten Agitationstour zufrieden sein, und die nächste Wahl wird uns zeigen, daß die junkerliche Feudalwirthschast ihrer Auflösung, wenn auch langsam, entgegengeht. „Die ZukunftSstaatö-Phaiitasien der Geguer" lautete das Thema einer am Montag im großen Tivolisaale zu V e g e- s a ck stattgehabten imposanten Volksversammlung, in welcher der Reichstags-Abgeordnete Metzger aus Hamburg referirte. Seine Ausführungen, die häusig von lebhaftem Beifall unterbrochen wurden, fanden, außer bei wenigen Gegnern, allseitige Zu- stimmung. Zwei Gegner, ein Seifenfabrikant aus Vegesack und ein Kontorist aus Vlumenthal, suchten die Versammlung gegen die sozialdemokratischen Grundsätze und gegen die Agitatoren, die sich„von den Arbeitergroschen mästeten", einzunehme», hatten aber kein Glück, sondern wurden vom Referenten in gebührender Weise heimgeschickt. Die Versammlung nahm dann, gegen ein halbes Dutzend Stimmen, eine Resolution an, worin sie sich mit den Aussührungen Mehger's in allen Punkten einverstanden er- klärt«nd worin weiter das Geschwätz der Gegner über den Zukunstsstaat als eine verfehlte Spekulation charakterisirt wird. Polizeiliches, Gerichtliches ,e. — Dw Entfernung der Frauen aus einer öffent- lichen Versammlung hat wieder einmal ein Polizeibeamter, dies- mal in S ch w e i d n i tz. verlangt. Er ließ sich auch durch den Hinweis nicht davon abbringen, daß das preußische Vereinsgesetz der Frau nur das Verweilen in politischen Vereinen verbiete, andern drohte mit der Auslösung der Versammlung. Beschwerde wird natürlich geführt.
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