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It. 150. 25. Zahrgm. 1 Knlm des Jörn W Kcrlim WksdlR Dienstag, 30. Imii 1909. -t» airtkbaftlicbep Aochenbericht. Berlin  , 27. Juni 1908. Ssitjunkturmilchtt Diskontermäßigung und keine Unter- «ehmungslust Krise in Amerika  . Wenn man heute die Lage nach den Argumenten jener Leute beurteilen wollte, die vor einem Jahr« Noch jede Gefahr für ein starkes Abflauen des industriellen Beschäftigungsgrades leugneten. dann müßte man sagen: laßt all« Hoffnungen fahren! Angeblich handelte eS sich nur um ein« Störung im Umlaufprozeß des Geldes, hervorgerufen durch Spekulationen m den Vereinigten Staaten  . Die Weltwirtschaftsmaschinerie war angeblich nur etwas ins Stocken geraden und sollte bald wieder ihre» Normalen Lauf haben. S«i die Panik in Amerika  , irie in Runs auf die Banken das äußere Gepräge erhielten, erst überwunden, dann auch bald die Versteifung des Geldmarktes und die kurz gehemmte Auf- wärtsbewegung in der Gütererzeugung werde erneut einsetzen. So trösteten dl- Opftmisten. Lange wartete man auf Erleichterung am Geldmarkt; die Kurse schnellten immer höher hinauf und er- reichten bei uns einen Satz, den man seit dem Taumel nach dem französischen   Milliardensegen nicht mehr gekannt. Und aller Vor. bersage zum Trotz löste die Geldkrise in Amerika   dort auch eine tiefeingreifende industrielle Krisis aus. Die Beschwichtigungsräte dursten an dem Trost sich erquicken, daß sie nicht eben vorbeigeraten hatten: es war nämlich genau das Gegenteil des Angekündigten eingetreten. Aber nach außen gaben diese Wettermacher das Spiel des Schönmalens nie auf. Jeden Tag vertrösten sie auf morgen. Die Wirklichkeit, die harten Tatsachen stoßen sich nicht daran. Die als Beginn eines neuen wirtschaftlichen Aufschwunges angekündigte Diskontermäßigung ist längst eingetreten. Die indu» strielle Belebung aber bleibt hartnäckig aus. Die Rohstoffverbände, teils wohl in Selbsttäuschung über die Lage am Weltmarkt, teils auch wohl zirr Stütze ihrer Preispolitik, haben die Erzeugung bisher auf einen über den Verbrauch hinausgehenden Grad ge- halten. Was dann, wenn sich zeigt, daß der Umschwung sich nicht auf Kommando einstellt? Dann muß die Einschränkung um so scharfer und unvermittelter einsetzen. Und die Folge? Die durch künstliche Mittel angeregte Unternehmungslust wird energisch ab- geschreckt. Das llebel wird größer. Hat man Hoffnungen auf eine baloige Ueberwindung der allgemeinen Krise gesetzt: auch dann war auf Sand gebaut! Fast ausnahmslos steht die gewerbliche Gütererzeugung und Unternehmungslust in allen Industriestaaten im Zeichen der Einschränkung und Zurückhaltung. Die Unter- nehmungslust, die die Hoffnung auf eine bessere Welternte aus- lösen könnte, stellt sich nicht ein, weil das Gefühl der Unsicherheit zu stark ist. Dazu treten noch Befürchtungen in bezug auf mögliche internationale Komplikationen in Europa  . Aber selbst solche Kom- binationen, die für Amerika   nur anregend wirken können, haben dort noch keinen belebenden Einfluß ausgeübt. Die industrielle Krisis in Amerika   ist nicht, wie die kapitalistische Presse glauben machen will, am.Verlaufen", sondern noch involler Blüte". Ja, ihre Wirkungen machten sich in der letzten Zeit schlimmer fühlbar, als in den ersten Monaten. Der Kredit ist erschöpft, die Ersparnisse sind aufgezehrt. Und letztere ivaren, trotz der gepriesenenProsperität" der letzten Jahre, in bezug aus die Arbeiterklasse bedeutend geringer als in früheren Perioden, da selbst diejenigen Arbeiterkategorien, deren Löhne etwas gestiegen waren, infolge der stärker gestiegenen Lebensmittel» preise um so viel weniger imstande waren, Ersparnisse zurück. zulegen. Wie eine Untersuchung, welche seitens der New Dorker Schulbehörde veranstaltet worden ist. ergeben hat, ist die Ursache eines auffallend schlechten Gesundheitszustandes der Schüler Unterernährung. Der betreffende Stadtteil ist der Sitz der Be» kleidungsindustrien(mit Ausnahme der Schuhindustrie), in der fast ausschließlich jüdische Arbeiter mit Herstellung der billigen Sorten Bekleidungsstücke beschäftigt sind, bei denen derShoddh" (Kunstwolle Lumpentuch) eine Hauptrolle spielt. Und diese Indu- strien liegen noch immer dermaßen danieder, daß nur ein kleiner Teil der Arbeiter zeitweilig volle Beschäftigung hat, die Mehrzahl aber nur einige Tage in der Woche, während die Zähl der gänzlich Beschäftigungslosen in die Tausende geht. Da sich der Absatz der Produkte dieser Industrien über da ganze Land erstreckt, so ist das Daniederliegen derselben der sicherste Beweis für die schlechte Lage derer regulären Ab- kleines Feuilleton. Tie Mückenplage. Das laufende Jahr ist für viele Gegenden entschieden als sogenanntesMückenjahr" zu bezeichnen. Die Ver- schärfung der Mückenplage hängt wohl vielfach mit den Wetterver- Hältnissen zusammen, doch kommen sicherlich auch noch andere, wenig erforschte Gründe in Betracht. Die Mücken treten unter den ver- schiedensten Breiten oft geradezu in erschreckenden Massen auf, und in einzelnen Gebieten ist ein von Jahr zu Jahr fortschreitendes . Anwachsen ihrer Zahl festzustellen. Nach der Meinung der Blätter für Volksgesundheitspflege ist in Deutschland   der Mittelrhein   sowie ein Teil der Umgebung B e r l i ns besonders schlimm daran. selbst der Winter bringt keine vollständige Erlösung, da innerhalb der Häuser die Plage weiterglimmt. Im Süden freilich trägt sie einen noch viel schlimmeren Charakter, da verschiedene Arten der Mückengattung Anophelcs die Ueberträger der Malaria, des Gelb- fiebers, der Schlafkrankheit und sonstiger gefürchteter tropischer Krankheiten sind. Die Stechmücken unserer Breiten gehören im allgemeinen nicht zur Gattung Anopheles, obgleich auch diese z. B. in der Umgebung Berlins   vertreten ist, gleichwohl sind auch sie nicht allein ihrer Lästigkeit wegen, sondern auch als Krankheitsüberträger zu fürchten. Ihre ungeheuere Fortpflanzungsfähigkeit gibt dieser Furcht eine weitere Stütze. Eine einzige Mücke vermag sich bis zum folgenden Winter im Verhältnis von 1: 7'/h Mllionen zu vermehren, und wollte man rein theoretisch, ohne Beachtung der Verluste, rechnen, so käme man auf das Verhältnis von 1: 4 Bil- lionen. Die Bekämpfung der Mücken ist daher ein hygienisches Problem von außerordentlicher Wichtigkeit. Die Methoden, die dabei zur Anwendung gelangen, scheiden sich nach den Entwicke- lungsformen der Stechmücke: Ei, Larve, Puppe, Insekt, in solche, die entweder die Vorstadien oder das ausgeschlüpfte Tier betreffen. Die elfteren haben sich als zweckdienlicher erwiesen. Die Grund- bedingung ihres Gelingens ist, daß sie inerhalb größerer Bezirke gleichmäßig durchgeführt werden, so daß nur durch behördliche Maß- nahmen erhebliche Erfolge erzielt werden können. In Deutschland  ist dies namentlich seitens der Stadt Breslau   geschehen, wo Lei Vorstand des hygienischen Instituts, Prof. Flügge, folgenden Kriegs- vlan ausgearbeitet hat. Vor allem sind durch städtische Desinfek. toren im Winter und Vorfrühling Keller, Erdgeschosse, Schuppen usw. nach eiertragenden Weibchen abzusuchen, die mit einer Raupen« oder Lötlampe abgebrannt oder durch Räuchermittel, wie Chry- santhemumpulver das jedoch wegen seiner Feuergefährlichkeit und der Wirkung auf die Halsschleimhäute vorsichtig zu verwenden ist oder besser durch Tabak-Räucherpulver, vernichtet werden. Roch wesentlicher vielleicht ist die Ausrottung der Larven und Puppen in Tümpeln, Bassins, Regentonnen usw. In Breslau   wird dazu das aus Gallol hergestellteLarvicid" verwendet, wovon etwa 3 Gramm auf das Kubikmeter Wasser genommen werden. Zur Ausführung dieser Arbeit wurden in Breslau   die Feuerlöschmann- schaften verwendet. DasLarvicid" vernichtet jedoch nur die Larven, nicht auch die Puppen. Um beider Herr zu werden, sind verdächtige Wasserflächen mit einer dünnen Schicht von Petroleum, Saprol oder Vessol zu bedecken, wodurch die Larven und Puppen vM&£ Äteoiluit abgeschnitten werden Utld cpstickm-- Mo. äiefci nehmer, das heißt der Arbeiter. Auch für die Kleinhändler macht sich die Krise immer mehr fühlbar. Diese machten zwar in den ersten Monaten durch Erhöhung der Lebensmittelpreise größere Profite(es ist einekonstatierte Tatsache", daß bei Steigerung der Preise seitens der Großhändler die Kleinhändler noch einen größeren oder kleinerenZuschlag" machen), aber der Rückgang im Umsatz glich das Plus nach und nach mehr wie aus. In der letzten Zeit haben sehr viele Depositoren der New Dorker Sparbanken ihre Einlagen gänzlich oder zum großen Teil zurückgezogen, obwohl sie dadurch die Zinsen für das laufende Halb- jähr verlieren. Diese Depositoren rekrutieren sich aber, besonders seit Eintritt der Krise, fast ausschließlich aus jenen kleinen Ge- schästsleuten, und den verhältnismäßig wenigen Arbeitern, die während derProsperitütszeit" Ersparnisse in den Banken depo- meren konnten. Und daß es im übrigen Lande nicht besser steht als in New Dork, ist besonders aus denWarnungen vor Zuzug" wegen Mangels an Beschäftigung in den Organen der diversen Gewerkschaften er- sichtlich, speziell derer der Baugewerbe, in dem sonst um diese Zeit die größte Tätigkeit herrscht. Ein weiteres Zeichen, daß die Krise sich nun auch in verstärktem Maße für den Mittelstand be- merkbar macht, sind die Nachrichten übergestrandete" Theater- gesellschaften, deren Existenz hauptsächlich vom Mittelstand ab- hängt. Wie aus den Aufstellungen der Jnterstaatlichen Handels- kommission ersichtlich, sind seit Eintritt der Krise über 400 000 Eisenbahnarbeiter abgelegt worden und es finden in den Re- paraturwerkstätten und sonstigen Anlagen immer noch Entlassungen statt. In der kapitalistischen   Presse werden, als ein Anzeichen desWiederaufschwunges", die von verschiedenen großen Bahn- gesellschaften gemachten oder projektierten neuen Bauausgabcn an- geführt. Die Sache liegt aber wesentlich anders. Jene Gesell- schaften haben nämlich in denProsperitätsjahren" eine wahre Raubwirtschaft betrieben, indem sie auf das meistens riesig ver- wässerte Aktienkapital hohe Dividenden zahlten und dadurch ihre Anlagen vernachlässigten, und zwar in einer Weise, daß sich das Zugpersonal weigerte, gewisse Lokomotiven zu benutzen oder Bahn- strecken zu befahren wegen deren gefährlichen Zustandes. Jene Bauausgaben fallen nun dazu dienen, die Anlagen wieder in einen einigermaßenannehmbaren" Zustand zu bringen. Erklärlicherweise üben die Wahlen einen gewissen Einfluß auf die gewerbliche Tätigkeit aus. Der Vorstand der Federation of Labor" hat in einer kürzlich statt- gehabten Sitzung einen neuenFeldzugsplan" entworfen, dahingehend, ein Komitee nach den bevorstehenden National- konventionen der republikanischen und demokratischen Partei sowie der HearstschenJndependence League" zu senden, um diese zu veranlassen, gewisse.Arbeiterforderungen" in ihr Pro- gramm aufzunehmen, wobei eS sich besonders um einePlanke" bezüglich der richterlichen Einhaltsbefehle bei Streiks oder Boykotts der Arbeiter handelt. Diejenigen Parteien, welche dem Verlangen nachkommen, sollen bei den Wahlen die Unterstützung der Federation haben. Auf welche Weise letzteres geschehen soll, wenn alle drei oder doch zwei der Parteien darauf eingehen, ist nicht gesagt, wohl aber, daß die Federation im Falle der Ablehnung seitens aller drei Parteien eigene Kandidaten aufstellen würde.(Also auch in diesem Falle wird nicht an eine Unterstützung der sozialistischen  Partei gedacht.) Wenn auch die Erledigung der Wahlen eine gewisse Beruht- gung und Anregung bringt und für diverse Spekulationen die Basis schafft, eine allgemeine Belebung kann sie nicht zur Folg« haben. Anscheinend wird sich die Krise in Amerika   noch bis in das nächste Jahr hinein als schleichende Krankheit behaupten. Und auch in Deutschland   wird eine Aufwärtsbewegung des Wirtschaftslebens nicht früher zu erwarten sein. Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß es vorläufig, wenigstens in einzelnen Jndüstrien, noch wester berg  - ab geht und der tiefste Punkt des Rückganges noch Vicht   erreicht ist. Llilenburg vor den Seichmrenev. Der Meineidsprozeß gegen den Fürsten Philipp zu Eulen- bürg und Hertefeld nahm gestern vor dem Schwurgericht des Landgerichts I   seinen Anfang. Schon lange vor der auf 11 Uhr an- gesetzten Terminsstunde entwickelte sich nn alten Kriminalgerichts- gebäude ein ungewöhnliches Drängen und Hasten. Die ersten Mittel nicht angewendet werden können, z. B. bei fischhalligen Wassern oder solchen, die als Viehtränke dienen, tut eine Decke rasch wuchernder Wasserlinsen den gleichen Dienst. Da die Mücken sich stets nur aus stehendem Wasser entwickeln, ist soweit als möglich das Austrocknen von Tümpeln, Sümpfen usw. vorzunehmen oder die Anlage entsprechender Verbindungen durch Zuflüsse und Ab- flüsse vorzusehen, in die nebst Fischen auch andere Mückenfeinde, wie Wasserlaufer, Rückenschwimmer und Libellen eingesetzt werden sollen. Eine Verminderung der Plage liegst jedenfalls im Bereich des Möglichen. Der einzelne kann zwar nicht viel erreichen,-wohl aber dos Zusammenwirken im Sinne einer gMLinsamen Or­ganisation. Mufit. Nun hat mich die Morwitz-Oper im Schiller-Theater 0 etwas wie eine Premiere herausgebracht. Dem Franzosen Adolphe Adam  (18081856) war sie gewidmet. Reich an blühender Grazie der Melodien und Rhythmen, unbekümmert um eine Durcharbeitung all dessen, was sonst noch die Tonkunst ver- langt, sicher in seiner Routine und im Verständnis der Routine von Texidichtern: so hat er mit seinemPostillon von Lonjumeau" nnd mit mehreren anderen Opern derkomischen" Gattung den Bühnen- freunden süße Leckerbissen gegeben. Die romantisch-komische Oper Wenn ich König wäre l" war bisher in Deutschland   noch unbekannt; und Paul Wolff tat gut daran, sie eigens für die Morwitz-Oper deutsch zu bearbeiten und sie als Dirigent dort aufzuführen. Die Uebersetzung hört sich fließend an, auch wenn man die Aenderung deS Titels mKönig für«inen Tag" für unnötig hält. Im ostindischen Königreiche Goa   wünscht ein armer Fischer, einmal König zu sein. Ahnungslos fleht seinen Wunsch erfiillt, macht sich auch bald zum Herrn der Situation, verständigt sich mit des Königs Cousine, die er einst mit dem selbstverständlichen gegen- festigen Liebeserfolg ans dem Wasser gerettet, und rettet sogar das Vaterland aus den verräterischen Anschlägen eines Prinzen, der ebenfalls die Cousine haben möchte. Zwar erwacht der Arme am nächsten Tage wieder w setner Hütte; doch durch Cousine und Routine wendet sich noch alles zum Gute» auch für ein Neben-LiebeSpaar. dessen Zankduett zu den hübschesten Proben heiterer Opernkunst gehört. DaS alles ist nun fteilich, in Wort und Ton, mehr aneinander- gereiht als ineinander dramatisiert. Allein eine gute Geschicklichkeit fügt die Bestandteile leidlich zusammen; man kann sich vielfach fteuen und hat sich denn auch baß gefreut. WaS aber würde der Krittler tun, wenn er einmal König wäre? Vor allem würde er seine zwei Augen und Ohren so nachsichtig zudrücken, daß er allen an der Aufführung Beteiligten ein glänzendes Zeugnis ausstellen könnte, und zwar nicht bloß ob des guten Willens einer volkstümlichen Oper. Sodann aber würde er die gegenwärtig durch Bayreuther   Verdienst erreichte Kunst des musik  - dramatischen Sanges und Spieles hernehmen und sie auf denalten Adam" anwenden, um einesneuen Adams' willen. Würde auch bei der oberflächlichen Orchesterpartitur und bei dem gleichmäßigen OrchesterspielLeben in die Bude bringen". Würde daiw müer de» Säuger» auf die Opernfoussrette Margarete zur Stelle waren die Journalisten, für die im Schwurgerichts« saal etwa SO Sitze zur Verfügung gestellt waren. Es befinden sich darunter zahlreiche Vertreter der ausländischen Presse. Der Ein- gang zum Gerichtsgebäude wurde von einem Schutzmannsaufgebot bewacht, durch welches alle die Neugierigen, die da wähnten, dem forensischen Drama beiwohnen zu können, aber Zutrittskarte» nicht besaßen, energisch zurückgewiesen wurden. Der Zuhörerraum und die Logen waren bald dicht befetzt. Gegen lOVa Uhr traf der Angeklagte Fürst zu Eulenburg im elektrischen Krankentransport- wagen bor dem Gerichtsgebäude ein. Er wurde in einem Liegestuhl hinaufgetragen und dieser wurde unmittelbar bor dem Verteidiger« tische niedergesetzt. Der Angeklagte wurde von seiner Gattin und seinen beiden Söhnen sorgsam mit einer Decke und einem Rücken» kissen versehen und nahm hin und wieder medizinische Kräftigungs« mittel zu sich. Er hat eine blasse Gesichtsfarbe, gibt sich aber sehr gefaßt. Ilm 11 Uhr betreten die Geschworenen den Saal, unmittelbar darauf folgt das Richterkollegium. Den Vorsitz führtLandgerichtsdirektor Kanzo w, Beisitzer sind Landgerichtsrat Methner und Landrichter Eichholz. Als Ersatzrichter ist Assessor Dr. A l b r e ch t zur Stelle. DieAn» klage wird vom Oberstaatsanwalt Geh. Oberjustizrat Jsenbiel ver- treten; zu seiner Unterstützung nimmt Referendar Dr. R u st hinter ihm Platz. Die Verteidigung führen die Rechtsanwälte Justizrat W r 0 n k e r und Chodziesner. Der Verhandlung wohnt General- staatsanwalt Dr. W a ch I e r bei. Am Verteidigertisch nehmen zwei Stenographen Platz, die die Verhandlungen für den Angeklagte» aufnehmen sollen. Der Vorsitzende Landgerichtsdirektor Ranzow eröffnet die Verhandlung mit den Worten: Ich eröffne die heutige Verhandlung der Straffache gegen den Fürsten   zu Eulenburg und Hertefeld wegen Meineids und Verleitung zum Meineid. Verletzter in der Sache ist der Schrift- steller Maximilian Horden. Als Geschworen« werden ausgelost folgende Herren: Sattlermeister Josef B ö g n e r ,' Kommerzienrat Josef Schloßmann. Fabrikbesitzer Ernst S ch ä f f e r, Ingenieur Heinrich Timm, Fabrikant Oskar H 0 e f i g. Fabrikbesitzer Julius Spiesicke. Kaufmann Friedr. Schäfer, königl. Hoflieferant Herm. Heinrich, Chemiker Dr. Ludwig I a b 1 0 n s k i, Fabrikant Paul Drieschel, Fabrikant Max Friedrich, Fabritbcsitzer William Neumann. Als Ersatz-Geschworene wurden ausgelost: Billardfabrikant Dannen- berg, Rittergutsbesitzer Lyon  , Buchhändler T r e f f und Rendant Strubel. Als Zeuge» sind folgende Personen vorgeladen: Milchhändler Georg Riedl.» München  , Fischer Jakob E r n st- Starnberg, Rendant Albert Geritz« Liebenberg, Hoftat Karl Kistler-München, Polizeikommissar Gustav Steinhauer- Potsdam, Masseur Karl Podeyn- Charlottenburg, Dr. med. Magnus Hirschfeld  - Charlottenburg  , Dr. Adolf v. Wille- Wilmersdorf, Rentter Ludwig S ch w u l st- Berlin, Betriebsdirektor Wilhelm Schunig-Berlin  , Korrespondent Stanhojx, Amts- Vorsteher H a s e m a n n Wildenburg(Kreis Tenrplin), Handels- männ Hermann Borchar dt-Falkenthal, Leibjäger Emanuel Bartsch- Liebenberg, Bergmann Karl Trost» Wanne, Frau Ludwine Bauerreiß- München, Stoinschläger Josef Pank- g r a tz- München, Pächterfrau Anna Bader- Landsberg   am Lech, Klavierträger Repomuk Schömmer- München  (fehlt), Ober» landesgerichtSrat Wilhelm Meyer- München  , Justizrat Bernstein» München  . Rechtsanwalt Max P r a g e r- München, Baron v. Wendel» st e dt- Neubeuren, Polizeikommissar Seuffert- München, Fischer Franz S ch r 0 p p- Starnberg, Frau Marie Zanke. Ernst L e w i n, Kaufmann Lange. Gras v. Wilczek-Wien  , Freiherr Albert v. Rothschild-Wien, Hausverwalter August Kr oh s-Wien, Kunstmaler Profeffor Otto S e i tz- München, Kunstmaler Professor Hermann Kaulbach  « München  , Graf Ferdinand d. Sporkin» Starnberg  , Kammerherr v. G ersten berg-Z ach-Berg-Sulza, Oberhofmarschall Graf Eulenburg- Potsdam, Mzeoberstallmeister Baron V. Esebeck- Potsdam, General z. D. v. Leczynski» Repten(Kreis Vetschau), Graf Siegmund zu Eulen bürg- Liebenberg, Geh. Justizrat L a e m m e l- Neu-Ruppin, Sanitätsrat Dr. Gennrich- Liebenberg, Fürstin zu Eulenburg-Lieben» berg  , Fischer Josef Grad» Starnberg  , Berichterstatter AhrenS, Graf Kuno v. Moltke- Groß-Peterwitz(Schlesien  ), Oekonom Bernhard Beuttl er- Wieling, Schlossermeister Josef Ried er» Koch hinweisen, um den anderen zu zeigen, was Betonung ist, und um dem Darsteller des Königs beizubringen, daß Tencherament» losigleit kaum irgendwo schwerer zu ertragen ist als auf der Bühne, zumal bei einem so anmuttg sprudelnden Stück. Würde den Berliner Bolkschor" bitten, den Opernchor zu verstärken und dieFreie Volksbühne' bitten, eine Einführung zu schreiben, die u. a. auch von dem eigentümlichen Reize verschiedener Tenorpartten in AdamS Oper, und wie sich die Sänger damit abfinden, erzählen könnte. Würde sogar dem Publikum sagen, daß man selbst bei einer Sommeroper nicht während der Musik schwätzt und nicht in die Musil   hinein klatscht. Würde überhaupt ftkr Volkstümlichkeit auch durch Kunstbildung sorgen.' ez. Humor und Satire. -Der Handschuh und die Anstiftung! In dem Soldatenmißhandlungsprozeß, der sich in Berlin   gegen den Sergeanten Balk und Genossen vom 4. Garderegiment zu Fuß abspielte, sind von den Verteidigern einige goldene Worte gesprochen worden- Der eine' Verteidiger behauptete, Soldaten, die künftig einmal in die Schlacht gehen sollten, könnten nicht mit Glacehandschuhen angefaßt werden. Wie richtig, wie wahr, wie weise I Soll man die dreckigen Kerls mit Glacehandschuhen, womöglich mit weißen, anfassen? Das darf mit Rücksicht auf die Glacehandschuhe der Vorgesetzten nicht sein; man würde die Kerls ja sonst der Bestrafung wegen Achtungs» Verletzung gegenüber einem vorgesetzten Glacehandschuh aussetzen. Ein anderer Verteidiger meinte, die geistig und körperlich schwachen Mannschaften fordern zu den Mißhandlungen geradezu heraus. Unerhört von den schlappen Kerls! Wie können sie eS wagen, Vorgesetzte herauszufordern? DaS ist an sich schon strafbar. Aber auch sonst vergehen sie sich gegen das Strafgesetz» buch; sie reizen ihre Vorgesetzten direkt zu den Mißhandlungen; sie stiften sie dazu an, sind also wegen Anstiftung zur Körperverletzung zu bestrafen. Deshalb müssen erst die Gemißhandelten ins Loch und dann erst die armen Verführten, die Mißhandelnden! Wahres Geschichtchen. Die Kommandeuse einer kleinen Garnison, berü hmt durch die Anstnerksamkeit, die sie dem richttgen Gangihrer" Mannschaften schenkt, von denen schon viele ihre drei Tage Mittel der Gnädigen verdanken, kommt zum Zug zu spät. Sie macht dem Stationsvorsteher Vorhalt, daß die Stations» uhr falsch yehe, was dieser zurückweist. Als das der Dame nicht genügt, memt er:Na, wir können die Uhr ja auch mal drei Tage in Mittelarrest stecken, vielleicht geht sie dann besser.".(Jugend.") Notizen. Kein kaiserlicher Bildhauer. DaS Virchow» Denkmal mag entwerfen, Iver will; ich tu nicht mehr mit. So ungefähr hat Bildhauer Fritz Klimsch   dem Komitee, das ihn um einen neuen Entwurf anging, geantwortet. Er hat keine Lust mehr, für ein Komitee zu arbeiten, dessen Entscheidungen schließlich ein anderer trifft. Jetzt ist Platz für die kaiserlichen Bildhauer. M u s i I ch r 0 n i k. Im Neuen kgl. Opernhanfe wird am 1. Juli unter Leitung von Hermann Gura eine Sonimer« oper eröffnet, die u. a. auch für diesen Fall von der Intendanz- freigegebene Wagneropern bringen wird.