SMS Präsidium fährt Freiherr V. Mantcuffel. Fr eröffnet dietzung kurz nach 12 Uhr und gibt das Wort dem Fürsten Bülow� Verlesung der kaiserlichen Botschaft, durch die die Landtags-lion am 30. Juni geschlossen wird. Darauf bringt er wiederum.S übliche Kaiserhoch aus.Die Sozialdemokraten wohnen der Schlußsitzung nicht bei.pstteitsgder bayerischen SozialdemoRratle.Der neunte Parteitag der bayerischen Sozialdemokratie wurdeSonntag, den 23. Juni, in München von Genosien S e g i tz imNamen des Landesvorstandes eröffnet. Er begrüßte die Delegiertenund bedauerte, daß zwei der bewährtesten Kämpen, die GenossenB o l l m a r und E h r h a r t durch Krankheit am Erscheine» ver-hindert find. Doch konnte Segitz unter dem lebhaften Beifall desParteitages hinzusetzen, daß in beider Befinden eine entschiedeneBesserung eingetreten ist.Zu Borsitzenden wurden Segitz und Knierim- Münchengewählt.Als Gäste sind anwesend Genosse Eb ert-Berlin als Vertreterdes Parteivorstandes, Genosse W a s n e r als Vertreter derwürttembergischen Partei und Genosse Rudolph-Frankfurt als Vertreter des h e s s i s ch- b a y e r i s ch e n Gaues.Genosse Ebert drückte dem Parteitag die Grüße des Partei-Vorstandes aus. Die Tagesordnung enthält wichtige Punkte, die auchfür die Gesamtpartei von Bedeutung seien, weshalb der Partei-Vorstand eine Delegation für notwendig erachtet habe. Ebert wiesdann auf den Erfolg bei den preußischen Landtagswahlen hin, derdas Marschieren der Sozialdemokratie beweise. Die süddeutschenParteigenossen, besonders die bayerischen, sind im Wahlrechtskampfden norddeutschen vorausgegangen und haben auch die preußischenGenossen in ihrem schweren Kampf unterstützt und sie dadurch ge-stärkt, weiter zu kämpfen, bis auch für Preußen ein gerechteresWahlrecht erreicht wird. Mit dem Wunsche, daß die Beratungendes bayerischen Landesparteitages auch für die gesamte ParteiFrüchte tragen mögen, schloß der Redner unter lebhaftem Beifall.Auch die Genossen W a s n e r- Württemberg und Rudolph-Frankfurt begrüßten den Parteitag.Sodann erstattete Gen. Auer den Bericht deS Landes-Vorstandes.Er ergibt, daß die Zahl der organisierten Genoffen in23 Monaten von 3t 313 auf 17 710 gestiegen ist. DaS gleiche ist inder Entwickelung der Presse zu konstatieren. DieAbonnentenzahl ist erfreulich in die Höhe ge-schnellt. Die.Münch. Post" beziehe eben ihr neues, eigene?Heim und im Herbst wird die„Fränkische Tagespost" das gleiche tun.Der Kassenbericht ergibt 19 251,32 M. Einnahme,17882,73 M. Ausgabe, somit einen Kassenbestand von 1371,59 M.Für die kommenden Gemeindewahlen beabsichtigt derLandesvorstand eine Broschüre herauszugeben, ein weiteres fürdie Provinz bestimmtes Flugblatt wird in populärer DarstellungdaS Wesen der Sozialdemokratie schildern, eine Reihe anderer Flug-blätter ist für bestimmte Arbeiterkategorie» lWaldarbeiter) bestimmt.In der letzten Zeit hat der Landesvorstand im Berein mir derFraktion und der„Mllnchener Post" eine Stelle geschaffen,die daS politische Tagesmaterial zu sainmeln undzu sichten hat. Im Gau Nordbayern wurde ein zweiterSekretär, im Gau Südbayern ein Sekretär angestellt.Bon einer Neueinteilung der Gaue soll voi erst abgesehen werben.Die drei Gaue Nordbayern, Südbayern, Pfalz sollen vorläufigweiter bestehen bleiben. Die Wahlkreise Aschaffenburg und Lohr.die bisher zu Frankfurt gehörten, sollen dem Gau Nordbayern zwgeteilt werden.Der Landesvorstand schlägt dem Parteitag vor, den LandesVorstand zu beauftragen, zu gegebener Zeit einen Programm-entwurf für die Landtagswahlen und zwar so zeitig zuveröffentlichen, daß die Genossen vor dem Parteitag die Möglichkeithaben, dazu Stellung zu nehmen.In der Debatte wurden verschiedene Wünsche und BeschwerdenVorgebracht. Genosse P r o f i t- Ludwigshafen forderte, der Partei-tag solle die Parteileitung beauftragen, eine allgemeine Lgi-tation gegen die Reichsratskammer einzuleiten.Genoffe E i s n e r- Nürnberg wies den Landesvorständen die Auf-gäbe zu,„auswärtige Politik", d. h. Politik gegen Preußenzu machen. Der freiheitlicher entwickelte Süden stehe scharf gegenPreußen mit seinem Dreiklassenwahlrccht. Dieser Zustand werdesich noch verschärfen, wenn das neue bayerische Gemeinbewahlrechteingeführt sei. Wie die Regierungen der süddeutschen Staatenuntereinander Fühlung nehmen zu gemeinsamen politischenAktionen sVollzugsbestimmungen zum Vereinsrecht), so sollensich auch die sozialdemokratischen Landesparteien zusammen-schließen, ein Bedürfnis, das bereits die Würzburger Konferenzanerkannt habe. Eine enge Verbindung der süddeutschen Partei-genossenschaften sei dringend notwendig! es sei dafür ein stän-diges Organ zu schaffen und notivendig, eine Kraft zu ge-Winne», die von Berufs wegen die gemeinsamen süddeutschen Ber-Hältnisse übersieht und zu bearbeiten imstande ist.Den Bericht der Landtagsfraktion erstatteten dieGenossen Adolf Müller- München und Segitz- Fürth. Müllerberichtete über die allgemeine politische Tätigkeit der Fraktion. Dieihr gebührende Vertretung im Landtagspräsidium wurde der Fraktionoerweigert, weil sie sich weigerte, ihre Vertreter zur„Brettlhupferei", d. h. zu ülundtouren bei sämtlichen Prinzen des HausesWittelsbach, zu verpflichten. Die Fraktion hat auf allen Gebietender Landespolitik eifrig gearbeitet; mit Ausnahme der rein kirchliehen Dinge im Knlruselat trägt jeder Etat, jeder Gesetzentwurf,jede Vorlage die Spuren der ernsten sozialdemokratischen Mitarbeit.S e g r tz, der speziell über die Tätigkeit auf sozial-politischem Gebiete sprach, zeigte, was die Fraktion für dieVerbesserung der Lage der Staatsarbeiter und der Arbeiter über-Haupt getan hat. In beiden Reden. wurde auf die Noiwendigkeirhingewtcsen. den Kampf gegen die Reichsratskammeraufzunehmen, die in rücksichtsloser Weise die Beschlüsse derZweiten Kammer des Landtags mißachtet und alle ihre sozial-politischen Anträge unter denTisch geworfen hat. DieDiskussionergab im allgemeinen völlige Zufriedenheit mit der Tätigkeit derFraktion. Genosse E i s n e r- Nürnberg bemängelte, daß dieFraktion nicht aus Anlaß der Döberitzer Kaiserrede eineInterpellation eingebracht habe. Der Alarm diene nur dazu, derReichsfinanzreform die Wege zu bereiten und dem müsie entgegen-gearbeitet werden. Genosse Müller erwiderte, daß die Fraktionnach reislicher Erwägung von einer Interpellation Abstand genommenhabe, sie werde aber die Sache gründlich behandeln gelegentlichder Besprechung der R e i ch» f i n a n z r e f o r m, zu der sie jaeinen Antrag gegen die drohende ElektrizitätSabgabe ein-gebracht habe.Nach Beendigung der Diskussion und Erkedigung der Anträgeund Resolutionen wurde die Verhandlung vertagt.Am Montag referierte Genosse Tinrm-München über daSneue Vereinsgesetz. Dem Referat schloß sich die Beratungder Anträge auf Aenderung des Organisationsstatutsan. Genosse Timm brachte dazu eine Resolution ein, in der erfür die weiblichen Mitglieder niedrigere Ortszuschläge als kür diemännlichen Mitglieder empfiehlt. Die Diskussion war reckt lebhaft.Me Anträge wurden sämtlich der SatzungStommission überwiesen.enlendnrg vor den Geschworenen.Schon lange vor Beginn der DienStag-Berhandlung hattensich vor dem Hauptportal deS Moabiter Kriminalgerichts Neu-gierige eingefunden, die sich auf dem gegenüberliegenden Trottoiraufstellten und mit einer bewundernswürdigen Geduld der Dingeharrten, die da kommen sollten. Die Absperrungsmahregelnwerden Bon Seit zahlreichen Schutzleuten streng durchgeführt. Gegen9411 Uhr wird der Angeklagte in einer Tragbahre in den Saalgetragen. Von den Zeugen sind heute auch der Oberlandesgerichts-rat Meyer aus München und der Baron v. Rothschild ausWien erschienen. Der Zeuge Riedel erscheint schon in etwasaufgeregtem Zustande vor Beginn der Verhandlung und ersuchtden Gerichtsdiener, einen Brief, den er in der Hand hält, demOberstaatsanwalt zu übergeben. Wie Herr Riedel in seinem schwer-verständlichen bayerischen Dialekt den Umstehenden erklärte, solleS ein Drohbrief sein, den er erhalten hat.)Die heutige Bormittagssitzung wurde noch ausschließlich durchdie Vernehmung des Angeklagten ausgefüllt. UeberdenJnhaltseinerBekundungenistbei dem hermetischenAusschluß der Oeffentlichkeit Zuverlässiges natürlich nichtmitzuteilen, und was gelegentlich durchsickert, ist völlig u n-kontrollierbar. Dem Vernehmen nach bestreitet der An-geklagte nach wie vor mit aller Entschiedenheit, sich im Sinne derAnklage schuldig gemacht zu haben. Er habe durch seinen Eid inAbrede gestellt, strafbare Handlungen im Sinne des s 175 begangenzu haben? mit„Schmutzereien" habe er nur alles das gemeint, waSstrafbar sei, er bestreite aber heute noch, sich strafbar gemacht zuhaben. Aus die Frage, wie denn aber beispielsweise der ZeugeErnst zu seiner belastenden Aussage komme, soll der Angeklagtegeantwortet haben, daß ihm das ein Rätsel sei. Auf dieweitere Frage des Vorsitzenden, wie denn die intimen ver-traulichen Briefe zu erklären seien, die er an Ernst ge-schrieben, soll der Fürst geantwortet haben: er habe mit ihm vielgesegelt, gerudert, gefischt, sei fast täglich mit ihm zusammengewesen und habe ihn eben liebgewonnen. Standes-unterschiede zu machen, sei überhaupt niemals seineGewohnheit gewesen. Als dem Angeklagten die Fragevorgelegt wurde, ob er pervers empfunden habe oder nochpervers empfinde, soll er mit einem entschiedenen„N i e m a l s" geantwortet haben. Wir wiederholen aber hierbeinochmals, daß irgendeine Gewähr für derartige Mitteilungen nichtzu übernehmen ist, da die Presse ja auf den nicht ganz würdigenStandpunkt gedrängt worden ist, einzelne Daten aus diesem, dieganze Welt in Spannung haltenden hochwichtigen Prozesse nurvom Hörensagen mitzuteilen.Dem Vernehmen nach soll der Vorsitzende den Zeugenhaben mitteilen lassen, daß ihre Wünsch« nicht berück-sichtigt werden können, um nicht die Einheit und dengleichmäßigen Verlauf deS ProzeffeS zu stören. DaS Gericht be-schloß ferner, sämtliche Zeugen bis 9H2 Uhr zu entlassen, da bisl Uhr noch die Vernehmung deS Angeklagten währt und dann einehalbstündig« Pause gemacht werden soll.Nach dieser sollte dann erst die objektive FeststellungdeS Eides stattfinden. Hierbei wird Justizrat Bernsteinvernommen werden, der, wie der Oberstaatsanwalt ausgeführthaben soll, das größte Interesse daran hat, möglichst der ganzenVerhandlung beizuwohnen. Es sollen ferner die Zeugen E r n stund Riedel sowie der Professor S e i tz von der MünchenerAkademie vernommen werden. Letzterer ist von der Verteidigunggeladen. Er stand mit dem Fürsten in sehr lebhaftem Verkehrund soll bekunden, daß er nie— auch nicht gerüchtweise— inMünchen oder Starnberg etwas über eine angebliche Betätigunganormaler Triebe bei dem Fürsten vernommen hat.Um IVi Uhr wurde eine halbstündig« Pause gemacht. Diepersönliche Vernehmung des Angeklagten war bis dahinnoch nicht beendet. Der Vorsitzende gibt dem AngeklagtenGelegenheit, sich in umfangreichstem Maße über seine Lebens-gewohnheiten, seine Charaktereigenschaften, seine künstlerischenNeigungen, seine poetischen Schöpfungen und noch vieles andere zuäußern, was mit dem von ihm geleisteten Eide in nur sehr losemZusammenhange steht, und der Angeklagte soll von dieser Befugnisreichlichen Gebrauch machen. Was das punctum esliens betrifft,so bleibt er auf wiederholten Borhalt immer wieder dabei, daß ernichts Falsches beschworen habe. Auch die Tatsache, daß er denZeugen Ernst plötzlich als Diener mit auf Reisen genommen, suchteer ganz harmlos zu erklären. Er soll in dieser Beziehung gesagthaben, daß er in einer augenblicklichen Verlegenheit wegen einesDieners gewesen sei und deshalb auf Anraten seiner Gattin denErnst engagiert habe. Nach Beendigung der Pause wurde die Ver-nehmung lies Angeklagten fortgesetzt. Sie dürft« noch länger« Zeitdauern, denn als Medizinalrat Dr. Hoffmann anregte, möglichstschnell den Sanitätsrat Gennrich, den Hausarzt des Angeklagten,als Zeugen zu vernehmen, damit er, der Medizinalrat Hoffmann.stellenweise seinen anderen Berufspflichten nachgehen könne unddoch ein Arzt in der Nähe des Angeklagten bleibe, wurde dies alsunmöglich erklärt, da die Vernehmung des Angeklagten noch längereZeit in Anspruch nehmen»verde.Die Vernehmung des Angeklagten mutzte infolgeder körperlichen Erschöpfung desselben abgebrochen werden undsoll, dem Vernehmen nach, Mittwoch fortgesetzt werden. Nach derPause wurden der Baron Albert v. Rothschild, ProfessorS'e i tz- München und ein Zeuge T a n d l vernommen. Letztererwar einige Zeit bei dem Hofrat Ziegler als Diener angestellt ge-Wesen und sollte einen Vorfall bekunden, aus welchem eine angeblichePerversität deS Fürsten hervorgehen sollte. Welcher Art die Aus-sage deS Zeugen war. ließ sich auch nicht annähernd feststellen. DieVernehmung dieser Zeugen zog sich bis gegen 8 Uhr hin, dann öff-neten sich plötzlich und ganz unerwartet die Saaltüren, die Ber-Handlung war wegen des Gesundheitszustandes des Fürsten abge-brechen worden._________Hud Inclultrie und ftandel*Juternatlsnal.Wenn Arbeiter sich international verbrüdern, und zwar zumSchutze von Gesundheit und Leben der Lohnsklaven, dann zetert dasUnternehmertum und fein Anhang über Vaterlandslosigkeit usw.Darin liegt eine gewisse Logik; die„Nationalirät" der kapitalistischenKreise entspricht der Dialektik deS Kapitalismus. Diesem ist alle«,waS gemeinhin unter dem Begriff„National" verstanden wird, eineSache der Geschäftspraxis. Er gebärdet sich„national" und betätigtsich international. Weil er sich hierin, daS heißt in der inter-nationalen Ausbeutung der Arbeitskraft, nicht stören lassen will,darum verdammt er den Internationalismus der— Arbeiter. EinenBeitrag zu diesem Kapitel bot die letzt« Generalversammlung vonSiemens u. Halske A.-G. Auf der Tagesordnung stand der Punkt:Erhöhung des Akiienkapital« um nominell 8 500 000 M.Zur Begründung des Antrages wurde vom Vorsitzenden folgendesausgeführt:' Wir haben den Antrag gestellt, unser Aktienkapital umnominell 8 500 000 M. zu erhöhen, in derAbsicht, diese Kapitalserhöhungausschließlich dazu zu verwenden, unseren Besitz an Aktien unserer ans-läudischen Häuser zu verstärken. Die ausländischen Gesellschaften bildeneinen wesentlichen Teil unseres GefamthaufeS, dessen Bedeutungdarauf beruht, daß eS auf dem Gefamtweltmartt eine ausschlug.gebende Stellung einnimmt. ES ist daher nötig, daß die Eni-Wickelung der einzelnen Teile in gleichmäßig erfolgreicher Weise vorsich geht. AuS diesem Grunde empfiehlt eS sich, unserem Gesamt-Hause eine einheitlichere und wirksamere Organisation als bisher zugeben, unbeschadet der nationalen Selbständigkeit in den einzelnenLändern. Die fortschreitende Entwickelung der Industrie be-kündet sich fast überall in der Bildung größerer Verbändeund Zusammenfassungen. In gleicher Weise läßt die fort-schreitende Entwickelung unseres Unternehmens e« angezeigt er-scheinen, auch in unserem eigenen Kreise die vorhandenen Kräfte undHilfsmittel möglichst wirksam zu organisieren. Nachdem wir voreinigen Jahren dahin geführt worden sind, in Deutschland für unserSlarkstromgeschSft eine besondere Organisation in den Siemens-Schuckertwerken zu begründen, ist es nun geboten, unsere Gesamt-organisation hiermit in größeren Einklang zu bringen. Aus diesenGründen empfiehlt sich die Vereinigung eines größeren Aktienbesitzesin unseren Händen und wir glauben, daß der richtige Zeitpunkt fürdie Transaktion jetzt eingetreten ist. Bon unserer Einladung zumUmtausch ihr« Aktien ist seitens der Aktionäre der ausländischenGesellschafte» in genügender Weise Gebrauch! gemacht worden.Die FamMe von Siemens hat sich Bereft erkvirt, an« ihrem BesitzAktien der ausländischen Häuser bis zu dem Umfange abzutreten.daß die in Umtausch von uns auszugebenden neuen Aktien 8500000Marl betragen. Wenn unsere Erwartungen zutreffen, so bedeutetder vereinbarte Umtauschwert von annähernd 1:2 für uns gleichzeitig eine Verstärkung unserer inneren Reserven, welche einerspäteren Zeit zugute kommen werden. Von einer Bekanntgabeweiterer Details der einzelnen Transaktionen bitten wir die HerrenAktionäre im Interesse der GefchäftSpolttik Abstand nehmen zuwollen._Eine Katastrophe.Die Fälle, daß erfolgreiche Industrielle, die älS Ingenieureund Organisatoren nicht unbedeutendes leisteten, schließlichfinanziell zusammenbrschen, sind nicht selten in der Geschichte einesjeden Industrielandes. Der Betätigungsdrang, daS Streben nachweiteren Erfolgen, oft auch die reine Jagd nach Mammon, ver-leiten nach umfassenden Unternehmungen und damit zu fincmziellenEngagements, deren Lösung in der Regel mit einer Krise zu-sammensällt, und zwar uirfreiwillig, katastrophenartig erfolgt.Des« Fälle werden jetzt anscheinend um einen neuen vermehrt. Eshandelt sich um den Schöpfer der bekannten Internationalen Bohr-gesellschaft, Raky. der dem Unternehmen durch seine Erfindungdes Diamantbohrers eine breite Operationsbasis schaffte und zuglänzenden finanziellen Erfolgen verhalf. Das Hauptgeschäft,welches die letztjährige Dividendenzahlung von 500 Proz. ermög-lichte, machte die Gesellschaft mit dem Verkauf umfassender Bohr-gerechtsame an die Rheinisch-w-stsälffche BergwerksgesellschaftG. m. b. H. Wie verlautet, soll die Internationale Bohrgesellschaft durch spekulative Unternehmen(vorwiegend im Auslande).in die sie Raky verwickelt hat, trotz ihrer Millionenreserven, inböse Verlegenheiten gebracht worden jein. Auch der Schaaff-hausener Bankverein soll schwer bluten müssen. Nach Mitteilungender„Rh-Westf. Ztg." hat sich Raky auch persönlich in allerhandUnternehmungen in Rumänien, Rußland usw. gestürzt. Am erstenJuli vergangenen JahreS legte Raky sein Amt als Vorstand derInternationalen Bohrgesellschaft nieder, um sich, wie damals dieGesellschaft mitteilte,„in erster Linie den mit der Gesellschaftzusammenhängenden ausländischen Unternehmungen, insbesondereauf dem Gebiete der Petroleumindustrie, welche eine große Be-deutnng gewonnen hätte, und seine vielfache Abwesenheit vonDeutschland bedingten, zu widmen". Allmählich muß aber die Ge-sellschaft ein Haar in der Betätigung deS Herrn Raky gefundenhaben; denn derselbe Aufsichtsrat. der noch im September 1907Herrn Rakv den Dank der Gesellschaft für seine aufopfernde undso erfolgreiche Tätigkeit ausgesprochen hatte, sorgte bald dafür, daßHerr Raky auch fein Aufsichtsratmandat, das ihm im Juli über-tragen worden war. niederlegte. Seitdem hat man von HerrnRaky nur noch wenig gehört. Das„Berliner Tageblatt teilt mit,daß Herr Raky dem A. Schaaffhausenschen Bankverein sehr hoheSummen schulde. Auf eine vor einiger Zeit an die Bank ge-richtete Anfrage erklärte diese, daß sie gedeckt sei. Wie das Blattweiter mitteilt, harrt in Wegberg(bei Erkelenz) eine schlotzartigeBesitzung des Einzuges ihres Erbauers Raky; sie wird vergeblichharren! Der einstige Millionär ist durch seine Extravaganzen dazu ver»urteilt, in Off egg in Böhmen ein bescheidenes Dasein zu führen.Kapitalistische Sumpfpflanze. Wir werden darauf aufmerk-sinn gemacht, daß die„Viktoria", die End« 1907 rund 3(4 MillionenValkLversicherungen abgeschlossen hatte, vor einigen Jahren auchdie OuittungSgebühr von 10 Pf. pro Jahr eingeführt hat. Wenndie von der„Bittoria" Versicherten sich die Abgabe haben auf-zwingen lassen, dann liegt natürlich für die von der„Friedrich-Wilhelm" Bewohlfahrteten dazu kein Anlaß vor, der Gesellschaftdas Ramschgeschäft ebenfalls machen zu lassen. Gerade die Volks-Versicherung sollte der Gesetzgebung Anlaß geben, dem Privatkapitaldiese auf Kosten der Armen fließende Profitquelle zu verschließen.Die gesamte Versicherung sollt« eine nur gemeinnützige, von Er-werbszwecken losgelöste Funktion sein und das ausführende, letteudeOrgan der Staat obet die Kommune.Eine Handelskammer gegen die Regierungspolitik.Der Jahresbericht der Handelskammer für den RegierungS-bezirk Bromberg für 1907 enthält in seiner Einleitung unteranderem folgende, der Regierung und verschiedenen Protzen wohlnicht gerade angenehm berührende, die Lage und den Gang vonSandel und Gewerbe im Regierungsbezirk Bromberg charakteri-sierende Mitteilungen:.. Angesichts der ungünstigen Lage der Holzindustrie müssenwir auch an dieser Stelle unserem Bedauern darüber Ausdruckgeben, daß die Staatsregierung ungeachtet unseres lebhaften, ein.gehend begründeten Einspruchs gerade diese Industrie, diesich auf gesunder Grundlage aus eigener Kraft und vonkleinen Anfängen zu einer bedeutungsvollen Höhe entwickelthat, neuerdings mit einer Abgabe belastet hat, die sie in ihrerKonkurrenzfähigkeit schwer beeinträchtigen muß. ES stehen derHolzindustrie Blombergs im Gegensah zu ihrer westlichen Kon-kurrenz keine ausgedehnten Wasserläger zur Verfügung. Sie istdaher auf den allgemeinen Schutzhafen bei Brahemünde angewiesen.Die Hafenliegegelder sind am 1. Oktober 1907 für längeresLagern in einer die Interessen der Holzindustrie schwer schädigendden Weise erhöht worden. Gegenüber den Bestrebungen, die In-dustrie im Osten zu fördern, bedeutet diese Maßnahme gerade dasGegenteil.... An dem Ausbau deS Eisenbahnnetzes und derWasserstraßen wird viel zu langsam gearbeitet. Obwohl die so-genannte Kanalvorlage, die eine Verbesserung der Wasserstraßenzwischen Weichsel und Oder vorsieht, vom 1. April 1905 datiert, istbis heute noch kein Spatenstich geschehen. Wenn dies auch zumTeil darauf zurückzuführen ist, daß seitens der Regierung in-zwischen daS Projekt deS sogenannten„UmgehungSkanalS" aus-gearbeitet worden ist, so kann dieser Umstand doch nicht hinreichenddie lange Verzögerung der Entscheidung über den Kanolbau be.gründen. Brombergs Handel und Industrie können sich aber nichtgedeihlich weiterentwickeln, ehe diese Verhältnisse geklärt sind.Namentlich kann die für die Förderung deS Geschäftsverkehrs Brom-bergS so wichtige UmschlagSstekle(Uferbahn) nicht eher gebautwerden, ehe daS Kcmalprojekt erledigt ist.... So werden Be»strebungen auf tarifarische Gleichstellung östlicher Industriezweigemit der konkurrierenden Industrie deS Westen? hinsichtlich deS Be-zugeS ihrer Rohstoffe und dergleichen nicht gefördert, da ein allge-meines Verkehrsbedürfnis nicht vorliege.... Sehr wenig entgegenkommend zeigte sich auch die Re-gierung gegenüber den Bestrebungen, für die Zukunft von Handelund Gewerbe durch eine bessere Ausbildung der heranwachsendenJugend Sorge zu tragen. Schon seit Jahren haben wir immerwieder die Notwendigkeit einer Handelsschule in Bromberg her-yorgehoben. Die der Förderung des Gewerbes dienende Kunst-und Gewerbeschule, für welch« die Stadt Bromberg erheblicheOpfer dringen wollte, konnte bisher nicht zustande kommen, weilder Staat es bisher abgelehnt hat, die hierfür erforderlichen Opferzu bringen...."Klagen darüber, daß die Behörden, die immer viel Aufhebensvon der„Ostmark" machen, diese in verschiedenen Beziehungenvernachlässigt, führen auch die ostdeutschen Industriellen in ihremletzten Jahresbericht. Daß die jüngst geschaffenen Gesetze gegendie Polen noch weiteres Unheil anrichten werden, befürchten auch.wie aus de« Einzelbericht«« hervorgeht, verschiedene Unternehmer,die der Handelskammer angeschlossen find.Versammlungen.Eine Bersammlung der Arbeiter der Stadt Berlin.Im großen Saale deS GewerkfchaftShauscZ fand am Montag-abend eine außerordentlich stark besuchte Versammlung der städh-schen Arbeiter statt. Ein Bete ran der internationalen Arbeiter-bewegung. Genosse Greulich aus Zürich, war von dem Verband