an Vergiftungserscheinungen erkranN. Man glaubt, daßes sich hier um den Versuch einer Massenvergisiung handelt,da seit einigen Tagen eingeborene Unteroffiziere, die mit Räuber«banden in Verbindung stehen, von einem bevorstehenden Handstreichsprechen, zu Waffendiebstählen anstiften und eine Erhebung gegendie Franzosen predigen. Zur Verhinderung der beabsichtigten Er-Hebung sind sofort alle notwendigen Maßnahmen getroffenworden, die Anstifter und Teilnehmer sind verhastet.Parteitagder bayerischen Sozialdemokratie.(Schluß.)Im weiteren Verlauf der Montagssitzung referierte GenosseSchmid-Mnnchen über die kommenden Gemeinde-wählen; eine Diskussion schloß sich nicht an. Es folgte dannBeratung der zum Punkt Presse gestellten Anträge. Ein Antrag,ein Wochenblatt für die ländliche Bevölkerung Süd-baherns zu gründen, wurde dem Landesvorstand überwiesen, einAnirag, die„Gleichheit" den Genossinnen gratis zu liefern.zurückgezogen.(Er soll auf dem deutschen Parteitage behandeltwerden.)Beim Punkt Agitation wird ein Antrag Olching, daß jederVerein jährlich wenigstens einmal von einem Landtags- oderReichstagsabgeordneten zum Zwecke der Berichterstattung besuchtwerden solle, vom Parteitag zur Kenntnis genommen.Zum Schluß beschloß der Parteitag mehrere Aenderungen desOrganisationsstotuts. Das wichtigste davon ist: Von den Mt-gliedern des Landesvorstandes sollen künftig sechs am VororteMünchen wohnen, die übrigen drei sollen Mitglieder der einzelnenGauvorstände sein. Der Mindestbeitrag für weibliche Mitgliedersoll 20 Pf. betragen, die Ortszuschläge sollen für Frauen ermäßigtwerden.Zu Vorsitzenden deS Landesvorstandes wurden die Ge-»offen v. Böllmar und Adolf Müller, beide in München, alsSekretär Genoffe E. Auer- München einstimmig wiedergewählt.Mit einem Hoch auf die Sozialdemokratie wurde der Parteitag ge-schloffen.*'•*Bon den am Montag nach dem Bericht der Landtagsfraktionangenommeneu Resolutionen sind noch die folgenden an-zuführen:Zur Wohnungsfrage.Die heutigen Besitz- und Eigentumsverhältnisse, die Bevölkerungs-zunähme der Städte und der Ziidustrieorte, die hauptsächlich ausAngehörigen der Arbeiterkreise besteht, ferner die Tatsache, daß diePrivalbautätigkeit sich in der Hauptsache auf den Bau von nurgroßen Wohnungen erstreckt, haben zu Verhältnissen geführt, in denenden bescheidensten Wohnungsbedürfnissen des werktätigen Volkes nichtmehr Rechnung getragen ist.Der Wohnungsmangel ist für daS gesamte schaffende Volk zurWohnungsnot geworden.Es fehlt nicht nur an genügenden kleinen Wohnungen, sondernauch ein erheblicher Teil der vorhandenen ist schlecht und unzureichend.Im Sinne des Wohnungsprogramms der Sozialdemokratie fordertder Parteitag vom Reich, vom Lande und von der Gemeinde mit allerEntschiedenheit, in der Frage endlich die entsprechenden Schritte zutun, wie es Gesundheit und Sittlichleit unseres Volkes erheischen.Durch Erbauung von kleinen Wohnungen, die den wirtschaftlichenVerhältnissen der Arbeiter entsprechen, kann die Wohnungsnot ein-geschränkt und können schlechte Wohnungen verbessert werden. DieErkenntnis, daß eine endgültige Lösung der Wohnungsfrage. einedauernde Beseitigung der Wohnungsmißstände nur durch eme voll-ständige Umwälzung unserer Besitz- und EigentumsverhälMiffeherbeigeführt werden kann, darf die Parteigenossen jedoch nicht ab-halten, initzuhelfen, daß die jetzige Wohnungskalamität, soweit eSheute möglich ist, gemildert werde.Der Parteitag ersucht daher die Vertreter in den Parlamenten,in diesem Sinne zu wirken.Den sozialdemokratischen Vertretem in den Gemeinden machtder Parteitag eS zur Pflicht, dahin zu streben, daß die Gemeindenjetzt, zu der Zeit der großen Wohnungsnot, von den Versicherungs-anstalten, der Invalidenversicherung und der Landeskulturrenten-anstalt Kapitalien entlehnen und auf dem zur Verfügung stehendenGemeindegrund kleine Wohnungen erbauen.Zur Steuerfrage.Der Parteitag der bayerischen Sozialdemokratie verlangt 1. inHinficht auf die geplante Steuerreform in Bayern:t. V o l l st ä n d i g e Beseitigung der durchaus veraltetenErtrags steuern, insbesondere der ungerechten HauS- undGrundsteuer.2. Die Einführung der allgemeinen stufenweise steigenden Ein-kommensleuer, sofort verbunden mit einer ergänzenden gleichfallssteigenden Vermögenssteuer.3. Hinaufsetzung des Existenzminimums auf mindestens12<X> SD?., Schonung des Mittelslandes, starke steuerliche Heran-ziehung der hohen Einkommen und der großen Vermögen.4. Schaffung eines gerechten und crtragSreichen Kommunal-abzabengesetzes, verbunden mit einer hohen Steuer aus Bauplätzeund die Gewinne bei Grundstückoerkäufen.(Grundwertabgabeund Besteuerung des unverdieirten Wertzuwachses.)2. In bezug auf die Reichsfinanzreform:1. Die Einführung direkter Reichssteuern. an der Spitze dieAusdehnung der Reichserbschaftssteuer auf die Deszendenz undEhegatten unter weilgehender Freilassung der kleineren beweglichenund unbeweglichen Vermögen und starker Heranziehung der großenErbschaften.2. Die Verwerfung weiterer indirekter Steuern und Verbrauchs-abgaben, wie auf Branntwein, Tabak, Zündhölzer, Inserate, Re-klamen, Quittungen, Gas und Elektrizität.Insbesondere erblickt er in deni Plane Preußens, eine Abgabeauf Elektrizität, wenn nicht gar ein Reichöelektrizitätsmonopol durch-zusetzen, einen brutalen und egoistischen Versuch, die wirtschaftlicheZukunft Bayern« zu hemmen und zu unterdrucken.Der Parteitag der bayrischen Sozialdemokratie verlangt vonder bayrischen Staatsregierung, daß sie im Bundesrat die Volks«feindlichen Sreuerpläne Preußens, insbesondere auch die Heran-ziehung der Elektrizität zu Reichssteuerzwecken, aus das schärfstezurückweist._Eue der Partei.Zwei stille Jubiläen.TaS„Hamburger Echo" schreibt unter dieser.Stichmarke:„Am Montag waren 2 5 Jahre verfloffen, seit GenoffeAugust Bebel erstmals in H a m b u r g I in den Reichstag ge»wählt worden ist— in der Nachwahl im Juni 1883. Der Stichwahl.tag, der 29. Juni, entschied seinen, der Sozialdemokratie Sieg.Die Arbeiter im Hammerbrook waren es, die den Ausschlag gaben,wie ihnen ja auch die Ehre gebührt, den ersten Sozialdemokraten»n die Hamburger Bürgerschaft gesandt hu haben.Unser hochverdienter Veteran Bebel ist seit einiger Zeit leidendund hat sich einer Kur zu unterziehen, die besten Erfolg verspricht,so daß wir hoffentlich bald den weißhaarigen Feuerkopf in vollerFrische wieder in unserer Mitte begrüßen können. Einstweilen aberhat er sich nach den Vorschriften seiner Aerzte zu richten, und sowar es den Genossen im ersten Hamburger Wahlkreis versagt, dasGedenken des historischen Tages mit dem Hauptbeteiligten gemein-�S?us�d?cftm Grunde wurde mit gutem Geschmack von einerfestlichen Veranstaltung ahgcsehen und beschloffen, der, Tag durcheine Mitgliederversammlung zu begehen, mit einer Tagesordnung,die gewiß dem Jubilar als die passende erscheint."In der Versammlung schilderte Genosse Schaumburg dieVorgänge bei der ReichStagscrsatzwahl von 1883. Sodann gab Ge-nosse Stengele ein Bild des Werdens des heutigen roten Ham-burgL in seinem Vortrage: Fünfundzwanzig Jahrepolitischer Arbeiterbewegung in Hamburg.»Am verflossenen Sonntag beging zu Nürnberg GenoffeHans Wörlein seinen 70. Geburtstag. Er war der Mitinhaberder früheren Nürnberger Parteidruckerei und VerlagsbuchhandlungWörlein u. Co., die den älteren Parteigenossen durch ihre Ver-lagswerke gut bekannt ist. Genoffe Wörlein hat mit an der Wiegeder bayerischen Sozialdemokratie gestanden.Sein SOjähriges Jubiläum mit Fahnenweihe feiert am12. Juli der Allgemeine Arbeiterverein Fcauenfeld(Schweiz).Es ist von ganz besonderem Interesse, daß in der kleinen Haupt-stadt des Kantons Thurgau, die heute 17 000 Einwohner zähltund die bis vor wenigen Jahrzehnten agrarisch-kleingewerblich war,schon bor einem halben Jahrhundert ein Arbeiterverein gegründetwurde und sich während eines so langen Zeitraumes behauptenkonnte. Der Verein zählt heute zirka 40?Nitglieder und verfügtüber eine Bibliothek von 255 Bänden, während deren im Jahre1907 304 ausgeliehen wurden. Es pulsiert also auch frischesgeistiges Leben in dem Verein, der lange Zeit die einzige Arbeiter-Organisation war und dem wir auch fernerhin Blühen und Ge-deihen und erfolgreiche Wirksamkeit für die Förderung unsererBestrebungen wünschen!Eine internationale sozialistische Zusammenkunft findet aufVeranlassung der Landesorganisation der deutschen undösterreichischen Sozialisten in der Schweiz am 2. Augustin Schaffhausen statt. Als Redner find gewonnen die Ge-«offen Reichstagsabgeordneter Ledebour in Berlin, Reichstags-abgeordneter Perner st orfer in Wien. ArbeitersekretärGrimm in Basel und Arbeitersekretär Dr. V a l ä r in Zürich.Die Zusammenkunft soll ein Protest gegen die von den Herr-schenken Klassen betriebene Verhetzung der Völker gegeneinandersein und wird daher voraussichtlich eine starke Beteiligung derGenossen in den drei Grenzländern stattfinden.Im neuen Heim.Am 1. Juli hat die„M ü n ch e n e r Po st" die erste Nummerherausgegeben, die in dem neuen Betriebsgebäude Altheimer-eckig hergestellt worden ist. Abbildungen zeigen den stattlichenNeubau und die neue Vierrollen-Rotationsmaschine. Ein Artikel:„Vom Thiergahl zum Altheimereck" schildert die Entwickelung der„Münchencr Post"._Die internationale fugenditonferenz.Genosse Otto Krille, der mit dem zurzeit in Festungshastweilenden Genoffen Liebknecht zusammen die i n t e r n a ti o-nale Konferenz der sozialistischen Jugendorgan i-s a t i o n e n in Stuttgart arrangiert hat, ersucht uns um AufnahmefolgenderErklärung.Auf dem Hamburger Gewerkschaftskongreß hat Genoffe RobertSchmidt, ohne Widerspruch zu finden, über die im vorigen Jahrestattgefundene internationale Konferenz der sozialistischen Jugendorganisationen laut Bericht des.Vorwärts" folgende Worte gebraucht:„Auch die polisische Partei will sich, so viel ich vom Vorstände gehört habe, in ihren politischen Entscheidungen nicht vonden Jugendlichen hineinreden lassen. Sie haben fa an der mter-nationalen Jugend konferenz in Stuttgart gesehen, wie nicht geradein erhebender Weise, aber mit außerordentlichemTamtam über die wichtigsten politischen Fragen von denJugendlichen abgestimmt wurde.(Heiterkeit.) Wie schön kam dadas.Weltbewußtsein" zum Ausdruck und der Stolz,„Träger einergroßen Idee" zu seilt."Als einer der tätigen Genossen bei der Veranstaltung derKonferenz mutz ich diese von jeglicher Sachkenntnis unberührten Sätzeaiifs entschiedenste zurückweisen. Die Konferenz hat vollständigunter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattgefunden. Außereiner Begrüßungsfeier mit Musik«, Gesangs- und deklamatorischen Vorträgen und einer Rede von Miß Brnce-Glasier über die„große Idee" derenglischen Sonntagöschulen ist die Konferenz überhaupt nicht an dieOeffentlichkeit getreten. Wie man da von einem großen Tamtamsprechen kann und noch dazu auf einer Seite, die nicht einmal dieTür deS KonferenzzimnierS gesehen hat, ist wohl das Geheimnisdes Genossen Schmidt, der mit einem spiritistischen Instinktfür„radikale Purzelbäume" ausgestattet zu sein scheint.Welches waren nun die.wichtigsten politischen Fragen", die damalsverhandelt wurden? Es war die Stellung der Jugendorganisationenzur internationalen Organisation, zur Bildungsfrage, zu Lehrlings-schütz, Staatslehrwerlstätten, Gewerbeschulreform, zur Alkoholfrageund zum Militarismus. In dieser letzteren Frage entschlug sich dreKonserenz aber jedes eigenen Beschlusses, sondern forderte dieOrganisationen auf, im Sinne der Resolution des internationalenSozialistenkongreffes den Militarismus zu bekämpfen, zu welchemKampf die Partei ja auch verpflichtet ist. Wo haben also dieJugendliche» versucht, in die politischen Entscheidungen derPartei hineinzureden, wo haben sie mit„außerordentlichemTamtam" über die wichtigsten politischen Fragen abgestimmt?Man sieht, Schmidt hat sich selbst einen Popanz zurechtgemacht, um desto vergnügter und selbstzufriedener ausihn losschlagen zu können. Wer waren aber schließlichdie Leute, die die Konserenz hauptsächlich leiteten undüber die Schmidt tnit solcher Arroganz urteilt. ES waren dieGenossinnen Roland-Holst und Balabanoff, der öfter-reichische ReichSratsabgeordnete W i n a r S k y, der Schweizer LehrerBaader, der englische Genoffe Simpson- Oxford, die im Alternicht hinter Schmidt zurückstehen, ihn sogar vielfach noch übertreffen.ferner die Genossen Liebknecht. Möller, Thweden und einige jüngere.Der geistige Inhalt der auf der Konferenz gehaltenen Reden brauchtesich nicht zu verstecken, auch nicht vor dein Referat des GenoffenSchmidt über die Jugendorganisationsfrage. Den Bericht über dieRede der Genossin Roland-Holst, der das Referat nur sehr ab-geschwächt widergibt, hätte Genoffe Schmidt nicht ohnepädagogischen Nutzen lesen können, besonders auch im Hin-blick auf die erzieherische Wirkung der Tätigkeit in selbst-ständigen Jugendorganisationen auch unter dem Reichsvereinögesetz,Die Konferenz der Jugendorganisationen ist würdiger verlaufen alsgewisse andere Konferenzen in jener bewegten Stuttgarter Zeit. Wenigererhebend ist allerdings die nachträgliche Herabwürdigung durch denGenossen Schmidt, nachdeffi die Einzelheiten der Konferenz vonUnbeteiligten längst vergessen find. Da solche im Klatsch entstandenenapodiktischen Urteile sehr leicht zum eisernen Bestände der Argu-mente gegen die Jugendorganisationen gelegt werden, ist eS not-wendig, sie bei ihrem ersten Auftauchen niederzustrecken.Otto Krille, Stuttgart.Hud Industrie und ftandel.Internationaler Arbeitsmarkt.Die Verschlechterung, des Arbeitsmarktes während der letztenMonate tritt in den verschiedenen Ländern so übereinstimmend zu-tage, daß man hieran den internationalen Charakterder gewerblichen Depression ganz deutlich erkennenkann. Die Frühjahrsbelebung ist fast überall ausgeblieben,die Arbeitsgelegenheit ging gerade in den Monaten zurück, i» denensonst der Geschäftsgang nächst den Herbstmonaten am lebhaftestenist. Der Monat SDCai hat fast durchweg eine Steigerung derA r bc i t s I o s i g k e i t gebracht, die nur dem Grade nach in deneinzelnen Ländern verschieden ist. Am stärksten hat die Bcschüfti-gungsgelegenheit in Großbritannien abgenommen. Noch nieKar seit 1LSS die Arbeitslosigkeit im Monat Mai so hoch wie imlaufenden Jahre, noch nie seit 1897 war in einem anderen Mo>des Jahres die Arbcitslosenziffer überhaupt so hoch wie im M1908. Die höchste Arbeitslosenziffer brachte während der letztelf Jahre der Monat Dezember 1904 mit 7,6 Proz. Im Mai d.,haben wir aber schon einen Stand von 7,9 Proz. erreicht gcge7,5 Proz. Ende April und 3,4 Proz. Ende Mai 1907. Dieses ungünstige Bild wird hauptsächlich durch die trostlose Lage in einigenwenigen Gewerben herbeigeführt. Da ist vor allem der Schiff»b a u zu nennen, in welchem die Arbeitslosigkeit auf 26.1 Proz. ge-stiegen ist gegen 6,7 Proz. im Vorjahre. Im Maschinen-g e w e r b c wurde im Mai 0,5 Proz. Arbeitslose gezählt gegen2,9 Proz. im Jahre 1907. Sodann war die Lage im Tcxtil-g e w c r b e sehr unbefriedigend. Im Baumwollgewerbe wurdenumfangreiche Lohnherabsetzungen vorgenommen, die einen Rück-gang des Lohnes um 8 Proz. gegenüber dem Vorjahre be-deuteten. In der Kammgarnspinnerei erreichten die Reduktionensogar fast 10 Proz. Noch schlimmer sah es in der Leinenindustrieaus. wo die Löhne teilweise bis zu 18 Proz. herabgesetzt wurden.Im Bergbau erstreckten sich die Lohnreduktionen auf mehr als120 000 Bergleute. Die Ungunst am Arbeitsmarkt zeigt sich auchan dem Ausgang der Streikbewegung im Mai: nur905 Streikende erreichten einen Erfolg, während 16 046 die Arbeitohne Erfolg wieder aufnehmen mußten.Etwas geringer als in Großbritannien war Sie Depressionam Arbeitsmarkte in Frankreich. Die Lage ist nicht soaußergewöhnlich schlecht wie in Großbritannien, vielmehr habenfrühere Jahre schon eine weit höhere Arbeitslosigkeit gebracht, alssie bisher im laufenden Jahre zu beobachten ist. Im Mai 1003 bc-trug nämlich die Prozentziffer der Arbeitslosen 11,9 Proz. gegen0.6 Proz. im April und 5,9 Proz. im Mai 1907. Sie ist also indiesem Jahre von?lpril auf Mai um 2,3 Proz. gestiegen,während sie in der Parallelzeit des Vorjahres um 1,2 Proz. zurück»gegangen war. Eine Arbeitslosigkeit von 11,9 Proz. im Mai istaber recht bedenklich, wenn auch bei der ganzen Art der Arbeits-losenzählung in Frankreich die absolute Höhe der Arbeitslosenziffermit Vorsicht zu deuten ist. Daß aber die Arbeitsgelegenheit imMai sehr ungenügend war, bestätigen die Berichte derArbeiters yndikatc, von denen 678 Syndikate mit 97 770Mitgliedern die Arbeitsgelegenheit als unbefriedigend bezeichneten.Gerade die großen Syndikate waren mit der Lage des Arbeits-Marktes nicht zufrieden. Eine merkliche Verschlechterung gegen-über den Vorjahren war für die W e i n b e r g s a r b e i t e r zukonstatieren, während in der übrigen Land- und Forstwirtschaft dieArbeit etwas reichlicher war als im Vorjahr. Die Bau tätig-k e i t wies ein ungleichmäßiges Gepräge auf; an einen Maurer-streik in Paris schloß sich eine Fortdauer der Beschäftigungslosigkeit.während in der Provinz ziemlich rege gebaut wurde. Im T e x t i l»g e w e r b c war die Lage des Arbeitsmarktes fast durchweg un-günstig; nur in den Vogcscn und Ardcnnen hielt sich die Arbeits-gelegcnheit noch auf der bisherigen Höhe. Im Scidengewerbe gabes keinen Distrikt, der von der allgemeinen Depression eine Aus-nähme machte. Etwas besser war die Lage im Bekleidung L-gewerbc, paS sich in der Hauptgeschäftszeit befand.Eine ungünstige Entwickelung zeigte auch der Arveitsmarktin Belgien während des Monats Mai. Die Arbeitslosigkeitwar nicht allein bedeutend größer als im Mai 1907, sondern auchdie Verschlechterung von April auf Mai war in diesem Jahre sehrviel stärker alS 1907. ES waren im Berichtsmonat 3,9 Proz.arbeitslos gegen 3,1 Proz. im April und 1,4 Proz. im Mai 1907.Die Arbeitslosigkeit würde noch höher erscheinen, wenn nicht dieDiamantarbeiter in Antwerpen, die unter einemganz außergewöhnlichen Arbeltsmangel leiden, bei der Durch-schnittSberechnung außer Betracht blieben. Wie in Großbritannienund Deutschland war es auch in Belgien die Depression im Eisen-gewerbc, die die Steigerung der Arbeitslosenziffer verursachte.Ein unbefriedigendes Zeichen war es vor allem, daß auch«<mBergbau die Arbeit nachließ. Da die Produktion erheblich überden Absatz hinausging, mußten Feierschichten in großer An-zahl eingelegt werden. Aeußerst ungünstig war die Lage in derGlasindustrie. Trotz Lohnreduktionen und Betriebsein-schränkungen wurden noch weitere Entlassungen vorgenommen.In den Vereinigten Staaten von Amerika wardie tatsächliche Lage des Arbeitsmarktes noch durchaus un-befriedigend. Der Warenverkehr lag noch sehr danieder, wie diegeringen Eisenbahneinnahmen zeigten. In der Eisenindustrie wgrvon einer Besserung noch keine Spur wahrzunehmen.Schmarotzerpflanze.Unsere Nottzen über die Versicherungsgesellschaft„FriedrichWilhelm" haben Erfolg gehabt. Wie uns mitgeteilt wird, hat dieGesellschaft die OuittungSgebühr zurückgezogen.Dagegen scheint die Gesellschaft sich auf andere Art entschädigenzu wollen. Die 52. Woche dieses Jahres schließt für die Gesellschaftam Mittwoch, den 30. Dezember. Ein Tag— eine Woche, denkt dieDirektion und beglückt die Versicherten mit einer Halbjahrsmarken-karte, die 27 Markenfelder aufweist. Der eine Tag reicht für eineWoche und kostet den Versicherten einen Wochenbeitrag. Schätzen wirdiesen auf durchschnittlich nur 50 Pf., dann ergibt sich für die Ge-sellschaft für dieses Jahr eine Mchreinnahme von zirka l 250 000 M.aus dieser Eintagswoche I_Der Bichs« ftrieb in ersten Halbjahr 1908 auf dem hiesigenstädtischen Viehhofe gestaltete sidh wie folgt: 142 809 Ri»der(1907:137 875), 110 267 Kalber(111 954), 291 648 Schafe(290 678) und692142 Schweine(710 607). Es ist also bei den Rindern ein Mehrvon 4934 und bei den Schafen von 970 Stück, dagegen ist ein Wenigerbei den Kälbern von 1637 und bei den Schweinen von 18 465 Stuckvorhanden._Sozialed«Zur Reform der Arbetterverstcherung und die Aerztefrage.Auf der Jahresversammlung der„Freien Vereinigung sächsi.scher Ortskrankenkassen", die am Montag in Freiberg stattfand.gab Genosse Fräßdorf, der bekanntlich an der vom Ministerv. Bethmann-Hollwcg einberufenen Konferenz teilgenommen hatte,auf Antrag Mitteilung über die dort gepflogenen Verhandlungen.soweit er sich dazu berechtigt hielt. Es war vom Minister ersuchtworden, die Teilnehmer sollten vermeiden in der Oeffentlichkeitund der Presse über die Stellung der einzelnen an der Konferenzbeteiligten Personen etwas mitzuteilen. Diesen Wunsch wollte crauch befolgen. Nachdem aber in der Presse und besonders auf demAerztctage viele Einzelheiten bekanntgeworden seien, halte auch crsich für berechtigt, darüber zu reden. Die Arztfrage, so führte eraus. sei eine der wichtigsten Fragen, da 80 Proz. der Ausgaben derKrankenkossen von der Tätigkeit der Aerzte abhingen. Die Aerztehätte» sich im letzten Jahrzehnt wirtschaftlich zusammengeschloffei,.um ihren Stand wirtschaftlich und ethisch zu heben. Dagegen könneniemand etwas haben. Der wirtschaftliche, sogenannte Leipziger-Verband sei aber in rigorosester Weise aufgetreten, so daß vielfachselbst die Behörden sich ablehnend verhalten müßten, weil ihreForderungen weit über den Rahmen des Zulässigen hinausginge.Die freie Arztwahl sei das A und O ihrer Forderungen. DieKassen sollten gezwungen werden, alle Aerzte, die sich bereit er.klären, zur Kassenpraxis zuzulassen. Aber das Arztshstem zu de-stimmen, müsse Sache der einzelnen Kassen bleiben, dürfte nichtvon den Aerzten dekretiert werden. Das habe zu schloeren Kon-flikten geführt. Aerztestreiks bedeuten aber eine Ilngehöriakeit.Es sei etwas ganz anderes, wenn Arbeiter ihre Tätigkeit ein-stellen, um ihre Lohn- und Arbeitsverhältnisse zu verbessern, alswenn die Aerzte streiken. Im ersteren Falle könne für einzelneoder mehrere Personen nur ein Schaden am Besitz entstehen, andersbei einem Acrztestrcik, bei dem die öffentliche Wohlfahrt und Ge.sundheii in schwerster Weise geschädigt werden könne. Das Ziel derAerzte vorn Leipziger Verband gehe nun dahin, die freie Arztwahl