Einzelbild herunterladen
 

Dr. 152. 25. Jahrgang. 1. Kkilm Ks Joritättü" Crrlintt MlKsbNt. Donnerstag. 2. Juli IM. Sie UerdroifeneD. Genosie Bernstein sendet uns folgende Antwort. Wer sich getroffen fühlt, darf schreien. Der denunziatorische Wutergust desVorwärts" über meine Wahlbetrnchtung in den Sozialistischen Monatsheften" ist niir ein Zeichen, daß dieser Artikel denVorwärts" an einer wunden Stelle berührt hat. Ich würde angesichts dieses Umstandes die Anwürfe der Redaktion desVorwärts" ignorieren können, wenn nicht die Leser desVor- wärts" ein Recht' darauf hätten, den ivahren Tatbestand kennen zu lernen, den die Redaktion ihnen vorentbält. Ich stelle daher fest, daß mein ArtikelEpilog zu den preußischen Landtagswahlen" hinsichtlich des von der Sozialdemokratie erzielten Wähle raufgebotes sagt, daß die Paitei Grund hat, auf es stolz zusein, daß er die Wahl von sechs Sozialdemokraten ich freue mich, nun berichligend hinzufügen zu können, von sieben Sozialdemokraten in den Landtag als einenwahrhaft großartigen Triumph" bezeichnet und weiterhin ausführt, daß, lvenn künftig einer dieser kleinen Schar von Sozialdemokraten im neuen Abgeordnetenhause sprechen wird,die Gegner, wie immer sie toben mögen, ihm das eine nicht absprechen können, daß hinter hm die nach M i l l i o n e n z ä b l e n d e A r b e i t e r d em o- kratie des Landes steht". Soweit die.Verdrossenheit", die derVorwärts" mir andichtet, um die Tendenz meines Artikels desto bequemer verdächtigen zu können. Die Genossen Charlottcnburgs, die mich am Wahlabend zu einer Ansprache über das Wahlergebnis einluden, und die Ge- nassen, die seitdem mit mir verkehrt haben, werden ziemlich erstaunt sein, vomVorwärts" zu vernehmen, daß mich der Wahlkampf und das Resultatverdrossen" haben sollen. Aber ich bin freilich unbescheiden genug, das erzielte Resultat für keine genügende Entschädigung der hingebenden Arbeit der Zehn- tausende und Aberzehntausende von Genossen zu halten, die in diesem Wahlkampfe so selbstlos sich betätigt haben. Noch sind die beiden Mehrheilen ungebrochen, die e? zu stürzen gilt, noch hat die konservativ-plutokratische Koalition 276, die konservativ-klerikale Koalition 2S7 von 443 Stimmen im Landtage zur Wer fügung. Noch können diese Koalitionen dem wirtschaftlichen und kulturellen Befreiungskampf der Arbeiterklasse Hemmnisse aller Art in den Weg stellen, und noch steht es mit der Wahlrechts reform so. daß, wenn dieser Landtag sie in die Hand nimmt, unsere Abgeordneten, wie ich in meinem Artikel ausgeführt habe, möglicherweise ihren ganzen Witz werden aufzubieten haben, das Zustandekommen besten, was er zusammenbrauen wird, zu hinter- »reiben, daß irgendein Fortschritt in der Richtung der Demo- kratie von ihm nichtzuerwartenist. DaS mag für gleichgültig halten, wer will, mir ist es nicht aleichgültig. Und da ich mich uberzeugt habe, daß zu einem ernst- hasten außerparlamentarischen Wahlrechtskampf sowohl die Stimmung m der Partei, wie die ihm günstige Konstellation der Kräfte fehlen, bleibt eS meine Ueberzeugung, daß dahin gestrebt werden muß, eine Koalition aller Elemente zu ermöglichen, die materiell oder ideolo- gisch am Sturz jener Koalition interessiert sind. Daß die jetzige Führung der Freisinnigen solcher Koalition feindlich ist, weiß jedes Kind. ES sehst mir der Ausdruck für die (lebührende Eharakteristik des Versuchs, den der ungenannte Ein- ender in der heutigen Nummer desVorwärts" unternimmt, meinen Artikel im Heft 11 derSozialistischen Monatshefte" in Widerspruch mit meinem jetzigen Artikel zu setzen. Er kann eS nur dadurch, daß er die raffinierteste Form der Lüge die Stellen unter« drückt, die für den Inhalt der Artikel wesentlich sind. Der Einsender hat allen Grund, sich nicht zu nennen. DieLeipziger LolkSzcitung" hat jenen ersten Artikel mit genau denselben Redens- arten bekämpft. die nun gegen den Epilog- Artikel ausgespielt werde«. Beide gehören nach Inhalt und Tendenz zusammen, sie eb au? einer Erkenntnis und in ein und demselben Geist ge« rieben. Und in diesem Geist werde ich weiter arbeiten, mögen die Redostion desvorwärts" und ihre Freunde Verdächtigung und Verleumdung noch so oft gegen mich spielen lassen. Es ist nicht das erste Mal. daß ich fiir daS Aussprechen deffen, was ist. verdächtigt wurd«. und eS gäbe eine recht nette Liste, wollte ich alle Vorschläge znsanonenftellen, für deren Verfechtung ich mir aller« kleines feuUlcton. «ue klerikale Demoastratien für GewIffenSfreiheit. Bekanntlich hat die pfäfffsche Ketzerriecherei nach der Reformatton auch bei den Anhängern deS neuen Glaubens Eingang gefunden, und zu den Scheiterhaufen, die zu Ehren des römischen Glaubens rauchten, gesellten sich auch reformierte AutodafsS, wenngleich der Wettbewerb mit den routinierten Dominikanern natürlich nicht gelingen mochte. Die französischen Klerikalen, die sich auf die um ihrer Religion willen Verfolgten hinausspielen, seitdem die Republik ihren Geistlichen keinen Gehalt mehr zahlt, sind nun auf den Gedanken gekommen, die jüngere Konkurrenzfirma beim Publikum dadurch anzuschwärzen, daß sie die Verfolgungswut der Calviner durch ein Denkmal in den Straßen von Parts illustrieren. Der Gedanke, der von dem alten R o ch e f o r t ausgegangen ist, hat vor allem den Borzug der Billigkeit. Ein kleines Monument mit paffender Inschrift ist jedenfalls wohlfeiler, als ein Inserat auf der vierten Seite desMatin" und braucht nur ein- mal eingerückt zu werden. Der erwählte Märtyrer des katholischen Glauben? konnte kaum ein anderer sein als Mrchel Servet, ein Gelehrter, der auf Befehl Calvins verbrannt worden ist. Der Gemeinderat gab nach einigem Schwanken seine Zustimmung und sogar eine Subvention.und am nächsten Sonntag wird in Monttouge die Enthüllung mit klerikalem Tamtam statt« finden. Paris hat jetzt nach den von den Freidenkern errichteten Monumenten E trenne Dolets und des Chevaliers la Barre das dritte Denkmal eines auf den Scheiterhaufen gebrachten Opfers des religiösen Fanatismus. Wenn die verschiedenen Glaubens« und llnglaubensrichtungen in den gegenseitigen Anklagen derart fort« fahren, wird die AufNärung sicher davon profilieren, weniger aber der Straßenverkehr und wohl auch die Aesthetik der Straße. UebrigenS erinnert die Aufwärmuna deS im Jahre 1SS3 angesteckten Scheiterhaufen« stark an die Anekdote von dem Manne, der eines TageS einen jüdischen Bekannten in tiefer Betrübnis antraf und, als er auf seine erstaunte Frage die Antwort bekam: An diesem Tage ist Jerusalem zerstört worden, verwundert sagte: Und da Weinen Sie heute noch? Der Lauch von London . Ein Gemeinwesen von fast sieben Millionen Personen, die auf einem verhältnismäßig kleinen Flächenraum zusammengepfercht sind und alles, was Lebensmittel heißt, von außerhalb einführen müssen das ist London I Wenn London belagert werden könnte, wie 1871 Paris belagert wurde, würden die Londoner fast augenblicklich von einer entsetzlichen Hungersnot bedroht werden. Alles, was London ißt, mutz aus der Provinz, aus dem Auslande, von den Antipoden sogar herbeigeholt werden. Millionen von Leuten in der ganzen Welt bauen das Korn und züchten das Vieh, das London zu seinem täglichen Lebens- unterhalte braucht. Das Korn kommt zum größten Teile von den reichen Ebenen Kanadas , die Milch von den fetten Triften der Grafschaft Somerset , der Hafer für die britische Nationalsuppe (porridge") aus den Bereinigten Staaten. Der Speck(bacon ") ist holländischen Ursprungs, die Eier liefert Dänemark , die Butter Hand Geschmacklosigkeiten sagen lasten mußte und die dann doch von der Partei für richtig erkannt und befolgt worden sind. Man wird das gewohnt, und man erträgt es auch, wenn diejenigen, die sie erst bekämpften, nun der Erfolg da ist, sich als die Träger des Patents ausspielen. DaS Leben bietet viel Komik. Aber zu erleben, daß derVorwärts" den schönen Erfolg, den uns die Beteiligung an der Landtagswahl gebracht hat, mir gegenüber als einen Sieg wider den Revisionismus hinzustellen sich bemüht, das überwältigt. Schöneberg -Berlin , den 26. Juni 1968. Ed. Bernstein. Wir geben die Ausführungen Bernsteins als menschliches Dokument wieder, obwohl wir zum Abdruck in keiner Weise ver- pflichtet sind. Daß wir Bernstein falsch oder unzulänglich zitiert hätten, behauptet er ja selbst nicht; daß wir aber seinen ganzen Konfusionserguß hätten abdrucken sollen, kann uns eben nur ein Eduard Bernstein zumuten. Daß Bernstein die Berliner Genossen lobte(um umso ungenierter und fmit scheinbar größerem Rechte denVorwärts" und die Parteileitung herunterreißen zu können!), hatten wir ja ausdrücklich erwähnt. Die Redaktion desVorwärts" fühlt denn auch keinerlei Be- dürfnis, aus Bernsteins Ausflüchte irgend etwas zu entgegnen. Sie gibt hiermit nur dem angegriffenen Einsender der Partei- nachrichten-Notiz in Nr. 147In ständiger Mauserung" das Wort zur Erwiderung: Selbstverständlich lasse ich mich mit Bernstein in keinen Schimpf-Weltkampf ein. Nur die einfache Tatsache möchte ich fest stellen, daß er wieder einmal den Nachweis eines Fehlers mit einer ganz rüden persönlichen Anpöbelung beantwortet, und ich sehe mit Spannung der nächsten Gelegenheit entgegen, wo er wieder einmal über den schlechten Ton unter Parteigenoffen lamentieren wird. Zur Sache kann nur konstatiert werden, daß Bernstein eben- falls wieder einmal nicht zu lesen versteht. In seinem neuen Artikel bat er geschrieben: Wir wußten auch, daß, wenn die plntokratische und klerikale Landtagsmehrheit gesprengt werden sollte, es beim Dreillassen Wahlsystem nur durch eine Verständigung mit dem Freisinn möglich war." In jenem älteren(nur um drei bis vier Wochen älteren!) hat er nachgewiesen, daß der Freisinn genau so reaktionär ist, wie die anderen bürgerlichen Parteien auch. Das steht in den von mir zitierten Stellen, die ich nicht noch einmal wiederholen mag. Daraus folgt für jeden, der denken kann, daß auch durch eine Verständigung mit dem Freisinn die plutokratische und klerikale Landtagsmehrheit nicht hätte gesprengt werden können. Denn ob konservativ oder liberal, das ist auf Grund von Bernsteins damaligen Feststellungen ganz egal. Ob hierin ein Widerspruch liegt oder nicht, das über- laste ich dem Urteil derVorwärts"-Leser. Endlich ist es ein schwerer Irrtum, wenn Bernstein einen Wider- spruch zu konstruieren sucht zwischen meinen Ausführungen und denen derLeipziger Bolkszettung". ES ist der ,L. V." nicht ein- gefallen, die richtigen Feststellungen in Bernsteins danialigem Artikel zu bekämpfen. Ganz im Gegenteil, sie freute sich darüber. Sie nannte sin Nr. 123 vom 39. Mai) das Urteil Bernsteins über das Verhalten des Freisinns einsehr richtiges". Sie schrieb:Bekanntlich soll mehr Freude sein über einen reuigen Sünder, denn über neunundneunzig Gerechte ", siefreute sich der besseren Einsicht Bernsteins", sie schrieb:Also Schippe! sebenfalls in denSozialist. Monatsheften" vom 28. Mai) sowohl wie Bernstein find endlich zu der Ueberzeugung gekommen, daß auf den Freisinn absolut kein Verlaß ist, und Bernstein ins- besondere malt aus, daß der Freisinn nicht etwa rmr beim Wahl- recht, sondern in der gesamten Politik nichts weiter als ein Helfers- Helfer der Reaktion sein werde." Also soiveit es sich um die damalige Beurteilung des Freisinns durch Bernstein handelt, drückte dieL. V." ihr volles Einverständnis aus. Und nur darauf kommt es im gegenwärtigen Zusammenhange an. Was dieL. V." bekämpft, ist eine Forderung Bernsteins, trotz dem und alledem eine Unterscheidung zu machen zwischen zu verlässigen und unzuverlässigen Freisinnigen und Leute wie Gothein, Potthoff usw. bei der Wahl zu unterstützen. Auch darin hat die ,L. V." nach meiner Ueberzeugung vollkommen recht, aber für die jetzige Erörterung kommt es darauf gar nicht an. denn wenn Bernstein jetzt ichreibt, man hätte eine Verständigung mit dem Freisinn suchen müssen, so kann er dabei doch nicht Leute wie Potthoff im Auge haben, der gerade in der heutigen Nummer die Normandie , den Kaffee Indien . DieDaily Mail", die sich mit dem Problem der Ernährung der Riesenstadt beschäftigt,, läßt die Produkte, die täglich auf die Londoner Märkte kommen, Revue passieren. Ueber die Umsätze d«S Gemüse- und Obstmarktes von Covent-Garden hat man keine genaue Statistik, da der Herzog von Bedvord, der Eigentümer von Covent-Garden, jede darauf be- zügliche Angabe verweigert; man hat jedoch schätzungsweise fest- gestellt, daß London täglich 3900 Tonnen Kartoffeln, 759 999 Kohlköpfe und ungefähr 99 999 Liter Erbsen und Bohnen ißt. Der Riesenbauch von London verschlingt serner 1 125 999 Liter Milch, die jede Nacht mit schier endlosen Eisenbahnzügen ganz frisch eintrifft. Einen Zentralmarkt für die Milch gibt es nicht. Wenn die Milchzüge auf den zahllosen Stadtbahnstationen ankommen. wird die Milch, die in großen, beinahe kegelförmigen Metallbe- hältern transportiert wird, von Hunderten von Wagen und Last- automobilen aufgenommen und den Wiederverkäufern zugeführt. ES sei noch erwähnt, daß jeden Tag in London 3 999 999 Pfund- brote konsumiert werden; nicht, mitgerechnet ist das Weiß- oder Luxusbrot. DaS im Erdwachs begrabene Mammut. In Galizien bilden die großen Lager von Erdwachs oder Ozokerit einen ungewöhnlich eigenartigen Gegenstand des Bergbaues, der jetzt durch palaentologische Funde noch ein ganz neues Interesse er- halten hat. Es ist dort nämlich bei Starunia in einer Tiefe von 15 Metern die Leiche eine? Mammuts gefunden worden. Die Arbeiter waren begreiflicherweise auf ein solches nicht vorbereitet, und daher wurden die Reste leider beim Herausbringen in er- heblichem Grade beschädigt. Erst nachdem ihr einzigartiger Wert erkannt worden war, wurden genaue Belehrungen zur vorsichtigen Behandlung an die Arbeiter erlasten. Diese Maßnahmen haben sich belohnt, denn bald darauf kam in einer zwei Meter größeren Tiefe der Kopf und das übrige Vorderteil eines Rhinozerosses zum Vorschein, die in gutem Zustand geborgen wurden. Diese Funde sind für jene Gegend unerhört. Mammutreste mit Ueberbleibseln von Haut und Fleisch sind bisher überhaupt nur im Eise Sibiriens gefunden worden. Die Erhaltung dieser Tiere in den Erdwachs- lagern ist so zu erklären, daß sie in dem bei der Bildung dieser Lager an der Oberfläche befindlichen Sumpf versunken und dann durch Erdöl und Salze konserviert worden sind. Die Reste des Mammuts, darunter eine Rippe mit noch anhängenden Weich- teilen, sind für ein Privatmuseum in Lemberg angekauft worden. Ueber den Verbleib des Rhinozerosses schweben noch Vorhand- lungen, die möglicherweise zu einem Verkauf an das große Museum für Naturgeschichte in London führen werden. Der Fund des Rhinozerosses ist nach einer Mitteilung der WochenschriftEnglish Mcchanic " übrigens besonders wichtig, weil es eine andere Art zu sein scheint, als sie in Sibirien mit dem Mammut gemeinsam vorkommt. Außerdem sind im Erdwachs noch Reste anderer Säuge. tiere, einige Vögel, Amphibien und Mollusken entdeckt worden. Humor und Satire. AuS einer Schulkonferenz.Meine Herren l Nach Mitteilungen der TageSpresie hat sich der Schüler der Oberprima unserer Anstalt Kurt von Ehrenfest vor einigeu Tagen erschoffen. derFreisinnigen Ztg."<Nr. 151 vom 39. Juni) lvie ein schon halr ausgestoßenes räudiges Schaf behandelt wird; sondern dann kann er doch nur eine Verständigung mit den maßgebenden Kreisen der freisinnigen Partei meinen; sonst wäre doch alles überhaupt nur leeres Geschwätz. Eine solche Verständigung aber hat er selbst vor vier Wochen nicht nur als unmöglich, sondern auch als zwecklos nachgewiesen." DasHamburger Echo" bewerft zu unserem Artikel Die Verdrossenen": Einen Artikel, der wirklich einmal geschrieben werden mußte, bringt heute derVorwärts". Nicht wegen der Bedeutung der S o z i a l i st i s ch e n Monatshefte" an sich, aber wegen der Wirkung, die die Ausschlachtung der Produkte ihrer systematisch betriebenen Lamentier- und Räsonier- beschäftigung durch die kapitalistische Presse auf ungenügend informierte Parteigenossen übt, drucken wir denVorwärts"- Artikel ab. Er lautet: sFolgt vollinhaltlich unser Artikel.) Der«Lübecker Volks böte" druckt den Artikel gleichfalls mit den demHamburger Echo" entnommenen Einleitungsivorten ab. Das Cassel er.Volksblatt" schreibt: Die Verdrossenen. Unter dieser Ueberschrift befaßt der Vorw." sich nach langer Zeit wieder einmal mit denSoz. Monats- heften" bezw. mit den Ausführungen verschiedener Genossen in diesem Blatte. Diese Genossen sind Ed. Bernstein und der Herausgeber derSoz. M." I. B I o ch, der als ziemlich an- gejahrter Herr unter der Hand noch seinen Dottor baute und die hohe Bedeutung, die er dem bürgerlichen Titel- und Würden- Hokuspokus beilegt, dadurch bekundet, daß er von dem Tage ab, da ihm das Doktordiplom ausgefertigt worden ist, tatsächlich als Dr." I. Bloch seine rot gehefteten Bändchen herausgibt. Diese beiden Genossen kritisieren die Haltung desVorwärts" während des Landtagswahlkampfes und tadeln namentlich das schroffe Ver- halten desVorwärts" dem Freisinn gegenüber. Es gäbe im Freisinn doch immerhin noch Leute, mit denen man disputieren könne, die die Blockpolitik nur mit halbem Herzen mitmachen. Diesen Elementen galt es Mut einzuflößen, ihnen den Rücken zu steifen, es ihnen möglich zu machen, in der eigenen Partei die Verständigung mit der Sozialdemokratie überzeugend zu verfechten". So wörtlich Bernstein. Und sein Freund Dr. Bloch ist ähnlicher Meinung. Es ist bedauerlich, daß derVorwärts" überhaupt Raum verschwenden mußte, um solche schier unverständliche Naivität zu beleuchten. Schließlich wäre es den beiden Ge« nossen lieber gewesen, wenn derVorwärts" auf die 2l/2 anstän­digen Freisinnigen mehr Rücksicht genommen hätte als auf die Notwendigkeit, den proletarischen Massen reinen Wein einzu- schenken, ihnen zu zeigen, wie erbännlich heruntergekommen der Freisinn ist; d a S war mit eine Hauptaufgahe der Presse während der nun hinter unS liegenden Wahlkampagne. Daß der«Vor- wärts", mit dessen Haltung wie männiglich bekannt wir keineswegs immer einverstanden gewesen sind, während der Landtagswahlkampagne seine Klinge brillant geführt hat, das beweist doch wohl am besten der Erfolg in Berlin . Und den wollen wir uns durch die Levitenleserei in den bei den Gegnern so beliebten Dr. Josef BlochsMonatsheften" nicht verekeln lasten. Nach den Erfahrungen, die wir im Laufe der Zeit mit dem sogenannten Freisinn gemacht haben, halten wir es geradezu für unwürdig, unserer Partei immer wieder zuzumuten, irgendwelche Rücksicht auf jene Gesellschaft zu nehmen. Gibt eS anständige und ehrlich gesinnte Männer unter dein Freisinn, dann sollen sie den Mugdanesen, Wiemeriden und Kopschisten den Rücken kehren, bleiben sie bei ihnen, dann müsten sie sich auch gefallen lassen, von uns mit derselben Seife gewaschen zu werden wie ihre Führer"." DieLeipziger Volksztg." bemerkt: Mit Siecht tut derVorwärts" diese Redensarten mit dem trockenen Worte ab: einfach mitleiderregend, was sich übrigens das Organ des Genossen E i S n e r sofort durch Privattelegramm nach Nürnberg melden läßt. Was aus diesen Ausführungen spricht, ist die Seele des Revisionismus selber, der das langsame Reisen der Verhältnisse nicht abwarten kann und ihnen durchKunst", durchweitblickende Politik" und andere Staatsmäunereien nach- helfen will. Es ist genau die gleiche Auffassung, die der Genosse Eisner nach dem Wahlsieg des Jahres 1993 verriet, als er Meine Herren I Ich möchte Sie bitten, dieser verabscheuungswürdigen Tat eine angemessene Strafe folgen zu lassen. Der Verworfene hat drei Tage lang ohne Entschuldigung gefehlt, also insgesamt achtzehn Lehrstunden versäumt; ich beantrage dafür die doppelte Anzahl, also sechsunddreißig Stunden Karzer. Ich bitte, ihm außerdem in Be« tragen und in Religion die Notevier" zu erteilen. Endlich hat er gegen einen Paragraphen der Schulordnung verstoßen, sodaß seines Bleibens auf unserer Anstalt unmöglich länger seilt kann: er hat nach sechs Uhr abends ohne Begleitung Erwachsener das Elternhaus verlassen. Um aber eine derartige, von größter sittlicher Verworfen- heit zeugende Tat in der Folge zu verhüten, stelle ich den Antrag, in die Schulordnung noch einen besonderen Paragraphen einzufiigen, lvonach der Selbstmord den Schüler» unserer Anstalt unter allen Umständen verboten ist." Auf Hintertreppen. Die Sparlotte(als Kolporteusc): Endlich hat Papa Scherl den richtigen Weg gefunden, um den kleinen Leuten die Groschen abzunehmen! s. Lustige Blätter.") Notizen. Der Kölner Dom restaurationsbedürftig. Bei einer Baubesichtigung ergab sich, daß zwar nicht konstruktive Teile, wohl aber einzelne Gliederungen und besonders der Ornamentalschmuck am Kölner Dom sich in einem bedenklichen und gefährlichen Zustande befinden. Natürliche Verwitterung und die durch die Nähe des Bahnhofs bedingten atmosphärischen Einflüste dürsten zusammengewirkt haben. Erscheint bei vielen Zieraten und Gliederungen die Haut des Gesteins noch erhalten, so zerbröckelt daS Gesten» doch schon bei geringerer Berührung. Die Erneuerung der zerstörten Steinhauerarbeiten ist nach derKöln . Zeitg." so umfangreich, daß sie nicht eine schnell vorübergehende Erscheinung in der Geschichte des Dombaues sein wird. Die Kosten dafür lasten sich auch nicht annähernd berechnen; sicher aber ist. daß sie den an- fänglichen Voranschlag weit überschreiten. Die geräuschlose Schreibmaschine. AuS Amerika kommt die Kunde von der Erfindung einer Schreibmaschine, mit der nahezu geräuschlos gearbeitet werden kann und bei der das Klappern und Rasseln des Apparates wegfällt. In New Nork. Chicago und Buffalo haben sich bereits Gesellschaften gebildet, die die industrielle Ausnutzung der neuen Erfindung betreiben werden. Die Methode, durch die das Geräusch der Schreibmaschine auf- gehoben wird, wird einstweilen streng geheim gehalten. Erfindungen sind ja in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung nicht dazu da. den Menschen zu nützen, sondern Geld einzubringen, wobei dann die Er- finder zumeist noch von den Kapitalisten betrogen werden. Das Hurraschreien als Todesursache. Wie gefährlich das Hurraschreien unter Umständen werden kann, zeigt ein Vorgang, der sich kürzlich auf dem republikanischen Vertretertag (Konvent) in Chicago abspielte. Ein Millionär aus Cincinati namens Butler, der ein furchtbarer Roosevelt.Verehrer ist, bekam nach einer entsprechenden Rede einen Anfall im Hurraschreien(kuror patriotious). Er schrie eine Viertelstunde und bald eine Halbestunde und hörte erst auf, als er bewußtlos zusammengebrochen war. Am nächsten Tage war er tot. Die Amerikaner sind den Preußen also sogar im Hurraschreien über.