Dagegen die Jugendorganisation. Da wird gearbeitet. Und ganz allein von Jugendlichen— ganz ohne Beihülfe Er- wachsener sdas ist zwar nicht gut, aber durch die Lauheit derjenigen, deren Aufgabe es wäre, zu helfen, bedingt). Nun gebe ich zwar zu, dag die Gewerkschaftler nunmehr intensiver arbeiten wollen. Aber auch das kann nicht helfen. So lange man dem Jugendlichen nicht selbst zu arbeiten gibt, ist'S mit den Organisationsbestrebungen nicht weit her. Man will sich selbst seine Erfolge verdanken I Aber ein weiteres wichtiges Moment kommt in Betracht. Und da kann ich das rheinische Zentrumsorgan, die„Köln . Volk-Zzeitnng", gegen Legien und Genossen ausspielen- In ihrer Nr. SIL Wittags- Ausgabe) vom 13. Juni d. I. schrieb die genannte Zeitung in einem Leitartikel„Die Jugend in der Politik":„Die Jugend will vor allem große Ziele sehen!" Und da liegt in Wirklichkeit der Schwerpunkt der ganzen Fragel Große Ziele wollen wir sehen. Wir wollen mit dem ungeschwächten Feuer der Jugend, mit unserer un- verbrauchten Kraft, mit Leidenschaft kämpfen können. Für kleine Ziele kann man das nicht. Das Ziel muß des Kampfes wert sein! Wir wollen die große Bedeutung der wirtschaftlichen Kämpfe nicht verkleinern, aber sie können uns diese großen Ziele nicht geben. Vor allen Dingen Selbständigkeit. Des Jugendlichen muntere Regsamkeit, seine Lust an der Diskussion, sein Eifer vergeht, sobald er sich von den Augen des Erwachsenen beobachtet sieht.(Natürlich gibt es hier, wie überall, Ausnahmen. Aber d i e bestätigen ja nur die Regel. Immerhin: unter einer Bedingung wäre die Leitung durch Erwachsene ein Fortschritt— wenirwir pädagogischeTalente genug hätten, die es verstehen, durch ihre Persön- lichkeit auf die Jugendlichen vertrauenerweckend zu wirken, derart vertrauenerweckend, daß alle Schüchternheit undBefangenheit die Jungen verläßt. Aber derart feinfühlige Menschen fehlen uns. Wir bedauern stets, daß der Schule solche Talente fehlen, wir bedauern, daß in der Schule die Jugend unter der Geißel unverständiger Pedanten leidet— und wollten nun denselben Fehler be« gehen? Denn dieser Mangel muß zugegeben werden. Darum: man lasse bei ihrer Arbeit die Jugendlichen allein. Bei der Agitationsarbeit ganz, bei der Bildungstättgkeit soviel wie möglich. Nur da, wo man sieht, daß unfähige jugendliche Führer sich die Rolle eines allwissentlichen Lehrers anmaßen, greife man ernst und energisch ein. Wenn man ganze Arbeit machen will, so beschließe man, daß die norddeutsche Organisationsform auf ganz Peutschlaud übertragen wird. Huö Induftm und Findel. Die Verbände der Eisenindustrie. Bekanntlich sind der von den Rohstoffverbänden(Eisenstein Vereinigung, Roheisensyndikat, Stahiverband) in den letzten Wochen und Tagen borgenommenen Preisermäßigung andere Verbände ge- folgt, und zwar insbesondere jene in Bandeisen und Wahldraht. Da gegen haben am 23. Juni d. I. in Köln die Feinblechwerke der Hagener Vereinigung und der Schwarzblechvereinigung mit Rück ficht auf die geringe Herabsetzung der Halbzeugpreise die Anficht ausgesprochen, daß die seit längerer Zeit Verlust- bringenden Feinblechpreise unbedingt erhöht werden müßten. Umgekehrt soll die rheinisch-westfälische Stabcisenhändlervereinigung die Herabsetzung der Preise für Stabeisen, Bleche und Bandeisen um 10 M. pro Tonne ab 1. Juli beschlossen haben. Die PreiSftage spielt eben in den weiterverarbeitenden Eisenindustrien die Hauptrolle. Die Preisfrage aber ist abhängig von der Nachftage und vom Angebot. Damit steht es aber nichts weniger als günstig. So beschränkte sich der Anfttagsbestand beim Düsseldorfer Roheisensyndikat am 1. Juni auf 134 78S Tonnen(einschließlich der Rückstände vom Jahre 1307 auf 423 S70 Tonnen, minus Verfand 283 785 Tonnen). Dazu die bereits zugewiesenen, aber noch nicht ausgeführten Aufträge von 32322 Tonnen ergibt für das Jahr an vorhandenen Aufträgen 227 107 Tonnen, gleich 38,3 Prozent der Beteiligung der sieben Monate bis zum Jahres- schluß. Natürlich werden im Laufe dieser Monate noch weitere Aufträge eingehen, zumal wegen der Unsicherheit der Preis- gestaltung bisher ja für die späteren Quartale erst wenig gekaust wurde und es überhaupt die Signatur der Lage ist, daß die Käufer erst im Augenblick des Bedarfs mit ihren Aufträgen kommen, statt diese wie in den Zeiten der Hochkonjunktur auf Monate hinaus vorher zu erteilen. Maßgebender ist daher der bisherige Versand. der aber gleichfalls sehr ungünstige Ziffern aufweist. Er betrug beim Roheisen-Syndikat in Tonnen Gießerei- eisen 42 878 51317 43 472 41 230 , 46 376 Puddeleisen und Stahl 10 093 8 518 10 384 6 774 7 841 Thomas- eisen 7 485 3 448 2 937 2 318 2 304 Zusammen 60 456 62 983 57 443 50 882 57 021 Januar l Februar. März.. April.. Mai.. 225 033 44 210 13 542 288 785 Die monatliche Beteiligung wäre demnach 84 663 Tonnen, was einen Ausfall um 20- bis 30 000 Tonnen oder 30 bis 40 Proz. ausmacht. Freilich, so schlimm schneidet der Stahlwerksverband doch nicht ab; denn dieser hat bisher doch wenigstens 75 Proz. der Be- teiligung absetzen können. Aber alle Verbände ernten schließlich nur jene Frucht ihrer Preispolitik, die sie selbst gesät haben, und die ist nun einmal nicht safttger._ Sozialem Privatrechtliche Folgen der Mai-Ausspcrrung. In Nmnmer 10 der Zeitschrist„Gewerbe- und Kaufmanns- gericht" untersucht der unter anderen durch das bedeutsame Werk über den Arbeitsvertrag— der zweite über 1000 Seiten umfassende Teil ist unlängst erschienen— rühmlichst bekannte Berner Profestor Lotmar die Frage, wer die durch eine Mai-Aus- sperrung verursachten Kosten zu tragen hat. Lotmar kommt zu dem durchaus zutreffenden Ergebnis: die von der Mai-Aussperrung betroffenen Arbeiter können von ihrem Arbeitgeber den Lohn für die Arbeit beanspruchen, die sie infolge setner Aussperrung nicht geleistet haben. Die Deduktion das Lotmarschen Aufsatzes ist folgende. Die Maifeier gegen den Willen des Unternehmers ist ein Leistungs- Verzug. Ms Rechtsfolge dieses Verzuges käme, abgesehen von dem für den 1. Mai einttetenden Lohnausfall, rechtlich in Frage, ob der Arbeitgeber, der eine Aussperrung infolge der Maifeier vornimmt, Schadenersatz verlangen oder vom Vertrage zurück« treten könne. Beide Fragen sind zu verneinen. Denn, wer dem Arbeitsausfall eines Tages, den der Arbeiter verursacht, alsbald ein- oder mehrtägigen Arbeitsausfall folgen läßt, gibt dadurch deutlich kund, daß er durch den vom Arbeiter bewirkten Ausfall keinen oder doch keinen empfindlichen Schaden erlitten hat. Wenn er trotz feiner nachfolgenden Aussperrung Ersatz des Schadens für den 1. Mai be- gehrt, so begeht er eine Schikane; sein Anspruch wäre da- her nach§ 226 B. G.-B. abzuweisen. Nach ß 326 B. G.-B. kann der Arbeitgeber unter Ablehnung der Erfüllung, Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen und vom Verttage zurücktteten, wenn eine angemessene von ihm gesetzte Frist zur BeWirkung der Leistung fruchtlos verstrichen ist. Setzt aber der Arbeitgeber solche Frist, so kann er nicht überdies eine Aussperrung verfügen. Denn dies wäre offenbar widerspruchsvoll: dem arai es nicht ernsthaft um Heilung des Verzuges zu tun fein, der ' selber einen Aufschub anordnet. Wer selber so verfährt, entsägt vielmehr auch für den Fäll, daß die Nachholung innerhalb der Frist nicht erfolgt, den im Bürgerlichen Gesetzbuch. ausgesprochenen Mitteln des Rücktritts und der Schaden- ersatzforderung wegen Nichterfüllung. Lotmar legt dann dar, ein Recht zur kllndigungslosen Entlassung des Arbeiters, weil er„die Arbeit unbefugt verlassen" hat(§ 123, Nr. 3 G.-O.) ist nicht gegeben. Denn zum„Verlassen" gehört, daß der Arbeiter nicht wiederkommen, gänzlich von der Arbeit ausbleiben will, den Rückkehrwillen nicht hat. Ebensowenig kann von einer beharr, l i ch e n Verweigerung der nach dem Arbeitsvertrag dem Arbeiter obliegenden Verpflichtungen die Rede sein. Da kein Verlassen der Arbeit vorliegt, kann auch eine Schadenersatzforderung aus Z 124 b G.-O. nicht in Frage kommen. Gibt demnach nach dem geltenden Recht des Bürgerlichen Gesetz- buches und der Gewerbeordnung das Ausbleiben am 1. Mai dem Arbeitgeber kein Recht zu einer Aussperrung über den I.Mai hinaus, so kommt der Arbeit g e b e r durch die Aussperrung in Annahme- Verzug. Die von der Mai-Aussperrung betroffenen Arbeiter können daher nach K 615 B. G.-B. von ihrem Arbeitgeber den Lohn für die Zeit beanspruchen, die sie infolge seiner Aussperrung nicht geleistet haben. Dieser Anspruch' verjährt erst in zwei Jahren. Professor Lotmar hofft, daß. wenn auch nur einigemal durch mehrere Arbeiter nach K 615 B. G.-B. der Lohn für die AuSsperrungs- tage vom Arbeitgeber verlangt und durch Gewerbegerichte von Rechts- wegen zugesprochen ist, die Maiaussperrung abnehmen oder gänzlich aufhören wird. Dieser Hoffnung vermögen wir uns nur zum Teil anzuschließen.' Denn einmal ist in sehr vielen, vielleicht den meisten Aussperrungsfällen die Kündigungsfrist ausge- schloffen; in diesen Fällen steht, wie auch Lotmar natürlich annimmt, den Arbeitern kein Klagerecht zu. In den Fällen aber, in denen eine Kündigungsfrist für daS Arbeitsverhältnis be- steht, vermögen wir leider gegenüber den Erfahrungen, die Arbeiter aus der Rechtsprechung auch von Gewerbegerichten anläßlich der Maifeier in Deutschland gesammelt haben, die Zweifel nicht zu unterdrücken, ob die Gerichte nunmehr auf Grund der rein wissen- schastlichen Darlegungen der hochangesehenen Autorität auf dem Gebiete des Arbeitsvertragsrechts die Frage so entscheiden werden, wie sie nach Recht und Gesetz entschieden werden müßte. Immerhin möchten wir raten, den Versuch mit der Anstrengung solcher Klagen zu machen, vielleicht ist das Vertrauen, das so mancher»och zur Gewissenhastigkeil und Gerechttgkeit deutscher Rechtspflege in Arbeiter- fragen hat, nicht völlig unbegründet. Nutzbringende Verwendung städtischer Gelder. Zu welchen Zwecken oft die Gelder der Stenerzahler verschwendet werden, zeigt ein Fall ans Bromberg . Dort hatte der Bürgerverein anläßlich der silbernen Hochzeitsfeier des Kaiser- paareS einen Fackelzug arrangiert. Nach Beendigung dieser privaten patriotischen Festlichkeit stellte es sich heraus, daß der Verein dabei ein Defizit von 700 M. erlitten habe. Flugs stellte nun der Verein den Anttag an den Magistrat, die Summe aus städtischen Mitteln zu decken. Und so geschah eS. Ohne Debatte bewilligte die Stadwerordnetenversammlung dem völlig privaten Verein die betreffende Summe aus dem Stadtsäckel. Zu unnötigen Festlichkeiten und überflüssigem LuxuS ist eben Geld da, für hungernde Arbeitslose dagegen gibt der Magistrat keinen Pfennig aus._ Hub der frauenbewegung« Die heilige, von Gott gesetzte Familie. Am 2. und 5. Mai befaßte sich der bayerische Landtag mit den Verhältnissen der Dienstboten. Vier Dienstbotenorganisationen hatten sich mit Petttionen au ihn gewandt. Die des Dienstbotenvereins Nürnberg und Unigebung, sowie die des Vorstandes des Verbandes der Hausangestellten Münchens verlangten konsequente Durchführung der von uns schon längst vertretenen durchgreifenden Forderungen für die Hausangestellten, von denen die wichtigsten lauten: 1. Abschaffung der Gesindeordnung und Gesindedienstbücher. 2. Unterstellung der Dienenden unter die Gewerbeordnung. Ausdehnung aller Versicherungsgesetze auf sie, Gewährung eines gesetzlich gesicherten vollen Koalitionsrechtes. 6. Abschaffung der privaten Stellenvermittelungsbureaus und Einführung von paritätischen Stellennachweisen. Dazu schreibt nun daS Münchener Traktätenblättchen für katholische Dienstmädchen: „Man steht aus diesen Forderungen auf den ersten Blick, daß die sozialdemokratischen Vereine in manchen Punkten zu weit gehen; unsere späteren Ausführungen werden das klar zeigen." Folgen nun die„Wasch mir den Pelz und mach ihn nicht naß- Forderungen' der gesalbten„VereinS-Präses", die die lieben, un- wissenden Schäfchen nach ihrem Willen lenken. 1.«Zeitgemäße Revision" der Gefindeordnung.(Keine Aufhebung derselben, merkts Euch, Ihr katholischen Dienstboten.) Weiter wird verlangt: rechtsgültige Verordnungen hinsichtlich der Arbeits- und Ruhezeit, der Sonntags- und Nachtarbeit; der sittlichen Gefahren: gesunder, verschließbarer Schlafräume. Ferner Schaffung von Hausdienstausschüssen(die ebensoviel zu sagen hätten, wie die ArbeiterauSschüsse in den gewerblichen Betrieben.) 4.(Deckt sich mit Passus 6 aus unseren Forderungen und ist diesen, wie so manches andere entlehnt.) Dergleichen die letzte Forderung: Ausdehnung der Verficherungsgesetze auf das Gefinde. „Wir fordern also nicht", heißt eS dann weiter,„wie die Sozialdemokratte, die völlige Abschaffung der Gesindeordnung und die Unterstellung der Dienenden unter die Gewerbeordnung. Das geht zu w e i t I Warum?" Folgt ein Auszug aus der Rede des Landtagsabgeordneten Walterbach, in dem das altbekannte Lob auf das familiäre Ver- hältnis zwischen Herrschaft und Hausangestellten gesungen wird. Anschließend orakelt daS Blättchen mit öligem Pathos:. „Warum wollen denn die Sozialdemokraten die Aushebung der Gesindeordnung und die Unterstellung der dienenden(mit kleinem d> unter die Gesindeordnung? Frau Lily Braun , die sich mit dieser Frage viel abgegeben hat, sagte einmal: „Unser Hauptziel muß sein, die Dienstboten aus dem Hause herauszubringen und aus den Dienenden zu freien gewerblichen Arbeiterinnen zu machen. Zu diesem Zwecke muß der Privat- Haushalt semer Auflösung entgegengeführt werden." Also. Auflösung des Privathaushalts, oder wie wir sagen, Auflösung der Familie, das strebt man aiw Uns aber ist die Eamilie als eine von Gott gesetzte Ein Dichtung etwas ohes und Heiliges, das wir achten und halten I" Daß die Familie in ausgedehntem Maße schon seit Jahrzehnten durch die Herrschast deS blutsaugenden Kapitalismus„aufgelöst" ist, hat der Gesalbte des Herrn noch nicht bemerkt. Desgleichen hat sich die katholische Kirche , ehe es eine Sozialdemokratie gab, nicht um den Verfall der„heiligen, von Gott gesetzten Einrichtung" be- kümmert oder um die nächsten Ursachen, wie grenzenlose Ausbeutung von Frauen und Kindern, Wohnungsnot, Heimarbeiterelend, Prosti« tutton u. a. m. Auch die.Dienenden' bekamen erst die stürmische Liebe ihrer katholischen Führer zu spüren, als wir uns der Ver- gessenen annahmen. Statt dem Kampfe, wurden die katholischen Vereine der„Himmelsmutter" geweiht. Aber die benebelnden Weihrauchwolken müssen früher oder später doch dem frischen Hauch der Aufklärung weichen. Auch die katholischen Dienstboten entgehen feiner Wirkung nicht. Versammlungen— Veraustalttmgen. Berlin , vierter Kreis. Ausflug, der Leseabendteilnehmerinnen ow 15. Juli. Kaffeekochen in der'„MeN Taverne' in Stralau. Die Vertrauenspersonen. Fünfter Wahlkreis. Am Sonntag, den 12. Juli, veranstalten die Genossinnen des fünften Kreises einen Ausflug mit Familien nach Johannisthal . Treffpunkt: vonnittags 9 Uhr auf dem Perron des Alexanderplatz -Bahnhofes, später im Lokale„Hassel- werder" in Johannisthal . Die Vertrauensperson. Berein für Frauen und Mädchen der Arbeiterklasse. Jugendabteilung. Sonntag, den 12. Juli, abends 6 Uhr, im„Gewerkschafts« hauS", Engel-Ufer 15: Vortrag über Heine. Gesang, Rezitatton. Jugendliche als Gäste willkommen. Gerichts-Zeitung. Zum Kampf gegen den Antimilitarismus. Vor der ersten. Sttafkammer de» Landgerichts I hatte sich gestem FritzKater wegen Aufreizung zuGewalttätigkeiten zu verantworten. Kater soll eine antimilitaristische Broschüre, betitelt „Der Krieg bei Jena " verbreitet haben. Die Verhandlung fand aus Antrag des Staatsanwalts unter Ausschluß' der Oeffentlichkeit statt. Der Staatsanwalt beantragte drei Monate Gefängnis. Das Gericht erkannte auf 300 Mark Geldstrafe event. 60 Tage Gefängnis. Der allmählich zum Grundsatz in sogenannten Antimilitarismus- Prozessen erhobene Ausschluß der Oeffentlichkeit widerspricht durchaus dem Interesse der Rechtssicherheit. Die Oeffentlichkeit in Anklagen ist eine der erheblichsten Garantien für eine Rechtspflege. Ihr Aus- schluß gerade in Militärprozessen und die Billigung dieses Aus- schlusses durch die bürgerliche Presse zeugt nicht von großem Ver- trauen der herrschenden Klasse zu dem herrschenden Militärsystem. Konflikt des Polizeipräsidenten zugunsten eines Berliner Polizei, leutnants. Tie Inbetriebsetzung einer russischen Schaukel auf dem „Rummelplatz" an der Magazinstratze verhinderte am 12. Oktober 1907 der Reviervorsteher Polizeileutnant Linke. Vom nächsten Tage ab gestattete dieser jedoch auf höhere Weisung die Jnbetrieb- nähme, und einige Tage später mußte der Besitzer, Schausteller Radoehla, zwecks Sicherung des Publikums, einige kleine Maß- nahmen(Anbringung von Schildern usw.) vornehmen.— Radoehla strengte nun im Dezember 1307 gegen den Polizeilcutnant eine Schadenersatzklage an. Er verlangte 80 M., weil ihm am 12. Ol- tober aus der Verhinderung der Inbetriebnahme der fertiggestellte» russischen Schaukel Schaden in dieser Höhe entstanden sei. Dem Polizeileutnant wurde eine schuldhafte Uebertretung der Amts- befugnisse vorgeworfen. Der Poleizeivräsident von Berlin erhob zu seinen Gunsten den Konflikt und bestritt eine Ueberschreitung der Amtsbefugnissc durch den Rebierborstchcr. Es handele sich um eine zwar selbständige, aber mit Ermächtigung des Polizeipräsi- deuten vorgenommene polizeiliche Maßnahme. Wenn am folgen- den Tage aus Billigkcitserwägungen oder aus Mitleid mit dem Kläger der Betrieb freigegeben und auch schon geduldet worden sei, bevor gewisse kleine Sicherheitsmaßnahmen verlangt und ausge- führt wurden, so liege darin keine Mißbilligung des Betriebsverbots vom 12. Oktober. Das Oberverwaltungsgericht erklärte am Dienstag den Konflikt für begründet, so daß das Verfahren gegen den Polizei- leutnant endgültig einzustellen ist. Es wurde ausgeführt: Nach den Erklärungen des Polizeileutnant Linke, die nicht bestritten seien, wäre als erwiesen anzunehmen, daß er vor Erlaß der An, ordnung vom 12. Oktober 1307 sich auf dem Polizeipräsidium in- formiert habe, und daß ihm der Auftrag gegeben worden sei, den Betrieb russischer Schaukeln zu verhindern, weil er zu stören gc- eignet wäre. Das stimme mit dem Konflikt übcrein, worin von einer Ermächtigung die Rede sei.?llso habe Herr Linke nicht auf die eigene Verantwortung hin gehandelt, sondern auf Anweisung der vorgesetzten Behörde. Infolgedessen könne ihm keine Amtsübcr- schreitung zur Last fallen._ Bom Kampf gegen die Arbeiterkastno-Bereine. Ter Zimmerer Lorius hatte auf Veranlassung de? Vereins Arbciterkasino für Schweinitz und Umgegend einen Saal gebaut. Dieser wurde an den Verein, der etwa 220 Mitglieder zählte, für vierteljährlich 150 M. vermietet. Der Verein war berechtigt, für einzelne Abende an andere Vereine weiter zu vermieten. Der Be- sitzer Lorius erhielt nun mehrere Anklagen wegen Veranstaltung öffentlicher Tanzlustbarkeitcn ohne Genehmigung.(Einzelne Fälle schieden später wegen Verjährung aus.) Es waren durchweg Ver- anstaltungen des Vereins Arbeiterkasino. Trotzdem wurde L. vom Landgericht Halle nach der Anklage verurteilt. L. sei in Wirklich- keit der Veranstalter und der Verein wäre nur vorgeschoben. Wegen der Geringfügigkeit der lausenden Beiträge(10 Pf.) und wegen der nach Lage der Verhältnisse gegebenen Unmöglichkeit, höhere zu erheben oder sich wesentlich auszudehnen, könne der Verein nicht als wirklicher Mieter gelten. Es fehle die wirtschaftliche Zuver. lässigkeit. Andererseits müßten die fraglichen Vergnügungen als öffentliche angesehen werden, weil der Verein Arbeiterkasino eine unter den obwaltenden Verhältnissen erhebliche Größe habe, sich über mehrere kleine Orte erstrecke und sehr lose organisiert sei.— Das Kammergericht verwarf dieser Tage die Revision des Angeklagten mit der Begründung, das Landgericht habe seine Feststellungen ohne Rcchtsirrtum getroffen._ Zum Tode verurteilt. DaS Essener Schwurgericht verutteilte am Mittwoch nach drei- tägiger Verhandlung den Nähmaschinenreisenden Jakob ElSmann, der am 4. Februar d. I. seine Ehefrau durch drei Revolverschüsse getötet hatte, zum Tode._ Ein Bürgermeister wegen Unterschlagung verurteUt. Wegen Unterschlagung amtlicher Gelder hatte sich am Donnerstag der frühere Bürgermeister von Schwersenz H o p p m a n n vor dem Schöffengericht tn Posen zu verantworten. Der Angeklagte, der städtische Gelder für sich verwendet hatte, wurde zu einer Gefängnis- strafe Von vier Monaten verurteilt. Eingegangene Druckschriften. Der Kunstwart. 1. Julihest. Verlag Callwey in München. (Viertel- jährlich 4 M., daS einzelne.'Oeft 75 Pf.) „Roland-, MonatSschrist. Hest 7. Herausgegeben von einer Ver- ewigung Bremischer Lehrer. Halbjährlich 2 M. A. Janssen. Hamburg Das deutsche Schectgcsetz. Erläutert von Dr. Siegfried Buss. Ge- Kunden 3 M.— Gesetz über den Versicherungsvertrag. Erläutert von Geheimrat Dr. Best. Gebunden 5 M. Stuttgart , Deutsch » Verlags- anstalt. PoliS. Rr. 2. Sozialpsychologischc Rundschau. Zürich , Kirchgasse 16. Harden— Hirschfcld. Von E. I. Maccker. 38 Seiten. Selbstverlag, Berlin . Reisckarte vom bayerischen Hochlande. Große Ausgabe 1.25 M. — Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs in München . Prüfung und Krttit einer Bilanz. Von W. Heinzerling. Verlag; Hans Th. Hoffmann, Berlin . 1 M. Verzeichnis volkstümlicher und wissenschastlicher Vorträge des Deutschen Monistenbundes . 1208—1399. Selbstverlag in Berlin W. 57, 30 Pf. l-v Sfas�e Social. Revue rnensuolle. Nr. 6. Paris , Arthur Rousseau. Tagebuch der Madam Violet. 1889—94. 320 Seiten. Verlag R. Eck- stein Nachf., Berlin W. 57. Tozialdeiuokratie und Reakttonsblock aus dem Rathaus von Mül- hausen i. E. Hcransgegeden vom Vorstand des Sozialdemokratischen Vereins. 1 M. Verlag:„Mülhauscr VolkSzeitung" in Mülhausen , Eis. Gesetz und Dämon. Aoman von F. Runkel. 232 Seiten. Verlag: „Vita". Charlattenburg. DaS Deutsche Landhaus. Hest 12. Monatlich 2 Hefte. Pro Jahr 12 Mark. Verlag Fttedenau-verli».
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