(Kantine, sowie die Unkosten sSr das von der Direktion für die Arbeiterschaft erbaute Kasino) kaufmännisch unmöglich sei.(?) Das Kasino, in welchem viele Feste gefeiert werden, welche die Arbeiter- schaft wenig interessieren und in welchem die Arbeiter sonst nichts zu suchen haben, wird also von den Geldern der Arbeiter unter- halten. Eine allgemeine Entrüstung unter den Versammelten rief es hervor, als der Versammlung mitgeteilt wurde, dasi ein Ueber- schuß vom Bierkonsum nicht vorhanden sein solle. Die in Frage kommende Brauerei(Schlotzbrauerei Königs-Wusterhausen) liefert öt Flaschen für 3 M. an die Firma, während die Arbeiter die Flasche mit 1» Pf. pro Stück bezahlen müssen. Als die Betriebskommission im Auftrage der gesamten Arbeiterschaft gar so vermessen war, das Ersuchen an die Firma zu stellen, den Arbeitern eine Kontrolle über Einnahme und Ausgabe von Kantine- und Strafgeldkasse zu gewähren, glaubten die Herren der Direktion den Arbeitern sagen zu müssen, daß ein solches Verlangen ein Mißtrauensvotum für die Firma bedeute. Aus die Frage der Kom- Mission, ob die Firma denn in keiner Weise den so berechtigten Wünschen der Arbeiter Rechnung tragen wolle, erfolgte ein bündiges Nein. Was dieselbe Direktion im Schwesterwerl Berlin , Schering- straße, bezüglich der Strafgelder sowie des Ueberschusses aus der Kantine zugunsten der Arbeiter getan hat, lehnt sie den Arbeitern in Wildau ab. In dem Berliner Werk wird den erkrankten Arbeitern eine Beihilfe zum Krankengeld aus diesen Geldern gewährt. Nach Berechnung der Arbeiter wird im Werk Wildau bei 2000 beschäftigten Personen ein Ueberschuß von 60—70 000 M. erzielt.— Die Arbeiter beschlossen gegen 5 Stimmen, Kantine und Kasino streng zu meiden und zwar so lange, bis die Direktion den berechtigten Wünschen der Arbeiter Rechnung trägt._ Kein Anlaß zur Amtsentsetzung des Sprechmeisters Bogel. Im November vorigen Jahres verhandelte, wie sich unsere Leser entsinnen, eine Berliner Strafkammer einen Beleidigungs- Prozeß gegen den Genossen Schneider vom Bäcker- verband. In diesem Prozeß kam der angeblich beleidigte Sprech- meister Bogel , der langjährige Arbeitsvermittler der Bäcker- innung„Germania ", schlechter weg wie der Angeklagte, denn dem Herrn Vogel wurde durch verschiedene, vom Gericht als einwandfrei anerkannte Zeugen nachgewiesen, daß er vor Jahren Be- stechungsgelder von Arbeitsuch enden angenommen und diese bei der Arbeitsvermittelung, entgegendem Reglement, begünstigt hat.— Nach diesem Ergebnis des Prozesses hat der Gcsellenansschuß der Bäckerinnung„Germania " an die Gelverbedeputarion deS MagistratS, als der Aufsichtsbehörde für die Innungen, den Antrag gerichtet, den Sprech- meister Bogel seines Amtes als Arbeitsvermittler zu entsetzen. Es hat lange gedauert, bis die Gewerbedeputation eine Entscheidung in dieser Angelegenheit traf. Erst vor kurzem hat der Gesellenausschuß von der Gewerbedeputation folgende Antwort erhalten: „Dem Antrage des Gesellenausschusses auf Amtsentsetzung des Jnnungssprechmeisters Vogel können wir nicht stattgeben, da uns hierzu die gesetzliche Befugnis fehlt. Uebrigens sind wir auch der Meinung, daß zu dieser Amtsentsetzung eine Veranlassung nicht vorliegt, da die dem Vogel nachgewiesenen Verfehlungen schon lange Jahre zurückliegen." Also die Bäckerinnung„Germania " soll ihren Vogel behalten, dem vor Gericht zehn bis zwölf Fälle von Bestechungen nachgewiesen worden find, nachdem Vogel vor demselben Gericht als Zeuge be- schworen hatte, er habe niemals Bestechungsgelder angenommen. weshalb denn auch das Gericht in seinem Urteil aussprach, daß Vogels Zeugnis nicht einwandfrei ist,— Die Gewerbedeputation meint, dies? Verfehlungen könnten keinen Anlaß zur Amtscntsetzung geben, weil sie schon lange Jahre zurück- liegen. Das trifft allerdings für einige der vor Gericht fest- gestellten Fälle zu, jedoch ereignete sich der letzte gerichtlich fest- gestellte Fall erst im Herbst 1906, liegt also noch nicht sehr lange zurück. Wenn die Gewerbedeputation meint, ein Arbeits- vermittler, der sich bis zum Herbst 1906 nachgewiesenermaßen grobe Verstöße gegen eine gerechte nnd einwandfreie Arbeitsvermittelung zuschulden kommen ließ, stehe nunmehr als makellose Persönlichkeit da, iveil ihm aus der allerneuesten Zeit nichts Derartiges nach- gewiesen ist, so zeugt diese Meinung von einer leider für die be- troffenen Arbeiter gerade nicht erfreulichen Milde der Auffassung,— Unzutreffend scheint uns auch die Annahme der Gewerbedeputation, daß ihr die gesetzliche Befugnis zur Amtsentsetzung des Sprechmeisters fehle. Nach dem Gesetz hat der Magistrat die Aufsicht über die Innungen zu führen. Er hat darüber zu wachen, daß sich ihre Be- schlüsse und Handlungen im Rahmen der Bestimmungen des Gesetzes, der Jnnungsstatuten usw. bewegen. Vogels Handlungsweise, wie sie in dem erwähnten Prozeß festgestellt worden ist, muß als ein fort- gesetzter grober Verstoß gegen das Arbeitsnachweisreglement der Innung und gegen die guten Sitten angesehen werden. Was hat denn die behördliche Aufsicht über die Innungen für einen Sinn, wenn eS der aufsichtsführenden Behörde nicht möglich sein sollte, diesen Mann seines Postens zu entheben, wenn der Jnnungs- vorstand, wie es hier der Fall ist, den fortgesetzten Anträgen des Gesellenausschusses auf Amtsentsetzung des Sprechmeisters nicht nach» kommt. Wir meinen, nach dem Sinn des JnnungSgesetzes hätte der Magistrat wohl das Recht, dafür zu sorgen, daß die Arbeits- vermittelung von einer einwandfteien Persönlichkeit ausgeübt wird. Ist man anderer Meinung, so würde das nur beweisen, daß die be- treffenden Bestimmungen des Gesetzes nicht ganz klar sind und des- halb bei nächster Gelegenheit präziser gefaßt werden müßten.— Uebrigens pflegen sich die Aufsichtsbehörden gegen Krankenkassen, die in der Mehrheit von Arbeitern verwaltet werden, nicht so rücksichts- voll und schonend zu Verhalten, wie es hier gegen einen Innung?- funktionär geschieht. Hustand. Gewerkschaftliche Kämpfe in Skandinavien . Verhandlungen über die allgemeine Aussperrung im Bdu- gewerbe von Kristiania , die zwischen den Vertretern der Landes- organisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgebervereinigung Norwegens geführt wurden, endeten am Sonnabend mit einem Einigungsvorschlag, der die Maurer, Bauhilfsarbeiter, Zimmerer, Bautischler und Klempner umfaßt. Es sollen in diesen Berufen neue Tarife abgeschlossen werden, die bis zum 1. Mai 1910 gelten. Merkwürdig ist, daß diese Nachricht mit der von dem vorläufigen Uebereinkommen für das Baugewerbe in Schweden zusammentrifft, ebenso wie seinerzeit in beiden Ländern der Aussperrungsbeschluß gleichzeitig gefaßt wurde. Die norwegischen Unternehmer hatten entrüstet den Vorwurf zurückgewiesen, daß sie mit ihren schwedi- schen Klassengenosscn in einem Unionsverhältnis ständen, bei dem, just so wie in der 1905 aufgelösten politischen Union beider Länder, die Oberregierung in Stockholm säße. Aber es ist offenbar doch so. Tatsächlich ist ja diese Union der skandinavischen Unternehmer, an der auch die Dänen teilhaben, auf einer gemeinsamen Konferenz abgeschlossen worden. Daß dabei den Norwegern gegenüber die viel kapitalkräftigeren Schweden die erste Geige spielen, ist selbstver- ständlich. Von den großen Arbeiterkämpfen in Norwegen ist nun auch der der Textilarbeiter, der drei große Fabriken umfaßte, durch Verhandlungen beigelegt; ebenso der Streik und die Aussperrung der Flößereiarbeiter auf den Glommen, wenigstens soweit zwei große Unternehmer in Frage kommen. Bei einem Unternehmen der Fetsund-Flötzerei, dauert der Kampf noch fort. Außerdem streiken in Telemarken in den großen Betrieben des Ingenieurs E y d e, der u. a. auch ein Salpeterwerk besitzt, über 2000 Mann, größtenteils Mitglieder des Arbeitsmannsvcrbandes. In S ch w e d e n steht, neben all den anderen großen Kämpfen, die ja schon Wochen- und monatelang dauern, eine allgemeine Ar- beitseinstcllung der Buch binder Stockholms bevor. Dort Vcrantw. Redgkt.: Georg Davidfohn, BerlinT�Jnseratentejl vxrantw,: sowohl wie in der kleineren Stadt Eskilstüna ist der alte Buch- bindertarif am 1. Juli abgelaufen, nachdem man seit Februar über einen neuen vergeblich verhandelt hatte. Auch der Buch- d r u ck e r t a r i f ist, und zwar von den Gehilfen wie von den Prinzipalen, gekündigt worden. Dieser Taris erstreckt sich auf das ganze Land; er gilt jedoch bis Ende dieses Jahres. In Dänemark , wo die Unternehmer einiger unbedeutender Konflikte wegen vor wenigen Wochen eine Generalaussperrung veranstalten wollten, kam es erst kürzlich durch Verhandlungen der Hauptorganifationen beider Parteien zu einer Einigung in allen Streitfragen. Aber nun, Anfang Juli, droht die Arbeitgeber- Vereinigung Dänemarks von neuem mit Aussperrungen. Erstens sollen alle Mitglieder der Sägewerksarbeitcr- und Maschinen- tischlerorganisationen zu Kopenhagen ausgesperrt werden, und zweitens alle Mitglieder des Tischlervcrbandes, soweit sie in den Betrieben der organisierten Eisenindustriellen beschäftigt sind. Die Veranlassung zu solcher Aussperrung bilden wiederum kleine Konflikte bei einzelnen Firmen. Inzwischen kommt aus K r i st i a n i a die Nachricht, daß der dort im Baugewerbe gemachte Einigungsvorschlag von den Ar- beitern sämtlicher fünf Bernfsgruppen abgelehnt wurde. Der Vor- schlag war übrigens auch von den Vertretern der Arbeitnehmer nicht gutgeheißen; sie hatten sich nur verpflichtet, in ihren Organi- sationen darüber abstimmen zu lassen. Der Kampf im Bau- gewerbe Kristianias dauert also fort. Gerichts-Zeitung, Kampf gegen den Antimilitarismus. Zu der gestern kurz von uns gemeldeten Verurteilung Fritz Katers wegen Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze usw. (§ 110 Str.-G.-B.j erhalten wir noch einige ergänzende Mit- teilungen über den Sachverhalt der unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit geführten Verhandlung. Im Verlage des Lokalistenblattes„Die Einigkeit" erschien an- fangs 1908 eine Broschüre mit dem Titel:„Ter Sieg bei Jena . Ein Beitrag zur Geschichte Preutzen-Deutschlands . Die letzte Schlacht. Eine zukünftige Begebenheit."— Der erste Teil der Broschüre gibt im Anschluß an Mehrings„Lessing-Legende" eine Darstellung der Geschichte Preußens am Anfang des vorigen Jahr- Hunderts und schildert die Entstehung und Wirkung des Militaris- mus in Preußen. Der zweite Teil der Schrift führt den Lesern lediglich ein Phantasiebild vor Augen, dessen wesentlichste Umrisse so aussehen: Ein Krieg ist ausgebrochen, das Heer wird dem Feinde entgegengeführt, aber die Soldaten dieses Heeres hatten sich vorher verabredet, entgegen den Befehlen der Führer den Feind nicht anzugreifen, sondern weiße Parlamentärfahnen aufzuziehen, sich mit der feindlichen Armee zu verbinden und so den Krieg zur Unmöglichkeit zu machen. Obgleich dies Phantasiebild von großer Naivität und Harmlosigkeit des Verfassers zeugt und für die anti- militaristische Propaganda recht bedeutungslos ist, so erschien es der Staatsanwaltschaft doch wichtig genug, um es zum Gegenstand einer Anklage gegen Kater als Verbreiter der Broschüre zu machen. Und das Gericht hielt das Phantasieprodukt eines naiven Menschen für so gefahrdrohend, daß es auf Antrag des Staatsanwalts für die ganze Dauer der Verhandlung die Oeffentlichkeit ausschloß— wegen Gefährdung der Staatssicherheit! Tie Staatsanwaltschaft meinte, durch die Erzählung der Phantasiegeschichte sollten die Leser aufgefordert werden, das Beispiel der zum Feinde über- gehenden Armee nachzuahmen, was gleichbedeutend sei ffnt einer Aufforderung an die gegenwärtig oder künftig dem deutschen Heere angehörenden Leser zum Ungehorsam gegen die gesetzliche Grundlage der militärischen Ordnung. Der Verteidiger des An- geklagten, Rechtsanwalt Dr. Heinemann, trat der Auffassung des Staatsanwalts, der eine Gefängnisstrafe von 3 Monaten bean- tragte, entgegen. Das Gericht erkannte auf eine Geldstrafe von 309 M. unter folgender Begründung: Beide Teile der Broschüre bilden ein untrennbares Ganzes. Im ersten Teil werden die schäd- lichen Wirkungen des Militarismus geschildert, im zweiten Teil werde sodann angegeben, wie diese schädlichen Wirkungen zu be- seitigen seien, nämlich durch den Militärstreik. Wenn es sich hier auch nur um ein Phantasiegemälde handele, so sei darin doch eine Aufforderung an die Soldaten zum Ungehorsam zu erblicken. Daß die Broschüre in die Hände Wehrpflichtiger gefallen sei und fallen sollte, müsse angenommen werden. Es sei jedoch nur auf eine Geldstrafe erkannt worden, weil nur der letzte Teil der Broschüre strafbar sei, nicht auch der erste, der sich in besonders gehässiger Weise gegen die Monarchie richte. Den Richtern unbewußt, dem objektiven Beobachter aber beut- lich erkennbar, klingt als Grundton aus diesem Urteil das Gefühl heraus: Die Stütze der herrschenden Gesellschaft, der Militaris- mus, darf um alles in der Welt nicht angetastet werden. Sonst hätte aus der Broschüre keine Aufforderung zum Ungehorsam herausgelesen werden können._ Wegen Aufreizung verschiebener Klassen der Bevölkerung zu Gewalttätigkeiten gegeneinander hatten sich gestern vor der dritten Strafkammer unter Vorsitz des Landgerichtsdirektor Lieber der Tischler und Redakteur Richard Fischer und der Lagerverwalter Berthold Cohn zu verantworten. Unter Anklage stand die Mai- nummer der anarchistischen Zeitung„Der Revolutionär", als dessen Redakteur der erste Angeklagte zeichnete. Die auf rotem Papier erschienene Mainummer enthielt einen Artikel:„Der 1. Mai, wie er ist und wie er sein sollte". Darin wurde der So- zialdemokratie der Vorwurf gemacht, daß sie viel zu zahm sei, da sich auf gesetzlichem Wege nichts erreichen lasse. Aus dem Wege der Gewalt müsse der Anarchismus durchgeführt werden. Diese Schlußfolgerung zog wenigstens der Staatsanwalt aus dem Inhalt des Artikels. Der zweite Angeklagte wurde wegen eines in der- selben Nummer enthaltenen Gedichts„Zum 1. Mai" zur Ver- antwortung gezogen. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Der Staatsanwalt beantragte gegen Fischer 6 Monate, gegen Cohn 4 Monate Gefängnis. Das Gericht sprach den letzteren frei, verurteilte dagegen den Angeklagten Fischer zu 4 Monaten Gefängnis. Der Artikel in Verbindung mit den hin- zugefügten Bildern sei wohl geeignet, zu Gewalt anzureizen. Als Milderungsgrund für die hohe Strafe wurde erwogen, daß der Angeklagte erst im 24. Lebensjahr steht und bisher unbescholten ist, auf der anderen Seite aber die Gemeingefährlichkeit einer solchen Agitation, wie sie durch den inkriminierten Artikel getrieben worden. Sechzig Mvnate Gefängnis für einige Steinwürfe. Während eines Streiks bei der Syndikatfreien Kohlenvereini- gung in Mannheim kam es am 23. April dieses Jahres zu einem Krawall, als in der Gegend des Neckars ein Fuhrwerk der Firma erschien, das von einem Streikbrecher geführt wurde, während noch eine Polizeieskorte diesen Transport in ihre liebevolle Obhut nahm. Es sammelten sich etwa 20 Arbeiter, die zum Teil schimpften, später auch kleinere Steine nach dem Wagen und den Schutzleuten warfen, teilweise auch trafen. Irgendeine bedeutendere Verletzung ist dabei nicht vorgekommen. Dafür wurde acht Personen der Prozeß teils wegen Aufruhr, teils wegen Landfricdensbruch ge- macht. Ueber die Anklage hatte das Mannheimer Schwurgericht am Mittwoch zu urteilen. Die Angeklagten, von denen drei erst 17 bezw. 19 Jahre alt sind, bestritten zum Teil ihre Schuld über- Haupt, zum Teil gaben sie sie nur in geringem Umfange und in geringer Bedeutung zu und wurden im Grunde auch nur wenig belastet. Der Verteidiger, Genosse Dr. Frank, gab für zwei den Landfriedensbruch zu, aber auch da in geringem Umfange, für zwei Angeklagte gestand er ein Vergehen gegen den§ 153 der Ge- Werbeordnung, während für die übrigen die Freisprechung geboten sei. Die Geschworenen aber bejahten die Frage der Zusammen- rottung für alle Angeklagte und bei dreien noch die Gewalttätig- keit gegen einen Schutzmann. Das Gericht verurteilte die drei jüngsten Angeklagten am schwersten, nämlich einen zu einem Jahre, zwei zu je zehn Monaten Gefängnis, ferner noch einen Ange- Nagten zu zehn Monaten, einen zu sechs und drei zu je vier Ms - naten Gefängnis. Die Untersuchungshaft wurde allen voll ange- rechnet._ Hus der Frauenbewegung. Ei» norwegischer Franenkongreß. Die norwegischen Frauenwahlrechtvereine haben dlefer Tage zu Lillehammer , einer Kleinstadt am nördlichen Ende des Mjösensees, ihren Landeskongreß abgehalten. Es waren meist bürgerliche Frauen, die hier vertreten waren; die proletarischen Frauen sind ja meist im Frauenverband der Arbeiterpartei organisiert, jedoch gehören auch manche Iveiblichc Mitglieder der Arbeiterpartei den Frauenwahlrechtsvercinen an und in Stavanger bilden die orga- nisierten Parteigenossinnen sogar die Mehrheit im Frauenwahl- rechtsverein. Dieser Verein war denn auch auf dem Landcskongreß durch eine Parteigenossin, Frau Lehrer G j ö st e i n, vertreten. Der Kongreß hat sich mit einer Reihe verschiedener Fragen befaßt. Man sprach unter anderem über eine Reform der Ehegesetz» gebung, dann über die Anstcllungs- und Lohnverhältnisse der Tele» graphistinnen, verlangte, daß sie in jeder Hinsicht ihren männ» lichen Kollegen gleichgestellt werden, und beschäftigte sich ferner mit dem Mädchenschulwesen, wobei die Forderung nach planmäßigem Unterricht in häuslicher Oekonomie besonders hervorgehoben wurde. Unter den norwegischen Frauenrechtlerinnen gibt es viele, die in der Sozialgesetzgebung gegen besondere Arbeite- rinnenschutzbestimmungcn agitieren, in der Meinung oder unter dem Vorwand, daß auch in dieser Hinsicht der Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter gewahrt werden müsse. Damit man diese Auffassung eventuell im Storthing zur Geltung bringen könnte, schlug Fräulein Gina Krog vor, der Kongreß möge sich dafür aussprechen, daß die Storihingsberatung des Fabrikgesetzes bis nach den Neuwahlen verschoben werde. Bei diesen Wahlen, die im nächsten Jahre stattfinden, werden ja die norwegi- schen Frauen zum ersten Male ihr staatsbürgerliches Wahlrecht aus- üben, das ja allerdings kein allgemeines ist. Gelingt es dann dem Fräulein Krog oder ihren Gcsinnungsgenossinnen, gewählt zu werden, so wollen sie dafür sorgen, daß im Fabrikgesetz das Aus- beutungsrecht der Unternehmer an den Arbeiterinnen nicht mehr eingeschränkt wird, als das an den männlichen Arbeitern. Gina K r o g s Antrag wurde jedoch abgelehnt, nachdem die Genossin G j ö st e i n mit aller Entschiedenheit die Forderung der prole- traischen Frauen und der Arbeiterpartei auf besonderen und aus- reichenden Schutz der Arbeiterinnen zur Geltung brachte. Ueber die Stellung der Frauen zu den Stor» thingswahlen hielt Frau Quam Vortrag. Sie meinte, daß wenig Aussicht zur Wahl weiblicher Storthingsabgeordncter vorhanden sei. Man müsse darum vor allem auf die Ausklärungs- arbeit Wert legen und dafür sorgen, daß die Wahlrcchtsbedingungen der Frauen denen der Männer gleichgemacht werden, die Abhängig- keit des Frauenwahlrechts von einer Steuerleistung für ein Mindestjahreseinkommen von in den Städten 400, auf dem Lande 300 Kronen, also beseitigt wird.— Die bürgerlichen Frauen haben offenbar eingesehen, daß wenn auch das beschränkte Frauenwahl- recht ihren Klasseninteressen dienen kann, es doch für sie als Frauen nicht so vorteilhaft ist, wie das allgemeine Frauenwahlrecht.— Zum Schluß begeisterten sich die bürgerlichen Frauenwahlrccht- lerinnen noch für die„nationale V e r t e i d i gu n g s- Politik", worüber eine Frau Martha Steinvik sprach. Diese Dame hielt es nur für eine Frage der Zeit, wann ein Krieg ausbrechen werde; Krieg müsse einmal kommen, und da wäre es notwendig das Nationalgefühl zu reinigen und zu heben. Die Rednerin. die nun mit ihrem Vortrag im Lande herumreisen will, erinnerte stark an die dänischen„Kanonenweiber", meist Damen aus den höheren Gesellschaftsschichten, die dort für eine solche mords- patriotische„Frauenbewegung" agitieren. Solange noch die Union und der Unionsstreit mit Schweden bestand, hatten die norwegischen Militaristen einen guten Vorwand für kriegerische Rüstungen, Festungsbauten und dergleichen; seitdem aber die Union auf fried- lichem Wege gelöst, ein Friedensvertrag und eine neutrale Zone zwischen beiden Ländern geschaffen ist, sind die'Mordspatrioten ganz auf leere Phantastereien angewiesen, um das friedlich gesinnte Volk in kriegerischen Taumel zu versetzen. Daß Frauenwahlrecht» lerinnen den Schwindel mitmachen, ist ja um so trauriger. Versammlunge»— Veranstaltungen. Schöneberg . Montag, den 13. Juli, Neue Rathaussäle, Meininger- straße 3: Vortrag. Gemütliches Beisammensein. KönigS-Wusterhausen und Wildau . Montag, den 13. Juli, 8 Uhr, be? Wedhom: Zahlabend. Vortrag: Genosse Kurt Heinig . Letzte JNacbricbten und Depefcben. Strcikbruch per Torpedo. Fiume, 10. Juli. (W. T. B.) Infolge des Anfstandes der Schiffsmannschaft der Ungarisch-Kroatischen Schiffsgcsell- schaft ist der Verkehr auf den Dalmatiner Linien und nach Ancona und Venedig eingestellt worden. Fiume, 10. Juli. (B. H. ) Wegen des Streiks bei der ungarisch - kroatischen SchiffahrtSgesellschost sind aus Pola mehrere Torpedo» boote eingetroffen, um den Postdienst nach den Küstenstädten zu versehen._ Jugendgerichtshöfe. München , 10. Juli.(B. H. ) Die Errichtung von Jugend- gerichtshöfen in Bayern steht laut.Münchener Neuesten Nach- richten" unmittelbar bevor._ Jonas Lies Beisetzung. Christiauia, 10. Juli. (W. T. B.) Die Beisetzung des Dichters Jonas Lie fand heute hier unter außerordentlich starker Beteiligung statt. Der König hatte einen Vertreter entsandt. Im Gefolge waren zahlreiche Mitglieder der Regierung und des Storthings. Auch das diplomatische Korps sowie die Zivil- und Militärbehörden waren vertreten. Eisenbahn -Unfälle. Augsburg , 10. Juli. (B. H. ) Am Bahnhof Buchloe wurde der Münchener Wagenwärter Eichhorn vom AugSburger Schnellzuge er- faßt und getötet. Winnipeg , 10. Juli. (W. T. B.) Bei einem Zusammenstoß von zwei Personenzügen der Canadian Pacific-Eisenbahn in der Nähe von Medicine Hat wurden sieben Personen getötet und eine Anzahl verletzt._ Erdbeben. Wie wir an anderer Stelle mitteilen, wurden vorgestern von der Erdbebenwarte Krietern zwei Erdbeben registriert. Telegramme vom Freitag bestätigen die Richtigkeit jener Mel- düngen: Graz , 10. Juli. (B. H. ) Heute früh 3,15 Uhr wurde in ver. schiedenen Gegenden Steyermarks ein ziemlich heftiges Erdbeben verspürt. In der Zeit von zwei Minuten wurden eine Reihe starker Erdstöße beobachtet. Udine , 10. Juli. (W. T. B.) Heute früh um 1 Uhr 30 Min., 3 Uhr 25 Min. und 7 Uhr 30 Min. wurden hier Erdbeben ver- spürt, von denen das um 3 Uhr 25 Min. sich durch einen großen Teil der Provinz erstreckte und in Cividale , Tolumezzo, Codroipe und Lestizza eine Panik hervorrief. Schaden ist nicht angerichtet. Großbetrieb. Frankfurt M.. 10. Juli.(B. H. ) In Offenbach wurde der Schwcinchändler Johann Mahl wegen Fälschungvonvierzig Wechseln verhaftet.___ Zh, Glocke. Berlin , Druck».Verlag: Vorwärts Buchdr, u. Lerlagsgnstalt P.a.ul Singer& Co.. Berlin S.W, Hierzu 2 Beilage» u, stnterhaltungsbl.
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