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werde, sei an der Wiedergewinnung des alten Einflusses zu denken. Der Redner gab in dieser Hinsicht einige Fingerzeige und schloß mit dem Rufe:.Ein HundSsott. der unsere Sache auf- gibtl" Wir bezweifeln, daß dieser temperamentvolle Ruf dazu bei- tragen wird, dem Nationalliberalismus die früheren Anhänger zurück- zugewinnen und die jetzigen vor der Fahnenflucht zurückzuhalten. Man darf im Gegenteil annehmen, daß immer mehr Nationalliberale zu der Ansicht kommen: Ein Hund Sfott, wer bei dieser Partei bleibt!-_ Schweiz  . Schmählicher Zarendienst. So sind alle Proteste denn doch vergeblich gewesen uitd der Appell an die Humanität hat in dem Lande, auf deren Bergen einst die Freiheit wohnte, kein Echo gefunden. Das B u n d e s g e r i ch t hat sich dem Befehl des Zaren ge- beugt und die Auslieferung des russischen SozialrevolutionärsWassilieffgenehmigt. Tie Schweiz   hat aufgehört, ein Asyl für die verfolgten Opfer des Zarismus zu sein, und der Schergendienst, den das will- fahrige Gericht dem Despotismus geleistet hat, vernichtet auf immer das, was den höchsten Ruhm der kleinen Republik  ausgemacht hat. Wassilieff war beschuldigt, die Hinrichtung des Polizei- mcisters von Pensa   vollzogen zu haben. Dieser Polizist war von den Bluthunden, die der Zarismus auf das russische Volk losgelassen hat, einer der schlimmsten. Mit sadistischer Grausamkeit wütete er gegen unschuldige Bauern; nicht nur Männer, auch Frauen und Kinder wurden auf seinen Befehl zu Tode gemartert und geprügelt, bis ihn schließlich sein 'Schicksal erreichte. Eine sorgfältig und nachdrücklich geführte Verteidigung hatte den Nachweis geführt, daß die Auslieferung Wassilieffs dem Schweizer   Recht völlig zuwider wäre, und schon durfte man hoffen, daß das Abscheuliche nicht geschehen würde. Vergebens! Kleinbürgerlicher Klassenhaß und Bs- schränktheit, feige Sorge um die politischen Folgen der Wahrung des Asylrechts haben die Richter vermocht, den Revolutionär den zarischen Henkern zu überliefern. Aber mit Wassilieff haben die gefügigen Richter zugleich die Achtung und Liebe geopfert, die man ihrem Lande entgegen- brachte. frankreich  . Die Verstaatlichung der Westbahn. Paris  , 11. Juli.  (Eig. Ber.) Nun hat auch die Kammer den Gesetzentwurf über die Verstaatlichung der Westbahn in der Fassung des Senats angenommen. Wenn man den Kassandrarufen der konservativen und manchesterliberalen Presse Glauben schenken wollte, wäre die Republik   damit auf die schiefe Ebene geraten, die sie von dem so trefflich eingerichteten kapitalistischen   WirtschaftS- system in daS Verderben des Kollektivismus hinabgleiten läßt. Die Durchsetzung des Gesetzes war für die Regierung nicht leicht. Namentlich im Senat war die Opposition unter Führung des alten 5wrruptionisten Rouvier groß. Die Kommisosin hatte Vertagung betantragt, und dieser Antrag wurde nur mit drei Stimmen Mehr- heit abgelehnt, wobei es im Verlauf der Stimmenauszählung ver- dächtige Mogeleien gab. Und schließlich hatte sich Clemenceau   doch noch zu einer Konzession an den Senat entschließen müssen, die äußerlich wie ein Zugeständnis an das parlamentarische Prinzip aussieht, aber in der Praxis die Einführung des Staatsbetriebes auf der Westbahn noch empfindlich verzögern kann. Die Orga- nisation und Verwaltung des übernommenen Netzes, sowie die mit dem Ankauf und dem staatlichen Betrieb verbundenen provisorischen finanziellen Maßnahmen sollen nämlich nicht, wie es in dem Ent- wurf hieß, durch ein Dekret, sondern durch ein Gesetz geregelt wer- den. Der Kommunikationsminister Barthou   hat die Kundmachung des Verstaatlichungsgesetzes für spätestens Ende 1908 zugesagt. Dies verpflichtet ihn auch, den Entwurf über die provisorische Ver- waltung ohne Verzug vorzulegen. Eine Verlängerung dieses Pro- visoriums aber mühte den Verkehr auf der ohnehin sehr schlecht verwalteten Westbahn total desorganisieren. So wird die Regie- rung wohl auch das Gesetz über die definitive Organisation des Betriebes bald vorzulegen gezwungen sein, ohne freilich die unver- besserlichen Manchesterliberalen des Senats, die zudem bei der Ver- teidigung der Eisenbahngesellschaften ihre persönlichen Interessen ver- treten, hindern zu können, noch einmal alle Künste der parlamen- tarischen Opposition und Korruption aufzubieten. Die Zustimmung zumPrinzip" der Verstaatlichung war eine Konzession an die Stimmung der kleinbürgerlichen Demokratie, die die Senatoren bei all ihrer Verknüpftheit mit dem Finanzkapital schon darum nicht verweigern konnten, weil Clemenceau sie flehent- lich angegangen hatte, seine Gendarmenrolle durch die Verwirk- lichung wenigstens dieses einen Punktes seines berühmten Reform- Programms wieder in ein etwas besseres Licht zu setzen. Wenn man die regierungsfreundliche Presse die Verstaat- lichung wie ein großes, für den allgemeinen politischen und sozialen Fortschritt Frankreichs   entscheidendes Ereignis feiern sieht, so steckt natürlich ebenso bewußte Uebertreibung darin wie hinter den Unheilprophezeiungen, an denen die großkapitalistische Presse so reich war. Sicher hat für ein Land mit einer so verstockten liberalen Bourgeoisie wie Frankreich   die Ausdehnung des Staats­betriebes auf die Bahnen eine gewisse prinzipielle Bedeutung. Aber eS gehört schon ein ganz unverbesserlicher Optimismus dazu,- im Anblicke des gestrigen Beschlusses seine Seele gelöst zu fühlen und die solange verlegte Bahn des demokratischen und sozialen Fortschritts wieder geöffnet zu glauben. Wie sehr auch die Ver- staatlichung der Verkehrsmittel in der Linie der sozialistischen  Gegenwartspolitik liegt, so bleibt darum doch unbestreitbar, daß sie zunächst die Machtmittel des bürgerlichen Staates stärken und die Einflußsphäre der parlamenta  - rischen Korruption erweitern muß. Ein Gegengewicht kann da nur die Organisation der Arbeiter und Be- a m t e n bieten, die Schutzeinrichtungen gegen Willkür und Pro- tektion schafft, sowie die parlamentarische Kontrolle durch eine starke sozialistische Vertretung._ Eine Nachwahl. Paris  , 13. Juli. Bei der gestrigen Ersatzwahl zur Deputiertenkammer in Valence   an der Rhone   siegte der Kandidat der unabhängigen Sozialisten C hadert. Die Tagung des Parlaments wurde geschlossert. Olrkei. Die jungtürkische Bewegung. Konstantinopel  , 13. Juli. Gestern wurde auf dem französischen   DampferSidon  '' während der Fahrt von Saloniki   nach Konstantinopel   der General Fazil Pascha von einem türkischen Offizier ermordet. Der Dampfer traf heute früh in den Dardanellen ein. Tie Pforte wird die Auslieferung des Mörders verlangen. KSln, 18. Juli. Wie derKölnischen Zeitung  " aus Kon- Pantinopel gemeldet wird, weigert sich der an Stelle Schemst i Paschas nach Monastir   berufene Marschall Osman Pascha   ab- zureisen, indem er Krankheit vorschützt. Vertretungsweise wurde Rachmi Pascha nach Monastir   beordert, der sich aber ebenfalls weigerte abzureisen. Perfien. Tiibris kämpft weiter. Täbris  , 13. Juli.  (Meldung der Petersburger Tele- graphen-Agentur.) Eine Schar Revolutionäre   hißte heute morgen auf dem Gebäude des ehemaligen Endschumens eine rote Fahne. Mittags zog Rakhim Khan mit tausend Reitern in die Stadt ein und durchquerte das feindliche Stadtviertel Hiaban, ohne bei den Ein- wohnern, die ihre Waffen und ein Geschütz auslieferten, auf Widerstand zu stoßen. Rakhim Khan stellte sich mit seinen Truppen in dem dem Schah gehörenden Garten Äazischaman auf. Man erwartet eine Belagerung des Stadtbezirks Umirakhis, der noch im Wider st and beharrt und wo seit heute früh geschossen wird. Der Schah gab tele- graphisch Befehl, keinerlei Matzregeln zu scheuen, um den Aufstand schleunigst zu unterdrücken. Inäo- China. Die Unruhen. Saigon  , 12. Juli. In Neithan, Provinz Bac-nink, sind ein Polizeiinspektor und ein eingeborener Beamter von Piraten  ermordet worden. Auf die Angabe von eingebornen Soldaten hin wurden zweiAnnamiten, ein Professor und ein Dolmetscher, verhaftet und der Kommission für Kriminalsälle überwiesen wegen Aufreizung zur Revolte und zur Ermordung von Europäern. Paris  , 12. Juli. Einer Blättermeldung zufolge wird die Regie- rung infolge der Ereignisse in Tonkin im Laufe des Juli drei- tausend und bis zum Ende deS Jahres weitere fünftausend Mann Verstärkungen nach Jndochina senden. jVlarokko. Der Marsch der Sultane. Paris  , 12. Juli. Aus Fes wird unter dem 8. Juli gemeldet: Hier erhält sich das Gerücht, daß M u l a y H a f i d am 11. Juli entweder nach Rabat   oder nach Marrakesch   abmarschieren wird. Von Rabat   kommt heute die Nachricht, daß Abdul A s i S um 10 Uhr morgens mit dem Machsen nach Tmara, einem süd- lich von Rabat   gelegenen Orte, abgereist ist. Sein Ziel ist Marrakesch.  _ Hua der Partei. Ein amtliches Lob für die Sozialdemokratie. DaS König!. Statt st ische Landesamt für Württemberg   veröffent- lichte kürzlich in den Württcmberger Jahrbüchern für Statistik und Landeskunde, Jahrgang 1997, 2. Heft, eine instruktive Arbeit des Finanzrats Dr. A. Schott überDie Ergebnisse der Landstags- und Reichstagswahlen in Württemberg   im Winter 1996 aus 1997". Ueber die L a n d t a g S w a h l wird darin gesagt: Inwieweit die Proporzwähler der Stadt Stuttgart   sich streng an die Parteistimmzettel gehalten und diese u n a b g e ä n d e r l in die Wahlurne eingeworfen haben, ist aus den als besondere Beilage den Wahl- kommissionsprotokollen der 82 Abstimmungsdistrikte angefügten Zähl- bogen ermittelt worden. Danach wurden insgesamt 29 2l6 Stimmzettel, das sind 71,9 Proz, der überhaupt abgegebenen gültigen Stimm- zettel, ohne jegliche Aenderung seitens der Wähler in die Urne ge- lteckt. Allen voran in der sorgfältigen Wahrung der Parteidisziplin stehen die Anhänger der Sozial- d e m o k r a t i e und des Zentrums. Die absolut und relaiiv ge- ringste Zahl von unverändert abgegebenen Stimmzetteln sind bei der konservativen Partei zu verzeichnen." Von der Sozialdemokratie wurden nämlich 92,1 Proz., vom Zcntruni Sl.ö Proz,, von der konservativen Partei 3ö,2 Proz. unab- geänderte Zettel abgegeben. Ueber sie ReichstagSwahlen wird gesagt:Ebenso war bei den Reichstagswahlen am 2S. Januar 1997 die Sozialdemokratie gegenüber jeder anderen Partei im Uebergewicht. Sie ist zugleich die einzige Partei, die in allen Reichstags Wahl- kreisen Stimmen erhielt. Von 199 gültigen Stimmen trafen auf diese außerordentlich rührigeParteiL? Proz., dann folgten das Zentrum mit 22.8 Proz. und die Volkspartei mit 19,1 Proz." Unsere Toten. In Reistenhausen   im Maintal   starb der Genosse Robert R ü d. In Hamburg   hatte er die Lehren der Sozial- demokratie kennen gelernt. Nachdem er in seine Heimat zurückgekehrt war. hat er unermüdlich für die Partei und seine Gewerkschaft, die der Steinhauer, gearbeitet. Die Proletarierkrankheit hat ihn dahin- gerafft._ Ein seltsames Bohkotturteil. Der Redakteur unseres Geraer   Parteiblattes Genosse Hermann Seyfarth hatte sich am Donnerstag wegen Verrufserklärung vor dem Gericht zu Gera   zu verantworten. In der.Reußischen Tribüne" war in einer Notiz aus der sächsiichen Enklave Liebschwitz   der dortigen Arbeiterschaft mitgeteilt worden, daß den Arbeitern kein Saal mehr zur Verfügung steht und daß sie daraus die Konsequenzen ziehen möchten. In dieser Wendung wurde die Aufforderung zum Boykott erblickt, die durch einen Straf- befehl, der sich aus eine Verordnung der Amtshauptmannschaft Zwickau   vom Jahre 1394 stützt, mit M. Geldstrafe gesühnt werden soll. Unser Genosse beantragte selbstverständlich gerichtliche Entscheidung. Er bestritt die ihm zur Last gelegte Schuld und be- hauptete, daß die sächsischen Verordnungen doch nicht für Reuß j. L. maßgebend sein könnten. Er habe übrigens keine Kenntnis davon, daß dieReußische Tribüne" in Liebschwitz   gelesen würde. Der Staatsanwalt hielt unter Zuhilfenahme des RechtShilfegesetzeS aus den S9er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Verbindung mit § S60,u des Strafgesetzbuches und des§ 29,� deS PreßgesetzeS die Verrufserklärung aufrecht und beantragte 15 M, Geldstrafe. DaS Gericht erkannte demgemäß, weil der Tatbestand der Boykotterklärung gegeben und nach mehreren Reichsgerichts- entscheidungen strafbar sei. Das komische an der ganzen Sache ist, daß unser Genosse nach einem sächsischen Gesetz in Reuß j. L. der« urteilt worden ist. Er wird Berufung einlegen. Soziales. Zur Lage der Staatsarbeiter in Preußen. In dem soeben erschienenen Jahresbericht der Allgemeinen Ar- beitSnachweiSstelle für Kiel   und Umgegend findet sich folgender PassuS: Die der königlichen Eisenbahn- Betriebs- Lnspektion unterstellten Bahnmeistereien in Kiel  , Hassee und Preetz   sowie die Bahnmeisterei in Voorde be- nutzten auch bereits m früheren Jahren unsere Vermittelung. Die Beschaffung der hier benötigten Arbeitskräfte bereitete jedoch be- sondere Schwierigkeiten, da die gestellten Anforderungen bezüglich der körperlichen Tauglichkeit in einem nicht besonders günsttgen Verhältnisse zur Entlohnung stehen, Die Allgemeine Arbeitsnachweisstelle in Kiel   ist ein von staat- lichen und kommunalen Behörden sowie von Arbeitgeberorganisationen unterstütztes und in Anspruch genommenes Institut, das unter der Leitung eines LandeSversicherungsrateS steht. Wenn von solcher Seite einem staatlichen Betrieb, sei es auch nur sin verblümten Worten, öffentlich nachgesagt wird, seine Ansprüche seien so hoch, seine Löhne so schlecht, daß sogar Arbeitslose auf solchen königlichen Dienst verzichten, kann man sich die dieser Mitteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse, über die leider nichts Näheres ausgeführt wird, gar nicht kraß genug vorstellen. Gegen Freizügigkeit der Landarveiter. Der in Mainz   abgehaltene diesjährige landwirtschaftliche Ge- nossenschaftstag erörterte in einer Weise dieLandflucht". Landrat v. Eisen hard-Rot aus Bublitz in Pommern  sprach über die Maßnahmen genossenschaftlicher Art, mittels deren sich dem Landarbeitermangel entgegenwirken lasse. Die Bindung an die Scholle sei notwendig, und müßten Einrichtungen geschaffen werden, die den Arbeiter nötigten, bei dem Großgrundbesitzer zu arbeiten. Hier biete das Renten- gutSgesetz eine Handhabe und die Dorfau solle in E r b b a u gegeben werden. Doch solle man nur da zur Eigentumsübertragung schreiten, wo sich keineFabriken in der Nähe befänden, die die Arbeiter anzögen. Die pommersche AnsiedelungS- kommission arbeite bereits in dieser Richtung. Auch solle verhindert werden, und zwar von Reichs wegen, daß eine Gegend der anderen die Arbeiter abjage. Aehnlich sprachen die folgenden Redner. Die Landarbeiter- frage sei Wohnungsfrage. Der Verlust der Arbeitsstelle treibe die Arbeiter in die Stadt, da der Grundbesitzer meist auch der Woh- nungSeigentümer sei. Ein Redner regte an, den Arbeitern Gelegen- heit zum Grunderwerb zu geben, ein anderer empfahl die Schaffung eines Kreditinstituts, etwa einer Parzellierungsbank, ein dritter wollte, daß die Genossenschaften mehr die Parzellierung größeren Grundbesitzes förderten und mit dem erwerbsmäßigen Güterhandel in Wettbewerb treten. Schließlich wurde die folgende Resolutton angenommen: Der Genossenschaftstag erachtet es für dringend erwünscht, daß der Reichsverband der überaus wichtigen Frage der Seßhaft- machung der ländlichen Arbeiter auf genossenschaftlichem Wege fortgesetzt seine Ausinerksamkeit zuwendet." Die Tagung zeigt wieder klar, daß die Rentengutsgesetzgebung und derlei ähnliche Wünsche nicht von irgend einer Rücksicht auf die Arbeiter, sondern lediglich von der Rücksicht darauf diktiert ist, die Großgruudbesitzer mit willigen und billigen, von ihnen abhängige, hörige, tatsächlich der Freizügigkeit«beraubte Arbeiter zu versorgen. Bereits anfangs der neunziger Jahre be- tonten LandwirtschastSorganisationen, wie die brandenburgische, die Rentengüter müßten so klein sein, daß der Besucher zur Arbeit auf den Rittergütern gezwungen wird. Statt all der Ouacksalbereieu, die der landwirtschaftliche Genossenschaftstag empfiehlt, hätte er rechtliche Gleichstellung der ländlichen Arbeiter mit den gewerb- lichen. vor allem Beseitigung der gegen die ländlichen Arbeiter bestehenden Ausnahmegesetze und Koalitionseinschränkungen verlangen sollen. Arbeiterschutzgesetze für die ländlichen Arbeiter tun dringend not. Die reaktionären Pläne der Herren Groß- grundbesitzer zeigen, wie von Tag zu Tag dringender eine Orgayi- sation der Landarbeiter für Preußen und Deutschland   ist. Prämien für Ueicrtretung von Arbefterschutzvorschrifte». In welch rigoroser Weise sich Unternehmer zuweilen über die sozialpolitischen Gesetze hinwegsetzen, ergab eine am Sonnabend vor der Strafkammer in Halle stattgehabte Verhandlung gegen den Kohlengrubenbesitzer Karl Hoffmann und den B e- triebsfüh rer Hermann Metz von dort. Beide wurden beschuldigt, dem Berggesetz sowie der Gewerbeordnung zuwider ihre Kesselheizer bei dem Förderbetriebe vom Sonnabend bis Montag 24 Stunden hintereinander beschäftigt zu haben. Das Gesetz gestattet im Höchstfalle eine 12 stündige Schicht. Um die Gesetzwidrigkeit zu verdecken, zeichnete der Betriebjsführer in den Kontrollisten andereNamen ein. Die ausgebeuteten Heizer waren mit der langen Arbeitszeit nicht einverstanden; sie fügten sich aber dem Zwange, um keinen Schaden zu leiden. Erst durch eine anonyme Anzeige kamen die Vergehen zutage. DaS gefährliche Treiben, Arbeiter 24 Stunder hintereinander vor einem glühenden Kessel zu be« schäftigen, und die daraus für den ganzen Betrieb resultierenden Gefahren waren den Angeklagten als Fachleuten bekannt. Der Grubenbesitzer kam aber mit 199 M. und der Betriebsführer mit 59 M. Geldstrafe davon. Ueberschlägt der Verurteilte die Höhe deS Gewinnes, den er auS der Gesetzesverletzung gezogen zu haben meint, mit seinen straf- rechtlichen Unkosten, so dürfte die Bilanz wenig geeignet sein, ihn von Wiederholungen der Gesetzesübertretungen abzuhalten. Eine ähnliche, noch leichtere Rechnung mögen die Unternehmer aulstellen, die wegen Unterschlagung von Krankenkassenbeiträgen besonders milde angefaßt werden. Zu den vielen von uns nach dieser Richtung angeführten Beispielen fügen wir ein zu Anfang dieses Monats von der bekannten Schubert-Strafkammer in Königs- berg gefälltes Urteil. Der Bauunternehmer Adalbert Hoff war angeklagt, sich dadurch einen rechtswidrigen Vermögens- vorteil verschafft zu haben, daß er Krankenkassenbeiträge, die er seinen Arbeitern vom Lohn abgezogen hatte, nicht an die Orts- kränkenkasse abgeführt, sondern das Geld unterschlagen und für sich verwendet hat. Der Angeklagte gab zu, sich dieses Vergehens schuldig gemacht zu haben, er sei damals in Gftdkalamitäten gewesen und habe sich. daS Geld für die Lohnauszahlung erst borgen müssen. Daß er sich sttafbar machte, wenn er die Krankenkassenbeiträge nicht sofort abführe, will er nicht gewußt haben, auch habe er noch die Absicht, die Kasse schadlos zu halten. Wie die Verhandlung ergab, datieren die Unterschlagungen'seit dem 29. Juli 1997. Der Gesamt- betrag der der Kasse rechtswidrig vorenthaltenen Beiträge beläuft sich auf etwas über 99 M. Das Urteil lautete auf 20 M. Macht Reingewinn: 70 M._ KonfumvereinSbSckerci in Chemnitz  . Eine Million Mark wird alles in allem der vom Allgemeinen Konsumverein für Chemnitz   und Umgegend seit langem projektierte Bau der Brotbäckerei kosten. Die Baupläne sind genehmigt und mit den AusschachlungSarbeiten ist bereilö begonnen worden. DaS 39 999 Quadratmeter enthaltende Bauland liegt an der Reichenhainer Straße an der Aue-Adorfer Eisenbahn in der Nähe des Südbahnhofes; es wird Gleisanschluß erhalten. Das Bauland kostet 399 999 M. Auf ihm wird nicht nur die Konsumbäckerei erstehen, für die 689 599 M. Baukosten veranschlagt sind, sondern auch ein neues Verwaltungsgebäude, und die Deutsche Großeinkaufs-Gesellschaft, Sitz Hamburg  , wird ein großes Lagerhaus dort errichten. ES bleibt dann immer noch lltaum für 39 bis 34 Baustellen, die verkaust werden können, sobald der Bebauungsplan aufgestellt und genehmigt ist. Die Bäckerei wird für 12 Backöfen eingerichtet, 6 werden sofort, die anderen nach Be- darf eingebaut. Die technisch vollendetsten Maschine» und modernsten Einrichtungen werden in den Bettieben zu finden sein. Durch Anteilscheine brachten die Mitglieder etwa 199 999 M. auf. Die Krankenkassen find berechtigt, Heilmittel selbst zu verabfolgen. Dieses aus dem Krankenversicherungsgesetz klar folgende Recht der Krankenkassen ist am Donnerstag vom OberverwaltnngSgericht in einem VerwaltungSstreitverfahren ausdrücklich anerkannt. Die Ortskrankenkassen von Wilhelmshaven  bilden einen Verband, der eine eigene Niederlage für solche Heil- mittel. Drogen und chemische Präparate errichtet hatte, deren Einzel- verkauf nach den bestehenden Vorschriften auf Apotheken nicht be- schränkt ist. Der Magistrat als Aufsichtsbehörde er- klärte die Verpflichtung der Kassenmitglieder, in nicht dringenden Fälle» die Drogenverteilungsstelle des Kassen- Verbandes zu benutzen, unter Berufung auf ministerielle Erlasse für gesetzwidrig. Durch Verfügung untersagte er die Benutzung derartiger Rezepte und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung auf Grund deS§ 45 des Gesetzes Orb nUngSstrafen an. Die Verfügung wurde Borgmann, damals Vorsitzender per Ortskrankenkasse der Maurer und Steinhauer und zugleich Vor- sitzender des örtlichen Verbandes, behändigt. Durch Schreiben vom