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brachte Verdacht in Betracht, die Direktion Habs durch die Aeußerunc; eine sogenanntehöhere Einwirkung" herbeiführen wollen, die sie von den eingegangenen Lieferungsverpflichtungen befreien sollte! Unwidersprochen steht fest, daß die Werft nicht in der Lage war, das in Arbeit befindliche SchiffErsatz Württemberg" rechtzeitig fertigzustellen. Selbst bei aus gedehntester Ueberzeitarbeit wäre es nicht möglich gewesen, die Arbeit bis zum Liefertermin zu bewältigen. Daher wurde der Verdacht laut, die Werftdircktion suche nach einem Vor wand, um einen Anspruch auf Verlängerung der Lieferzeit zu haben und Nachlaß der der wirkten Konventionalstrafe zu erhalten! Und diesen Anspruch wolle sie mit der Arbeits unter- b rechung begründen, die sie selbst vorgenomuie» hat und die sie durch alles Maß übersteigende Ansprüche an die Arbeitskraft provoziert habe I Merkwürdigerweise geht die Direktion auf diesen, wie schon bemerkt, auch imB. T." ausgesprochenen Verdacht bei ihrer in diesem Blatte gegebenenRechtfertigung" mit keinem Worte ein! Sachlich bestätigt sie in ihrer Erklärung, daß sie die Aussperrung der 7800 Mann vorgenommen hat, weil an einem Tage 271 und an einem anderen Tage 517 Nieter keine Ueberstunden geleistet haben. Dabei behauptet sie� lediglich, die Arbeit sei gerade dort nicht ge leistet worden, wo sie besonders dringend ge Wesen sei. Das mag vielleicht stimmen und fände darin seine Erklärung, daß gerade an diesen Stellen die bereits geleistete Ueberzeit die Grenze der Leistungs fähigkeit überschritten hatte! Wo aber ist da die Begründung für das moralische Recht der Vrotlosmachung von zirka 8000 Arbeitern? Die Oeffentlichkeit hat nunmehr das Urteil über de» mr geheuerlichen Terrorismus, über den beispiellosen Gewaltakt der Werftgewaltigea zu fällen! SieGefährdung der Staatsiichcrljeit" durch die arlftokratKche Korruption. DieDeutsche Tageszeitung" hat einen feinen Riecher für die Gefahren, die den Privilegien des Junkertums drohen. Sie hat ebensowohl wie die sozialdemokratische Presse deutlich erkannt, daß die Kette der Sensations- und Kor- ruptionsprozesse, die unsere Gerichte in Sachen der Harden, Moltke , Eulenburg und Konsorten beschäftigt haben, die Sicherheit unseres heutigen Junkertums gefährden. Das Oertelblatt hat er- kannt, daß die Wiederholung solcher Prozesse oder besser gesagt, daß die Oeffentlichkeit ähnlicher Skandalprozesse die Junker- Autorität und-Privilegien derart gcstlltrden würde, daß die Junkerherrschaft tatsächlich bedroht werfc« würde. DieDeutsche Tageszeitung" veröffentlicht deshalb einen ihr vonjuristischer Seite" zugegangenen Artikel, in dem bitterliche Klage darüber erhoben wird, daß über die Skandalosa des Eulen burgprozesses trotz des Ausschlusses der Oeffentlichkeit wegen an- geblicherGefährdung der Sittlichkeit" in der Presse berichtet worden sei. Wir haben schon mehrfach bemerkt, daß die Deutsche Tageszeitung" selbst sich durch den Ausschluß der Oeffentlichkeit nicht hat abhalten lassen, über die Prozeß- Verhandlungen zu berichten. Aber nicht dieser heitere Widerspruch zwischen der Theorie und der Praxis des AgrarierorganS,� sonder» die Begründung seiner Forderung des absoluten Ausschlusses der Oeffentlichkeit darf hier das Interesse bean- spruchen.-.........!' Diejuristische Seite" des Oertel-Blattes erklärt, daß die Tatsache, daß über den Prozeß trotz des wegen angeblicher Ge- sährdung der Sittlichkeit erfolgten Ausschlusses der Oeffentlichkeit in der Presse Berichte erschienen seien, einezweifellose Lücke des Gesetzes" aufzeige. Der Gesetzgeber sei auf halbem Wege stehen geblieben. Man habe durch das Gerichtsverfassungsgesetz zwar für die Verhandlung die Oeffentlichkeit ausgeschlossen, nicht aber die Möglichkeit einer Berichterstattung für die Presse unterbunden. Da könne nur eins helfen. Der Artikel 1, Z 175, Absatz 2 der Novelle vom 5. April 1888, der bestimme, daß, wenn die Oeffentlichkeit wegen Gefährdung der Staatssicherheit ausgeschlossen worden sei, das Gericht den anwesenden Personen, also sämtlichen Prozeßbeteiligten, einschließlich der Zeugen und Sachverständigen, die Geheimhaltung der Ver- Handlung zur Pflicht machen könne, und der überdies Berichte über die Verhandlungen durch die Presse mit Strafe bedrohe, müsse auch auf diejenigen Verhandlungen ausgedehnt werden, bei welchen Ausschluß der Oeffentlichkeit nicht wegen Gefährdung der Staatssicherheit, sondern nur wegen Gefährdung der Sitt- l i ch k e i t erfolge!»u Die Sozialdemokratie ist, was kaum erwähnt zu werden braucht, auch Gegnerin des Artikels 1,§ 175, Absatz 2, wonach wegenGefährdung der Staatssicherheit" die Oeffentlich- keit ausgeschlossen werden kann. Läßt sich doch diese Bestimmung, die anscheinend nur einen Schutz diplomatischer oder militärischer Geheimnisse gegenüber dem Auslande darstellt, jederzeit kautschukartig derart ausdehnen, daß alle mög- lichen sogenannten Hochverratsprozesse der Kritik der Oeffentlichkeit entzogen werden können! Hatte doch auch der Reichsanwalt im Falle des Genossen Dr. Karl Liebknecht den Ausschluß der Oeffentlichkeit beantragt! Es hieße akrer der sich hinter die sogenannte Staatsräson in Wirklichkeit den Klasseninteressen der Herrschenden> ver­schanzenden Willkür Tür und Tor öffnen, wenn der wegen der Gefährdung der Staatssicherheit mögliche Ausschluß der Oeffentlichkeit inklusive des Schweigcgebots aller in dem Prozeß Beteiligten auch auf andere Prozesse ausgedehnt werden könnte, bei denen es sich angeblich nur um Gefährdung der Sittlich- keit handelt I Bei den Gerichken über die Eulenburgiana ist auch nicht das Geringste mitgeteilt worden, was die Sittlichkeit zu gefährden geeignet gewesen wäre! Wohl aber enthalten diese Berichte mancherlei, was Beweis dafür ablegt, daß in den obersten und maßgebend st en Kreisen der sogenannten Staats- erhaltenden die Sittlichkeit nicht nur den ärgsten Gesähr- düngen ausgesetzt ist, sondern vielfach tatsächlich vergewaltigt wird! Das ist es auch gerade, was die Besorgnis der Junker und ihrer juristischen Handlanger erregt hat! Man weiß ganz genau, daß nicht die Berichte über die Eulenburgprozesse die Sittlichkeit gefährden, sondern die aristokratischen Lumpereien, die den Gegenstand derartiger Prozesse bilden. Man befürchtet eben, daß durch das Bekanntwerden der diesen Prozessen zugrunde liegen- den Tatsachen dieStaatssicherheit gefährdet" wird, das heißt die Sicherheit des preußischen� Junkerstaates, dessen vornehmste Träger durch derartige Prozesse alS bis ins Mark zer- morschte Stützen der sogenannten heutigen Ordnung entlarvt werden!........ V .. Das und nichts anderes ist der Zweck der juristischen Stilübung 10 dem führenden Organ der preußischen Junker. Es versteht, sich Von selbst, daß. diesem Besttcbeü, eine angebliche Lücke des Ge-] setzes auszufüllen, von allen Verfechtern einer ehrlichen öffentlichen j Moral der schärfste Widerstand entgegengesetzt werden muß!. Harmonie Zwischen Arbeitgebern und flngesteiiten. * Der Gewaltstreich des Verbandes Bayerischer In- dustriellerhat eigentlich von keiner Seite Zustimmung erfahren; im bayerischen Landtage, im Münchener Gemeindekollegium und auf den verschiedensten politischen Tagungen fand das Nürnberger Heldenstücklein seine entschiedene Ablehnung. Auch in der Presse hat man mehr oder minder temperamentvoll der dortigen Unter- nehmerclique den Text darüber gelesen, daß sie mit ihrem Vorgehen nichts erreicht, sondern nur agitatorisch für die Sozialdemokratie sich bemüht.- Nur einige wenige Zeitungen erlaubten sich, eine feindliche Haltung den Angestellten gegenüber einzunehmen, und zwar die Arbeitgeber-Zeitung",Die Post", dieSchlesische Zeitung" und nicht zuletzt dieDeutsche volkswirtschaftliche Korrespondenz", Wenn man sich die Mühe gibt, diese Hetzartikel nach Form und Inhalt näher zu untersuchen, und sie vergleicht mit der famosenBegründung", die dem bekannten Nürnberger Ukas vom 3. Juni beigefügt wurde, dann liegt der Gedanke nahe, daß es sich hier wohl um die gleiche Verfasserschaft handelt. Als der Ex- Staatsanwalt Dr. Emil Guggenheimer , der aus ge- wissen Gründen den Staub Münchens von den Füßen schütteln mußte, und der Rechtsanwalt König, der sich seine Sporen als jungliberaler Parteiführer verdient hatte, vonhöherer" Seite den Auftrag erhielten, der Gewerkschaftsbewegung der Angestellten nun einmal mit einem Radikalmittel beizukommen, da hatten beide Ehrenmänner wohl das Bestreben und den Ehrgeiz, gleich ganze Arbeit zu machen und ihre Ergüsse bei der ihnen befreundeten Presse abzuladen. In fast sämtlichen Artikeln dieser Art wird zunächst der Ver- such gemacht, den Bund der technisch-industriellen Beamten als eine sozialdemokratische Gewerkschaft hinzustellen; die Absicht ist klar ersichtlich, man appelliert an den Rotkoller gewisser Kreise, um den Angriff auf einen Punkt zu lenken. Wir haben nun keinen Zweifel darüber gelassen, daß wir selbst die Angestelltenorganisation, um die es sich hier besonders handelt, trotz aller radikalen Anwandlungen im Grunde genommen doch für eine gut bürgerliche Bewegung halten. Im Gegenteil könnten von unserer Seite zu manchem Programmsatz sehr ein- gehende kritische Randbemerkungen gemacht werden. Wenn wir z. B. das konstitutionelle Fabriksystem und die Gewinnbeteiligung der Arbeit loben hören, dann denken wir an die Diskussionen, die wir im Laufe der letzten Jahrzehnte darüber mit manchem Sozialreformer" geführt haben. Wir würden beim Thema Be- amtenausschüsse auf die Erfahrungen hinweisen, die auf diesem Gebiet der Arbeiter mit ihren Arbeiterausschüssen gemacht haben, und zu der Frage der Arbeitskammern gehen unsere Ansichten von denen des Herrn Sohluhs doch in einigen wesentlichen Punkten auseinander. Aber wir haben keine Veranlassung, uns in eine Polemik einzulassen. Die gemachten Reformvorschläge werden bei ihrer Realisierung durch die Praxis ohnehin revidiert werden müssen. Das Unternehmertum glaubt ja auch selbst nicht an die MqlffjsisHx T.cchnikergewer.kfchaft"; man will mit diesem Scheixi-. Manöver nur die Aufmerksamkeit von sich ablenken und den wahren Sachverhalt verschleiern. Den Höhepunkt von Unverschämt- heit erreicht auch darin ein Artikel, der in derDeutschen volkswirtschaftlichen Korrespondenz" erschienen ist. Der Verfasser hat darin die Dreistigkeit, die Mitglieder des Bundes der technisch-industriellen Beamten zu beschimpfen, indem sie als meistens sehr junge, oft höchst unreife Jünglinge" hinstellt. Wer denkt 5abei nicht an gewisse Vorgänge, die sich seinerzeit in der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft zugetragen haben I Als die Ingenieure sich anläßlich des damaligen Elektro-Streiks als Streik- brecher gebrauchen ließen, erhielten sie von dem Allgewaltigen, dem Generaldirektor R a t h e n a u, ein huldvoll gehaltenes Belobt- gungsschreiben zugesandt; als sie einige Monate später die Un- Verschämtheit hatten, eine Petition an die Direktion zu richten, wurden sie alsOchsen und Esel" bezeichnet. Der Angestellte hat sich eben als Gnadenkind des Unternehmers zu betrachten und sich dieser Gunst würdig zu zeigen. Wie sich der Arbeitgeber das Verhältnis zwischen Unternehmer und Angestellte wünscht und erhalten möchte, das geht� aus einer Litanei derArbeitgeber-Zeitung" hervor, die wir in einigen Stellen doch hier wiedergeben wollen:- «Man verkehrt die Naturordnung in ihr Gegenteil. Nicht mehr die Geleiteten sollen für die Leiter, sondern die Leiter für die Geleiteten vorhanden sein, nicht mehr die Herde soll dem Hirt, sondern der Hirte der Herde folgen. Staat, Gemeinde, Fabrik, Geschäftsunternehmen, alle sind nur auf der Welt, um dem Arbeitnehmer«in bequemes und sorgloses Dasein zu garantieren. Vom Minister bis zum kleinsten Bureauchef, vom Generaldirektor bis zum Werksührer hat jeder Vorgesetzte die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit, alle Maßnahmen nur unter dem Gesichtswinkel zu treffen, wie derart das Behagen und die Bequemlichkeit der Angestellten gefördert werden kann. Wo aber solche Rücksichten die Herrschaft gewinnen, ist es zu Ende mit der Arbeitstreue des Unternehmers, mit der Autorität des Arbeitgebers. Dieses Aufbäumen der Untergebenen gegen die Vorgesetzten, der Geleiteten gegen ihre Leiter ist ein charakteristisches Symptom der gegenwärtigen Geistesrichtung, einer gefährlichen destruktiven Geistesrichtung, die darauf ausgeht, jede Ordnung zu unter- graben und jede Disziplin unmöglich zu machen. Die Masse der Geleiteten, befangen in sozialistischen, gleichmacherischen Hirn- gespinsten, will nichts mehr über sich dulden, sie will der Autorität, der Auswahl der Tüchtigsten ein Ende bereiten. Vergessen ist das schöne Wort, daß, wer selber kein Ganzes ist, sich dienend an ein anderes Ganze anlehnen soll. Verspottet wird die Treue, die Hingabe des Untergebenen an seinen Vorgesetzten, als Knecht wird gescholten, wer sich seines Dienstes rühmt und seinen Stolz darin sucht, ein treuer Diener seines Herrn zu sein." Aber auf diesen Erguß in der letzten Nummer hat schon die �Jugend" geantwortet, die folgende Poetische Klage ertönen läßt: Wo ist die patriarchalische Zeit, Sie streben ftevelnd nachKoalition, Die schöne, die herrliche, gute, Denn jede Scham ist geschwunden, Da der Herr als oberste Obrigkeit Sie wollen das Pack! einen Noch den Knecht dressiert mit der Mindestlohn Knute? Und Neglung der Arbeitsstunden! Ach Gott, wie so manches Ideal Ist auch das Faustrecht ent» schwundenl Es bat in Gewerkschaften o Skandal I- Das Arbeitsbolk sich verbunden. Und jetzterniedrigen" sich sogar ur Einigkeit, welche Mi,ere I Der Handlungsgehilfen schändliche Schar, Die Techniker. Ingeieu«. Sie haben sich auf einmal erfrecht, Zu trachten nach besserem Leben Und ihrem gesetzlich verbürgten Recht Auch praktischen Ausdruck zu geben! Ja. ja, eS ist eine schreckliche Zeit, Und daS Herz der Edelsten blutet! Wo bist du. du schöne Ver- gangenheit, Wo der Herr den Knecht noch geknutet? t politifcbe CUbcrlicbr. Berlin . Ben 21. Juli 1908. Württemberg und die Elekttizitätssteuer. ' Es ist leider nicht mehr daran zu zweifeln, daß neben Baden auch Württemberg das Projekt einer Reichs-Elektri- zitätssteuer unterstützt, im Gegensatz zu Bayern ! Zur Ehre der württembergischen Regierung muß angenommen werden, daß übermächtige Einflüsse die Regierung zur Nachgiebigkeit den Berliner Wünschen gegenüber gezwungen haben. Daß die Elektrizitätssteuer die Interessen des Landes schwer schädigt, darüber dürften sich auch die württemberger Staatsmänner klar sein. Das Land fördert keine Kohlen. Schiffbare Wasserwege sind nicht vorhanden. Jeder Brocken Kohle muß per Achse ins Land ge- bracht werden, wie das Eisen auch. Die württembergische In» dustrie hat demgemäß einen schweren Stand gegenüber der Kon- kurrenz. Die Neckar -Kanalisation, ein Projekt, das endlich greis- bare Gestalt anzunehmen beginnt, soll die Konkurrenzkraft der Industrie steigern durch Schaffung eines billigen Wasserweges, weiter durch die Gewinnung starker Wasserkräfte zu Elektrizitätszwecken. Ueberdies sollen die natür- lichen Wasserkräfte der Erzeugung elektrischer Kraft dienstbar gemacht werden. Großindustrie und Handwerk, Staat und Ge- meinde sind gleichermaßen daran interessiert, daß dieweiße Kohle" nicht versteuert werde. Die Landwirtschaft desgleichen. Ländliche Gemeinden haben sich zuE l e k t r i z i t ä t s- G e n o s s e n- schaften" zusammengeschlossen, um billiges Licht und billige Kraft für den landwirtschaftlichen Betrieb zu erhalten. Tie Elektrizitätssteuer wird diese Entwickelung hindern. Es gibt kaum eine Steuer, die so sehr geeignet ist, Württemberg mit seinen eigenartigen Verhältnissen in der Entwickelung zurück- zuwerfen, als gerade die Elektrizitätssteuer. Der Trost, daß die Steuer nur gering sein werde, ist wenig stich- haltig. Ist sie einmal eingeführt� so wird sich ihr Wachstum nicht aufhalten lassen. Die württembergische Regierung wird im Landtag einen schweren Stand haben bei der Verteidigung ihrer Stellung. Eine erdrückende Mehrheit, von der Sozialdemolratie bis zum Bauern- bund, dürfte sich gegen die Steuer aussprechen. Sozial- demokratie und Volkspartei sind ohne weiteres Gegner der kulturwidrigen Steuer. Die nationalliberale Partei muß Rücksicht nehmen auf Großindustrie und Großgrundbesitz. Der Bauernbund will den ländlichen Gemeinden die elektrische Kraft nicht verteuern lassen. Das Zentrum weiß, daß nur die Ausbeute der Wasserkräfte die Entwicklung des armen, wirtschaftlich zurückgebliebenen Oberlandes kräftig fördern kann. Es dürfte sich also eine erdrückende Mehrheit dem Projett einer Reichselektrizitäts- steu.er widersetzen«_ Preußischer Polizei-Absolutismus. " In dem schleswig -holsteinischen Städtchen Uetersen lebt seit Jahren der dortig« Bürgermeister und Polizeiverwalter Muus mit der Arbeiterschaft im offenen Kriege. Wiederholt ist der Herr mit seinen Klagen und Strafmandaten vor Gericht abgeblitzt, das hindert ihn aber nicht, immer wieder die politische und gewerkschast- liche Arbeiterbewegung am Ort mit den Liebenswürdigkeiten vor- märzlichen echt-preußischen Polizeigeistes zu verfolgen. Nun hatte Herr Muus vor einiger Zeit zur größten Verblüffung der Ueterscner Ar- beiterschaft den zum G e w e r k s ch a f t S f e st e geplanten o f f e n t- lichen Umzug erlaubt. Aber ehe noch die Arbeiter sich von ihrem Erstaunen über die plötzliche Sinnesänderung ihres Wider- sachers erholt hatten, kam der verblüffende Gegenschlag: das G e» werkschaftsfest selbst wurde nämlich verböte �n. Zur Stütze des Verbots wurden wieder die alten Ladenhüter preußischer Polizcistubcn herbeigeschleppt, die gefährdete Ordnung und öffentliche Sicherheit, also Argumente, die die für den preußi- scheu Polizcigeist unschätzbare Nebenwirkung haben, daß sie in seinen Opfern außer dem Gefühl der Vergewaltigung, das blutiger Ver- höhnung wachrufen müssen. Neu an dem Verbot des Herrn Muus war nur der Umstand, daß er die Gefährdung der öffentlichen Ord- nung usw. aus der Ankündigung des Festes selber herleitete. Auf den Plakaten des Gewerkschaftskartells hieß es nämlich, daß n u r Mitglieder der Gewerkschaften und von diesen eingeführte Gäste Zutritt hätten. Mit polizeilicher Logik deduzierte Herr Muus aus dieser Bemerkung, daß das Fest ein öffentliches sein sollte! Im Anschluß an dieses Verbot wurde nun auch die Genehmigungdes Umzugeszurück- gezogen. Das geschah mit folgender origineller Begründung: .... Auf Grund dieser Entwickelung der Sachlage(des Verbotes des Festes) ist mit Recht für den Fall, daß der beab- sichtigte Festzug... abgehalten wird, eine Störung der öffcnt- lichen Sicherheit zu befürchten." Es Wird also unverblümt zugegeben, daß nicht durch den Fest- zug, sondern allein durch das Verbot der Polizeiverwaltung die Sicherheit gefährdet wird. Und dies stimmt denn auch ganz genau! Bis jetzt haben alljährlich in Uetersen Gewerkschaftsfestc stattgefunden, und kein einzige? Mal ist der geringste Verstoß wider die öffentliche Ordnung passiert. Was helfen also in Preußen alle freiheitlichen" Vereins- und Versammlungsgesetze, wenn die Exekutive im Land einfach über sie zur Tagesordnung ub er- geht und weiterwirtschaftet, wie sie vor dem Erlaß des neuen Gesetzes, und schon bor hundert Jahren, gew>rt,chastet hat?! Antisemitische Wahlrechtöseinde. Zu den Gründern der. Deutschsozialcn Partei gehört neben Liebermann von Sonncnbcrg ein gewisser Theodor F r i t s ch, der in Leipzig eine Zeitschrift herausgibt, die den kcrn-teutschen Titel: Hammer" führt. Antisemit Fritsch hämmert mit Vorliebe auf dem Reichstagswahlrccht herum. Im Juniheft seines Organs führt er aus: Hat die Gesellschaft sich doch bis zu dem Wahnsinn des allgemeinen gleichen Wahlrechts verstiegen, um ja in jedem Blödling den Größenwahn zu erwecken, daß er den Höchsten des Menschengeschlechts gleich stehe natürlich auch in seinen Ansprüchen... Ter Volkswille ist krank, und es kann heute nichts gefährlicheres geben, als diesem kranken Volke allen Willen zu tun, ihm das Sclbstbcstimmungsrccht zu lassen. Es müßte schon jemand mit väterlich milder Strenge dieses Volk unter seine Obhut nehmen, UM es gegen seinen Willen wieder gesund zu machen." Dieselben Antiscmiteriche schwören bei Wahlen Stein und Bein, daß sie die zuverlässigsten Hüter des Reichstags- Wahlrechte« seien. Allerdings nimmt diese Gesellschaft kein den- lender Mensch mehr ernst._ Das Recht auf die Straße. Die Probinzialvcrsammlung des rheinischen Haupivereins des Evangelischen Bundes hat sich gegen das U e b e r h a n d n e h m c n der katholischen Prozessionen gewendet, die heut- zutage insbesondere in Großstädten und belebten Orten zu un- erträglichen Verkehrshindernissen geworden seien. Hierzu bemerkt die ultramontaneTrierische Landcszcttung": Jede Gauklerbande darf ihren öffentlichen Aufzug und Umzug halten, jeder Radfahrcrllub mit beliebig vielen Bruder. vereinen einen Korso veranstalten, die internationalen Automobil» Klubs dürfen im Zeitalter des Verkehrs ihre Wettrennen ver- anstalten, jede Karnevalsgesellschaft darsi an den drei Karne- balstagen ihre Wagenfahrtcn durch große und kleine Städte und Dörfer halten, das alles stört den Verkehr auf den Straßen nicht, nur die Fronleichnamsprozessionen sindunerträgliche Vcr- kehrshindernisse", sogar dann, wenn sie sich, wie in Saarbrücken , nur um die Mauern der katholischen Kirche bewegen l"