berett. di« Zugeständnisse deS Sultans anzunehmen, soferndieser Bürgschaften für seine Aufrichtigkeit, vor allem die all-gemeine politische Amnestie für die Rcichsange-hörigen aller Nationen, volle Preßfreiheit und die Sicher-heit freier und reiner Wahlen gibt. Der Sozia»lismus und die volle Demokratie, meint der jung-türkische Politiker, seien in der Türkei noch lange nicht durch-führbar. Aber eine wichtige Etappe auf der Bahn deS Fortschritts sei zurückgelegt.Von den Verfassungsbestimmungen bat natürlich die überdas W a b l r ech t die größte Bedeutung. Die endgültigeWahlordnung wird erst das türkische Parlament, das a mtt. November zusammentreten soll, festzusetzenhaben. Unterdessen gelten folgende Bestimmungen:Das aktive Wahlrecht für das Abgeordneten»Haus besitzt jeder türkische Untertan, der das 21. Lebens-jähr erreicht hat und eine Abgabe, sei sie auch noch so gering,leistet. Auf je 50 000 Einwohnern in festen Ansiedelungen ent»fällt ein Deputierter. Vom aktiven und passiven Wahlrecht aus-ges chlossen sind alle Nomadenvöiker, zum Beispieldie Beduinen, weil sie weder Steuern zahlen noch Soldatenstellen. Das Abgeordnetenhaus wird aus ungefähr 500 Mit-gliedern bestehen; unter ihnen werden alle Volksstämme, so auchBulgaren, Libanesen, Armenier. Griechen und Juden vertretensein. Die Wahl ist geheim, aber indirekt.Die türkische Bevölkerung feiert die ueue Aera miaroßen Kundgebungen. In Konstantinopefanden Sonntags große StraßendemonstrationenVoll. Darüber melden die Depeschen:Aus allen Stadtteilen kamen während des ganzen Nach-Wittags größere und kleinere Gruppen zu Wagen, zu Pferde,auf Fahrrädern oder zu Fuß. Die meisten Teilnehmer ge-hörten den mittleren oder unteren Volksklassenan. Man sah viele JmamS, Offiziere und Mannschaften, sogarSchulkinder, hauptsächlich Mohammedaner, ober auch Christen.Die Gesamtzahl kann auf viele Tausende geschätzt werden.An der Spitze der meisten Gruppen fuhren oder gingen Geist-l i ch e. fortwährend betend und die Bevölkerung anredend. VieleDemonstranten trugen Fahnen oder Tafeln mit den Inschriften:„Padischahim A schock Sascha"(der Sultan lebe viele Jahre),Hoch die Freiheit, Hoch die Konstitution! usw.In der Menge befanden sich auch viele türkischeFrauen. Im Jildis angelangt, zogen die Demonstranten bisvor das große Tor, wo es zu neuerlichen Huldigungen für denSultan kam. Generale überbrachten sodann den Demonstrantenden Ausdruck der Befriedigung des Sultan undforderten die Menge auf, in Gruppen abzumarschieren, um denanderen Demonstranten Platz zu machen, welcher Aufforderungohne Widerrede Folge geleistet wurde.Die Kundgebungen dauerten die ganze Nacht hindurchfort. Unbehindert von der Polizei wurden auföffentlichen Plätzen Reden gehalten.Amtlich wird angekündigt, daß die Wahlen überall so»fort und rasch vorgenommen werden. Die Bevölkerung wirdgebeten, die seit drei Tagen dauernden Kund»gedungen einzustellen. Bereits ist auch die Instand-fetzung und Ausstattung der Parlaments»räumlichkeiten auf Kosten des Sultans an»geordnet worden. Der Großvezier gab den Vertretzernder Mächte die Versicherung, daß die Verfassung vollständigzur Durchführung gelange. Ebenso wie die Zensur fürZeitungen ist auch die für Telegramme aufgehoben. Dadurchnimmt die türkische Presse einen großen Aufschwung.Die Auflagen der Preßorgane sind riesig gestiegen.DaS türkische Publikum reißt sich um die Nummern und zahltsie mit dem Vierfachen des Preises. Die Wochenblätter Ser-vetifunun und Mekteb wurden in Tageszeitungen umge-wandelt. Mehrere neue Tagesblätter werden angekündigt.—„Sabah" veröffentlicht einen Leitartikel, in dem erklärtwird, man dürfe jetzt nicht seine Nachsucht zu befriedigensuchen, sondern alle möchten arbeiten, um die Zukunft desLandes zu sichern.„Jkdam" veröffentlicht einen Artikel überdas Verhältnis des Islam zur Verfassung.Die türkische Presse begrüßt mit Begeisterung die Aushebungder Zensur und der Geheimpolizei.In der„Humanits" erzählt Jean Longet, der Enkel vonMarx, eine interessante Erinnerung. Es sind jetzt mehrals 30 Jahre her, daß sichMidhatPascha, vom Sultanvertrieben und verfolgt, nach London flüchtete. KarlMarx, der weder mit Garibaldi noch mit Kosfuth trotz allerSympathien für ihre Bestrebungen ein Zusammentreffen ge-sucht hatte? hatte die Absicht, mit dem sdharfsinnigen türkischenReformator eine Unterredung herbeizuführen. Marx, dermit seinem durchdringenden Auge die EntWickelung derinternationalen Politik verfolgte, wußte, welch großes Jnter-esse die Regeneration der Türkei für die Sache des Fortschrittsund der Freiheit in der ganzen Welt und damit auch für dieSache des internatiooalev Proletariats habenwürde.englische und deutsche Rüftnugspolitlk.während die deutschen offiziellen Kreise sich nie genug tunkämen in der Verherrlichung de« kulturfeindlichen Militarismus unddem deutschen Volle mit allen Mitteln die Ansicht aufzwingen wollen,daß der Deutsche nur Existenzberechtigung habe, wenn er seineMilitärpflicht leiste, die Steuern für Heer und Flotte reichlich zahle,voll Bewunderung vor dem herrlichen Offizierkorps»sich jeder Kritikenthalte und seine ganze Liebe der herrlichen Institution weih«, dieauf Befehl auch auf Vater und Mutter schießen soll, finddie zurückgebliebenen. Engländer zum Teil anderer Ansicht.Campbell- Bannerman trieb sein Unverständnis sogar soweit, den Vorschlag auf Einstellung weiterer Rüstungen derHaager Konferenz zu unterbreiten, wofür allerdings die deutschenRegierungsvertreter nur«in Lächeln der Verachtung hatten. Aberauch feine Nachfolger find nicht viel bester.In London tagt jetzt ein Friedenskongreß. Wir haben überdiese Versammlungen, aus denen meist d i e Leute«ine große Nollespielen, die in ihrem Lande den Kampf der Sozialdemokratie fürden Frieden und gegen den Militarismus nicht nur nicht unter«Pützen, sondern mit allen Mitteln zu hindern trachten, schon oftunsere Meinung gesagt. ES ist eine Utopie— und gerade dieHaager Friedenskonferenzen haben dafür den schlüssigsten Beweisgeliefert— die großen Jntereflengegenfätz«, die der Kapitalismusin den nationalen Bourgeoisien fortdauernd erzeugt, dieeigentlichen Ursachen moderner Kriege, durch Kongresie au»der Welt schaffen zu wollen und die Beseitigung deS Kriegesvon Appellen an die bürgerlichen Regierungen zu erwarten.Immerhin ist eS bezeichnend, daß die deutsche Regientng selbst dieseharmlos- Friedenspropaganda verabscheut, die in England von derRegierung unterstützt und gefördert wird. Der englische Minister»Präsident und der Schatzkanzler werden den Kongreß nicht nur de-grüßen, fondern auch als aktive Mtglieder in die Verhandlungeneingreifen. Wichttger allerdings ist es. daß d<e englischenArbeiterorganisationen beschloffen haben, die Tagung deSKongresses zu benutzen, um eine große internationaleArtedeuSdemonstrotion auf dem Trafalgar Square zu der»anstaltcn. Die Haltung der englischen Arbeiter ist die beste Bürg-schaft dafür, daß die chauvinistische Agitation mancher konservativerKreise gewiffe Grenzen nicht überschreiten wird.Andererseits ist auch die Abhängigkeit der liberalen englischenRegierung von den Arbeiterstimmen die Erklärung dafür, daß dieenglische im Gegensatz zur deutschen Regierung die Sozialpolitikfortführt— anstatt durch Erregung oder duldende Unterstützungchauvinistischer Lärmagitation die Stimmung für das Hinauswerfenneuer Millionen zu RüstnngSzivecken hervorzurufen.Dieser Unterschied zwischen deutscher und englischer Regierunggeht auch deutlich auS einer Rede hervor, die der englische Finanz»nnnister Lloyd George Sonnabend im UmerhauS gehalten hat.Gegenüber der Schwarzmalerei seiner lonservativen Krittler führteer aus:.Er erinnere sich keiner Zeit, in der die Lage in Europa nichternst gewesen wäre. sHeiterteit.) In dem einen Augenblickdrohe Gefahr im nahen, im nächsten Augenblick im ferne» Ostenund dann wiederum komme die Drohung vielleicht aus größererNähe; ja. sie fei bereits so nahe gi-wrsen, wie die sron-zösiiche Küste. Bor iiius oder sich» Jahren sprachen wirernsthaft von der Aussicht aus eine» Krieg mit Frankreichund von Jnvasionsplänen� Heute will keiner jemals davongeträumt haben und in der Idee mancher Leute it« eine andereMacht ganz ebenso bedrohlich. Das wird von Jahr zu Jahr soweiter gehen wie in der Vergangenheit; solange bis die R.- ionenbeginnen, ihre törichte gegenseitige Scheellucht indie Tat umzusetzen, indem sie ihre Messer lchärfen, umaufeinander loSzustechen und indem sie für Rüstungengigantische Summen ausgeben, die viel nutz«bringender für die Verbesserung der Lage de»eigenen Volkes verwendet werden könnten. Es würdefür uns alle weit besser sein, die 400 Millionen, die jetzt fürKriegsmaterial aufgewendet werden sollen, nicht auszugebenund zu einer Verständigung zu gelangen, wie siezwei oder drei beliebige vernünftige Leute mit den Jahrensicherlich erreicht hätten. Der Minister gab der Hoffnung Ausdruck,daß dieser Zustand nicht in der menschlichen Natur begründetund daher dauernd sei, sondern zweifellos schließlich vorübergehenwerde.Die Lage habe sich ja bereit? gebessert. Vor einigenJahren seien e« drei oder vier Nationen gewesen, die eine aus-gesprvchene Feindschaft gegen England hegten. Fortwährend habeEngland Streit und Schwierigkeiten gehabt, mit Rußland wegendes fernen Ostens, mit Frankreich in Südafrika und sonstwo.Diese Schwierigkeiten seien jetzt alle beseitigt und die Lagesei, weit entfernt schlechter zu sein alS früher, im Gegen-teil viel günsttger als zuvor. Der zur Gewohnheit ge»wordene Versuch, eine Atmosphäre des Mißtrauens und Hebel-wollenS dadurch zu schaffen, daß man eS immer so darstelle,al» ob eine bestimmte Macht gegen England zumSchlage auShole, fei gerade der Weg, auf dem man zuSchlägen komme. Er habe nicht den geringsten Ztveifel,daß, wenn eine Sozialreform verschoben werdenmüßte, bis törichte Menschen aufhörten, wildeArtikel in den Zeitungen zu schreiben und Miß-trauen unter den Völkern zu säen, jedes menschl.ch denkendeParlament an ihrem Zustandekommen verzweifeln würde.Wenn eS schon Leute gäbe, die etwas für ihre Ber»sorgung im Alter übrig hätten, so glaube er dennoch nicht,daß dies Argument CromerS und ChamberlainS genügend stich»haltig fei, um alle sozialen Reformen zu vertagen, bis man auf»Sehört habe. Leitarttkel zu schreiben, in denen einer den anderenhmähe und jeder von einem bevorstehenden Eindringen deSanderen in fein Gebiet spreche. sHeiterkeit und Beifall.) LloydGeorge wie» zum Schluß darauf hin. daß die Regierung für dieDeckung der Verbindlichkeiten des laufenden Jahre» Sorge gelragenhabe. England wünsche nicht, sechs oder sieben Millionen Pfund Ster-ling aufzubringen, lediglich in der Absicht, sich selbst und Deutsch«land den Beweis zu liefern, daß es dazu in der Lage sei. Erseinerseits würde bei jedem Pennh prüfen, ob er nicht zuRiistungSzwecken verwendet werde, die über das für die Landes»sicherheit notwendigste Maß hinausgehen. Eine derartige Ausgabefei weggeworfenes Geld und eine Bedrohung andererLänder. Es fei ein lächerlicher Gedanke, daß die Regierung dieHilfsquellen deS Lande« zerstöre, wenn sie die Steuer herabsetze.Er trete den unheilvollen Feststellungen, daß England am Endeseiner Hilfsquellen angelangt sei, nachdrücklich entgegen.Den englischen Liberalen erscheint eben die finanzielle Last derRüstungen ein immer unerträglicheres Hebet Immer wieder betonen sie die Berftändigung mit Deutschland, um zueiner Einschränkung der Rüstungen zu gelangen. Diese Verständigungist auch der W.msch der breiten Volksmaffen in Deutschland und eSwird ihre Aufgabe sein, die deutsche Regierung zu zwingen, mit derschrankenlosen Rüstungspolitik, in deren Abgrund auch die halbeMilliarde neuer indirelter Steuern verschwinden soll, endlich einmalzu brechen._Die„Polt" als ficdeltgeberiu.Wegen Nichtinnehaltung ihres Vertrages mit einem älterenkaufmännischen Angestellten, spielte sich gestern vor der 4. KammerdeS Berliner KaufmannSgerichtS' eine Verhandlung ab, in der diefamose Arbeitgeberin antragsgemäß verurteilt worden ist.Der Kläger, ein Herr Koppen, ein guter Sechziger, war vonder.Post" mit einem Monatsgehalt von 125 M. engagiertworden, und wurde als Kontrolleur, Expedient, Buch-Halter usw. beschäftigt, welchen Posten er auch laut Zeugnis derBeklagten voll und ganz ausfüllte. Engagiert war er auf Grundseiner Zeugnisse, die sich über eine Zeit von 50 Jahren kauf.männischer Tätigkeit erstreckten. AIS nun die Beklagte, wie sie an-gab, Neuerungen im Geschäftsbetriebe der»Post" vornehmenwollte, suchte sie Herrn Koppen plausibel zu machen, daß er nur—gewerblicher Arbeiter sei und deshalb nur Anspruch aufeine vierzehntägige Kündigung habe. Mit dieserBegründung entließ die.Post" den Kläger! Siehatte aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn Herr K.reichte die Klage ein, ihm vorerst das erste, bereits fällige Monats.geholt zu zahlen, indem er sich feine weiteren Rechte vorbehielt. DieBeklagte bestritt entschieden die kaufmännischen Funktionen desKlägers in ihrem Betriebe. Der Kläger konnte jedoch glaubhaftnachweisen, daß er als Kaufmann bei der.Post" tätig war und so-gar die Arbeit von jüngeren Angestellten der„Post", deren kauf.m ä n n i s ch e Qualität nicht bestritten werden konnte, zu k o n-t r o l l i e r e n hatte. Hm den Charakter der.Post" und derenGeschäftSgebahren dem Gericht zu demonstrieren, legte der Klägereine Nummer(251) der.Post" vom 30. Mai d. IS. vor, mit einemArttkel, den die.Post" kurz, vor der Entlassung deS Klägers alsLeiter mit der Heberschrift.Wieder die Sozialdemokratie alsArbeitgeberin" zusammengestöppelt hatte. In dem Artikel wirdein angeblicher Vertrag deS Konsumvereins Lcipzig-Plagwitz ab-Ällig kritisiert. In dem Elaborat heißt es u. a.:»Es geht nicht.daß man einem Handlungsgehilfen, der den Posten nicht zur Zu»friedenheit ausfüllt, sofort zum Arbeiter degradiert und ihm dieWohltaten des Handelsgesetzbuches entzieht. Die Bestimmungende» Handelsgesetzbuches, meine Herren von der roten Fakultät,gelten für alle Handlungsgehilfen, für die tüchtigen ebenso, wie fürdie weniger tüchtigen usw usw."—In dem Artikel der.Post" paßt diese Stelle wie die Faustaufs Luge. Vielleicht hat her Crtikelschretber des zitterten Passusaus einem gegen sie erstatteten RcchtSguiachten, etwas verbrämthineingebracht. Bei Gericht fand die Verlesung verständnisvolleAufmerksamkeit, zumal der Kläger nach den ihm ausgestelltenZeugnissen ein sehr leistungsfähiger, tüchtiger Kaufmann ist. TieMoral mit dem doppelten'Boden, die in dem Verhalten der„Post"dem Kläger gegenüber liegt, konnte von dem Kaufmannsgerichtenicht gutgeheißen werden. Es verurteilte die„Post", an denKläger, vorbehaltlich seiner weiteren Ansprüche, biS zum Ablauf deSgesetzlichen Bcrtragsverhältnisses 125 M. zu zahlen und die Kostendes Ncchtsstrcites zu tragen. Das Gericht war der Ansicht, daßdarüber, ob der Klüger eine kaufmännische Kraft sei, gar keinZweifel bestehen könne. Es genügte zur zweifelsfreien Behaup-tung schon der eine nicht bestrittene Punkt, daß Kläger die kauf-männischen Arbeiten anderer Angestellter kontrollieren mußte.Die Verurteilung wegen Vertragsbruches wird das Scharf«machcrorgan natürlich nicht verhindern, über angebliche Kontra?brüche der Arbeiter und über die Sozialdemorkratie al» böse Arbcgeberin zu geifern. Vielleicht entdeckt die„Post" gar. sie seidem Per trage brück durch verruchte Sozialdemokraten verlcitOder sollte die»Post" den Gerichtsbericht totschweigen?politiscke debertickt.Berlin, den 27. Juli 1903Onkel und Neffe.In der Wilhelmstraße scheinen die Erörterungen über die Miß»erfolge der deutschen Diplomatie, die zu einer vollständigen.Ein»krcisung" Deutschlands geführt hätten, sehr unangenehm berührt zuhaben, denn die vom Reichskanzleramt mit Lorliebe zu gewissenoffiziösen Mitteilungen benutzte»Südd. Reichskorrespondenz" läßtsich aus Berlin melden, daß das„Schlagwort von der Ein-kreisung Deutschlands" nicht mehr am Platze fei. daam 11. August— diese Begründung ist kennzeichnend für dieBegriffswelt des Leiters der deutschen Diplomatie— Eduard vonEngland in Schloß Friedrichshof bei Kronberg mit Wilhelm ILzusammentreffen werde. Wörtlich schreibt das Blatt:König Eduard von England trifft am 11. August auf derReise nach Ischl und Marienbad in Schloß Friedrichshof beiKronberg mit Kaiser Wilhelm zusammne. Diese Begegnung,die für beide Herrscher ein erwünschtes Wiedersehen bedeutet undGelegenheit zu persönlicher Aussprache gibt, ist auch politisch will»kommen; schon deshalb, weil man ihr Ausbleiben als eine Lückeempfinden und mißdeuten könnte. Ohne im Handumdrehen dieLösung schwebender Probleme herbeizuführen, werden die wFriedrichshof auszutauschenden Eindrücke das Bestreben verstärken.in den großen Fragen, besonders in den Angelegenheiten deSnahen Ostens, nicht anders als auf friedlichen Wegen und imguten Einvernehmen aller beteiligten Großmächte vorzugehen�Das gleiche läßt sich von den in Ischl, Marienbad und Karlsbadbevorstehenden Gesprächen zwischen Souveränen und Staats-männern erwarten. Das Schlagwort von der Ein»kreisuna Deutschlands ist hier nicht mehr amPlatze. ES hatte seinen berechttgten Sinn als Ausdruck unsererWachsamkeit gegenüber etwaigen Versuchen, Dinge, an denenDeutschland interessiert ist, ohne Deutschland zu regeln. Aberdaß diese Wachsamkeit fortdauert, kann nie-mand bezweifeln, und eS wäre ein Fehler derpolitischen Selbsteinschätzung, wollten wirangesichts der Zusammenkünfte auf öfter-re i ch isch e n B o d e n von neuem Klagen über eineEinkreisungsgefahr anstimmen. In Deutschlandwirken solche Jererstlden allmählich abstumpfend, für Oesterreich-Ungarn sind sie. al» Zweifel an der Bundestreue, verletzend, inEngland, Frankreich und Rußland aber wird dadurch dem IrrtumNahciuiq zugeführt, Deutichland sei durch ein Koalitionsgespensteinzuschüchtern oder durch Verdächtigung seiner Friedensliebezu willenlosem Jasagen zu bestimmen."Echt Bülowsche Selbstgefälligkeit und Selbsteinschätzung.—Angriff auf die Freizügigkeit der Arbeiter.Aus Elberfeld wird der»Berl. Volkszeitung" berichtet:22 Fabrikanten de» SiegerlandeS richteten an die Eisen»bahndirektton Elberfeld da» Ersuchen, die Eiseubahnwerkstätte Siegenfür einheimische Arbeiter zu sperren. Wenn auch dl« Direkttonkeine direkte zusagende Antwort gab, so wurde doch den sichmeldenden Arbeitern erklärt, daß.laut Verfügung der königlichenEisenbahndireftion" Arbeiter der betreffenden Werke nicht ein»gestellt würden.Die im Hirsch-Dunckerschen Gewerkverein organisiertenArbetter haben eine Proteswersammlung abgehalten, derauch als Vertreter der Eisenbahndirektton. RegterungSratGrauhan beiwohnte, der entschieden bestritt, daß ein Ab-kommen bestehe. Ihm wurde entgegnet, daß ohne Zweifelein stillschweigendes Uebereinkommen vorhanden sei. Es liegtSystem in dieser Beschränkung der Freizügigkeit. Trotzdem die Krise eine enorme Arbeitslosigkeit ge-zeittgt hat, werden einesteils fortgesetzt Arbetter aus demAusland herangezogen, andernteils wird den deutschen Ar-bettern daS Aufsuchen von Arbeitsgelegenheit erschwert.Offenbar rüstet das Unternehmertum zu einem Hauptschlaggegen die Arbeiterorganisationen.Ein Widerspruch in sich selbst.Der RelchStagSabgcordnete Georg Gothein richtet im»Berl. TagebL" einen ironischen offenen Brief an Herrn Bürger«meister Schücking, in dem es heißt:»... haben Sie etwa gemeint, in der Aeva der Blockpolftikliberale Forderungen vertreten zu dürfen?TaS würde von einem so fchnxt zu verstehenden Mangel an poli»tischer Einsicht zeugen, daß auch der Sie Ihres Postens un-würdig erscheinen laßt. Erstens gilt die Blockpolitik bekanntlichnicht sur Preußen. Bei dem gebotenen eifrigen Studium desLieblingsschriftstellers des leitenden Staatsmannes, des DichtersHhland, hätten Sie sich aber auch sofort sagen müssen, daß in demStaat, der in Deutschland und in der Welt voran ist, als Mottofür den Beamten allein das schöne Hhlandsche Wort gelten muß:.Duck' dich, schweig' dabei!"Der Charakter der Blockpolitik ist treffend erkannt. Wie bringteS aber Herr Gothein fertig, trotz dieser besseren Erkenntnis, al»Mitglied des Blockes dessen Politik mitzumachen?Zwangsgenossenschaft für Automobile.Die»Deutsche Tageszeitung" erklärt angesichts der in unsererSonntagSnummer niedriger gehängten amtlichen Zahlen überTötungen und Verletzungen durch Automobile, daß angesichts derTatsache, daß 40 Proz. Automobile Sport- und Vergnügung?»zwecken dienen, und angesichts der großen Zahl von Unglücksfällen,man den Ruf nach einem Reichsgesetz, das die volle Haftpflicht und eine ZwangSgenossonschast der Auwmobil-besiher einführt, wohl verstehen könne. Werden die Konservativenim Reichstag dafür eintreten?—Ultramontane Pharisäer.Die klerikale Press« hat versucht, an dem Eulenburg-Prozcßein Kulturkampffeuerchen zu entzünoen, indem sie auS der lächer»lichen Aeußerung de» LiebenbergerS, der sich al» Lorkämpfer deS�roteftanUschen LaiserttunS" auMelle, die noch lächerlicher«