Dauerrennen Lver 25 vezw. SO Kilometer, die von den dekanntenFahrern Haberer, Fr. Hoffmann und Schadebrodt be-stritten wurden, verliefen, obwohl in jedem derselben nur zweiFahrer zum eigentlichen� Kampf kamen, sehr spannend, denn inbeiden gingen die betreffenden Fahrer nur mit geringen Abständendurch das Ziel. Das Rennen über 25 Kilometer(160,100, 75 M.j gewann Haberer in 22 Minuten 4� Sekunden borSchadebrodt, 160 Meter, und Hoffmann 2520 Meter zurück. Hoffmann hatte bis 5 Kilometer die Spitze und blieb dann, nachdemer den Anschluß an seinen Motor verloren hatte, aussichtslos zurück.Im zweiten Rennen über 30 Kilometer(200, 150, 100 M.)zeigte sich Hoffmann dagegen den anderen überlegen, erlegte die Strecke. in 25 Minuten 27� Sekunden zurück;Haberer endete nur 20 Meter, Schadebrodt 1395 Meter hinter ihm.Der Schluß gestaltete sich sehr spannend, da Haberer, der bis etwa250 Meter zurückgeblieben war, in den letzten 20 Stunden erfolgreichaufgeholt hatte. In dem Hauptfahren über 1200 Meter(40, 30, 20 M.) belegte Hoffmann ebenfalls den ersten Platz vorPancke und Müller; 31 Fahrer waren in den Vor- und Zwilchen-läusen auSg-fchieden.— In dem Vorgabefahren überöOOO Meter(30, 20, 10, 5, 5 M.) ging der Außenseiter O. Theißmit 280 Meter Vorgabe mit etwa 50 Meter Vorsprung durch dasZiel vi/r Pawke(Mal), Vieri(40 Meter Vorgabe), Süßmilch(10)und Krüger(160). 28 Fahrer bestritten in zwei Vorläufen dasNennen.Wer sind die Toten? Am 22. Juli, vormittag? gegen 10 Uhr,wurde ein zirka 40jähriaer unbekannter Mann vor Waßmannstr. 37in bewußtlosem Zustande, aufgefunden und nach der Kgl. Charitögeschafft, woselbst er verstorben ist. Derselbe ist 1,60 bis 1,65 Metergroß, hat blonden Schnurrbart, dunkles etwas grau meliertes vollesHaar und gute Zähne. Bekleidet war derselbe mit grauem Jackett(Pfeffer und Salz), Manchesterhose, dimkler Weste, gestreiftemwollenen Hemd, grauen baumwollenen Socken, schwarzen Gummizug-stiefeln. Personen, welche über den Unbekannten nähere Angabenmachen können, werden gebeten, dieselben an irgend ein Polizeirevieroder an die Kriminalpolizei Zimmer 824 zu J.-Nr. 4148 IV/öO. 08gelangen zu lassen. Am 22. Juli 1903 gegen 7 Uhr 50 Minutennachmittags sprang aus dem vierten Stockwerk des HauseS Grenadier-straße 19 ein etwa 23 jähriger unbekannter Mann. Derselbe war1,68 Meter groß, schlank, hatte volles blondes Haar und kleinen,rötlich blonden Schnurrbart. Bekleidet war er mit hellbraun karierterBallonmütze, grau und schwarz kariertem Jackettanzug, schwarzenStrümpfen und Schnürschuhen. Allem Anscheine nach war der Ver-storbene taubstumm. Personen, welche über den Unbekannten nähereAngaben machen können, werden gebeten, dieselben an irgendeinPolizeirevier oder an die Kriminalpolizei, Zimmer 324, zu J. W.4140 IV, 59 08 gelangen zu lassen.Einen erheblichen Serlust hat der Tischler Karl Rüden, GrünerWeg 41. erlitten. Er verlor am Sonntag in der.Felsenterrasse'oder auf dem Wege nach dem Gewerkschaftshause sein Portemonnaiemit 83 M. Inhalt. Rüden hatte das Geld zu sich gesteckt, da eSseine einzigen Ersparnisse waren. Ihn trifft der Verlust doppelt.weil er dieser Tage nach einer Heilanstalt kommen soll. Er glaubtauf diesem Wege vielleicht in den Besitz seiner letzten Barschaftwieder zu gelangen. Der ehrliche Finder wird ersucht, den Fund inder Spedition, Rüdersdorfer Straße 3, oder in semer Wohnung,Grüner Weg 41, abzugeben.Das gleiche traurige Los mit dem Obengenannten teilt einArbeiter Paul Sabeonski, Warschauer Str. 49, Ouergeb. II. S. verloram Sonnabend, den 25. Juli, abends gegen 8 Uhr ein Portemonnaiemit 87 M. Inhalt auf dem Wege von der Dresdenerstraße bis zurJannowitzbrücke. Auch er hat noch die Hoffnung, daß ein ehrlicherMensch den Betrag gefunden hat und wieder zurückerstattet.Gesperrt werden folgende Straße: Die Mohren-Straße von derKanonier-Straße bis zur Friedrich-Straße.— Die Georgen-Straßevom Grundstücke Nr. 23(Asphaltgrenze) bis zur Mitte des Grund-stückeS Nr. 25—27 auSschlietzung der dieser Mitte gegenüber liegendenZufahrt zum Hauptportal des Bahnhofes Friedrich-Straße.— DieMohren-Straße von der Friedrich-Straße vis zur Charlotten-Stratze(ausschließlich der Kreuzdämme) behufs Asphaltierung vom 27. d. MtS.— Die Kieler Straße behufs Ausführung von Wiederherstellungs-arbeiten vom 27. d. Mts.Vorort- fflaclmckten.Köpenick.Der Aerztestreik in Köpenick beigelegt. Gestern vormittag fandunter dem Vorsitz des Köpenicker Bürgermeisters Dr. LangerhcmSeine zweite Besprechung der streikenden Aerzte mit den Vorstands.Mitgliedern der Köpenicker Allgemeinen Ortskrankenkasse statt.Nach stundenlangen Verhandlungen wurde eine Einigung erzielt,indem beide Parteien die Vermittelungsvorschläge des Vorsitzendenannahmen. Das Honorar, das die Krankenkasse bisher zahlte, bc-trug 3,50 M. pro Kopf und Jahr, die Forderung der Aerzte 4,50 M.In dem gestern auf fünf Jahre geschlossenen Kontrakt wurde dasHonorar auf 4 M.. zährlich um 10 Pf. steigend, festgesetzt. DieFahrgeldentschädigung, die bisher 1 M. pro Kilometer ausmachte,wurde auf 1,20 M. erhöht. Für Nachtbesuche sollen für die Zu-kunft 5 M. anstatt 4 M. gezahlt werden, und für geburtshilflicheLeistung 15 M. anstatt 10 M. Vor Ablauf des Vertrages, spätestensaber in der zweiten Hälfte des Jahres 1912, sollen erneut Ver-Handlungen über Beibehaltung oder Aenderung des jetzigen Ver-träges gepflogen werden.Die Liste der Wahlberechtigten liegt nur noch bis Donnerstag,den 30. Juli, täglich von 7 bis l Uhr und nachmittags von 21/a bis472 Uhr zur Einsichtnahme aus. Wer noch nicht nachgesehen hat,ob er in der Liste verzeichnet steht, hole dies sofort nach. Auch die-jenigen, welche ihr Bürgerrechtsgeld erst jetzt bezahlt haben, müssennachsehen, ob sie in die Liste eingetragen sind.Friedrichsfelde.Mit zweierlei Maß werden auch verschiedene Kreise der Be-völkerung gemessen. Zum Beweise hierfür folgende Tatsachen:Wie überall, so hat sich auch hier vor IVa Jahren eine„FreieTurnerschaft" gegründet. Dieser Verein hat sich nun zum Aergeraller Patrioten des Torfes recht gut entwickelt, so daß unsereMitgliederzahl auf zirka 70 gestiegen ist, während der teutscheVerein an Mitgliederschmund leidet. Da die„Freie Turnerschaft"auch auf die Schulturnhalle glaubte Anrecht zu haben, so wurdeum die Genehmigung nachgesucht, und wir gaben uns der frohenHoffnung hin, bald in einem auch von unseren Stcuergroschcnerbauten Haufe den Körper stählen zu können. Die Antwort waraber eine ablehnende, weil angeblich in der Halle kein Platz vor-Händen sein sollte. An drei Abenden turne der teutsche Verein„Eiche", zwei Abende brauchten die Herren Lehrer zu ihrer Fort-bildung und ein Abend werde zum Lüften und Reinigen benötigt.Damit gaben sich die freien Turner nicht zufrieden. In einerzweiten Eingabe vom 15. März er. suchten sie diese Einwände zuentkräften, mit dem Hinweis, daß die Lehrerschaft abends über-Haupt noch nicht geturnt hat, baten Parität zu wahren, undden freien Turnern zwei Abende zu überlassen, da die Halle tat-fächlich frei sei. Gleichfalls wurde gebeten um Ueberlassung derHalle an einem Sonntag zum Schauturnen, denn Sonntags seidoch wohl frei. Die Antwort hat etwas lange gedauert, aber sie istauch danach. Sie lautet:Gcmeinde-Vorstand. Friedrichsfelde-Berlin Ö., 16. Juli 1908.Auf Ihre Eingaben vom 15. März 1908 bezüglich Ueber-laffung unserer Turnhalle an Ihren Verein zu Turnzweckenbezw. zum Schauturnen, teilen wir mit, daß der königliche HerrLandrat auf unseren Bericht vom 3. d. M. mit Datum vom9. Juli 1908 eine Verfügung erlassen hat, welche wir auszugs-Weste hierunter Ihnen mitteilen:„Die Ueberlassung der Turnhalle an die„Freie Turner-fchaft" darf unter k e i n em Umständen stattfinden. DemVerein ist dementsprechend Mitteilung zu machen."" Ihre Eingaben. Wie oben angeführt, sehen wir somit als er-ledigt an. I. V.: Castebaum.An Herrn Gronwald, Hierselbst.Aus dieser Antwort ist wieder einmal klipp und klar aus-gesprochen worden, daß für die freien Turner die Turnhallennicht hergegeben werden. Ganz offen wird hier mit zweierlei Maßgemessen und Gesinnungsriechcrei getrieben. Nur die Turner, diefeste Hurra schreien und: Deutschland, Deutschland über allessingen, bekommen die aus den Miittcln aller Steuerzahler erbautenTurnhallen zu ihren Körperübungen. Man sieht, wie ernst es denBehörden ist mit der Förderung des Lcibeslvorts, der sonst in allenTonarten gepriesen wird.Friedenau.Tie WahlvereinS-Mitglieberversammlung am 21. d. M. hörtezunächst ein Referat des Gen. Kurt Heinig über:„Die Landtags-Wahlen". Neuaufgenommen wurden vier Genossen. GenosseLangosch gab den Kassenbericht. Die Einnahmen betrugen für dasverflossene Quartal 106,50 M., die Ausgaben 130,83 M. AlsDelegierte zur Kreis-Generalversammlung wurden die GenossenMarowskh und Hagen und als Stellvertreter der Genosse Klemanngewählt; für die Generalversammlung von Grotz-Berlin die Ge-nassen Marowsky und Meyer, als Stellvertrter Genosse Silcmann.Spandau.Zu dem letzten Stadtverorbnetenbericht ersucht uns GenossePiek- Spandau, mitzuteilen, daß er seine Unterschrift zu demAntrag betreffs die Nationalspende für Zeppelin gegeben habe,weil er sich auf dem Standpunkt des Genossen Singer in derReichstagssitzung, in welcher es sich um den Ankauf des Zeppelin-Ballons durch das Reich handelte, gestellt habe. Bei dieser Ge-legenheit habe Genosse Singer die Zeppelinsche Erfindung als einKulturwerk ersten Ranges bezeichnet und erklärt, mit Freudenseine Zustimmung zu dem Anlauf des Ballons durch das Reichzu geben.Genosse Piek teilt weiter mit, daß er allein in der Sitzunganwesend war; wären aber die übrigen drei Genossen zugegen ge-Wesen, so würden auch diese, wie sie erklärt haben, gleichfalls denAntrag unterschrieben haben.Die Bezugnahme des Genossen Piek auf die Darlegungen desGenossen Singer scheint uns verfehlt zu sein. Das Reich hatZeppelin unter bestimmten Bedingungen zwei Millionen Markbewilligt, und man kann, ganz gleich, wie man sich zu Zeppelinund seiner Erfindung auch stellen möge, wirklich meinen, daß dieseSumme zunächst genüge.Wenn gewisse Enthusiasten, angeregt durch die nicht ungeschickteReklame von Zeppelin sehr nahestehender Seite, den Wunsch haben,etwas Großes zu leisten unter Erhebung einer Zeppelmsteucr,so sollten Sozialdemokraten diese Leute unter sich lassen. EinAnlaß, dg mitzumachen, liegt, unserer Meinung nach, nicht vp.r.Sericdts- Leitung.Wer haftet für widerrechtliche Aufführung von Werken derTonkunst?' Als Aufführender im Sinne des UrheberrechisgesetzeS kannnach diesem Gesetz und nach den Entscheidungen des Reichsgerichtsvom 8., 18. und 29. Mai nicht nur der Kapellmeister, sondern auchder ihn engagierende gewerbliche Unternehmer, z. B. der Gastwirt,betrachtet werden. Die Rechtslage ist danach folgende:Zur Aufführung eines geschützten Werkes der Tonkunst(Konzerte, Ball- und Tanzmusik, Variete- und Zirkusvorstellungen usw.)ist die vorherige Einholung einer besonderen Genehmigung desTonsetzers oder seines Rechtsnachfolgers erforderlich.„Aufführender" im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, d. h. Haft-bar für die ohne Genehmigung des Berechtigten erfolgende Auf-führrnig eines Werkes der Tonkunst, ist nicht nur der Kapellmeisterder die einzelnen Stücke besonders auswählt und die einzelneAufführung leitet, oder das Orchester oder der Solist, sondernauch derjenige, der die Aufführung allgemein anordnet, also dergewerbliche Veranstalter(Gastwirt, Etablissementbesitzer, Inhabereines Barietö oder Zirkus, Leiter einer Kur- oder Badeverwaltunlusw.), der eine Kapelle(ein Ensemble, Solisten usw.) mit der Veranstaltung solcher Auffuhrungen beauftragt, zu denen auch dieAufführung de? in Frage stehenden Werkes gehört.Von dieser Haftung kann sich ein gewerblicher Unternehmernicht dadurch befreien, daß er die Verantwortung auf seinenKapellmeister oder andere ausführende Kräfte abzuwälzen suchtoder erklärt, die Auswahl der Stücke vollständig seinen Hilfskräftenzu überlassen. Ebenso bleibt der gewerbliche Unternehmer auchdann verantwortlich, wenn er seinen Hilfskräften die Aufführunggeschützter Werke verbietet, ohne für die Durchführung dieses Verbotes wirksam Sorge zu tragen.Strafrechtlich haftbar ist der Inhaber oder Geschäftsführer(Direktor) für die in seinem Etablissement oder Betriebe veran-stalteten Aufführungen namentlich auch dann, wenn er durch eineWarnüng darauf aufmerksam gemacht ist, daß in seinem Etablisse»ment oder Betriebe widerrechtliche Aufführungen erfolgen, gleich-viel, ob er die widerrechtlichen Aufführungen selbst angeordnet odernur geduldet hat, oder ob er schließlich sogar ausdrücklich Verzichtdarauf geleistet hat, die Auswahl der aufzuführenden Werke zubeeinflussen. In dieser Beziehung führt das Reichsgericht in derEntscheidung vom 29. Mai wörtlich aus:„Handelt es sich aber gar um unbefugte Aufführungen, sowürde selbst ein Verzicht des Wirts auf jeglichen Widerspruch be-deutungSlos sein, denn selbstverständlich gebührt ihm, der für dieOrdnung im Hause einzustehen hat und Herr der Lage ist, dasRecht wie die Pflicht, jede strafbare Handlung, mihin auch jedeunbefugte Aufführung in seinen Räumen zu verbieten und eventuellzu»verhindern."Vorsätzlich handelt aber nach der gleichen Entscheidung desReichsgerichts nicht nur derjenige Unternehmer, der im einzelnenFalle weiß, daß ein bestimmtes Werk widerrechtlich aufgeführtwird, sondern auch derjenige, der— ohne bestimmtes Wissen—bei seinem Verhalten die Möglichkeit einer widerrechtlichen Auf»führung mit in Kauf nimmt. Es genügt, wie das Reichsgerichtwörtlich ausfübrt„der eventuelle Vorsatz: die Vorstellung von derMöglichkeit eintretender Rechtsverletzung und das Einverständnismit der Verwirklichung dieser Möglichkeit und ein vorsätzlichesVerhalten, das die Verwirklichung herbeiführt."Beschränkung der Wahlagitation durch Polizeiverordnung undRichterspruch.Das ist echt preußisch: Ein Wahlrecht, welches die grosse Masseder Bevölkerung von der parlamentarischen Vertretung fast völligausschließt, eine Polizeiverordnung, welche noch obendrein dieWahlagitation der Entrechteten beschränkt und ein Richterspruch,der die Eingriffe der Polizei in daS kümpierliche Recht der Staats-bürger sanktioniert.Es war die 142. Abteilung des SchöffengerichtsBerlin-Mitte, welche am Montag ein derartiges Urteil fällte.Am Tage der Landtagswahl verteilte der Arbeiter Hiemle inder Brunnenstraße, nahe dem Rosenthaler Tor und dem WahllokalZettel, welche der sozialdemokratischen Wahlagitation dienten. EinSchutzmann untersagte ihm das. Hiemke berief sich dar-auf, daß er die polizeiliche Erlaubnis zum Verteilenvon Druckschriften habe. Eine Erlaubnis brauchte er übrigensnicht, denn bekanntlich bestimmt§ 43 der Gewerbeordnung ausdrücklich» daß nach Ausschreibung einer Wahl jedermann das Rechthat, auch ohne polizeiliche Erlaubnis Druckschriften, welche sich aufdie Wahl beziehen, öffentlich zu verteilen. Hiemke, im Vertrauenauf sein gutes Recht, folgte der Anordnung des Schutzmannes nicht.Er wurde sistiert und erhielt dann einen Strafbefehl, weil er—„der wiederholten Aufforderung eines Polizeibeamten, in dem an-gegebenen Straßenteil keine Zettel zu verteilen, nicht Folgeleistete"�_______Vor Gericht erfuhr man, daß sich die Polizei dem Angeklagkengegenüber nicht nur auf die bekannte Straßenpolizeiverordnungstützte, welche denjenigen mid Strafe bedroht, der den Anord-nungcn nicht folgt, die ein Polizeibeamter im Interesse der öffent-lichen Ruhe. Ordnung und Sicherheit erläßt, sondern es wird auchnoch die zur Regelung des Straßenhandels erlassene Polizciverord-nung vom 19. November 1904 herangezogen. Diese Verordnunguntersagt den Straßenhandel, sowie das Verteilen von Geschäfts-empfehlungen, Reklamezetteln und Druckschriften in bestimmtenStraßenteilen, zu denen auch der zwischen Veteranenstraße undRosenthaler Tor belegene Teil der Brunnenstraße gehört.— Einals Zeuge vernommener Schutzmann sagte, der Reviervorstandhabe die Beamten angewiesen, streng darauf zu achten, daß indem bezeichneten Teil der Brunnenstraße keinerlei Zettel berteiltwerden. Nur für diesen Stratzenteil sei dem Angeklagten das Ver-teilen der Zettel untersagt worden. Wenn der Angeklagte in eineNebenstraße gegangen wäre, hätte er die Zettelverteilung unbe-helligt fortsetzen können.Der Verteidiger, Rechtsanwalt Theodor Liebknecht, verwiesauf die oben erwähnte Bestimmung der Gewerbeordnung, die beisinngemäßer Anwendung doch nicht anders verstanden werdenkann, als daß die Wahlagitation durch Druckschriften durch keinepolizeilichen Matznahmen beschränkt werden darf, und daß die zurRegelung des Strahenhandels erlassene Polizeiverordnung auf dieVerbreitung von Wahldrucksachen nicht angewandt werden darf.DaS Gericht teilte aber diese Rechtsauffassung nicht. Es stelltesich vielmehr auf den Standpunkt der Polizei und verurteilte denAngeklagten zu einer Geldstrafe von 8 M. mit der Begründung:Wenn die Polizeiverordnung vom 19. November 1904 die Ver.teilung von Wahldruckschriften von dem Verbot der Drucksachen-Verteilung in bestimmten Stratzenteilen ausnehmen wollte, dannwäre das in der Verordnung, die ja doch jünger sei wie die Ge-Werbeordnung, ausdrücklich bemerkt worden. Da dies nicht ge-schehen ist, so müsse angenomen werden, eS sei die Absicht der Ver-ordnung, auch die Verteilung von Wahldruckschriften während derWahlzeit in bestimmten Straßenteilen zu verbieten. Diese Ver-ordnung habe der Angeklagte übertreten, er müsse deshalb ver-urteilt werden.Gegen das Urteil wird selbstverständlich Berufung eingelegtwerden. Eine Polizeiverordnung kann kein Reichsgesetz ändern,auch wenn die Absicht bei Erlaß derselben dahin gegangen wäre.Uebrigens wäre die Unerstellung einer solchen Absicht beleidigend,denn sie enthält die Annahme, die Polizei habe die Reichsverfassungverletzen wollen und verletzt,__Oeffentlicher Aushang des Ergebnisses der öffentlichen Wahl istgrober Unfug.So hat eine Abteilung des Schöffengerichts Berlin-Mllte amMontag entschieden. Es handelte sich um folgenden Fall:Am Tage der Urwahlen zum preußischen Abgeordnetenhausehing der Schankwirt Pasche, Äliencr Straße 56, im Fenster seinesLokals eine Abschrift der Wählerliste zweiter Abteilung aus. Aufdieser Liste waren die Namen derjenigen Wähler, die ihre Stimmeabgegeben hatten, durchstrichen und zwar teils mit roten, teils mitblauen Strichen. Außerdem hatte Pasche einen Zettel angebracht,auf dem die Namen einiger Wähler der ersten Abteilung an-geführt waren, dazu die Bemerkung, daß diese Wähler„blau" ge-wählt habcm Einer der Wähler erster Abteilung ging vorüber,sah den Aushang, lief zur Polizei und gab an, er fühle sich durchdenselben belästigt. Die Polizei entfernte und konfiszierte die beiPasche aushängende Liste, und dieser erhielt eine Anzeige wegen—groben UnfugS.— Obwohl eine Belästigung des Publikums odereine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung nicht nach-gewiesen war, verurteilte das Gericht den Angeklagten zu einerHaftstrafe von 59 M.» da er durch Aushang der Liste die Wähler,welche nicht sozialdemokratisch gestimmt haben, boykottieren wollteund dadurch groben Unfug verübt habe. Das Urteil ist unhaltbar.Eine MietStalerschwinblrrin und Gelegenheitsdiebinmußte sich gestern in der Person der Näherin Angelika Kaufmannvor der 1. Ferienstraskammer de? Landgerichts I verantworten.Die Angeklagte ist schon mehrfach wegen ähnlicher Betrügereienvorbestraft. Kaum aus der Strafanstalt entlassen, meldete sich dieAngeklagte unter falschem Namen in einem StellenvermittelungS-burcau im Potsdamer Viertel. Ende Mai erlangte die«K. beider Pensionsinhaberin S. in der Lützowstraße einen Dienst. Das„neue Mädchen" führte sich sehr gut, war anstellig und fleißig, sodaß ihre Herrschaft schon von der„Perle eines Dienstmädchens"sprach. Drei Tage später war die„Perle" aber schon spurlos ver-schwunden und zwar unter Mitnahme eines Portemonnaies mit10 M. Inhalt und eines Brillantringes im Werte von 70 M. Einenähnlichen Diebstahl verübte die Angeklagte bei dem HotelbesitzerM., wo sie auch noch den Korb eines anderen Dienstmädchenserbrach und deren geringe Habseligkeiten entwendete. Schließlichgelang es, die Angeklagte, nachdem öffentlich vor ihrem gemein-gefährlichen Treiben gewarnt worden war, festzunehmen.— VorGericht war die Angeklagte nur in einem Falle geständig und be-hauptete, das Opfer einer Personenverwechselung in den übrigenFällen zu sein. Das Gericht verurteilte die Angeklagte wegenBetruges, Urkundenfälschung und schweren Diebstahls dem Antragedes Staatsanwalts gemäß zu 1 Jahr und 5 Monaten Gefängnis.Ei» jugendlicher PostauShelfermußte sich gestern unter der Anklage der Unterschlagung im Amtevor dem Strafrichter verantworten. Der Ibjährige frühere De-peschenausträger Franz Behlaan war durch Handschlag als Post-aushclfer vereidigt und bei dem Postamt 1 in Charlottenburgangestellt worden. Eines abends erhielt er noch fünf Depeschenzur Beförderung, die aber nicht in die Hände der Adressaten ge-langten. Es wurde eine Untersuchung eingeleitet, die ergab, daßder jugendliche Postbote die Telegramme auS Bequemlichkeit einfach weggeworfen hatte. Außerdem hatte B. noch aus einer Druck-sachensendung eine» Kalender mit entwendet. Die Strafkammerhielt einen gröblichen Vertrauensbruch für vorliegend und erkanntetrotz der Jugendlichkeit des Angeschuldigten aus eineu Monat Ge-fängnis.Dia Strafe dünkt uns außerordentlich hoch. Weniger der An-geklagte als die sind an den Delikten schuld, die das Kind aufsolchen verantwortungsvollen Posten stellten, statt eine erwachseneKraft anzustellen.Singegsngene Qruckfckrltten.Die Einheit der Architektur von H. MuthefiuS. 1,50 M. Verlag,K. CurtluZ, Berlin W. 35.Wirtschaftsgeographie mit eingehender Berücksichtigung Deutsch.landS, Von Dr, Ch, Gruber, geb. 2,40 M.— B,<3. Teubner In Leipzig.Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschcnwelt. Von Fürst PeterK ropotkin. 2 M. Th. ThomaS w Leipzig.Schule und Brot. Von Helene Simon. 1,20 M. Verlag L. Boß ixHamburg, Hobe Bleichen 34.Straubes Spezialkarte vom Ober- und Untersvreewald. 75 vs.Verlag Jul. Straube. Berlin 81V. 13.Jahresbericht des Sozialdemolratische» Vereins Krei««ssen. Selbst-Verlag.„Rene Generation', Juiihest, HerauSgederw Dr. phti. Helene Stöcke»..Verlag Oesterheld u. Co., Berlin.Der klerikale Sturm in Oesterreich, Fall Wahrmund und die Losvon Rom- Bewegung von P. Bräunlich. Lehmanns Verlag, München.60 Pf.DaS Blaubuch. Wochenschrift. Herausgegeben von H. JIgenstew u.H. Kienzl. Konkordia, Deutsche Verlagsanstalt. Berlin.S. Geschäftsbericht des ArbettersekletariatS Ltronach. 31 Selten.Selbstverlag.3. Bericht des BildungSauSschusseS in Bremen. 15 Seite». VerlagS-anstalt Schmaiseld u. Co. in Bremen,Die gläserne Wand. Legende» und kleine Geschichten von G.Ruseler, 2 M. Buchverlag der Hilfe, Schöneberg-Berlin.Jahresbericht des Vereins deutscher Kaufleute. ISO?. 55 Seiten.Selbstverlag. Berlin, Dresdener Str. 80.Verantwortlicher Redakteur: Georg Davidsohn» Berlin. Für den Jnjeratenteil verantw.: Th. Glocke, Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. Verlagsanstalt Paul Singer dt Co., Berlin SW,