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loten zu haben schien, hat ihre Früchte getragen: Der innere Feind ist wieder einmal besiegt und fünf Arbeiterleben bilden den Siegespreis der Soldateska. Die Armee aber hat keineVerluste". Trotz der offiziellen Erzählungen von den Revolverschüssen der Arbeiter weiß auch die Regie- rung nur von einigen Verwundungen durch Stein- würfe zu erzählen. Alles weist darauf hin, daß das pro- vozierende Auftreten der überall in Massen auf- gebotenen Gendarmerie und des Militärs es war, das aus der friedlichen Demonstration eine neue schauerliche Tragödie gemacht hat. So gefälscht auch die offiziösen Berichte sind, lassen sie doch diese Tatsache deutlich erkennen. Wir geben folgende Telegramme wieder: Paris  , 31. Juli. Bei dem Zusammenstoß zwischen Aus- ständigen und Militär in Villeneuve lassen sich drei Episoden unterscheiden. Einmal wurden in der Nähe des Versammlungs- saales Revolverschiisse auf die Truppe abgegeben, die nicht wieder- schoß. Dann wurde an, der Vigneux-Briicke etwa 100 mal aus Revolvern auf die Truppe gefeuert. Drittens geschah dasselbe am Bahnhof aus der Menge und sogar von den Fenstern aus.(Und alle dieseSchüsse" haben niemand getroffen I) Mehr als zwanzig- mal wurde die Menge verwarnt und viermal schoß die Truppe in die Luft, bevor sie sich verteidigte. Zwei Manifestanten blieben tot aus dem Platze, ein dritter st a r b bei der Ankunft in Paris  . Fünfzehn erhielten vorwiegend Säbelhiebe. der Generalleutnant und der Oberst trugen Schrammen und Beulen davon; drei Soldaten wurdeu ernstlich verwundet, zwanzig erlitten leichtere Verletzungen. Weitere 500 Soldaten sollen nach dem Ausstandsgebiet Villeneuve abgehen. Die offizielle Mitteilimg. Paris  , 31. Juli. Heute früh 2 Uhr wurde von dem Ministerium des Innern folgende Mitteilung über die Zahl der Opfer bei den gestrigen Ruhestörungen in Vigneux aus- gegeben: Zwei Zivilisten getötet, 15 Zivilisten verwundet, ein Rittmeister und zwei Kürassiere verletzt. General Virvais, der Oberbefehlshaber der zur Unterdrückung der Ruhe- störungen ausgesandten Truppen, sowie mehrere Offiziere und 20 Soldaten sind durch Steinwürfe verletzt. Nach anderen Berichten beträgt die Zahl der Getöteten drei; die Zahl der Verletzten wird zwischen 30 bis 80 an- gegeben. Der Zustand von sechs Verletzten wird als hoff- nungslos bezeichnet. Fortdauer des Streiks. Paris  , 31. Juli. Die Vertreter aller Arbeiterverbände hatten heute nacht in der Arbeitsbörse eine Versammlung ab- gehalten und beschlossen, durch Mauerauschläge die Arbeiter aufzufordern, infolge der gestrigen Vorgänge den A u s st a n d bis auf weiteres zu verlängern. Es heißt, daß auch andere Arbeitersyndikate, so die Elektrotechoiker, Goldschmiede und Anstreicher beabsichtigen, sich dem Aus- stände anzuschließen. Die meisten Blätter, abgesehen von den sozialistischen   und sozialistisch-radikalen, verlangen, daß die Regierung weit energischer vorgehe, da die Treibereien des allgemeinen Arbeiterverbandes geradezu gemeingefährlich geworden seien. Da die Bauunternehmer beschlossen haben, die Bauplätze zu sperren, befürchtet man, daß die Lage noch eine Verschlimmerung erfahren werde, da da- durch viele tausend Arbeiter beschäftigungslos werden. Fünf Tote! Paris  , 31. Juli. Zwei der gestern verwundeten Kundgeber sind im Laufe des Nachmfttags ihren Ver- letzungen erlegen. Hiermit steigt die Zahl der Toten auf 5. Die Beisetzung der Getöteten findet morgen statt. Es werden umfassende Maßregeln getroffen werden, um Unruhen zu verhindern. Von den übrige:. Verletzten sind noch drei in Lebensgefahr. RegierungSmaßregeln. Paris  , 30. Juli. Die Minister Clemenceau  , Picquart  , Varthou und Vi Viani(!) hatten heute abend eine Be- sprechung mit einander. Der Ministerpräsident forderte den Oberstaatsanwalt auf. sich zur Einleitung der gericht- lichen Untersuchung gegen die Urheber der Rebellion sofort nach Draveil und Villeneuve zu begeben. Villeneuve, 31. Juli. Eine Gerichtskommission hat die Untersuchung in der Angelegenheit des gestern er- folgten Zusammenstoßes zwischen Ausständigen und Militär ausgenommen. Die Stadt ist militärisch besetzt. Einer der Verletzten starb nachts im städtischen Hospital. Verurteilungen. Paris  , 31. Juli. Das Schwurgericht in Corbeil  verurteilte heute eine Anzahl Personen, welche vor einigen Tagen die Unruhen in Vigneux verursacht hatten, zu Ge- sängnis von 10 Tagen bis zu 4 Monaten. Ser deutsch  - ichMireiilche Illehlroll- Konflikt. Dieses relativ unbedeutende Ereignis ist charakteristisch für die Jnteressenkonflikte, die daraus entstehen können, wenn Schutz- zoll- und Ausfuhrpräinienpolitik zweier Staaten sich kreuzen. Das Lehrreiche an einem derartigen Konflikt ist gewöhnlich, daß die VölkDc beider Staaten einsehen, wie sehr ihre bez. Regierungen mit ihrer Konsumkraft sträflichen Wucher treiben. Die deutsche Zoll- Verwaltung ist selbstverständlich bestrebt, die wirtschaftlichen Interessen der Agrarier zu vertreten. Sie belegt zwar das aus Amerika   kommende Getreide mit einem beträchtlichen Zoll; seit jedoch am Rheine   eine ganze Reihe technisch hochentwickelter Groß- inühlen entstanden sind, die den billigen Wasserweg von Rotterdam  her benutzen, ist das aus amerikanischem Getreide erzeugte Mehl in Südwestdeutschland   billiger als das aus deutschem Weizen. Für die deutsche Zollverwaltung bestand nun die Gefahr, daß ihre Herren, die Agrarier, unter ausländischer Konkurrenz zu leiden hätten. Um diesernationalen" Gefahr vorzubeugen, mußte die deutsche Regierung die westdeutschen Müller dazu animieren, das billige Mehl zu exportieren. Sie tat dies, indem sie den Müllern beim Ausfuhr von je 30 Kilogramm Primamehl den Zoll für 100 Kilogramm Weizen rückvergütete. Durch diese versteckte Aus- fuhrprämie wurde es den deutschen   Müllern profitabel, die übrigen L0 Kilogramm Mehl minderer Qualität an den deutschen   Konsum zu den Preisen zu verkaufen, die die nationale Einsicht der Agrarier für richtig hält. Dieses System, die billige und bessere Mehlsorte ins Ausland abzuschieben und den eigenen Volksgenoffen das teure und schlechtere Mehl zu überlassen, macht dem volksfeindlichen Gebaren der deutschen   Regierung alle Ehre.   Ein verteufelt schlauer Wucherertrick. Die deutsche Ausfuhrprämie, die die rheinischen Mühlen er- halten, ist genau so groß wie der schweizerische Mehlzoll. Die Schweiz   hat bekanntlich eine sehr kleine Geteidcproduktion, etwa 20 Proz. ihres Bedarfs, dafür aber eine sehr entwickelte Müllerei, deren Besitzer und Aktionäre in der Handelspolitik des Bundes ein tüchtiges Wörtchen hineinzureden haben. Der Getreidezoll der Schweiz   ist sehr klein, dafür aber ist der Mehlzoll ziemlich hoch (2,80 Frank pro Doppelzentner). Unter diesem Bundesschutz konnten sich Mühlenshndikate bilden, die einerseits die Mehlpreise hoch- hielten und andererseits die ArbeiterschaftHin der Lebenshaltung hinabdrückten. Diese Diktatur der Herren Maggi und Konsorten wurde dem brotkonsumierenden Publikum zuviel, und die Gelegen- heit eines Streiks der Mühlenarbeiter wurde zu einem stramm durchgeführten Boykott der schweizerischen Mehle benutzt. Seither ist die Mehleinfuhr aus Deutschland   gewachsen und hatte im Jahre 1007 einen Umfang von rund 250000 Doppelzentner im Werte von über 6 Millionen Franken. Dieser deutsche Mehlimport hatte die heilsame Wirkung, daß die schweizerischen Müller mit ihrer preis- treibenden Syndikatspolitik aushören mutzten. Das war den Herren sehr unangenehm und ihre Pretzkulis begannen am Anfang dieses Jahres die Lärmtrommel zu schlagen und die Oeffentlichkeit erfuhr, daß die schweizerischen Müller bei weiterer Fortdauer der deutschen  Mehleinfuhr gezwungen sein werden, ihre Mühlen zu schließen. Diese Drohung ist jedoch leere Rederei, denn die schweizerischen Mühlen vermahlten im Jahre 1907 rund 3� Millionen Doppel­zentner russischen und rumänischen Weizen im Werte von ca. 73 Millionen Franken, und die spezifischen Brotsorten, die der schweize- rische Konsument verzehrt, sind aus dem kleberarmen amerikanischen  Weizen, den die rheinischen Grotzmühlen Deutschlands   über Rotter- dam beziehen, gar nicht herzustellen. Das deutsche Mehl vermag also gar nicht das schweizerische zu ersetzen, es ist aber gar wohl imstande, den Preistreibereien des schweizerischen Mühlensyndikats ein Ende zu machen. Der deutsche Mehlimport ist eine Folge der Ausfuhrprämie, denn diese hebt die Wirkung des schweizerischen Mehlzolls auf, er ist jedoch sehr geeignet, die Diktatur des Mühlen- shndikats zu brechen. Da die Syndikatsherren recht großen Ein- flutz im Bundeshause haben und die liberale' Presse es verstand, die Rettung des Syndikats als Rettung dernationalen" Mühlen- industrie hinzustellen, forderte der schweizerische Bundesrat von der deutschen   Regierung, sie solle die Ausfuhrprämie abschaffen, widrigenfalls werde die Schweiz   den Mehlzoll erhöhen. Dieses wäre ein Bruch des deutsch  -schweizerischen Handelsvertrags, zu welchem die Schweiz   zwar nach Analogien der Brüffeler Zucker- konvention berechtigt ist, zu welchem sie aber nicht die Macht hat. Es genügte die Drohung der deutschen   offiziösen Presse, daß Deutschland   in diesem Falle Repressivzölle auf Uhren, Käse, Stickereien und Schokolade erheben würde, und der Bundesrat war von seinem Projekt der Zollerhöhung geheilt. Besonders regte die Eventualität eines Zollkrieges im Interesse des Mühlen  - syndikats weite Volkskreise derart auf, daß die radikale Regierung jetzt vier Monate vor den Wahlen auf die Ausführung einer solchen kapitalen Dummheit verzichtete. Sie klammerte sich dafür an ein altes Postulat der Linksdemokraten und einiger Sozialisten Grütlianer), nämlich der Verstaatlichung des Getreide- i m p o r t s. Das gehorsame Bundesparlament mit seiner radikalen Mehr- heit nahm einen platonischen Antrag auf Einführung eines Ge- treidemonopols an, und nun hatte der Bundesrat eine Waffe in der Hand, um die deutsche Mehleinfuhr zu verbieten, ohne mit dem Handelsvertrag in Konflikt zu kommen. Einige Wochen lang standen sich die wackeren Kämpen für Lebensmittelwucher kämpf- bereit gegenüber die deutsche Monarchie mit der Drohung der Repressivzölle und die schweizerische Demokratie mit der Drohung der Verstaatlichung. Da besannen sich beide Staaten ihrer hohen Aufgabe des Lebensmittelwuchers, und sie entdeckten ihr gemeinsames Interesse. Die deutsche Regierung und die der Schweiz  , die offiziell nach außen hin im Mehlzollkonflikt waren, bearbeiteten unter der Hand die Müller ihrer Länder, sich zu verständigen. Vorige Woche war in Berlin   eine streng vertrauliche Konferenz der Vertreter der Mühlenbesitzer beider Länder, und die Möglichkeit eines deutsch  - schweizerischen Mühlcnsi'ndikats nimmt immer greifbarere Formen an. Die schweizerische Regierung spielt bei diesem Handel eine schmähliche Rolle. Ihr Zusammenklappen bor der Zollkriegs- drohung Deutschlands   könnte man noch allenfalls verstehen, die tatsächlichen Machtverhältnisse sind eben auf Seite Deutschlands  . Jedoch das volksfeindliche Doppelspiel der kriegerisch- nationalen Pose mit dem staatssozialistischen Getreidemonopol nach außen und dem gleichzeitigen Arrangement eines Trusts der deutschen   und schweizerischen Mehlwucherer unter Aegide der deutschen   Agrarierregierung, das ist gelinde aesagt Verrat dex Kglksinterefse n.,.;, polltifcbe CUbcrlicbt. Berlin  , den 31. Juli 1308. Die internationale Solidarität. Eine gute Nachricht kommt aus London  . Die englische Arbeiterpartei hat beschlossen, zwanzig Vertreter nach Deutschland   zu schicken. Genosse Ramsay Macdonald  , der Sekretär der Arbciterfraktion im Unterhause, erläuterte den Zweck der Reise dahin, daß die Vertreter der englischen Arbeiter die deutschen  Genossen im persönlichen Verkehr davon überzeugen wollen, daß sie allen Versuchen, zwischen dem deutschen   und dein englischen Volk Mißtrauen säen zu wollen, auf das energischste entgegentreten werden. Der Besuch unserer englischen Freunde wird zu Pfingsten nächsten Jahres statt- finden. Gleichzeitig hat die A r b e i t e r f r a k t i o n des englischen Unterhauses beschlossen, unserem Genossen Bebel eine Ab- schrift der von dem Arbeiterabgeordneten gefaßten Resolution zu überreichen, in der die chauvinistische Hetze, die zwischen England und Deutschland   Haß zu erregen versucht, auf das schärfste verurteilt wird. So schließen sich die Bande internationaler Solidarität und Brüderlichkeit immer enger um die Arbeiter aller Länder. Es zeigt sich auch.aufs neue, wie bedeutungsvoll für die internationale Aktion des Proletariats zur Verhinderung der Kriege die Entstehung der unabhängigen englischen Arbeiter- Partei gewesen ist. Die Internationale marschiert und ihre immer größere Macht, immer größere Aktionsfähig- keit ist die stärkste Gewähr für die Erhaltung des Friedens, den die imperialistische Politik der Bourgeoisie gefährdet. Der Beschluß des internationalen Kongresses von Stuttgart  , über den unsere Gegner nicht genug höhnen konnten, ist kein toter Buchstabe geblieben: In Frankreich  , in England und in Deutschland   wie in allen anderen Läildern ist er zur Richt- schnür geworden für das geeinte Proletariat, das dem Kriege seinen unerbitterlichen Krieg erklärt hat. Die deutschen   Ar- bester begrüßen mit hoher Freude den Beschluß ihrer englischen Genossen und werden ihren Vertretern den herzlichsten Empfang bereiten._ Noch eine Reichstagsnachwahl in Sicht. Wie freisinnige Blätter melden, haben die vom Reichstag bc- schlossenen Erhebungen über das angefochtene Mandat von Mühl- hausen-Langensalza ein Resultat ergeben, das mit Sicherheit zur Ungiltigkeitserlläruva der Wahl führen wird. Unsere Parteigenossen haben in der Person bes Genossen Schäfer bereits einen Kandidaten aufgestellt, nachdem der seitherige Kandidat Genosse Grunwald-Berlin   erklärt Herste, die Kandidatur nicht mehr anzunehmen._ DiePost" als Arbeitgeberin. Die Bloßstellung derPost" als Vertragsbrüchiger Arbeit- geberin durch die Verhandlung vor dem Kaufmannsgericht über die Klage eines Angestellten, dem sie ohne die Spur eines Rechts das Gehalt vorenthielt, sucht das Scharfmacher- orgau durch Totschweigen seinen Lesern gegenüber zu unter- drücken, lieber die Verhandlung vom Montag hat diePost" bis heute noch kein Sterbenswörtchen gebracht. Ein eigenartiges Naturwunder: die Feststellung der doppelzüngigenPost"-Moral hat diePost" st u m m gemacht, freilich nur aus diesem eigensten Gebiet derPost". Durch besonders lebhafte Anwürfe gegen die Arbeiter sucht sie ihre leider nur partielle Lähmung zu verschleiern. Auf welchem tiefen Niveau müssen die Leser derPost" stehen, die sich das ruhig bieten lassen I_ Das summarische Verfahren. Die Rechtlosigkeit der Eingeborenen in unseren Kolonien de- zeugt folgender Fall, den dieFranks. Ztg." mitteilt: Dem Prinzip der Rechtsgleichheit in den deutschen Kolonien wird in einem unS vorliegenden amtlichen Schriftstück wider- sprochen, das vom kaiserlichen Bezirksamt Duala, datiert vom 12. April 1908, dem Gouvernement von Kamerun   zuging. Es handelt sich um die Niederlassung eines deutschen   Rechts- anwalts in Duala, der Hauptstadt Kameruns  . Der Bezirks- amtmann v. B r a u ch i t s ch hatte es abgelehnt, den Rechts- anivalt im summarischen Gerichtsverfahren als Vertreter z u- zulassen und er ersuchte das Gouvernement, seine Zulassung allgemein an die Bedingung zu knüpfen. Eingeborene weder zu vertreten, noch eine Rechtsauskunft zu erteilen. Dann heißt es in dem Schriftstück weiter: Ein Anspruch auf Vertretung durch einen Rechtsanwalt be- steht weder für diesen noch für die Eingeborenen. Eine Zulassung von Rechtsanwälten kann nur für die Gerichte in Frage kommen. Die summarische Gerichtsbarkeit ist aber etwas von dem ordentlichen Versahren so verschiedenes, ihre Be- dürfnisse sind derart andere, daß ein Herübernehmen der in diesem Verfahren nottvendigen oder zweckmäßigen Einrichtungen nicht angezeigt erscheint. Einordentliches" Verfahren gibt es also für einen Eingeborenen in unseren Kolonien nicht. Für ihn ist dassummarische" Verfahren gut genug. Ja, es ist sogar einem Rechtsanwalt verboten» einem Eingeborenen Rechtsauskunft zu erteilen I Eine Rcichs-Wcinsteucr. Das Reichsschatzamt ist noch immer auf der Suche nach neuen Steuerobjekten. DieDeutsche Weinztg." erklärt, au? wohlinfor- mierter Quelle erfahren zu haben, daß sich das Reichsschatzamt tat- sächlich mit dem Gedanken der Aufnahme einer Reichsweiirsteuer in die Neichsfinanzrefornt vertraut mache. Badischer Etat. Der badischen Kammer ist ein sehr umfangreicher Budget- Nachtrag zugegangen, der infolge der Aenderungen der Beamten- Zulagen nötig geworden ist. Der Etat schließt für 1903 mit 101 Millionen Einnahmen und 80 Millionen Ausgaben, so daß eine Reineinnahme von 20 Millionen Mark bleibt, gegen 81 Millionen Einnahmen und 65 Millionen Ausgaben sowie 16 Millionen Mark Reineinnahmen im Vorjahr._ Der abgeblitzte Küster. Der Fahnenträger des evangelischen Berg- mannsvereinS in Lllten-Bochum sollte auf Antrag deS Küsters aus dem Verein ausgeschlossen werden, weil er sich als sozialdemokratischer Wahl mann hatte aufstellen lassen und sozialdemokratisch gewählt hatte. Die Generalversammlung lehnte den A u s s ch l u ß a n t r a g m i t großer Mehrheit ab. Dem Küster wurde von einem Redner gesagt, er solle sich um die verstaubten Kirchenbänke bekümmern. Pressestreik. AnS Rccklinghauscn wird unS geschrieben: Die durch den be- kannten Polizeiprozeß berühmt gewordene Stadt macht wieder ein- mal von sich reden. In einer am 26. Mai abgehaltenen Stadt- verordnetensitzung war vom Stadtverordnetenvorsteher eine Abstimmung fehlerhaft vorgenommen worden. Es entstanden unter den Stadtverordneten Meinungsverschiedenheiten, die zu lauten Aus- einandersetzungen führten. Die Preßvertreter, die durch die Vor- kommnisie gezwungen ivaren, sich über den Ausgang der Abstimmung unter sich zu verständigen, wurden von dem Vorsitzenden mit den Worten angehaucht:Jch hosse, daß sich die Preß-Ver- treter betragen, wie eS sich gehört." Die Vertreter der Presse verließen nicht sofort den Sitzungssaal, sondern richteten an den Vorsitzenden ein Schreiben, worin sie den Sachverhalt dar- legten und dem Stadtverordnetenvorsteher nahelegten, die Beleidi- gung zurückzunehmen. In der gestrigen Sitzung erklärte der Stadt- verordnetenvorsteher, daß er seine Aeußerung nicht zurücknehme. Die Preßvertreter verließen darauf sämtlich den Saal. Die Liberalen winseln bei den Gelben um Gnade. Die Augsburger   Industriellen befehlen nun ihren gelben Leibeigenen, durch Einzeichnung in Listen den Anstritt ans der liberalen Partei und aus dem liberalen Arbeiterverein zn erklären wegen der Stellungnahme einiger Liberalen gegen die Gelben im bayerischen Landtag und auf dem liberalen Kongreß in München  . Das parteioffizielle Blatt in Augsburg  iveint nun bittere Tränen ob dieses Schrittes und bittet u rn Gnade: man möge die Sache doch nicht so tragisch nehmen, denn es wären ja nur einzelne Liberale ge­wesen, die gegen die gelben Untertanen der liberalen Unter- nehmer aufgetreten seien, während die liberale Partei als solche nach wie vor im Dienste der Industriellen tätig sein werde. Sie paffen zusammen, dieser Liberalismus und die Gelben! Im Prozeß Biewald gegen die Stadtgeiueinde Breslau  , der noch über die Höhe der zu gewährenden Entschädigung wegen der ihm von einem Polizisten abgehackten linken Hand geführt wird, liegt jetzt ein Gutachten des Vertrauensarztes der Landesversicherungsanstalt Schlesien   vor. Nach diesem Gutachten ist Biewald als Halbinvalide zu betrachten. Im erste» Jahre und während der Dauer des Heilverfahrens könne er 75 Proz., im zweiten Jahre 60 Proz. und darüber hinaus noch 50 Proz. seines Jahreseinkommens als Rente beanspruchen. Der Prozeß dürfte erst gegen Ende deS laufenden Jahres bor der Zivil- kammer zur Entscheidung kommen. Das Volk gegen die Kriegshetzer". lautete das Thema eines Vortrages, den der Arbeitersekretär Meerlein aus Breslau   in einer ziemlich zahlreich besuchten öffent- lichen Volksversammlung in Posen hielt. Bei Eröffnung der Ver- sammlung bedauerte der Leiter derselben, GewerkschaftSsckcetär Schulz, daß sämtliche Verhandlungen in dieser Versammlung n u r in deutscher Sprache geführt werden dürfen, da Posen zu