gwflSnbe mnzustürzen. md Me vor allem an die Person des Kalifen nicht rühren werden." Soweit Dr. Nathan. Wir führen dieses Beispiel nur an, um wieder einmal zu zeigen, wie eS mit der Gewissenhaftigkeit dieses deutschen Chauvinisten bestellt ist. Ein Freiheitsmann? Genosse Rudolf Krasft schreibt uns: »Was man doch alles erlebt im Laufe der Zeit! Jetzt ist ein gewisser preußischer Leutnant a. D. Eduard Goldbeck auch unter die Opposition gegangen. Ja er hat sogar vor kurzem eine Broschüre unter den, Titel„Der Henker Drill" veröffentlicht. Dieser nämliche Herr Goldbeck, der jetzt links schreibt, hat einmal sehr stark rechts geschrieben. Als ich im Jahre 1835 in meiner Broschüre„Glänzendes Elend" die Berhältnisse des deutschen Offtzierkorps der Wahrheit entsprechend kritisiert hatte, schrieb Herr Goldbeck schnell eine Gegenbroschüre mit dem geistreichen Titel„Glänzendes Elend?" Er fügte also dem von mir gewählten Titel nur ein Fragezeichen hinzu, ein Manöver, das allerdings den wahrscheinlich beabsichtigten Erfolg nicht hatte. Nach dem Erscheinen meiner Schrift„Kasernenelend", die sich mit dem Lose der Unteroffiziere und Mannschaften befaßte, rückte Goldbeck flugs mit einer Gegenbroschüre„Kasernen- z u ch t" heraus, in der er die deutsche Kaserne über den Eichel- wenzel lobte. Herr Goldbeck, der jetzt den> Drill als Henker anficht, schrieb damals z. B..... und ebenso gilt es für die Armee, daß Knopfputz, Parademarsch und der Fall von Paris in innerem Zusammenhange stehen. Ich bin für Drill und Er- ziehung und habe damit den alten Kaiser Wilhelm auf meiner Seite." Nunmehr gesteht Herr Goldveck in seiner neuen Broschüre offen ein, daß er als aktiver Offizier selbst die brutalsten Soldatenmißhandlungen mitangesehen hat. Trotzdem brachte er es als verabschiedeter Offizier fertig, für die deutsche Kaserne eine Lanze einzulegen und die Kasernenzucht als etwaS Vorzügliches zu preisen! Als ich ferner im Jahre 1837 eine Broschüre„Fürnehmer Geist" gegen die Offiziersehrengerichte veröffentlicht hatte, ließ Herr Gold- beck natürlich wieder eine Gegenbroschüre loS, die ich übrigens nicht gelesen habe. Welcher Art sie war, kann man daraus ersehen, daß Goldbeck sie an die Geheimkanzlei des bayerischen Prinzregenten einschickte und dafür das übliche An- erkennungsschreiben erhielt. Warum fühlte Herr Gold- beck das �Bedürfnis feine Weisheit just dem bayerischen Regenten zu unterbreiten? Weil ich mich in meiner Broschüre auch mit dem Zweitältesten Sohne desRegenten, dem jetzigen Generalin spelteur Prinzen Leopold, beschäftigt hatte. Und wenn man weiter bedenkt, daß Herr Goldbeck zur nämlichen Zeit, wo er dem Prinzregenten von Bayern seine Broschüre übersandte, wo er sich in seiner Schrift„Kasernen- zucht" als„ko nfer v a tiv b is auf d i e Kn o ch en" empfahl, am umstürzlerischen„SimplicissimuS" mitarbeitete, so wird man nur recht geben, wenn ich sage, baß die Opposition deS Herrn Goldbeck mit großer Vorsicht aufzunehmen ist." Das Sündenregister des Reichsverbandes. In ihrer Nr. 27 brachte die Korrespondenz deS Reichslügen- Verbandes ein Sozialdemokratisches Sündenregister Nr. 2. Dieses „Sündenregister" soll den unangenehmen Eindruck verwischen, den die Spitzbübereien, die wir einer Anzahl Reichsverbändler nach- gewiesen hatten, gemacht haben. Auch die neuen Falle von Unter- schlagungen usw., die der Reichsverband zusammenstellt, liegen zum guten Teil längere Zeit zurück. Auch enthält sein„sozialdemokra- tisches" Sündenregister abermals Straftaten, die in Gewerk- fchaften. Krankenlassen, Konsumvereinen und ähnlichen Organisationen begangen worden sind, für die daher kein billig- Denkender die sozialdemokratische Parteiorganisation moralisch haftbar machen kann. Selbst offenbare Unrichtigkeiten grober Art sind in dieser neuen Liste enthalten. Für heute greifen wir zwei solcher Fälle heraus: Die Reichsverbandskorrespondenz zählt in ihrem Verzeichnis nach dem.Forster Tgbl." vom- 23. Mai 1908 einen Kolporteur Grimm als Leiter des sozialdemokratischen Wareneinkaufsvereins zu Gotha auf. MS„sozialdemokratischer Vertrauensmann" sei dieser Grimm geflüchtet. Hierzu wird aus Gotha mitgeteilt, daß es wieder die alte Geschichte ist: Ein Kömlein Wahrheit, alles andere Lüge. Grimm, der von Beruf Müller ist, kam 190S nach Gotha , gab sich als Parteigenosse auS, wurde, nachdem er arbeitslos geworden war, Kolporteur und bewarb sich dann um die Stelle eines Lagerhalters im Konsum- verein, die er auch erhielt. Es stellte sich jedoch heraus, daß er diesem Posten nicht gewachsen war. Bei einer Revision wurde ein Manko entdeckt, was seine Entlassung zur Folge hatte. Einen Verlust hat der Konsumverein nicht erlitten, da er durch eine Kauiion gedeckt war. Nach dieser Affäre arbeitete Grimm noch zwei Monate beim Elektrizitätswerk in Gotha und ging dann nach auswärts. Grimm war also nicht Leiter des Konsumvereins, sondern nur Angestellter; desgleichen kann keine Red« davon sein, daß er, wie der Reichsverband berichtet, geflüchtet ist. ganz zu schweigen von dem Avancement zum„sozialdemo- kratischen Vertrauensmann", mit dem ihm der Reichsverband um des höheren Zweckes der Sozialistcnverleumdung willen beehrt. Noch größer ist die Gewissenlosigkeit deS Reichsverbandes in einem anderen Falle. Seine Korrespondenz bezichtigt nämlich femer, indem sie sich auf einen Gericht der landbündlerischen „Deutschen Tageszeitung" vom 11. Dezember 1908 zu stützen vor- gibt, den Buchdrucker Stich eines Verbrechens. Stich sei sozial- demokratischer Vertrauensmann gewesen und habe als Kassierer der VcrbandSbeiträge zu Rendsburg Unterschlagungen be. gangen, worauf er flüchtig geworden sei. Zu dieser schweren Be- schuldigung des Reichsverbandes gibt uns der Gauvorsitzende folgende Erklärung: Stich war nicht Kassierer des Verbandes, son- dern Unterkassierer einer Druckerei, also kein Verbandsangestellter. Er reiste von Rendsburg ab, ohne sofort etwa 8 von ihm einkassierte Wochenbeiträge einzelner Mitglieder sowie seine eigenen Beiträg« abgeliefert zu haben. Er regelte dann von Kiel aus feine ver- bindlichkeiten. Die Handlung, die der Reichsverband diesem Buch- drucker zur Last legt, trägt so wenig den Charakter einer Straftat, daß Stich heute noch wie ehedem Mitglied des Verbandes ist. Darmstadt , 6. August. Der Reichsverbändler Dr. Zimmer wurde heute von der hiesigen Strafkammer wegen Betruges zu neun Monaten Gefängnis verurteilt Wozu dem Zentrum die Schule dient. Wie die„Kölnische Zeitung " mitteilt, hat der katholische Volks- schullehrer in Scheiderhöhe bei Donrath (Siegkreis) die älteren Jahrgänge seiner Schuljungen vorige Woche mit ganzen Packen von Flugblättern des katholischen VolkSvereina be- laden mit dem Auftrag, sie an Verwandte und Bekannte zu verteilen. Die Titel der Flugblätter lauten: Was hat das Zentrum im preußischen Landtage für die Landwirtschaft getan?— WaS hat das Zentrum im preußischen Landtage für die Arbeiter getan?— Landwirtschaft und Zentrum im preußischen Landtage. Wenn es nicht der Titel der Flugblätter verriete, müßte es die satt- sam bekannte Natur deS katholischen VollSvercins dartun, daß es sich hier um eine politische Aktion zugunsten des Zentrums handelt. Der Volksverein ist ein politisches Unternehmen des Zentrums, das der Verherrlichung der ultramontancn Politik und der Bekämpfung ihrer Gegner dient. Das Zentrum scheint also der Meinung zu sein, daß sich auch die katholische Lehrerschaft und die Volksschule in den Dienst der ultramontanen Politik zu stellen habe._ Aus dem modernen Kulturleben. Die Strafkammer in Düsseldorf verurteilte einen 7gj ährigen erwerbslosen Mann zu zwei Jahren Zuchthaus. Er hatte aus dem Flur eines Hauses einen Herrenrock entwendet. Wie in der Verhandlung festgestellt wurde, war der Mann fast die Hälfte seines Lebens in Arbeitsanstalten, Gefängnissen und Zucht- Häusern gewesen. Wir ftagen: Glaubt man den Mann, der in Strafanstalten zum Greise geworden ist, durch die zwei Jahre Zuchthaus, die man ihm jetzt zuerteilt, noch zu bessern? Und hat ein Reich, das 1200 Millionen Mark für Militärzwecke ausgibt, nicht so viel, um einen Mann, der mit einem Bein im Grabe steht, vor der Not und damit vor dem Tode uu Zuchthause zu bewahren? frankreick. Nach dem Proteststreik. Paris , 6. August. Die„HumanitS" veröffentlicht einen von der Seineföderation und der Föderation des De- partements Seine et Oise unterzeichneten leidenschaftlichen Appell an die öffentliche Meinung, in dem der Negierung die Verantwortung für die Ereignisse in Villeneuve und St. Georges am vergangenen Donnerstag zugeschoben wird. Die Föderationen bereiten für den 8. August zahlreiche Versammlungen in Paris und Umgebung vor. Die Bergarbeiter im Allgemeinen Verband. In dem Moment, wo der allgemeine Arbeiterverband der Gegenstand der heftigsten Angriffe ist, die ganze Ordnungs- meute seine Auflösung fordert, scheint- sich das Proletariat enger um ihn scharen zu wollen. Wie die„ H u m a n i t ä" mitteilt, hat sich die große Gewerkschaft der französischen Bergarbeiter deni Arbeiterverband nunmehr ange- schlössen. Die Gewerkschaft umfaßt zirka 80 Ovo Mit- g l i e d e r; sie hat sich stets von anarchistischen Dummheiten ferngehalten, und ihr Anschluß bedeutet nicht nur eine außer- ordentliche Stärkung des Arbeiterverbandes in quantitativer Hinsicht, sondern auch eine wettere, sehr erfreuliche Kräftigung jener Tendenzen, die sich bemühen, die anarchistischen und anarchosozialistischen Einflüsse aus der französischen Gewerk- schaftöbewegung auszuschalten.— Ausschluß aus der Arbeitsbörse. ParlS, 6. August. Durch Erlaß des Präfekten des Seine- departements ist die Vereinigung der Syndikate des Seinedepartements von der Pariser Arbeitsbörse aus- geschlossen worden._ Ein Bäckerstreik? Paris , 8. August. 1200 Bäckergesellen hielten heute in der Arbeitsbörse eine Versammlung ab und beschlossen, am nächsten Montag ein Referendum über einen eventuellen Ausstand zu veranstalten._ Belgien . Die Kongovorlage. Brüssel , b. August. Deputiertenkammer. In der Weiteren Beratung der Kolonialverfassung wurden auch die Artikel v und 8 angenommen. Artikel 6 besagt, daß der König die gesetz- gebende Gewalt durch Dekrete ausübt, außer für diejenigen Anne- legenheiten, welche bereits durch Gesetz geregelt sind oder gesetzltch geregelt werden sollen. Die Dekrete werden nach den Vorschlägen des Kolonialmintsters erlassen und erhalten gesetzliche Kraft erst nach ihrer Publikation. Artikel 6 setzt die Grenzen der Exekutiv - gewalt des Königs und der richterlichen Gewalt fest. Brüssel , 6. August. Die Kaminer nahm Artikel 7 der Kolonial- Verfassung an, welcher die Gegenzeichnung der Akte des Zdönigs durch die Minister vorsieht. Ein Antrag auf Vertagung wurde mit 88 gegen 47 Stimmen abgelehnt. Artikel 8, welcher sich auf die Einführung von Erbschafts - und sonstigen Steuern bezieht, wurde angenommen. foilHand. _ Die Schreckensherrschaft in den Ostsecprovinzen. Während des ersten Halbjahrs 1903 wurden in den Ostsee - Provinzen verurteilt: zum Tode durch den Strang 128 und zur Zwangsarbeit 244 Personen. Im Jahre 1907 wurden in den Oftfeeprovinzen zum Tode verurteilt 850 und zur Zwangsarbeit mehr als 400 Personen. Der Galgen arbeitet also jetzt mit ungeminderter Schnelligkeit, obwohl selbst von offizieller Seite eingestanden wird, daß in den Ostseeprovinzen gegenwärtig vollständige„Ruhe" herrscht. Der Blocksenat in Finnland . Helftngfor», 81. Juli 1908.(Eig. Wer.) Die Hoffnungen der Altfinnen wurden wahrend der LandtagSwahlen derart zerstört, daß sie den Gedanken, die Landesregierung in ihre Hände zu nehmen, wehmütig zu Grabe tragen mußten. Anstatt der erwarteten Kräftigung erlitten fie eine fühlbare Schwächung. ES war also notwendig, sich wegen der Zusammensetzung des Se. nateS, in dessen Händen in Finnland die«xekütive Gewalt ruht, mit den anderen bürgerlichen Parteien zu verständigen. Die ersten Einigungsversuche zerschlugen sich, denn die Ikon- stitutionalisten verlangten die Mehrheit für sich und wiesen alle Kandidaten zurück, die auS dem Bobrikowschen Senat stammten. Die Altfinnen zogen sich zurück und gaben dem Generalgouverneur den Rat, die Ergänzung des Senats bis zum Zusammentritt deS Landtages aufzuschieben. Darauf ging dieser aber picht ein und verlangte die Kandidatenliste sofort. Weitere Beratungen führten denn auch zu einer Einigung. AIS Vizepräsident des ökonomischen Departements(dessen Stellung der eines Ministerpräsidenten entspricht) wurde Senator Edvard H j e l t bestimmt. Hjelt kann als der geschmeidige Vertreter aller bürgerlichen Parteien angesehen werden. Er wird also der Erbe Leo Mechelins. Neue Senatoren sind: von der Schwedischen Partei: Aug. N y b e r g und Werner L i n d d e r g; von den Jung- sinnen: Kaarlo C a st r 6 n. Onni S ch i l d t und Otto S t e n r o t i und von den Altfinnen: Juho Lusti Paasikiri, Aug. Hjelt, U. K. Drjö-KoSkinen und Danielson-Kalmari. Gleichzeitig sind noch zwei von den früheren Senatoren„krankheits- halber' zurückgetreten. ES werden also in kürzester Zeit noch zwei Neuwahlen erfolgen müssen., Soweit man die Sachlage fetzt beurteilen kann, bedeutet vie Zusammensetzung deS neuen„Koalitionssenates" einen weiteren Schritt zurAnnäherungandierusstscheRegierung. Pm den Altfinnen braucht das gar nicht erst gesagt zu darben. Allein tffich Sott den sogenannten Konstitutionalisten sind geradi diejenigen ausgewählt worden, auf die am wenigsten Verlaß ist. Formell werden freilich die Konstitutionalisten immer noch die Majorität im Senat haben. Aber sie werden ihre Majorität nicht anders benutzen, wie der Mechelinsche Senat, oder nach dem Rezept der Altfinnen, mit fliegenden Fahnen Stolypin entgegen- eilen. perften. Der Schutz der Gesandtschaften. London , 6. August. Wie einem hiesigen Blatt auS Teheran gemeldet wird, hat die Regierung Schritte getan, um dem An- ivachsen der Zahl der in die ftemden Gesandtschaften geflüchteten Personen zu begegnen. Das Blatt erfährt serner, daß die Real- tionäre in den �-chah dringen, den Belagerungszustand aufrechtzuerhalten. Die englische Gesandtschaft wird den lüchtlingen auftragen, die Gesandtschaft zu verlassen, wenn ihr eben nicht mehr in Gefahr sein wird. Marokko. Raisuli . Tanger , 5. August. Bou Aouda griff gestern abend im Dorf Ain Haloufa dam Garb Anhänger RaisuliS an, zerstörte das Dorf und steckte es in Brand. Infolgedessen begab sich heute R a i s u l t mit 50 bewaffneten Reitern zur englischen Gesandtschast in Tanger und forderte Wiedererstattung seines Hab und Gut, widrigenfalls er auf den englischen Schutz verzichten und sein früheres Leben wieder beginnen würde. Tanger , 8. August. Die englische Gesandtschast hat Raisuli eingeladen, tn Tanger zu residieren. Die Stämme der Augheros und Ouleddron haben, auf Grund einer Konserenz mit dem Pascha von Tanger , an A b d u l A s i s Delegierte geschickt mit der Mssion, ihm darzulegen, daß sich die Machtlosigkeit von Mulay Hafid m Zukunft erweisen werbe. Die Abreise Mulay Hafids von Fez, die sich verzögert Hätz war hiS zum 2. August nicht erfolgt. Soziales* Verkehrte Benutzung de» S-mmerurlauvS. Daß dem Angestellten Nachteile daraus erwachsen können, wenn er den ihm freiwillig gelvährten Urlaub nicht zu Erholungs» zwecken benutzt, lehrte eine Verhandlung, die am Mittwoch vor der 4. Kammer des KaufmannsgerichtS stattfand. Der bei der Papier - Engrosfirma Rosenheim u. Kaufmann angestellten Lageristin Anna C. wurde am 1. Juli wegen ihres schlechten Aussehens von ihrem Chef aus freien Stücken ein Urlaub von drei Wochen ge- währt. Als am 20. Juli der Urlaub der Lageristin abgelaufen war. traf statt ihrer im Geschäft ein Brief der Mutter ein, in welchem letztere mitteilte, ihre Tochter habe sie pflegen müssen und sei darum gesundheitlich so heruntergekommen, daß sie zetzt mindestens 14 Tage ausspannen müsse. Die Firma war damit nicht einver- standen und da Frl. C. darauf bestand, wurde die sofortige Eni- lassung ausgesprochen. In der Verhandlung erklärte die aus Rest- gel)alt klagende Angestellte, sie könne durch Attest und Gutachten des Arztes den Beweis erbringen daß sie seit Beendigung des Urlaubs an starker Nervosität leidet und momentan noch arveits- unfähig sei. Die Beklagte bestreitet auch das Vorhandensein des leidenden ZustandeS nicht, behauptet aber, daß er darauf zurück- zuführen sei. daß Klägerin den Urlaub nicht vernunftgemäß benutzt habe. Wenn eine Firma den Angestellten Sommerurlaub erteile, so tue sie das in der selbstverständlichen Voraussetzung, daß der Urlaub auch zu Erholungszwecken benutzt werde. Die Klägerin habe aber nicht nur keinen Erholungsort aufgesucht, son- dern durch Pflege ihrer kranken Mutter ihr« Nerven erst recht ruiniert. Für«ine daraus entstehende Krankheit könne man den Chef nicht verantwortlich machen. Das Kaufmannsgericht schloß sich den Ausführungen des Be- klagten an, indem es die Klägerin abwies. Sie habe den Urlaub nicht zur Erholung benutzt, sich im Gegenteil eine besondere An- spannung der Nerven auferlegt. Eine daraus resultierende Er- krankung sei als selbstverschuldet anzusehen. Die jammervolle Entlehnung der jugendlichen Arbeiterinnen in manchen Branchen fand eine krasse Beleuchtung in einem jetzt vor der 2. Kammer des Gewerbegerichts zum Äustrag gekommenen Rechtsstreit. Di« 18jährige Erna W.. vertreten� durch ihre Mutter, erhob gegen die Strauhfedernfabrik von Wilh. Freystadt Klage aus Zahlung von 41 M. Restlohn. Sie war als„Lehr- mädchen" mit 20 M. monatlichem Anfangsgehalt engagiert worden, bei Abschluß des Engagements, der im Beisein der Mutter statt- fand, behauptet letztere, habe der Personalchef Schulz mündlich das Versprechen algegeben, daß nach 3 Monaten 5 M. und nach weiteren 3 Monaten wiederum 5 M. Zulage erfolge. Dies Ver» sprechen sei aber nicht gehalten worden. In Wirklichkeit erhielt die Klägerin erst nach sicbenmonatiger Tätigkeit drei Mark Zulage. Als die Mutter der Klägerin die Firma an die seitens des Per- sonlalchefs gegebene Zusage schriftlich erinnerte, äußerte der letztere:„Solche Schreiben wandern bei uns m den Papierkorb." Vor Gericht bestritt gestern der als Zeuge vernommene Personal» chef, eine feste Zusage gemacht zu haben, er will nur der Mutter erklärt haben:„Wenn Ihre Tochter fleißig ist. erhält sie nach einigen Monaten ein paar Mark Zulage." Er behauptet, daß er gar nicht anders gesagt haben könne, denn er gebrauche diese Redensart ganz mechanisch, da er schon über 400 junge Mädchen auf diese Weise engagiert habe. Auf Befragen der Beisitzer er» klärt er weiter, daß die Firma gegenwärtig zirka 40 solcher„Sehr- mädchen" beschäftige. Frau W. bleibt aber bei ihrer Behauptung und hat eine Zeugin mit zur Stelle gebracht, der von S. ganz die« selben Versprechen gemacht wurden, und die dann auch ihre Tochter wegen Nichteinhaltens aus dem Geschäft nahm. Das Gericht nahm indessen leider von der Vernehmung dieser Zeugin Abstand, beschloß dagegen, den Personalchef auf seine Aussage hin zu vereidigen. Diofes leistete den Eid, Darms wurde die Klägerin abgewiesen,_ Da» Opse» seines Srrnsv. Dem Arbeiter D. fiel auf seiner Arbeitsstelle am 14. Septem» Ver 1907 auS der Höbe der vierten Etage ein Mauerstein mit der» artiger Gewalt auf oen Kopf, daß er bewußtlos zusammenbrach; er wurde arbeitsunfähig infolge eines sich entwickelnden Nerven- leidenS. Die Nordöstliche Baugewcrks-Berufsgenossenschaft be» willigte dem Verletzten vom Beginn der 14. Woche eine Rente von 20 Proz. und zwar auf Grund folgenden„Gutachtens" ihres Ver- trauenSarzteS: ,/Zs hat sich um«in« leichte Gehirnerschütterung gehandelt. Ich empfehle, ihm wegen deS zuweilen auftretenden Schwindelgefühls«ine zeitige Ren« von 30 Pröz. zu gewahren als NebergangSrente." Auf vom Arbeiter-Sekretariat Berlin ein- gelegte Berufung beim Schiedsgericht ließ dasselbe den Verun- glückten durch Prof. W. untersuchen. Dieser Arzt kam zu dem Resultat, daß D. eine sichtliche Blödheit und DemenS zeige. Es wurden mm die früheren Mitarbeiter d«S D. vernommen, ob sie bei D. vor dem Unfall Zeichen von Blödheit bemerkt hätten. Fest- gestellt'wurde, daß D. vor dem Unfall ein tüchtiger, flrißiger und besonnener Arbeiter gewesen war. DaS Schiedsgericht überwies nunmehr ten Verletzten der Klinik des MedizinalmtS Dr. L. zur Beobachtung. In seinem' Gutachten kommt Dr. L. zu dem Schluß, daß D. außer der auf. fälligen und dauernden Steifhaltuug des Kopfe» noch an nervösen Reizerscheinungen leidet, daneben aber ein krankhafter und ungc- künstelt reizbarer Mensch ist. Seelische Störungen lassen D. als geistig erkrankt erscheinen. Dr. L. hält den Verletzten daher im Gegensatz zu dem Vertrauensarzt der Genoffenschaft für voll- ftäribia erwerbsunfäbia. Demgemäß entschied da»«HUdSgnW uflß bewilligte die«vll, mtfc■.;*
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