SS ist von jeher ein nicht ungeschickter Schachzug der industriellen wie der agrarischen Jnteressenpolitiker gewesen, das„Allgemein- interesse* vorzuschieben, wenn es sich um ihre eigenen nacktesten Profitinteressen handelte. In diesem Falle möchten sie bekanntlich eine Verschärfung der Kontraktbruchstrafen, eine noch schärfere Fesse- lung deS ländlichen Hörigen, als wie es durch die famosen Gesinde- ordnungen schon geschieht. Die Verschärfung der Kontraktbruchstrafen, die weitere Beschränkung der Freiziigigkeit ist freilich das verkehrteste Mittel, um die Arbeiter an der Scholle zu fesseln. Sie werden dann noch weniger wie jetzt geneigt sein, sich in die Hörigkeit der Agrarier zu begeben. Für den Ausschluß reif. Die„Freisinnige Leitung- wacht emsig über die Reinheit nicht nur der Freisinnigen Volkspartci, sondern auch der Freisinnigen Bereinigung, die doch nur durch eine Fraktionsgemeinschast mit der Freisinnigen Volkspartei verbunden ist. Auf die Nachricht hin, daß in Versammlungen der Demo- kratischen Vereinigung im kommenden Winter auch der Abgeordnete P'tthoff einige Vorträge zu halten bereit ist, schreibt die„Frei- fmiiige Zeitung": „Dieser Herr setzt also das Spiel fort, das er im Frühjahr begonnen hat und agitiert in einer fremden Partei, der Demokratischen Vereinigung , gegen die eigene. Dr. Potthoff ist nämlich immer noch Mitglied der Fraktion der Freisinnigen Bereinigung im Reichstag und gehört als solches auch der Freisinnigen Fraktionsgemein- schaft an." In gewissem Sinne hat übrigens die„Freisinnige Zeitung" recht. Wer nicht für den Block unentwegt einzutreten gewillt und nicht für Suggestionen aus Norderney empfänglich ist, gehört im Grunde nicht zur Freisinnigen Fraktionsgemeinschast.— Seelenrettung mit der Hohlnadel. Der Klerikalismus treibt seltsame Blüten. Bekannt ist, dasi in den letzten Jahrhunderten die weisen Pater des Jesuitenordens lange tiefgründige Betrachtungen darüber angestellt haben, wie es möglich sei, den Fötus im Mutterleibe zu taufen, um seine Seele vor der Verdammnis zu retten. Jetzt ist das große Problem ge- löst. Die in Linz a. Donau von den Professoren der bischöflich- theologischen Lehranstalt herausgegebene„Theologisch- praktische Quartalschrift" 1903, Heft 2, S. 317, bringt, wie die„Zeit am Montag" berichtet, aus der Feder eines Mediziners einen Aufsatz, desien Titel also lautet:„Die Taufe im Mutterleib mittels der Hohlnadel, eine neue Methode, auf einfache Weise ein Kind in utero gültig zu taufen. Für Seelsorger, christliche Aerzte und Hebammen." Das Vorwort versichert:„Die Arbeit verfolgt den Zweck, einer großen Gnadenquelle der katholischen Kirche noch mehr Zugang zu verschaffen, als dies bisher möglich war." Nämlich die bisher ge- übten Methoden, im Notfall dem FötuS in utero(im Mutterleib) die Taufe zu spenden, indem per vi»? naturales das Taufwasser auf den Fötus übertragen wurde, seien ungeeignet, sei es, daß man das Taufwasser durch den mit Wasser benetzten Finger oder mittels eines röhrenförmigen Instrumentes(Utcrusspritze) auf den Fötus übertrage.„Mittels der Hohlnadel kann nun von Mitte der Schwangerschaft an jedes im Mutterleib in Lebensgefahr schwebende Kind gültig getauft werden, was gegenüber den ganz unzulänglichen Nottaufverfahren, wie sie bisher bei Föten nur in sehr beschränktem Maße geübt werden konnten, einen großen Fortschritt bedeutet, indem jetzt zahlreichen Kindern in utero die Taufgnade zugewendet werden kann, die sonst ohne Taufe zugrunde gehen müßte n." Diese neue Methode nun„besteht in nichts anderem, als daß eine dünne Hohlnadel durch die vordere Bauchwand der Mutter eingestochen und bis zum Fötuskopfe vorgeschoben wird". Die Prozedur wird vom Verfasser im einzelnen beschrieben und dann von ihm untersucht, zu welchem Zeitpunkt zuerst diese Seelen- rettung mit der Hohlnadel vorgenommen werden könne. Er kommt zu dem Ergebnis, daß vor Mitte der Schwangerschaft die Taufe kaum in Betracht komme, da man vor dieser Zeit nicht wisse, ob die Frucht überhaupt lebe. Es wäre schade, wenn der Verfasser hiermit seine Lösungen wichtiger klerikaler Probleme einstellen wollte. ES gibt doch noch so viele andere wichtige Fragen zu lösen. Zum Beispiel das große Problem, welche Farbe die Haare am Schwanzende dcS Teufels Bitru haben und ob dieser ehrsame Generalmajor der Teufel sich die Krallen nur monatlich oder häusiger schneidet.— iie priesterliche Weihe kommt es über ihn; er fühlt sich empor- gehoben über die Masse deL Volkes, aber als edler Mensch faßt er den Entschluß, im Verein mit den Gleichgestellten, also mit der Fraktion, das Beste dieses Volkes zu fördern, ob es nun Beifall spende oder nicht. Natürlich das ivohlverstandene Beste(„wohl- verstanden" ist. glaube ich. ein Wort, das in den deutschen Sprechsatz gleichzeitig mit dem Wort„Parlament" kam), und lvas das wohl- verstandene Beste sei, darüber entscheidet natürlich die Fraktion in ihrer immanenten Weisheit. Danach wird gehandelt, und niemand hat sich hineinzumischen. Und wenn nun gar mehrere Fraktionen zusammentreten und ihre Weisheit kombinieren— was sage ich?— miteinander multiplizieren, dann kommt ein Chimboraffo von... verblüffender Ueberlegcnheit heraus. Und niemand hat zu kritisieren I Das Volk der Genossen und Wähler hat lediglich zu bewundern! Dummes Zeug, daß man Fraktionen durch Parteitags- beschlüsse binden will. Was sind denn Porteitagsdelegierte? Eintagsfliegen! Sie erhalten einen Auftrag, führen diesen aus und versinken wieder in die große, dunkele Masse, nachdem sie Punkt für Punkt Rechenschaft abgelegt haben. Eine Woche sind sie zusammen, und jeder bringt den Erdgeruch der Organisation mit. Schon che sich der verflüchtigt hat, müssen sie wieder aus- einander. ES liegt auf der Hand, daß eine Versammlung dieser Art der Fraktion keine Vorschriften geben darf. Denn die Fraktion ist ewig; ob auch die Personen sich ablösen, der Fraktionsgeist bleibt, und dieser Geist heißt— StaatSmännlichkeit. DaS ist das Wort! Uns gewöhnlichen Menschen und Partei- genossen erscheint eS unfaßbar, daß man sagt:„Höre, Regierung, ich weiß zwar, daß du meine Wähler kujonierst, so viel du nur immer kannst! ich traue dir ganz und gar nicht. Aber dessen ungeachtet stimme ich dafür, daß du von meinen Wählern mehr Tribut erhebst, denn es wäre mir unsagbar peinlich, wenn du deinen Gendarmen und Swatsatiwälten»nd Richtern nicht durch eine Gehaltserhöhung den Pflichteifer stärken könntest." Wie gesagt, uns ist das unfaßbar. Aber wer staatsmännisch veranlagt oder fraktionell erleuchtet ist, der sieht über seine Nasenspitze hinaus und lächelt in der frohen Zuversicht, daß Gendarmen und Staatsanwälte und Nichter nächstens— sozialdemokratisch werden. So höhlt man den Klassenstaat aus, indem man fem Skelett, die Burcaukratie, durch roten Phosphor der Nekrose weiht. Wenn es mir nicht gelungen sein sollte, die Notwendigkeit und Folgerichtigkeit des Jasagcns zu beweisen, dann liegt es an meinem Können, nicht an meinem Wollen. Für alle Fälle bitte ich im vor- aus um Entschuldigung, namentlich auch, wenn ich etwa den rechten ehrfurchtsvollen Ton trotz meiner heißen Bemühungen nicht getroffen haben sollte. .Hamburger Echo". Die Arbeitslosenversicherung im bayerischen Landtage. Unsere Genossen im bayerischen Parlament verlangten im Februar dieses Jahres in einem Antrag von der Regierung einen Gesetzentwurf, nach dem Gewerkschaften, die bei eintretender Arbeitslosigkeit ihren Mit gliedern st atuten mäßig Unterstützung gewähren, Staatszuschüsse erhalten. Bei der Beratung wies seinerzeit Genosse Simon darauf hin, daß einige Staaten, vor allem Dänemark und Frankreich , in dieser Frage bahnbrechend ge- wirkt haben. Der christliche Arbeiterführer Oswald spielte sich bei dieser Gelegenheit wieder als freiwilliger Rc- gierungsvertreter auf und verlangte zur Uebcrraschung seiner eigenen Fraktionsgcnossen, den Antrag abzulehnen. Die R c g i e r n n g selbst zeigte mehr soziales Verständnis, denn sie gab zu, daß das Problem der Arbeitslosenfürsorge einer Lösung cnt- gegengeführt werden müsse. Die Liberalen erblickten in dem Antrag einen Organisationszwang und beantragten daher Ucberweisung an den 19. Ausschuß, was auch mit großer Majorität beschlossen wurde. Am letzten Tage der diesjährigen Session erstattete der Aus-. schußreferent. Graf Pestalozza. noch Bericht. Er vertrat die Auffassung, daß Bayern im Hinblick auf die„bleiernen Schuh- sohlen, auf denen die ReichSregiernng bei gesetzgeberischer Ja angriffnahme sozialer Probleme nun einmal gewohnheitsmäßig gehe", in dieser Frage etwas tun müsse. Dem sozialdemokratischen Antrage könne aber nicht stattgegeben werden, da die Verhältnisse nock, nicht gereist seien. Um der tieferen Tendenz des Antrages aber Rechnung zu tragen, beantrage der Ausschuß: 1. Die Herstellung einer ganz Bayern umfassenden fort- laufenden Arbeitslosen statt st ik baldigst in Angriff zu nehmen; 2. ihre auf den A u s b a u und die Zentralisierung des Arbeitsnachweises gerichteten Bestrebungen fort- zusetzen; 3. bei den größten bayerischen Stadtgemeinden die Errichtung einer A r b e i t s l o s e n v e r s i che r u n g nach Gcntcr System für ihre Gebiete anzuregen. Der sozialdemokratische Antrag fiel trotz nochmaliger Bc- gründung. worauf die Ausschußanträge einstimmig Annahme fanden.---_ Proletarische Friedensdemonstrationen. Die Vertreter der englischen Arbeiterpartei haben kürzlich eine Resolution gegen die Kriegshetzerei gefaßt, welche allgemein bekannt geworden ist. Jetzt nimmt nun das englische Parlamentsmitglied. Genosse Macdonald. das Wort zu der Frage einer sozial- demokratischen deutsch - englischen Friedensdemonstration. In der heute erscheinenden Nummer der„Sozialistischen Monatshefte" schildert er die Kriegshetzereien in Deutschland und England, die er auf die unablässigen Flottenrüstungen zurückführt; er fordert energischen Protest, der aber von beiden Ländern, und zwar von Organen erhoben werden müsse, welche große organisierte Parteien und Strömungen hinter sich haben. Er fährt fort: Von diesen Erwägungen ausgehend, haben die Mitglieder der Arbeiterpartei im englischen Parlament beschlossen, wenn eS den deutschen Genossen angenehm ist. im nächsten Sommer schon Deutschland einen freundschaftlichen Besuch abzustatten... Wahr- scheinlich würden 20 von uns für eine Woche oder zehn Tage nach Deutschland kommen können. Wenn unsere deutschen Partei- genossen eine solche Reise für nützlich halten, wir stehen ihnen zur Verfügung. Wir, zu unserem Teil sind der Meinung, daß eine solche Demonstration freundnachbarlicher Gesinnung zwischen den Vertretern der deutschen und englischen Parteien den besten Eindruck aus die öffentliche Meinung in Großbritannien machen würde; und wenn unserer Deutschlandsreise ein Besuch Englands durch Vertreter der deutschen Sozialdemokratie vorhergehen oder folgen würde, so würde das den Eindruck nur noch mehr ver- stärken.... Der Erfolg wäre um so sicherer, wenn die Bekräfti» gung brüderlicher Gesinnung zwischen den parlamentarischen Ver- tretern beider Länder stattfände; der Parteitag in Nürnberg möge sich der Sache annehmen. Ob mein Vorschlag nun gut oder schlecht ist— schließt Macdonald— jedenfalls muß etwas geschehen. Wir wandeln am Rande des Abgrundes.—_ Die Besoldungsreform ist, wie die„Vosfische Zeitung" mitteilen kann, fix und fertig. Die Unterstaatssekretäre und die Ministerialdirektoren erhalten Gehalts- zulagen, die Regierungspräsidenten dagegen erhöhte RepräsentationS- gelber. Verschiedene'Regierungspräsidenten erhalten heute bereits Repräsentationsgclder, die 2ö Pcoz. ihres Gehaltes ausmachen. Die RegierungSräte steigen im Gehalt bis auf 7200 M.— Ueber die Art der Aufbesserung der mittleren und unteren Beamten verlautet leider nichts und doch wäre eS schon deswillen nötig, die BesoldungS - vorlagen bald zu veröffentlichen, damit diese Beamtenkategorien wissen, woran sie sind.—_ Die Generalversammlung des deutschen Weinbau» Vereins beschloß in ihrer heutigen Tagung, folgende Anträge zu dem Wein- gesetz bei der ReichSregierung einzubringen: Zu§ 1 soll Wein— mit Rücksicht auf die alkoholfreien Flüssigkeiten— als ein alkoholisches Getränk gelten. Zu§ 2 wird die Deklaration des Rotweines vermißt. Für § 2 wird deshalb folgende Fassung einstimmig angenommen: „ES ist gestattet, Wein aus Erzeugnisten verschiedener Her- kunft oder Jahre herzustellen. Rot- und Weißweinverschnitte müssen deklariert werden. Ein Verschnitt mit Dessertweinen darf nicht stattfinden. Es gilt dies nicht für die Herstellung von Süd- weinen,, die unter ausländischen Namen wie„Portwein" in Ver- kehr kommen. Bei§ 3 der Zusatz von Zucker zum Zweck der Verbesserung von Weinen, die einer Verbesserung bedürfen, ist gestattet; der Zuckerzusatz darf aber keinenfall« mehr als 20 Proz.(ein Fünftel der Gesamtmasse) betragen. Die Zuckerung darf nur in dem je- weiligen Erntejahr und nur bis 31. Dezember stattfinden. In bezug auf den Begriff„Weinbaugebiet" wird beschlossen, die Wein- baugebiete groß zu wählen und auch die großen Städte in der Rühe miteinzubezwhen._ 6ngland. Friedenskundgebungen nnd Kriegsanleihe». Der Handelsminister Churchill hielt am Sonnabend in einer Bergarbeiterversammlung zu S w a n s e a eine FriebenSrede, worin er betonte, daß England sich vor Einfällen durch den Zweiniächte- Standard seiner Flotte schütze. Zwischen England und Deutschland be- stehe keine Kollision elementarer und hervorstechend wichtiger Jnter- essen. Dagegen würden beide Länder, die miteinander in lebhaftestem Handelsverkehr stehen, durch einen Krieg schweren Schaden erleiden. Die Rede schließt mit den Worten: ES wird in Deutschland keine zehntausend Personen geben, die ein solches höllische?»nd ver- rnchteS Verbrechen ernstlich in Betracht ziehen, und in England, glaube ich, nicht einmal so viel. Fast gleichzeitig mit der Meldung von dieser Rede kommt eine andere, die von einer zwei Milliarden an leihe für Flotten zwecke berichtet. Sie lautet: „Daily Telegraph " erfährt, daß angesichts des Wetteifers in den Marincrüstungen von der Regierung die Aufnahmeein er Fondsanleihe im Betrage von einhundert Millionen Pfund Sterling(2 Milliarden Mark) erwogen werde. Mch- -rere Finanziers hätten cs unternommen, diese Summe zum Nomi- nalwert aufzubringen. Man glaube, daß durch diesen Plan einer Zerrüttung des Budgets vorgebeugt werde. Eine einflußreiche Gruppe im 51abiaett sei für den Plan, der mit der Erklärung, das; das Land den, Zweimächte-Standard unter allen Umständen aus. recht erhalten werde, im Einklang stehe, eingenommen.„Daily Telegraph " spielt auf einen Artikel der„Westminstcr Gazette" vom 15. August au, in dem in borsichtigen Ausdrücken für die Annahme eines Anleiheplans plädiert wird, der allen Teilen klar vor Augen führe, wie England vorgehen werde, wenn die Lage auf anderer Seite unverändert bleibe. Tie beiden Meldungen zeigen, daß sich die englische Regierung in der Klemme fühlt. Sie möchte Friedenspolitik treiben, die Rüstungen vermindern. Angesichts des geringen Entgegenkommens aber, das sie von Deutschland erfährt, und der infolgedessen um sich greifenden Befürchtung, daß England einen deutschen Angriff gc- wärtigen müsse, mag sie nicht den Anschein erwecken, als vcrnach- lässige sie die Landesverteidigung. Die Meldungen sind eine dring- liche Mahnung an Deutschland , die Hand zu einem vernünftigen Abkommen auf Einschränkung der Rüstungen zu bieten. Aber zu solch vernünftiger Politik sind die Herrschenden in Deutschland offenbar nicht fähig, A"_. Ciirkef. Das Programm des neuen Ministeriums. Die türkischen Blätter veröffentlichten mn Sonntag da? Pro- gramm des Ministeriums. Es sieht zur Linderung der Finanznot die Beschränkung der Bcamtenzahl und Herabsetzung unverhältnismäßig hoher Gehälter vor. Weiter werden Erspar- nisse im Milttärdcpartement verheißen; doch folgt der Nachsatz, daß der Staat zur Wahrung seines Ansehens einer tüch- tigen Armee und Flotte bedarf. Da die Staatscinuahmen uu- genügend sind, sollen die Steuern zwar nicht erhöht, aber „reformier t" werden. Sodann werden Matznahmen zur Hc- bung der Landwirtschaft, zur Verbesserung des Unterrichts, zur Heranziehung sämtlicher Be- Völkerungsklassen zum Militärdienst und Rc. organisalion der Justiz angekündigt. Friedliche Be- Ziehungen zum Auslände sollen gepflegt, und versucht werden, die Konsulargerichtsbarkeit für die Ausländer abzuschaffen usw. Auffällig ist, daß das Programm an wirtschaftlichen Reformen für die Bauernschaft und die Lohnarbeiterschaft so gut wie nichts enthält. Rom , 17. August. Der türkische Botschafter erklärte gegenüber einem Journalisten, es sei absolut unrichtig, daß die türkischen Behörden die fremden Offiziere und Beamten, welche sich gegenwärtig in Mazedonien befinden, zu entlassen gedenke. Die Lage dieser Beamten würde keinerlei Veränderungen erfahren. London . 17. August.„Daily Mail" meldet aus Konstanti. n o p e l, der Ministerrat habe beschlossen, das Gefängnis in Stambul n i e d e r r e iß e n zu lassen und an dessen Stelle ein Parlamentsgebäude zu errichten. Mrokko. Die Niederlage der Hafidisten. Paris , 16. August. Ueber die Kämpfe des Kaids Mtugi gegen die hafidistischen Mahallas wird noch weiter gemeldet: Mtugi ver- folgte den Feind bis 10 Kilometer vor Marrakesch und er- beutete Zelte, Geschütze, Pferde, Waffen und Munition. Die Hafi- disten hatten 300 Tote und 500 Verwundete. Ihr Führer Jraui ist in die Berge geflohen. Sämtliche Stämme haben Mtugi Mann- schaften gestellt. Von Marrakesch sind 300 Mann mit sechs Gr- schützen unter Führung des Sohnes Glauis gegen Mtugi auf- gebrochen. Abdul A s i s lagerte dem„Matin" zufolge nach den letzten Nachrichten aus Casablanca drei Wegstunden von Marrakesch entfernt. Die Kaids der Stämme, deren Gebiet Abdul Asis durch- schritten hat, haben ihm starke Kontingente zur Verfügung gestellt und Geld geschickt. Mtugi soll schon ig Marrakesch eingerückt sein. perNen. Die Abwürgung der Verfassung. Die Petersburger Telegraphcnagentur meldet auS Teheran , daß der Schah eine Kommission berufen hat, die ein Wahl- gesetz für öas neue Parlament, aus Kammer und Senat bc- stehend, ausarbeiten soll. Wie aus anderen Meldungen hervorgeht, soll das neue zwei- geteilte Parlament die Karikatur einer gesetzgebenden Körperschaft fein. Das neue Wahlgesetz wird ein äußerst reaktionäres Gebilde sein, und außerdem soll dem Parlament nur beratende Stimme eingeräumt txepdcn.— Eue der Partei. AuS den Organisationen. Sozialdemokratische Partei Hamburgs. Dem soeben herausgegebenen Jahresbericht der vereinigten Vor- stände der drei sozialdemokratischen Vereine Hamburgs entnehmen wir folgende Angaben: Um den Partei- genossen gute sozialistische Literatur zugänglich zu machen, wurde der Beschluß gefaßt/ in passenden Zwischenräumen Broschüren herauszugeben. Den Vorstand der Landesorgani- sation leitete der Gedanke, im Laufe der Zeit eine kleine Bibliothek zu schaffen, die die trefflichsten, für die Allgemeinheit bestimmten, gemetnverständlichen Schriften unserer Theoretiker umfassen soll, und zwar in einer korrekten, gut ausgestatteten Ausgabe, bei systematischem Aufbau. Als erstes Heft erschien das„K o m- m u n i st i s ch e M a n i f e st" mit Vorrede von K a u t S k h, als zweites„Das Erfurter Programm" von Kautsky , während eine Lassallcsche Schrift mit einer Einleitung von Mehring in Vorbereitung ist. Weitere Schriften werden in Abständen von drei Monaten erscheinen. Außer den genannten Schriften, die in einer Auflage von je 20 000 verbreitet worden sind, gelangten zahlreiche andere Broschüren und Druckschriften zur Verbreitung, insgesamt über 120 000 nebst Flugblättern in einer Gesamtauflage von 929 000.— Die Frage der Jugend- organisation ist unter Zustimmung von Partei und GeWerk- schaften in der Weise gelöst worden, daß alle Richtungen sich in den an den Fortbildungsverein angegliederten Jugend- abteilungen zusammengefunden haben. Die auf Anregung der Kommission ins Leben gerufene, monatlich einmal erscheinende Jugendbeilage zum„Hamburger Echo" bietet den jungen Leuten geistige Anregung.— Die G e s a m t ei n n a h m e der drei Vereine beträgt 203 856,50 M.. davon an Beiträgen 140 874.80 M., so daß an die Hauptkasse in Berlin hätten abgeführt werden müssen 28 134,96 M. Es wurden aber abgeführt 125 000 M.» außerdem 5466,16 M. für die Landtagswahlcn in Preußen. Die Zahl der politisch Organisierten beträgt 34 951, darunter 3939 weibliche, gegen 32 929 im Vorjahre. An die Fortbildungsvcreine wurde ein Zuschuß von 3915 M. gc- leistet. Das Parteiorgan erscheint in einer Auflage von 60 009.— Die letzte Reichstagswahl hat gezeigt, daß auf dem Lande noch recht viel Agitationsarbeit zu leisten ist. In den Ham- burger Landgemeinden ist unsere Stimmenzahl zwar von 5432 aus 6113 gestiegen, aber trotzdem bleibt noch viel zu tun übrig. Mit der Herausgabe des„Hamburger L a n d b o t e n" hat die Landesorganisation einen glücklichen Griff getan. Dieses m.onätlich erscheinende Blatt wird in ILM Exemplaren mit. Aus»
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