Ktflt tn Frage, da der Saal im Nmdau vegriffen und demnZchst die Lokalitäten von neuem eröffnet werden sollten. Ueber die Entstehung deS Brandes fehlt bis jetzt jede Spur. Ein Dachstuhlbrand gab am Sonntagnachmittag der Steglitzer Feuerwehr reichliche Gelegenheit zum tatkräftigen Eingreifen und brachte auch die Wehren der Nachbarorte auf die Beine. Der Brandherd ivar in demselben Hause, Jahn st raffe 25, das gerade vor drei Wochen von einem Schadenfeuer heimgesucht wurde. Der abgebrannte Teil des Dackffmhles war noch nicht völlig wieder aufgebaut und wurde nun abermals zerstört. Schon damals wurde Brandsti ftung vermutet, und dieser Verdacht wird durch den neuerliche» Brand, der in dem vor drei Wochen der- schont gebliebenen Teil des Dachstuhles ausbrach, wesentlich verstärkt. Hoffentlich gelingt es diesmal, dem Brandstifter auf die Spur zu kommen iino dadurch die Bewohner des betreffenden Hauses, die sich in begreiflicher Aufregung befinden, zu beruhigen. Auch an anderen Stellen hatte die Feuerwehr reichliche Arbeit. Der Feuerbericht meldet hierüber: Am Sonntag wurde die Feuer» wehr abends um 9 Uhr nach der Pfingstkirche am Petersburger Platz alarmiert. Es handelte sich um einen sogenannten Lichtbogen in der elektrischen Leitung. Die Gefahr konnte schnell beseitigt werden. Grober Unfug lag einer Feucrmeldung zugrunde, die von der Markthalle am A r m i n i u s» P l a tz i» Moabit einlief. Auf dem Exerzier-Platz an der Schwedterstrahe brannte eine Matratze und in der Schwedter st raffe 12 Betten, Gardinen usw. In der Katzbach st raffe 31 war in einer Räucher- kammer Feuer_ ausgekommen. Wegen eines Schornstein- brandcs muffte ein Zng nach der Hagelberger Str. 5 anS- rücken. Weitere Alarme liefen von der Ackerstr. 70 u. a. Stellen ein. — Am Montag wurde die Feuerwehr wegen eines Dachstuhl- brandeö nach der H u f e l a n d st r. 4 0 alarmiert. Teer war dort übergekocht. Die Flammen hatten an dem Teer schnell reiche Nahrung gefunden und die' Dachkonstruktion ersaht. Als die Wehr erschien brannte bereits der Dachstuhl, so dah diese kräftig Wasser geben muffte. Gleichzeitig muffte in der Schrein erst r. 30 ein Wohnungsbrand gelöscht werden. Kleider, Gardinen und Möbel brannten hier._ Radrennen zu Steglitz , 13. August. Der.Große Preis von Berli n", ein Dauerrenncn über 100 Kilometer<4000, 2500, L000, 1500 und 1200 M.) hatte mit der Beteiligung von Demke, Guignard. Robl, Salzmann und Theile eine Besetzung gefunden, die scharfe Kämpfe erwarten lieh: eine große Zuschauermenge um- säumte die Bahn, um dem sportlichen Schauspiel beizuwohnen, das, vom Wetter begünstigt, sich ohne Unfall vollzog. Zum Kampfe kam es eigentlich nicht viel, denn Guignard, der vom Beginn an die Spitze hatte, wurde nur einmal, beim 17. Kilometer, von Robl überholt; doch schon nach vier Runden ging der Franzose wieder vor, um un» angefochten bis zum Schluß den ersten Platz zu behaupten; von da an blieb Robl immer weiter zurück, dagegen rückte Demke, der bis zum 30. Kilometer mit einer Runde Verlust an dritter Stelle ge legen, vor; er vermochte eine halbe Runde aufzuholen und folgte während 40 Kilometer mit einem Abstände von 300—400 Meter dem Franzosen , so daß ein spannender Endkampf zwischen den beiden zu erwarten war. Leider muffte Demke beim 78. Kilometer infolge Motordefekts seine Führung wechseln, wobei er zwei Runden einbüßte. Mit seinem Widerstände war eS vorbei, da ihm der zweite Platz sicher ivar, denn Theile. der nach dem 80. Kilometer auch Robl überholt hatte, war 10 Runden zurück. Salzmann, der über 15 Runden zurück war, hatte nach dem 90. Kilometer auf- gegeben. Guignard beendete die 100 Kilometer in 1 Std. 9 Min. 36% Sek.; 2. Demke, 2150 Meter; 3. Theile. 5320 Meter; 4. Robl, 6500 Meter; 5. Salzmann.— Das Hauptfahren über 1000 Meter(120, 80, 60, 40 M.) gewann B e t t i n g e r vor Wegener, Scheuermann und Rabe.— DaS von 35 Fahrern in einem Lauf be- stritlene Prämien fahren über 3000 Met.(40, 30, 20, 10 M.) sicherte sich T e ch m e r vor Pawke, Saldow und A. Müller.— Drei Vorgabefahren über je 600 Met.(40, 30. 20, 10 M.) fanden folgende Plazierung: 1. Rennen: Groffmann(60 Meter Borg.), vor Saldow(40), Welz (45) und Ledig(55).— 2. Rennen: Rabe(25) vor Vogt(35), K.Müller(40) und Hihler(45).— 3. Rennen: 1. W. Müller(35) vor Süffmilch(40), Rudel(30) und Arndt(55). Die Malleute Wegener, Scheuermann und Bettinger endeten im geschlagenen Felde. — Das Tandem-Prämienfahren über 3000 Meter(150, 100, 75 und 50 M.) gewannen Scheuermann-Wegener vor Techmer-Tadelvald, Rudel-Pawke und Tetzlaff-A. Müller. Vorort- pjacbricbtem Charlottenlmig. In der letzten Sitzung der GewerkschaftSkominission am 14. d. M. wurden die Beratungen und Beschlüsse des 6. Gewerkschaftskongresses in Hamburg einer lebhaften Erörterung unter- zogen. Das einleitende Ltcferat hierüber hielt der Genosse F l e m m i n g, der auf die wichtigsten Punkte, besonders auf die Stellungnahme zur Maifeier und der Jugendorgani- sation einging. Der Ausgang der Debatte über die Maifeier habe, führte Redner aus, wohl keinem Genossen, der ein Freund dieser bisher gewesen sei, gefallen. Es sei bedauerlich, daß die Gegnerschaft in den Gewerkschaftskreiscn fortgesetzt wachse und noch dazu von verschiedenen führenden Genossen genügend genährt werde. Man verkenne hierbei doch zu sehr den ideellen Charakter, welcher in der durch Arbcitsruhe geweihten Maifeier liegt. Der kommende Parteitag in Nürnberg werde hoffentlich die drohende Vernichtung der Arbeitsruhe, sie man ja allerdings in der Theorie anerkennt, aber durch die Vereinbarung zwischen Parteivorstand und Gencralkommission in der Praxis untergrabe, zu verhüten wissen. Unverständlich sei ferner die Behandlung der Frage der Jugendorganisation auf dem Kongrctzi Es lag doch wahr- hastig kein Anlaß vor, in der Weise, wie geschehen, gegen die Jugendorganisation vorzugehen. Zu späte Einsicht und unzu- reichendes Verständnis für den Jugendschutz und die Organisation der Jugend führe zu solchen haltlosen Beschuldigungen, wie z. B. die hinsichtlich der antimilitaristischen Agitation, freuen sollten wir uns, daß eine Organisation bereits da ist, und sollten alle Kraft ansetzen, sie vergrößern und ausbauen zu helfen, nicht aber sie zu zerstören, denn das würde sich später mal bitter rächen. (Sehr richtig!) Redner glaubt annehmen zu dürfen, daß die Dele- gierten auf demselben Standpunkt bleiben, den sie im Jahre 1905 bei der Gründung der am Orte bestehenden Jugendorganisation eingenommen haben. Die rege Diskussion war in der Hauptsache der Jugendorgani- sation gewidmet. An derselben nahmen Teil die Genossen Schiller . Pagel, Gebert, Schitzkat, Graudenz und S t o r ch. Sie sprachen sich sämtlich für das Bestehen der nord- deutschen Jugendorganisation und den Anschluß der süddeutschen an diese aus. Einstimmig wurde hierauf folgende Resolution an- genommen:„Die Delegierten der Charlottenburger Gewerkschafts- kommission halten die auf dem Hamburger Gewerkschaftskongreß beschlossene Resolution über die Jugenderziehung in ihrem Absatz 3 ausgesprochene Vernichtung der freien Jugendorgani- sationcn für verfehlt; sie erachten vielmehr eine größere, moralische wie materielle Unterstützung der freien Jugendorganisationen er- forderlich»nd fordern die Uebertragung der norddeutschen Jugend- Organisation, als der besten Form der Jugendbewegung, auf ganz Deutschland . Zur wirksamen Betreibung des Jugendschutzes und der Jugcndbildung sind neben den selbständigen Jugcndorganisa- turnen, Kommissionen von Vertretern der Gewerkschaften und Partei zu bilden." Den Bericht über die Tätigkeit des Eharlotten- b u r g e r Gclverbegerichts pro Berichtsjahr 1907/08 er- stattete der Beisitzer. Genosse Pfefferkorn. Nach dem Bericht wurden 1502 Streitsachen anhängig gemacht, aus dem Vorjahre 1906/07 unerledigt übernommen 18 Streitsachen, so daß die Ge- samtzahl 1520 beträgt. Die Zahl der im Berichtsjahre anhängig gemachten Streitjachen ist gegen das Vorjahr um 236 Klagen oder IS Proz. gewachsen; an dieser Zunahme sind beteiligt daS Dan- gewcrbe mit 67, die Fabrikbctriebe mit 34 und das übrige Hand- werk und Gewerbe mit 135 Streitsachen. Von den gesamten Klagen wurden im Jahre 1907/08 erhoben von Arbeitgebern gegen Arbeiter 37, von Arbeitern gegen Arbeitgeber 1436 und von Arbeitern gegen Arbeiter 29. Streitgegenstand waren in 49 Fällen Antritt, Fortsetzung, Auflösung des Arbeitsverhältnisses, Aus- händigung oder Inhalt des Arbeitsbuches, Zeugnisses, Lohnbuches, Arbeitszettels oder Lohnzahlungsbuches, in 1005 Fällen Leistungen aus dem Arbeitsverhältnis; in 127 Fällen Rückgabe von Zeugnissen, Büchern, Legitimationspapieren, Urkunden, Gerätschaften, Kleidungsstücken, Kautionen und dergleichen; in 698 Fällen An- sprüche auf Schadenersatz oder aus Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Nichterfüllung oder nicht gehöriger Erfüllung der Ver- pflichtungen, welche die bisher erwähnten Gegenstände betreffen usw. (§ 4, Abs. 1, Nr. 4 des Gewerbegerichtsgesctzes); in 7 Fällen Be- rcchnung und Anrechnung der Krankenversicherungsbeiträge und Eintrittsgelder; in 2 Fällen Ansprüche aus gemeinsamer Arbeit von Arbeitern desselben Arbeitgebers gegeneinander. In den Klagen auf Schadenersatz oder auf Zahlung einer Vertragsstrafe wurde allein in 473 Fällen Entschädigung wegen nicht inne- gehaltener Kündigung gefordert, das sind 31,5 Proz. aller Klagen; davon wurde in 293 Fällen nur diese Entschädigung und in 180 Fällen daneben noch rückständiger Lohn beansprucht.— Die erste Verhandlung fand im Berichtsjahre fast regelmäßig vor dem Vorsitzenden allein, die weitere Verhandlung vor dem mit 4 Bei sitzern besetzten Spruchgericht statt. Es wurden 93 Terminstage abgehalten, und zwar 57 vor dem Vorsitzenden allein und 36 vor dem Spruchgericht. Die Zahl der an den Terminstagen ver handelten einzelnen Streitsachen betrug vor dem Vorsitzenden 1428 und vor dem Spruchgericht 388, zusammen 1816. In 71 Fällen wurden die Klagen wegen offenbar sachlicher oder örtlicher Unzu- ständigkeit durch formlosen Bescheid des Vorsitzenden ohne vor- gängige mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Als Einigungs. a m t ist das Gewerbegericht im Berichtsjahre nicht in Tätigkeit getreten. Als Nachfolger des früheren Vorsitzenden, Stadtrat Boll, ist Magistratsasscssor Dr. Landsberger zum Vorsitzenden des Ge Werbegerichts von der Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. Es wurde in der Diskussion von den Genossen Wilde, Storch und L i e r e- Berlin auf die große Zahl der Vergleiche- eingegangen und ferner der Wunsch ausgesprochen, daß eine Im stitution geschaffen werden müsse, welche die weitere Bildung und Schulung der Beisitzer Deutschlands in die Hand nimmt. Genosse F l e m m i n g kommt anschließend auf die Verbandsversammlung des Verbandes deutscher Gewerbe, und Kauftnannsgerichte, die am 27. bis 29. August in Jena stattfindet, zu sprechen und findet es befremdend, daß fortgesetzt unsere Bei- sitzer sich gegen die Annahme eines Mandats von feiten des Wagistrats aussprechen. In anderen Städten petitionieren unsere Genossen an die Stadtverwaltungen, um ein Mandat zu erhalten, und bei uns lehnt man es ab. Die Genossen Huxol, Gebert, Pfefferkorn, Wilde und N e u m a n n verteidigen die Haltung der Beisitzer. Sie betonten: Weil keine Diskussion auf diesen Versammlungen zugelassen wird, könne man doch nur die Rolle eines Statisten ausüben. Ein Nutzen für die Beisitzer sei deshalb nicht zu ersehen. Unter„Gciverkschaftlichem" wurde die zu liefernde Statistik betreffs der Arbeitslosigk eit der gewerkschaft- lich organisierten Mitglieder an das hiesige Statistische Amt zur Frage der Arbeitslosenfürsorge seitens der Stadtver- waltung besprochen und dabei vom Obmann gebeten, das Material so bald als möglich einzusenden. Von den Vertretern des TranS- portarbeiterverbanoeS wurde gerügt, daß eine Anzahl von Austrägerinnen der hiesigen.Vorwärts Spedition sich wiederholt weigerten, der gewerkschaftlichen Organisation beizutreten und sogar noch andere vom Beitritt ab reden. Die Delegierten wurden ersucht, dahin zu wirken, daß die ,.Vorwärts"-Abonncnten nur von solchen Frauen den„Vorwärts'' entgegennehmen, die sich durch Legltimationskarte als gewerkschaft- lich organisiert ausweisen können. Die Delegierten der Fleischer, GastwirtSgehilfen, Gipsarbeiter und Zementierer und Steinsetzer waren der Sitzung ferngeblieben. Nikolassee -Zehlendorf . Ein echte? ProletarierbegrSSniS mit allen Hindemissen und Schwierigkeiten unter der kapitalistischen Gesellschaft haben wir soeben hier erlebt. Hier starb die Frau eines der wenigen hier wohnenden organisierten Genossen, Wolff mit Namen, nach schwerem Leiden an Krebs. Nikolassee , obwohl seit Jahren bestehend, ist als selbständige Gemeinde noch nicht organisiert, Gemeindesteuer gibts hier überhaupt noch nicht. Hauptinstanz ist noch die Heim- stätten-Akticngesellschast, die auch noch Besitzerin deS dort angelegten Friedhofes ist. Nachdem Sonntag früh die Ge nossin entschlafen war. begab sich ihr Mann Montag vormittags zur Anmeldung auf das inzwischen noch zuständige Zehlendorfer Standesamt. Als er um Auskunft über die allenthalben noch un- bekannte» Begräbnisformalitäten für Nikolassee ersucht, wird er an das Zehlendorfer evangelische Pfarramt verwiese». Obwohl längst aus der Landeskirche ausgeschieden, macht sich der Genosse schweren Herzens dorthin auf den Weg. Der Geistliche dort empfängt ihn freundlich; als er aber erfährt, dah von einer kirchlichen Beerdigung der Toten keine Rede sei, wendet er dem Genossen den Rücken; und der trollt nun, so klug wie zuvor, ab. Zunächst nach dem Friedhofe in Nikolassee , um sich eine Grabstelle aus- zusuchcn. Er hat reichliche Auswahl: denn es liegen erst zwei„bessere Leichen" dort begraben, seine Frau wird also die Ehre haben, die erste„gewöhnliche Leiche" zu sein. Der dort angestellte Gärtner übergibt ihm zugleich eine Begräbnisordnung, die die Besitzerin, die Heimstättenaktiengesellschaft, ausgearbeitet hat. Mit ihr begibt sich der Genosse darauf zum Genossen Göhre-Zehlendorf zurück, in der Hoffnung, daß der'ihm nunmehr weitere Wege zur Beerdigung der Frau ausfindig machen hilft und womöglich einige Worte am Grabe spricht. Eine Durchsicht der Friedhofsordnung bei diesem stellt fest, daß eine auffcrkirchliche Feier am Grabe nur mit schriftlicher Genehmigung des Vorsitzenden der evangelischen Gcmeindekirchenrats möglich ist. Das aber ist derselbe Geistliche, der dem Manne wenige Stunden vorher den Rücken gedreht hat. Trotz- dem überwindet sich der Genosse und wiederholt seinen Weg zum Pfarramt, dort in höflichen Worten sein Anliegen vorbringend. Wider Erwarten freundlich wird er angehört; schließlich erklärt der Pastor, daß. was an ihm liege, er keine Hindernisse in den Weg legen wolle. Aber er könne nicht allein handeln: er müsse die Sache dem GemcindekirchcnratS vorlegen; DieStag abend solle Wolff sich Bescheid holen. Vom Zehlendorfer Pfarrer lenkt er alsdann seine Schritte zum Zehlendorfer Totengräber. Denn zu dem hat ihn wieder der Nikolassccr FriedhofSgärtner gewiesen, da er als solcher nicht anerkannt sei. Als er diesem die ominöse Friedhofs- ordnung vorweist und von dem in Aussicht stehenden aufferkirchlichen Begräbnis erzählt, erklärt dieser diese Fricdhofsordnnng für u n- gültig, da sie vom KreiS' noch nicht genehmigt sei. Für ihn sei für solchen Fall auch in Nicolassee eine Bescheinigung des Zchlen- dorfer AmtsvorsteherS maßgebend. Also nun wieder zu diesem. Dort erhält er den Bescheid, er solle Dienstag- abend wieder kommen. Unter Sargkaufen und anderen unerläßlichen Besorgungen für die Bestattung vergeht der Montag. Dienstag vormittag kommt der Sarg vor der bescheidenen Wohnung der Toten an. Da, neue Hindernisse. Es stellt sich heraus, datz er nicht durch die enge Tür hineingeht. Also muh die Tote hinaus zu ihm, und der Sarg anderswo aufgebahrt werden. Aber wo? Eine Leichenhalle gibt es in dem ganzen großen Nilolas- see noch nicht. Wolff wendet sich an seinen Hauswirt, einen Rechts« anwalt beim Kammergericht. Und der nimmt sich nun dankenswerter« weise auf das energischste seiner Not an. Sofort klingelt er das Fehlen» dorfer Polizeiamt an. Ein Sekretär antwortet.„Ich will den Amts» Vorsteher sprechen". MitMühe erreicht erS. Dem trägt er den Sachverhalt vor und bittet um Anweisung eines geeigneten Raumes für Sarg und Tote. Antwort:„Da möchten Sie sich lieber an den Vertreter der Heimstättengesellschaft in Nikolassee , Herrn v. Crottuaurer, wenden." Aber, der Rechtsanwalt erklärt, daß er gar keinen Anlaß; habe, mit dem zu verhandeln; er habe es mit der Polizei zu tun. Darauf erfolgt der Vorschlag, irgend einen Schuppen zu nehmen. Entrüstet erwidert der Hauswirt, daff es sich um die Leiche eines Menschen, keines Tieres handle, darauf ratloses Schweigen, dann die Bitte, sich zehn Minuten zu gedulden. Das wird bewilligt. Aber:„nur zehn Minuten; sonst gehe ich an den Kreis!' Nach zehn Minuten stellt das Polizeiamt der Proletarierleiche eine ganze leerstehende komfortable Villa als Leichenraum zur Verfügung, wo sie alsbald von den Angehörigen im„Salon" unter bescheidenem Blumenschmuck aufgebahrt wird. Alsdann, am Dienstagabend, geht's zum Amtsvorsteher: dort giebt'S eine schriftliche„Genehmigung zur Abhaltung einer Versammlung unter freiem Himmel auf dem Nikolasseer BegtäbniSplatz— vorbehaltlich der schriftlichen Genehmigung des Vorsitzenden des Gemeindekirchenrats" ein seltenes, aber erfreuliches und anerkennenswertes Entgegenkommen für Zehlendorfer Verhält« nisse. Offenbar hatte das Telephongespräch vom Morgen noch etwas nachgewirkt. Vom Amtsvorsteher wieder zum Pastor. Da aber— natürlich— eine ganz abschlägige Antwort. Genehmi« gung gibt's nicht.„Und überhaupt ist es Widersinn, waS Sie da machen wollen."„.Wieso Widersinn, Herr Pastor? In meinen Augen ist eS keiner. Ich kann doch als aus der Kirche AuS- geschiedener kein kirchliches Begräbnis wollen."" Aber eS erfolgt keine Antwort mehr, worauf der Genosse fich mit den selbst- bewußten Worten verabschiedet:„Ich als einfacher Mensch würde Ihnen die Genehmigung erteilt haben." Also mit einer Feier am Grabe war's nun nichts. Nun blieb nur noch die in der Villa in Aussicht. Aber— würde die nicht auch verhindert werden? Zwar hatte Wolff die Schlüssel zu ihr ausgehändigt erhalten: sie war also gleichsam zu seiner Verfügung. Aber war sie ihm nicht nur als provisorische Leichenhalle zur Ver« sügung gestellt? Waren also nicht neue Genehmigungen nötig? Es kam aber doch nicht soweit, datz auch das verhindert wurde. Die zwei zur Feier delegierten Gendarmen blieben. Wache haltend. vor der Pforte des Gartens der Villa stehen; die schlichte Feier konnte dort stattfinden. Dann gings, unter Vorantritt der zwei Gendarmen zum Friedhof. Und dort senkten wir unter dem Quartett« gesang von Zehlendorfer Genossen schweigend die Tote in ihr kühles Grab. In der Nähe blitzten dazu die Helmspitzen der Gendarmen. Und also fand auch diese Beerdigung statt unter Assistenz zwar nicht der schwarzen, aber der uniformierten Gendarmerie. Also geschehen im Jahre des HeilS 1908, im zwanzigsten Jahrhundert, vor den Toren der Weltstadt Berlin , die im preußischen Ostelbien liegt. Karlshorst . Einen köstlichen Aufruf für Zeppelin erläßt ein hiesiges Komitee, das aus„bekannten und bewährten Männern" besteht. allen voran der Bürgermeister Ungewitter. Dieser Aufruf prangt an sämtlichen Telegraphenmasten und ähnlichen Objekten, die hier dazu dienen, die Expektorationen der vier- und zweibeinigen Be- wohner zur Schau zu stellen. In dem Aufruf heißt es u. a.: „„Der alte Gott lebt noch!" sprach einst in schweren Zeiten Friedrich der Große zu seinen Getreuen. Wohlan denn: Gras Zeppelin lebt noch! Er wird weiter schaffen! Pflicht eines jeden Deutschen ist eS, ihm zur Seite zu stehen, um das zu vollenden, was dem gesamten Vaterlande zur Ehre gereichen soll. Einer für uns alle, und wir alle für einen! Es findet zu diesem Zweck am Sonnabend, den 15. August, in der hiesigen Bahnhofshalle ein Militärkonzert statt. Die Zwischenpausen werden durch Aufführungen hiesiger Vereine ausgefüllt. Zum Schluß gelangen fünf lebende Bilder mit Schlachtmusik und bengalischer Beleuchtung. Szenen aus unserer Kriegsflotte dar st eilend, zur Aufführung..... Komme nun ein jeder, der sich Deutscher nennt, und opfere auf dem Altar des Vaterlandes, was in seinen Kräften steht, auch wer das Kleinste gibt, vollbringt großes, hier gibt es keinen Unterschied, ob hoch, ob niedrig, ob arm oder reich; es gilt nur zu zeigen, daß der alte Geist noch in uns lebt, es gilt dem Ausland zu beweisen, daß Deutschland auf sein Volk bauen darf." Ob unter„S ch la ch t musik" die quieksenden und blökenden Laute eines Schlachthauses gemeint sind, wird nicht ganz klar. Im übrigen ist die unverfrorene Säbelrassclei, die aus dem Aufruf klingt, ein neuer Beweis dafür, wie wenig Ursache wir haben, den Zeppclinrummel irgend zu unterstützen, der, gleich allem, was in Deutschland passiert, patriotisch und militärisch mißbraucht wird. Der hiesige„L o k a l a n z e i g e r" bringt folgende durch ihren Schlußsatz charakteristische Meldung: „Einen wüsten Auftritt verursachten auf dem Bahnhof Grünau die beiden Ruderer Benecke und Lehmann vom Akadem. Ruder- k l u b in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend. Die beiden Herren kamen zwischen 1 und 2 Uhr lärmend durch die Anlagen nach dem Stationsgebäude. Durch fortgesetztes Schlagen mit Stöcken an die verschlossene Haustür verlangten sie Einlaß. Nach- dem der Stationsvorsteher Herr Ncnzihausen ihnen wiederholt Ruhe geboten, wurden sie durch hinzugerufene Bahnbcamte vom Bahnhofsterrain entfernt. Mittlerweile waren sämtliche dort woh- nenden Familien aus dem Schlaf gestört. Die Ruhestörer gaben sich"jedoch noch nicht zufrieden, sondern drangen vielmehr in die Bahnhofswirtschaft ein und demolierten zwei von der Familie Kusch seit Jahren gepflegte und mit vieler Mühe aufgezogene schöne Topfgewächse im Werte von 80 M. Außerdem wurde eine Tischplatte derart beschädigt, daß sie einer gründlichen Reparatur bedarf. Er st dem herbeigeeilten Wachtmeister Herrn Grau gelang eS, die Ruhestörer zu be- s ä n f t i g e n." Also die„Ruhestörer" wurden nur„besänftigt". Natürlich, eS waren ja Akademiker. Hätten sich Arbeiter nur halb so wüst be- nommen, so würden sie die Topfgefäße der Familie Kusch mit einer längeren Freiheitsberaubung quittieren müssen. Was gilt die Wette, daß die beiden RowdyS mit ein paar Mark Geldstrafe davon- kommen?_ Wasserstands. Nackirichten der Landesanstalt. sür Gewässerkunde, mAgetellt vom Berliner Vetterburcau. Wasserstand M e m e l, Tilsit P r e g e l, Jnsterbnrg Weichsel, Tboru Oder, Ratibor , Krassen Frantsurt Warthe, schrimm , LandSberg Netze, Vordamm Elbe, Leilmeritz , Dresden , Barbq , Magdeburg ')+ bedeutet Wuchs,— Fall,—»} Unlerpeget.
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