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Bekanntlich ist Kiese unker fter flagge Eet Hirsch. Dunckerei segelnde Streikbruchgarde dem Verband der Töpfer vor kurzem auch in Kottbus in den Rücken gefallen. Die Ver- bandsleitung der Hirsch-Dunckerschen Töpfer findet diese fort- gesetzten verräterischen Unternehmerdienste aber auch ganz in der Ordnung, deckt sie mit allen Mitteln und drückt ihre Aeb- linge verständnisinnig an das vor Harmonie übersprudelnde Herz. Hier sind beide einander wert: Leitung und Berliner Mitgliedschaft! Und so etwas nennt sich immer noch Organi­sation zur Vertretung von Arbeiterinteressen! Berlin «nck Nmgegenck. Berechtigte" Wahrung von Unternchmerinteressen? Ein recht sonderbares Urteil ist jetzt vom Kammergericht ans- gehoben worden. Im Organ desZentralverbandes deutscher « Industrieller", der von Arnold Steinmann herausgegebenen und redigiertenDeutschen Jndustriezeitungch erschien am 4. Oktober 1007 ein gegen die Gewerkschaften gerichteter kritischer Artikel:Aus der Arbeiterbewegung". Darin war ein aus dem Blatt desIndustrie- arbeiterverbandes Solingen" entnommener Artikel in Anführungsstrichen eingeschaltet, der also lautete:Die Einsicht indieDoknmentezeigtunsein erschreckendes Bild von der Clique, von der der Deutsche Metallarbeiter- verband regiert wird. Soviel Verworfenheit, wie uns da entgegen- starrt, hätten wir an der Spitze der größten Gewerkschaft Deutsch - lands nicht zu finden gehofft. Es wäre eine Schmach für die deutsche Arbeiterbewegung, wenn sie an ihrer Spitze noch länger Leute dulden würde, die, um ihr Ziel zu erreichen, bor keinem Verbrechen an der Arbeiterschaft zurückschrecken". Die Wiedergabe dieses durch nichts gerechtfertigten groben Anwurfs veranlaßte die Genossen Schlicke, Reichel, Werner und Massatsch als Mitglieder des Hauptvorstandes des Deutschen Metallarbeiterverbandes, gegen Steinmann die Be- leidigungsklage anzustrengen. Die 4. Strafkammer des Berliner Landgerichts III sprach jedoch, gleich dem Schöffengericht, den An- geklagten frei. Und dazu kam das Gericht auf folgende wider- spruchsvolle Weise. Es erklärt zunächst für falsch die Behauptung Steinmanns, er habe die Stellen aus dem Solinger Blatt nur referierend wiedergegeben. Es sei vielmehr anzunehmen, daß er den Solinger Artikel dazu verwendet habe, um seiner Ansicht, daß sich in die Gewerkschaften Schäden und Mängel eingeschlichen hätten usw., Nachdruck zu verleihen. Dies lasse die F a s s u n g des Artikels:Aus der Arbeiterbewegung" unzweideutig erkennen. Insoweit habe der Verfasser dieses Artikels(Stein mann) sich den Artikel des Solinger Verbandsorganszweifellos zu eigen gemacht". Daß der Artikel des Solinger Organs schwere Beleidigungen der Privatkläger enthalte, und daß die Wiedergabe eines solchen Artikels in einer Zeitschrift geeignet sein könne, die Privatkläger in ihrer Ehre zu verletzen und sie zu kränken, sei dem Angeklagten nach Annahme des Gerichts auch sehr wohl bewußt gewesen. Die in dem übernommenen Artikel enthaltenen Beleidigungen der Privatkläger seien gröblicher Natur. Soweit ganz gut. Nun kommt aber der Umschwung in dem Urteil. Zunächst wird nun«fest- gestellt", daß Steinmann in Wahrnehmung berechtigter Jnter- essen gehandelt hätte und ihm der Schutz des§ 193 des Straf- gesetzbuches zukomme, weil er als Verleger und Redakteur des Verbandsorgans deutscher Industrieller verpflichtet gewesen sei, zugunsten der Arbeitgeber in dem Kampfe zwischen Arbeit- gebern und Gewerkschaften Stellung zu nehmen. Nur diese be- rechtigten Interessen hätte er wahrnehmen wollen. Auch lasse sich nicht aus den Umständen und der Form seines ArtikelsAus der Arbeiterbewegung" eine Beleidigung erkennen. Nur zur Unterstützung seiner sachlichen Kritik der Gewerkschaften sei der Artikel des Solinger Verbandsorgans in die kritischen Bemerkungen eingeschlossen worden. Der Wortlaut und der Sinn des ArtikelsAus der Arbeiter- bewegung" ließenkeineswegs den Schluß zu", daß St. sich den Behauptungen des übernommenen Solinger Artikels habe an- schließen wollen, daß er diese beleidigenden Behauptungen sich der Form oder dem Inhalt nachhabe zu eigen machen wollen". Daraus, daß er den beleidigenden Solinger Artikel in seinem AufsatzAus der Arbeiterbewegung" aufnahm, lasse sich somit nicht schließen, daß auch letzterer über das zulässige Maß der Wahrnehmung berechtigter Interessen hinausging. Also Freisprechung. Das Kammergericht hob am 18. August auf die Revision der Privatkläger, für welche Rechtsanwalt Dr. Ja f f ü namentlich auf die immensen Widersprüche des Landgerichtsurteils hinwies, die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zu noch- maliger Verhandlung an das Landgericht zurück. Gründe: Es sei in der Tat ein nicht unbeträchtlicher Widerspruch. wenn das Urteil einmal damit rechne, daß Angeklagter sich den Inhalt des Solinger Aufsatzes zu eigen g e- macht habe, und wenn daS Urteil dann wieder das Gegenteil f e st st e l l e Den Widerspruch müsse das Landgericht aufklären. Dann könne es auch n o ch m a l erörtern, inwieweit§ 193 zur An­wendung kommen könne. Oeirtfthes Reich. Ein Erfolg der Organisation in der Zeit der Krise. Ende Juli lies der zwischen dem Deutschen Metallarbeiter- Verband und den Unternehmern im Düsseldorfer Feilenhauergewerbe bestehende Lohntarif ab. Bei Abschluß des alten Tarifs im vorigen Jahre hatten die Düsseldorfer Gehilfen während der guten Kon- junktur nicht unerhebliche Lohnerhöhungen durchgesetzt. Die Unter- nehmer hofften nun, jetzt während der Krise die Akkordsätze wieder herabsetzen zu können, hatten sie doch während der Krise 1901 die Lohnsätze um IS Proz. kürzen können. Doch diesmal war ihr Mühen vergeblich; infolge des einmütigen Zusammenstehens der Gehilfen sahen sich die Arbeitgeber gezwungen, in die Verlängerung des Tarifs aus ein weiteres Jahr einzuwilligen. Zum Streik kam es nicht, nur bei zwei Firmen mußte die Kündigung eingereicht werden, ehe die Bewilligung erfolgte. Beide Firmen gaben aber bald nach. BusUnd. Die Arbeiter der Tavakfabrik in Salonichi sind in den Aus- stand getreten. Sie fordern Ivstündige Arbeitszeit und eine SOproz. Lohnerhöhung._ Gerichts-Zeitung Schieber-Trick. Wegen gemeinschaftlichen Betruges hatten sich die Putzer Karl Friedrich und Paul Miethke vor dem Schöffengericht Berlin-Schöneberg zu veranttvorten. Anfangs Mai 1907 hatte Friedrich mit dem(Architekten) Baumeister Cohn(Schöneberg ) einen Bertrag abgeschlossen, laut welchem er einen dem Cohn ge- hörigen Neubau in der Gubenerstraße putzen sollte. Friedrich nahm sich Putzer an, unter anderen auch den Miethke. Die Putzer erhielten regelmäßig ihr Geld. Der Bau war noch nicht ganz fertig, als Friedrich im Juli wegblieb und dem Bauherrn von einer Schwester deS Friedrich mitgeteilt wurde, daß Friedrich in Stettin im Krankenhause läge. Der Bau wurde nun von den anderen Putzern fertiggestellt. Es war noch ein Akkordrest von dem Baumeister zu erheben. Da �Lerantw. Redakteur: Hans Weber, Berlin . Inseratenteil verantw. die Putzer aber in der Zwischenzeit böse Erfahrungen mit Friedrich gemacht hatten, wurde beschlossen, daß Friedrich den Akkordrest nicht erhalten sollte. Bei dieser Besprechung war Miethke zugegen. Die Putzer teilten diesen Beschluß dem Cohn mit. und dieser teilte ihnen mit, daß er laut Vertrag an Friedrich das Geld zu zahlen hätte, er würde es aber nur in ihrer Gegenwart zahlen. Als Zahlungstermin war der 7. August festgesetzt. Als einer der lautesten Rufer gegen Friedrich zeigte sich Miethke. Sehr erstaunt war der Baumeister Cohn, als Friedrich und Miethke schon am 6. August kamen. Friedrich erklärte ihm, daß er den Akkordrest von 19S,L5 M. erheben wolle, und Miethke bemerkte, daß er im Auftrage der anderen Kollegen, die in einer Kneipe in der Gubener Straße auf sie warteten, käme. Da Miethke sich bei den früheren Verhandlungen als ein heftiger Gegner des Friedrich gezeigt hatte, so übergab Cohn dem Friedrich das Geld, ließ sich von ihnen bestätigen, daß sie keine Ansprüche mehr an ihn hätten, und beide quittierten, Miethke auch noch im Namen seiner Kollegen. Von dem so ergaunerten Gelde erhielt Miethke 25 Mark ab, während Friedrich den Rest behielt. Die betrogenen Putzer erstatteten nun gegen beide Anzeige. Zu der Verhandlung am Dienstag war nur Miethke er- schienen. Friedrich ist nicht aufzufinden, hinter ihm soll ein Steckbrief erlassen werden. Miethke b e st r i t t, sich strafbar gemacht'zu haben; er wollte von den Abmachungen der Putzer untereinander nichts wissen, auch bestritt er, erklärt zu haben, im Namen seiner Kollegen zu kommen. Er hätte nur 25 M. erhalten, während ihm 49 M. zukämen. Der Zeuge Cohn wies durch Vorzeigung der Quittung nach, daß Miethke sich als Bevollmächtigter seiner Kollegen unterzeichnet hatte. Der A m ts a n w a l t beanttagte eine Gefängnisstrafe von drei Monaten. Das Gericht erkannte auf acht Wochen Ge- fängniS. ES sei auf diese Strafe erkannt worden, bemerkte der Vorsitzende bei Verlesung des Urteils, weil der Angeklagte sich auf die gemeinste Weise gegen seine Arbeitskollegen vergangen habe. Ein eigenartiger Kindesraub beschäftigte gestern die erste Ferienstraskammer des Landgerichts II. Wegen Menschenraubes im Sinne des§ 235, 1 Str.-G.-B. war der Maurermeister Martin G. aus Schöneberg angeklagt. Der An­geklagte heiratete im Jahre 1902. Die Ehe war anfänglich auch sehr glücklich; bald aber stellten sich Differenzen ein, welche die Frau veranlaßten, ihren Ehemann zu verlassen und zu ihrer in Nieder- Schönhausen wohnhaften Mutter zu ziehen. Durch gericht- liche Verfügung wurde es der Frau gestattet, schon vor Abschluß der eingeleiteten Ehescheidungsklage von ihrem Manne getrennt zu leben; auch wurde ihr daS Er- ziehungsrecht über den aus der Ehe hervorgegangenen jetzt vierjährigen Sohn Erich eingeräumt. Der von dem An- geklagten bezüglich dieses Punktes eingelegte Widerspruch wurde ver- worfen. Die Ehe wurde schließlich geschieden und das Kind wurde der Frau zugesprochen, da der An- geklagte als allein schuldiger Teil angesehen worden war. Am 27. Mai d. I. hatte der kleine Erich Geburtstag und um dem Kinde, an dem er mit großer Liebe hing, eine kleine Freude zu bereiten, kaufte der Angeklagte Schokolade und andere Dinge, die ein Kinderherz erfreuen, und fuhr nach Nieder-Schönhausen hinaus. Zufällig traf er sein Kind aus der Straße in Begleitung der Großmutter wieder. Der Kleine jubelte laut vor Freude, als er den Papa, der so lange verreist war, wiedersah und wollte sich garnicht wieder von ihm trennen. Die Liebe zu seinem Kinde verleitete den Angeklagten in diesem Augenblick zu einer Handlungsweise, die ihm die jetzige Anklage einbringen sollte. Er lief plötzlich mit dem Kleinen, der sich fest an seinen Hals gehängt hatte, davon und sprang schnell in eine vorllberfahrende Droschke, ehe sich die Großmutter von ihrem Schrecken erholt hatte. Er brachte das Kind sofort in einer be- freundeten und kinderlosen Familie unter, wo er es dann fast täglich besuchte. Die geschiedene Frau des Angeklagten stellte alle möglichen Nachforschungen an, um wieder in den Besitz des Knaben zu kommen, die aber sämtlich erfolglos blieben. Erst jetzt, anfangs August, gelang es der Frau mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers den Knaben auf der Straße aus den Händen ihres Mannes zu ent- reißen. Vor Gericht behauptete der Angeschuldigte, er habe es nicht mehr mit ansehen können, wie sein Kind vernachlässigt worden sei. Der Knabe hätte stets vor Schmutz starrende Wäsche tragen müssen, die er zum Beweise der Richtigkeit seiner Angaben dem Gericht vorlegte. Der Staatsanwalt beantragte eine Ge- fängnisstrafe von drei Tagen. Das Gericht erkannte auf die niedrigste gesetzlich zulässige Strafe von einem Tage Ge- f ä n g n i s, da der Angeklagte lediglich aus dem edlen Motiv der Vaterliebe heraus gehandelt habe. Ein Nachspiel zu der Affare Alphons Röhll beschäftigte gestern unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Dr. Röchling die 5. Ferienstrafkammer des Landgerichts I . Wegen Beihilfe zur Untreue und Konkursverbrechen mußte sich der frühere Rechtsanwalt Georg Mcrlecker vor dem Strafrichter verantworten. Der Angeklagte war mit dem Kaufmann Alphons Röhll, der seinerzeit durch seinen aufsehenerregenden Konkurs und seine Be- Ziehungen zu der Schauspielerin Rita Leon viel von sich reden machte, sehr intim befreundet. Röhll wurde nach Hinterlaffung einer Schuldenlast von über VA Millionen Mark flüchtig und hält sich bis jetzt im Auslande verborgen. Schon damals tauchten Ge- rüchte auf, daß sich Merlccker an den in großem Stile angelegten Pumpoperationen des Röhll beteiligt habe und ebenfalls stark über- schuldet sei. Diese Gerüchte fanden ihre Bestätigung, als Merlecker eines Tages ebenfalls spurlos verschwand. Es ergab sich, daß Merlccker ebenfalls eine Schuldenlast von mehreren hunderttausend Mark kontrahiert hatte, die zum größten Teil aus Freundschafts- diensten herrührte, die er dem Röhll geleistet hatte. Außerdem wurde festgestellt, daß M. in demAlten Klub" wiederholt Beträge bis zu 20 000 M. vershielt hatte. Die Ermittelungen der Staats- anwaltschaft ergaben, daß Röhll Wechsel in Höhe von über 200 000 Mark als angeblicher Inhaber der Knopffabrik in der Thaerstraße ausgestellt hatte, obwohl er hierzu gar nicht mehr berechtigt ge- wescn war. Diese Wechsel waren zum Teil von Merlecker akzeptiert worden, trotzdem dieser wußte, daß R. widerrechtlich handelte. Außerdem hatt- M., obwohl er die Finanzlage des Röhll kannte, verschiedentlich unwahre Gerüchte über dessen Bonität ausgestreut. Die Folge war die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Merlecker, der seinerzeit erst nach Konstantinopel geflüchtet war. Von hier aus gelangte der Angeklagte nach vielen Irr- fahrten nach Amerika , wo er sich mehrere Jahre aufhielt. Nachdem über die ganze Affäre einigermaßen Gras gewachsen war, kam M. nach Deutschland zurück und stellte sich freiwillig der Staats- anwaltschaft. Der Angeklagte wurde verhaftet und blieb längere Zeit in Untcrsuchungshast. Vor einigen Tagen wurde er gegen Stellung einer Kaution von 10 000 M. ans der Haft entlassen. Die Anklage legte dem Angeklagten eine Beihilfe zu der Untreue des Röhll zur Last und ferner ein Vergehen gegen die Reichs-Konkurs- ordnung, welches darin gefunden wird, weil er als Schuldner, welcher seine Zahlungen eingestellt hat, durch Aufwand, Spiel oder Wette, übermäßige Summen verbraucht hat bezw. schuldig ge- worden war. Der Vertreter der Anklagebchörde hielt den An- geschuldigten für vollauf überführt und beantragte eine Gefängnis- Tlb Glocke, Berlin , Druck U.Verlag: Vorwärts Buchdr.u.Vcrlagsanstalj strafe von 8 Monaten sowie 2000 M. Geldstrafe. Das Urteil des Gerichts lautete auf 3 Monate Gefängnis und 500 M. Geld- strafe eventuell 50 Tage Gefängnis, die aber durch die erlitten� Untersuchungshaft als verbüßt erachtet wurden. Der Komposthaufen und der Pastor. Gestern war vor der Ferienstrafkammer des Landgerichts II wegen einfachen Diebstahls, begangen an einem Komposthaufen, der Gärtner Albert Heller aus Steglitz angeklagt. Der Anklage liegt eine schon längere Zeit zurückliegende Vorgeschichte zugrunde. Der serbische Professor Herrmaün war Inhaber des Grundstücks Düppelstraße 42 in Steglitz , in welchem der Angeklagte seinen Laden und Wohnung innehatte. Als Herrmann im Jahre 1906 verstarb, ging das Grundstück in die Hände der beiden Söhne des Verstorbenen, des Pastors H. in Steglitz und des Kaufmanns H. über. Die eigentliche Verwaltung des Grundstücks hatte der Pastor Herrmann untep sich. Auf dem Hofe des Grundstücks lag fett vielen Jahren ein großer Müllhaufen, der dadurch entstanden war, daß der verstorbene Vorbcsitzer die Kosten der Müllabfuhr gescheut und die Mieter deshalb allerlei Abfallstoffe in einer Ecke aufgc« stapelt hatten, so daß hier schließlich ein sehr umfangreicher Berg entstanden war. Dieser Müllhaufen machte dem Pastor H. sehr viel Sorge, da auch er die nicht unbeträchtlichen Kosten des Ab» fahrens scheute. Er war deshalb sehr erfreut, als sich eines Tages der Angeklagte Heller, in dessen Familie er verkehrte und häufig nachmittags Kaffee trank, anbot, den Müllhaufen zu beseitigen. Der Pastor war hiermit vollkommen einverstanden und kümmerte sich auch nicht mehr um diese Angelegenheit. Der Angeklagte hatte bei dem Wegschaffen des Mülls die Entdeckung gemacht, daß auS dem Müllhaufen mit der Zeit ein wertvoller Kompasthaufcn ge- worden war. Er verkaufte deshalb einen Teil des KomposthaufenS für 30 Mark, nachdem er sich die Mühe gemacht hatte, den Haufen zu sortieren und ungeeignete Stoffe, wie Glasscherben, fortzu- schaffen. Kaum hatte der Pastor H. von dieser Tätigkeit des ge» schäftstüchtigen Gärtners gehört, als er sofort zu dem Angeklagten ging und einen Teil des Erlöses für sich in Anspruch nahm. Es kam auch eine Einigung zustande. Heller zahlte an den Pastor gegen Quittung 30 Mark, wofür sich crsterer verpflichtete, den Komposthaufen völlig zu beseitigen. Zwischen Pastor und Gärtner entstanden später wegen einiger abgebrochener Akazienzweige Differenzen, die zu einer Privatbcleidjgungsklage führte. Nun» mehr erstattete der Pastor plötzlich eine Anzeige wegen Diebstahls gegen Heller und behauptete, dieser habe seinerzeit sich den Kompost» hausen ohne seine Genehmigung angeeignet. Heller wurde auch tatsächlich wegen Diebstahl von deni Schöffengericht Berlin -Schöne- bcrg zu einem Tage Gefängnis verurteilt, da der Pastor H. unter seinem Eide behauptete, er habe niemals dem Angeklagten die Er» laubnis gegeben, über den Komposthaufen ohne weiteres zu ver- fügen. Gegen dieses Urteil legte Heller Berufung ein. Vor der Strafkammer trat die Ehefrau des Angeklagten als Zeugin auf und bekundete, daß der Pastor H. seinerzeit bei der Unterhaltung am Kaffeetische sich sehr erfreut darüber gezeigt habe, daß ihr Mann den Komposthaufen wegzuschaffen versprach. Der Zeuge Pastor H. stellte dies unter seinem Eide in Abrede. Das Gericht hielt jedoch den Sachverhalt für nicht genügend aufgeklärt und er» kannte deshalb auf Freisprechung des Angeklagten. Und so viel Müh und Eide wegen eines pastorlichen Mist« Haufens l_ Berurteilter Bürgermeister. Vom Posener Schöffengericht war am 2. Juni d. I. der frühst in Schwerfeuz tätig gewesene Bürgermeister Hoppmann wegen Unterschlagung zu einem Monat Gefängnis ver- urteilt worden. Wie die Verhandlung seinerzeit ergab, hatte der Bürgermeister am 4. April 1907 in seiner Eigenschaft als Ver» tranensmann des Deutschen Ost markenvereinS zur Auszahlung an den Schneidermeister Frost, der sich auf Vör» anlaffung des Ostmarkcnvereins in Schwersenz niedergelassen hatte. einen Betrag von 400 M. übersandt erhalten. Als Frost das Geld in Empfang nehmen wollte, erklärte ihm der Angeklagte, daß dieses der Kämmerer Bsill, der sich zwei Tage vorher bei Gelegenheit einer Kassenrevision erschossen hatte, in Empfang genommen und unterschlagen hätte. Als Vertrauensmann des Ostmarkenvereins wolle Angeklagter aber diese unterschlagene Summe decken. Nach etwa einer Woche erhielt Frost 200 M. und kurze Zeit darauf 30 M. gezahlt. Den Rest von 170 M. soll er noch heute bekommen. Da Bürgermeister Hoppmann entgegen seiner Behauptung das Geld erst zwei Tage nach dem Selbstmorde des Kämmerers Bsill in Empfang genommen hatte, so konnte letzterer das Geld unmöglich unterschlagen haben. Dies hatte vielmehr der Angeklagte selbst getan und das Andenken deS Ver« storbenen zu Unrecht belastet Gegen das Urteil legte der Verurteilte Berufung ein. In der Verhandlung am Dienstag vor der II. Ferienstrafkammer bat der Verurteilte um Abänderung deS ersten Urteils in eine mäßige Geldstrafe. DaS Gericht be- zeichnete das schöffengerichtliche Urteil als ein überaus m r l d e S und verwarf aus diesem Grunde die eingelegte Berufung. _ Ein Amtsrichter verurteilt. Gegen den Aufsicht führenden Amtsrichter Dr. Steinhardt in Gnesen , der, lvie wir mitteilten, in der Nacht zum Montag auf dem Bahnhof in Gnesen wegen Vergehens gegen den§ 175 verhaftet Wirde, ist bereits am Dienstag verhandelt worden. Er wurde von der Strafkammer des Landgerichts Gnesen wegen Vergehens gegen den§ 1 7 5 des ReichSstrafgesetzbucheS in zwei Fällen zu sechs Monaten und einer Woche Gefängnis verurteilt; ferner wurde auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffent- licher Aemter für die Dauer eines Jahres erkannt. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. Als strafmildernd wurde bei der Urteilsverkündung hervorgehoben, daß der Angeklagte unbescholten sei, und daß er sich während seiner langen Dienstzeit das Vertrauen seiner Vorgesetzten erworben habe._ Hus der Frauenbewegung. Versammlungen Veranstaltungen. Achtung! 2. Kreis. Heute, Donnerstag, den 20. August 1008, abends 81/., Uhr, findet bei Hemp, Urbanstr. 170, unser Leseabend statt, wozu die Genossinnen freundlichst einladet Die Vertrauensperson. Letzte Nachrichten und Depeschen. Die Folter des Zeugniszivanges. Frankfurt a. M.» 19. August. (B. H. )'Gegen dieFrankfurter Zeitung " ist das Zeugniszwangsverfahren eingeleitet worden. Der verantwortliche Redakteur des politischen Teils, He m b er g er, wurde bereits von dem zuständigen Amtsrichter vernommen und vor» erst zu 50 Mark Geldstrafe verurteilt, weil er sich weigerte, den Ver» fasser des ersten informatorischen Artikels in derFrankfurter Zeitung " über den Fall Echücking vom 21. Juli d. I. zu nennett. Die Frage des Richters ging dahin, ob Bürgermeister Schückiug oder dessen Bruder der Verfasser fei. Etz wurden weitere Zwangs, maßregeln im Falle fortgesetzter Weigerung angedroht. PäUSingerLiCo.,BcrlinLÄ�Hierzu2Beilagcn u.Untcrhaltungsbl.