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Nr. 47.

Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Pfg frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Bfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band  : Deutschland   u. Defterreich­Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Poft Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6708.

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10. Jahrg.

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Fernsprech- Anschluk Amt 1, Nr. 4186.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Freitag, den 24. Februar 1893.

Die Erhebungen der Reichs­kommission für Arbeiterstatistik. der anderen Mitglieder etwas ausrichten tönnten! Der in

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Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

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daß ja Schippel und Molkenbuhr bei den Enqueten Enquete nach bewährtem englischem Muster ganz meisterlich mitgearbeitet hät ten. Als wenn diese gegen die Mehrheit vertreten, vermuthlich aber auch nicht parteioffiziell". Soviel über die Thätigkeit der Reichskommission. Nach meinen früheren Artikeln erhobene Vorwurf, daß man bei ihrem Regulativ fehlt ihr nun jede Möglichkeit, bei der Der Verfasser unserer früheren Artikel über den gleichen den Enqueten ängstlich je de Berührung mit Ar Ausführung beschlossener, schriftlicher Enqueten Gegenstand schreibt uns: beitervertretern fliehe, bezog sich aber doch außer- mitzuwirken, und der Abg. Hirsch sollte, wenn er wirklich " In der Reichstagssigung vom 21. d. M. haben meine dem auf die unterlassene Buziehung von Berufsein so großes Interesse für gute Arbeiterstatistik hat( die bisherigen Artikel über die Erhebungen der Reichskommission arbeitern aus den speziellen Branchen, Statistiken seiner Gewerkvereine sind nebenbei Muster greulichen für Arbeiterstatistik mit einen Gegenstand der Diskussion deren Verhältnisse zur Erforschung standen. Diese hätten Dilettantismus, jeder Fachverein macht's besser!), dankbar gebildet und den Anlaß zu recht interessanten Auseinander- allerdings sowohl bei der Ausführung der Enqueten, wovon dafür sein, daß die stümperhafte Ausführung der von der fetzungen gegeben. Mit diesem Ergebniß der an dieser weiter unten zu sprechen sein wird, als bei der Vor- Reichskommission beschlossenen und durch die Verwaltungs- und Stelle geübten Kritik können wir recht zufrieden sein, auch berathung derselben im Schooße der Reichskommission Polizeibehörden durchgeführten Enquete im Vorwärt 3" so wenn Genosse Bebel der letzteren den parteioffiziellen herangezogen werden müssen, da sie eine wesent- energisch getadelt worden ist; denn das liegt ja ganz im Inter­Charakter abgesprochen hat, den sie ja thatsächlich nicht hat liche Beihilfe dazu hätten leisten können, daß die effe der tüchtigen Kommissionsmitglieder, für welche damit fest­und nicht zu haben braucht. Eine auf bewährten Fragebogen von vornherein sachgemäß und vollsthümlich gestellt wird, daß sie an der schauderhaften Ausführung praktischen und wissenschaftlichen Grund- gehalten worden wären. Wären z. B. Müller bei der ihrer Ideen keine Schuld tragen. Dem Abg. Hirs scheint sägen fußende Kritik der neuesten sozial- Abfaffung des Fragebogens über die Müllerei- Enquete zu aber jedes Verständniß für diese Unterscheidung zu fehlen. statistischen Erhebungen trifft deswegen gezogen worden, so hätte das Reichsamt des Junern der Er hat es sogar fertig gebracht, die elende Ausführung nicht weniger zu, weil sie nicht partei- Kommission jenen Entwurf nicht vorlegen können, der erst durch die Polizei insofern in Schutz zu nehmen und sich offiziell ist, und was an dieser Stelle über die wesentlich infolge der scharfen Kritik des badischen Fabrik- gewissermaßen mit derselben zu identifiziren, als er die Erhebungen der Reichskommission gesagt wurde, ist inspektors Wörrishofer so von Grund aus um- Mitwirkung von Schippel und Molkenbuhr in der Kom­cigentlich für jeden wissenschaftlich gebildeten Sozial- gestaltet werden mußte und wahrscheinlich jetzt noch seine mission als Entschuldigungsgrund dafür anführte, daß die politiker so etwas Landläufiges, daß eben Mängel hat. Hätten Bäcker bei der Feststellung des sie Verwaltungs- und Polizeibehörden bei der Auswahl der nur die absolute Unfähigkeit der bürgerlichen Presse es ver- betreffenden Fragebogens mitgearbeitet, so hätte es der Erhebungsorte, Erhebungsbezirke in den Großstädten und hindert, daß die Arbeiten der Kommission nicht überall Kommission nicht passiren können, daß in ihren Fragebogen der Geschäfte, in welchen Erhebungen stattfanden, ja ebenso beurtheilt werden, wie es hier geschehen ist. Leider die wichtigsten Unterabtheilungen der Bäckerei- Arbeiter mit der Gehilfen, welche Fragebogen bekamen, die be­bringen es ja die Raumverhältnisse, mit denen auch der ihrer ganz verschiedenen Arbeit und Arbeitszeit völlig aus- theiligten Arbeiterorganisationen vollständig übergingen. Borwärts" zu rechnen hat, mit sich, daß hier nicht das gefallen sind. Man sieht, ich kenne die Jutima der Neichs- Einen Theil feiner Konfusion habe ich ihm gesammte Material der Protokolle und Berichte der Reichs- kommission so gut, wie irgend ein Mitglied derselben. schon oben nachgewiesen. Hier tritt es aber noch tommiffion aufgefahren werden kann, sonst würde die Kritik Und dasselbe gilt für den Fragebogen, das Handels- traffer zu Tage, wie wenig Empfindung dieser freisinnige wohl noch schlimmer in Einzelheiten ausfallen. Das läßt gewerbe betreffend, 100 die Üeberarbeit zu Zeiten Arbeiterapostel für die Nothwendigkeit einer Betheiligung fich aber vielleicht in der Neuen Zeit" nachholen, wo außergewöhnlichen Geschäftsandrauges so gut wie vergessen der Arbeiterorganisationen auch bei der Ausführung zu zeigen sein wird, daß man mit jenem mir genau be- ist. Gerade Schippel aber hat die Herauziehung der Be- von Sozialenqueten hat. In dem gesammten Altenstück kannten Material nur zu einem noch ungünstigeren Urtheile rufsorganisationen und die breiteste Deffentlichkeit für die über die Bäckerenquete fommt eine einzige Berufs­gelangt. Kommissionsarbeiten verlangt natürlich, ohne damit organisation vor, von welcher gesagt wird, daß sie zuge­

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In der Reichstags- Sigung vom 21. d. M. ist bei den durchzubringen. Hätten sich Schippel oder Molkenbuhr nun zogen sei und das ist eine Innung, die bei einer Debatten zwischen Bebel und Hirsch nicht genug unter- vollends blo 3 auf den theoretisch allein richtigen Stand- gänzlich verunglückten Vertheilung der Fragebogen in einer schieden worden zwischen der Einwirkung, welche die punkt gestellt, daß uns hauptsächlich die mündlich e norddeutschen Stadt mitwirkte. Wenn das nicht Bände Reichskommission auf die Arbeiterenqueten aus- fontradiktorische Befragung und ihr Ergebniß, die aus- redet! Und wenn dagegen nicht der schärffte Einspruch er­üben kann und ausgeübt hat, und der Ausführung führliche Beschreibung der Arbeiterverhältnisse, hoben werden muß! Ich meine, der Abgeordnete Hirsch der Erhebungen, auf welche die Reichskommission fehlt, hätten sie infolge dessen die Herbeischaffung des jeßt hätte viel mehr Ursache gehabt, gegen diese unglaub­nach ihrem auch vom Abg. Hirsch kritisirten Reglement gar vorliegenden todten statistischen Zahlenwustes gan 3 ab- lichen Dinge aus der Ausführung der Enqueten Ver­teinen Einfluß hat. Wenn der sozialdemokratische gelehnt und sich an den Berathungen darüber gar nicht wahrung einzulegen, selbst wenn er von der ar Delegirte in der Reichskommission alles, was den Grund- betheiligt, so wäre noch viel Schlimmeres herausgekommen, beitsstatistischen Thätigkeit uniformirter Schutzleute fäßen der praktischen und wissenschaftlichen Sozialstatistik als thatsächlich herausgekommen ist, und wir hätten dann hätte schweigen wollen, als gegen die im Vor­widerspricht, bekämpfen und nicht mitmachen wollte, so einmal das Geschrei der Herren von Bötticher, Hirsch, Möller wärts" gemachten Kritiken. Bebel hat ihn deshalb ganz würde er überhaupt nicht fertig. Außerdem verfügt er und Genossen darüber hören wollen, daß die Sozialdemokratie vorzüglich als freiwilligen Regierungs- Kommissarius" ge­eben doch nur über eine Stimme und kann also grund- jede positive Arbeit ablehne"! Es geht den Genossen in der kennzeichnet. sätzliche Verbesserungen überhaupt nicht durchsetzen, da nie- Reichskommission eben wie der Fraktion im Reichstag z. B. beim Zum Schluß sei festgestellt, daß gegen die thatsäch mand im Sinne der richtigen Arbeiterstatistik mit ihm Arbeiterschutz: sie müssen versuchen, wenigstens Einiges im Lichen Ausführungen unserer Artikel in der ganzen Reichs­stimmen würde, sondern er muß sich nothgedrungen Interesse der Arbeiter zu retten und zu bessern, wenn sie tags- Debatte vom 21. d. M. auch nicht ein Wort hat ge­darauf beschränken, das Schlimmste und Augenfälligste zu auch prinzipiell die ganze Art und Weise verurtheilen, wie fagt werden können; natürlich sie waren ja Silbe für fritisiren, in dessen Verurtheilung ihm die übrige bei uns Gesetze und Statistiken gemacht werden. Bebel hat Silbe aus den Aktenstücken der Reichskommission genommen! Kommission schließlich beistimmen muß. Insofern schon jetzt im Reichstage den richtigen Standpunkt bei der Wahl Außerdem mußten selbst Minister Bötticher und Abg. Hirsch war es also eine höchst alberne Bemerkung des Abg. Hirsch, zwischen unvollständiger, trockener Statistik und lebensvoller zugeben, daß unsere Anregung bezüglich reichlicher Ver­

Feuilleton.

Madbrud verboten.]

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Die Lanfbahn eines Nihilisten.

Bon S. Stepniak.

wenn selbst dieser Phantasiemantel mit der Zeit fadenscheinig wurde und in Stücke zerfiel, so würde er einfach einen neuen an Stelle des früheren weben. Er eignet sich genau für eine solche Aufgabe, und es wird für beide um so beluftigen­der sein.

Andrej saß jetzt vor dem Tische. Er hatte die Ell­bogen aufgeftüßt, blickte niedergeschlagen auf die kahlen Wände, welche mit billigen Tapeten bedeckt waren, und verfolgte mechanisch die Linien, welche die häßlichen, grünen Quadrate des Musters in zwei symmetrische Theile trennen sollten, zu ziehen. Er konnte aber nichts daraus machen und wendete seine Augen ermüdet dem Schreibtisch zu.

Gregor zu jener Zeit noch nicht liebte, wie konnte sie dann jetzt noch Bedenken tragen, wen sie von beiden wählen sollte?

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" Gut, mag es denn so sein," sagte Andrej, und ein düsteres Licht flammte in seinen Augen auf.

Auf den traurigsten Lebenspfaden wachsen Blumen. mögen fie andere pflücken und sich ihrer in Frieden freuen. Wir, die im Geheimen arbeiten, wollen die Dornen für uns behalten und uns nicht beklagen."

Er seufzte und setzte sich dann entschlossen an die Arbeit. Seit mehreren Stunden lebte er in der Welt der Gestalten, des Geflüsters, der Zahlen, berieth den Schlüssel, stellte Be­rechnungen an und schrieb mit angestrengtem Fleiße, voll der Mann, welcher nach Dubrawnik ging, am Nachmittag Erregung, kaum den Kopf erhebend. Er wollte den Brief zur rechten Zeit nach dem Hauptquartier befördern, weil abreisen sollte.

Autorisirte Uebersetzung. Frei ins Deutsche übertragen von Bertha Braun. Ein so wahrer, aufrichtiger, ernster Mann konnte kein Geck sein. Er hatte Gregor in Gedanken Unrecht gethan. Aber Zwei Monate! Ja, zwei Monate waren es her, Gregor's sonderbar verdrehte Ansichten über das Mädchen? seitdem er sie zum ersten Mal getroffen hatte. Er fannte Natur. Er konnte sich ihrer nicht enthalten. Er nahm alles in fannt gewesen wäre. Er begann fast von dem ersten Tage Seine absurden Uebertreibungen? Nun, sie lagen in seiner sie aber ebenso gut, als wenn er zwei Jahre mit ihr be­dieser Weise. Dennoch liebte er sie wahrhaft. Liebt nicht ab, an dem er sie sprach, in ihrer Seele zu lesen. jeder Mensch verschieden, seiner Natur gemäß? Auch sie Jetzt fannte er sie besser, als sie sich selbst kannte, liebte ihn. Es war natürlich, daß ein Mädchen mehr Reiz und errieth Eigenschaften in ihr, die sie zu bescheiden gewesen an Gregor's erhabener und poetischer Liebe fand, als an der wäre, zuzugestehen, und Schwächen, gegen welche sie in ihrer nüchternen und prosaischen, wie sie eben ein prosaischer mädchenhaften Gereiztheit empört protestirt hätte. Und es Mann, wie er, bieten konnte. wäre ihm schwer gefallen zu sagen, welche dieser beiden sie " Festigkeit, Stetigkeit, Dauerhaftigkeit!" sagte Andrej ihm theurer machten. Er liebte sie gerade so, wie sie war, bitter zu sich selbst. nichts Besseres konnte er sich vorstellen, weil das Beffere Wenn Liebe von derselben Sorte Stoff wäre, aus dem anders gewesen wäre. Kleider und Schuhe gemacht werden, würde er die besten Er ließ alle Vorfälle ihrer kurzen Bekanntschaft an sich Aussichten haben. Aber Frauen erblicken die Liebe nicht in vorüberziehen. Er erinnerte sich jedes Wortes, das sie ge- find" Berwirrungen eingetreten"- hier stand die Zahlen­diesem Lichte und sie haben ganz Recht. Warum sollte sagt hatte, jedes Ausdruckes ihres Gesichtes. Nein, es war Gregor's Liebe überdies unbeständig sein? Sicherlich hatte feine Hoffaung für ihn. Eine Freundschaft! Mädchen gruppe und er würde gut thun, hierher zu kommen, er von der wirklichen Tanja keinen Begriff und verehrte an gewähren diese sehr gerne den Freunden terer, welche sie wenn er es so einrichten könnte."

Im Hauptquartier fand er Lena, die heute Dienst hatte. ,, Da ist für Sie etwas betreffs Dubrawnit," sagte sie. Sie nahm aus der Schublade einen Brief von Sina, welcher von der Anwendung der Chemikalien noch naß war. Finger auf eine vereinzelte Zahlengruppe auf der letzten Hier ist er und da ist Ihr Name", sagte sie, mit dem Seite zeigend.

Andrej las die Stelle, welche folgendermaßen lautete: ,, Was die Angelegenheit anbetrifft, die ich handhabe, so

ihrer Stelle ein Jdeal, welches er mit Flittergoldhüllen lieben. Sie liebte bereits Gregor, als er sie zum ersten Wenige Dinge konnten Andrej so willkommen sein seiner eigenen Phantasie bekleidet hatte. Was schadete es Male traf. Wenn er dies nur für einen Moment be- als diese Aufforderung, und er entschloß sich, sie sofort ant­aber, wenn er nie entdeckte, daß diese Hüllen falsche waren? Und zweifelte, so betrog er sich absichtlich selbst. Und wenn sie zunehmen.