8r.208. 25. Jahrgang. 2. Itilme des Jotmättö" Knlim KlksdlM. Sonnabend, 5. September 1908. Hoch einmal Sie zlugenckorganiistion. Soviel ich sehe, sind wir im Laufe der Diskussion einander näher gekommen. Wenn die Frage vor nild in Haniburg in dem Sinne und dem Tone des Genossen Waclawiak behandelt lvorden wäre, so wäre die berechtigte Erregung in den Kreisen der Jugendvereine sicher sehr viel geringer gewesen. Immerhin bleiben auch jetzt noch Meinungsverschiedenheiten, die grundsätzlich entschieden werden müssen. Die Anhänger der selbständigen Jugendorganisation geben die Heranziehung älterer Genossen zu ihrer Leitung— ihre Gegner geben ein gewisses Maß von Selbstverwaltung der Jugendlichen bereitwillig zu. Da scheint mir eine einheitliche Regelung der Sache, bei der es keine Sieger noch Besiegte gibt, wohl erreichbar. Soviel ich sehe, dreht es sich heute noch darum: Soll die Jugendorganisation den Charakter der eigentlichen Vereinsorgauisation mit prinzipiell unabhängiger Verwaltung und eigenen Einnahmen tragen oder nicht? Nun sind meines Erachtens für die Erhaltung und Ausdehnung der selbständigen Vereinsform recht gewichtige'Gründe angeführr worden: so die erzieherische Wirkung der Selbstverwaltung; das wesentlich größere Interesse, das eine selbständige Organisation den Jugendlichen einflößen muß: die Wichtigkeit der Vereinigung ideeller und materieller Interessenvertretung in derselben Organisation. Was dagegen ins Feld geführt wurde, sind— abgesehen von der völlig unzutreffenden Berufung auf das neue Vereinsgesetz teils mehr Empfindungen,.Senliments", die an der„Vereinsspielerei* Anstoß nehmen, teils Erwägungen finanzieller Natur, teils endlich praktische Vorschläge und Hoffnungen, wie Genosse Waclawiak sie kundgibt. Was die Ablehnung der,, Vereinsspielerei- angeht, so scheint es. daß da einzelne Erfahrungen verallgemeinert und per- sönliche Meinungs- und Stimmungsdifferenzen zu allgemeinen fach- lichen Gegensätzen aufgebauscht werden. Mag da und dort einmal einer von den„Neuesten" nach Goethe„sich grenzenlos er- dreusten", das besagt doch noch nicht, daß man der Gesamtheit der Jugendlichen wie ungezogenen Kindern das Recht der Selbst- bestimmung entziehen darf und soll. Und der Vorwurf der„Spielerei" übersieht, daß jede ernste Sache, sei sie auch zuletzt nur Mittel zu einem Zweck, in gewissem Maße zum Selbstzweck werden muß. Alles Ideale ist in gewissem Sinne nur Spiel, d. h. freie, nicht an reale Zwecke sich bindende Betätigung der Persönlichkeit, wie denn keine über den rein materiellen Erwerbszweck hinausgehende Vereinigung, sei sie von ernsten Männern oder lebenSerprobten Greisen gebildet, ganz und gar der„Vereinsspielerei" enthoben sein kann. So erledigt sich auch das materielle Bedenken. Gewiß sind die Löhne der jugendlichen Arbeiter kläglich und die Lehrlinge vollends oft Habenichtse. Aber man soll auch das nicht übertreiben. Wenn man einem armen Weber, der vielleicht mit 500 M. sieben Kinder ernähren.soll, klar.machen kann, daß es in seinen, wohl- verstandenen Interesse ist, nicht unerhebliche Beiträge für die Gewerkschaft, auch für Partei und Genossenschaft zu leisten, dann wird wohl auch die Mehrzähl der jungen Leute, die zumeist bei den Eltern oder beim Meister Kost und Wohnung haben, den Groschen für ihre Organisation aufbringen können. Und die eS nicht können — na, die mögen eben so init durchlaufen und Stundung oder Bcitragserlaß beantragen. Ein Grund, den anderen, die zahlen können und wollen, dies Recht zu nehmen, ist damit noch nicht gegeben. Es wird auch noch so mancher Nickel für Zigaretten und Sherlock Holmes und Rummelplatz ausgegeben, der so besser verwendet würde. Ja, ich halte es für besser, einmal eine unbelegte und selbst eine ungeschmierte Stulle' zu essen, als sich um ein paar Groschen ein Recht abkaufen zu lassen. Denn um das Recht dreht es sich. Die jungen Arbeiter haben bereits den Stolz, nicht nur Objekte, sondern auch Subjekte ihrer Erziehung zu sein. Ueberhaupt finde ich es bürgerlich im üblen >e-inite, die Beitragsfrage mit der Frage der Selbstverwaltung zu verquicken. Der Frankfurter Sozialpolitiker Dr. F l e s ch hat den Grundsatz aufgestellt, daß selbst bei unentgeltlichen Darbietungen ein Recht auf Bewunderung nicht bestehe, daß die Arbeiter durch ihre passive Mitwirkung bei Bildungsbestrebungen. Wohnungspflege usw. das Recht und die Pflicht erwerben, auch organisatorisch zur Selbst- Verwaltung herangezogen zu werden. Sollen wir engherziger sein als dieser bürgerliche Politiker? Schließlich die großenteils sehr schönen positiven Vor- schlüge des Genossen Waclawiak. Zunächst sind es ja nur Borschläge und es gilt dafür zu sorgen, daß es nicht heiße: „Rindfleisch un Plummen is an schön Gericht, Dochs meine Herrn, ick krig't man nicht." Mer selbst wenn in zweckmäßigster und freigebigster Weise alles, was nottut, beschafft wird, so bleibt es immer noch die Sache der Arbeiterschaft, sich als vornehmen Gastgeber zu zeigen, bei dem der Gast sich wirklich„zu Hause" fühlen kann. nicht als gönnernden Wohltäter, der jedem Bissen eine Lehre mitgibt und dem armen Teufel von Tischgast die Dankbarkeit zur lästigen Pflicht macht. Vielmehr gilt es, alleS möglichst vollkommen und zweckmäßig einzurichten, gemeinsanre Komitees nüt der Ver- waltung der Räume und der Regelung der Darbietungen zu be- trauen, im übrigen aber den Jugendvereinen das Recht zu geben. sich nach ihrem Ermessen dort frei zu bewegen, Versammlungen, Ausflüge zu veranstalten, Bücher zu führen usw. nach Herzenslust. Vergessen wir nie, daß es hier nicht mehr nur darauf ankommt, nach unserem Ermessen Neueinrichtungen zu treffen, sondern daß wir mit erworbenen Rechten zu rechnen haben und mit bestehenden Organisationsformen, die sich schon erprobt haben. Daß die eigentlich gewerkschaftliche Seite, der Jugendschutz, hauptsächlich den Gewerkschaften zukommt, ist ja außer Frage. Man wird sich vielmehr freuen müssen, wenn sie weit energischer, als es bisher geschehen ist, diese Pflicht erfüllen, auch die Interessen der Lehrlinge gegenüber den Gehilfen wahrnehmen werden. Nur sollte man auch hier nicht engherzige Kompetcnzstreitigkeiten heraufbeschwören(die Vereinsspielerei liegt eben nicht immer ganz allein bei den Junge»), sondern eine sachgemäße Miiwirkung der Nächstbeteiligten bei Fest- stellung der Mißstände und Ueberwachung der Schutzmaßnahmen be- grüße». Und man sollte schließlich nie vergessen, daß die gewerk- schaftliche Gliederung der Jugendlichen zwar sehr nützlich sein kann, aber der steten Ergänzung durch andere Faktoren bedarf. Je nrehr die nationale Organisation von Arbeiter- und Arbeitgeber- verbänden und die Aussperrungstaklik der letzteren eine wirkliche Selbstverwaltung der Organisierten unmöglich und militärischen Gehorsam zur Pflicht macht, je mehr der Ausbau des Unterstiitzungswesens eine geschäftsmäßig- ver- sicherungstechnische Verwallung notwendig macht: umsomehr gilt es, die Schattenseiten dieser EntWickelung zur Unpersönlichkeit der einzelnen zu beachten und ihr beizeiten Gegengewichte in der Richtung zur Freiheit zu geben.. Deshalb auch den gcwerkschaft- lichen Jugendsektionen möglichst viel Freiheit, ja mehr noch: da die Kampf- und UnterstütznngSangelcgenheiten hier noch im Hinter- gründe stehen dürfen, kann und soll man den Jugendlichen mehr Bewegungsfreiheit gewähren, als sie heute den Bataillonen der Organisierten gewährt werden kann. Darum Vertrauen in die Wirkungen der Freiheit und der Selbsterziehung l Es wird nicht täuschen. Danach mache ich zur grundsätzlichen Regelung der Frage den positiven Vorschlag, der vielleicht von Delegierten zun: Parteitag aufgenommen wird: In der Resolution des Parteivorstandes im Absatz 5 die Worte„auch ohne besondere Jugendorganisation" zu streichen und statt des ersten Satzes im Absatz 6 den Absatz 2 des Antrages Teltow-Beeskow-Köln zu setzen, der folgendermaßen lautet: Als ein geeignetes Mittel zur Aufklärung und Erziehung der Jugend erachtet der Parteitag vornehmlich die Jugend- organisationen, denen die Partei in Mannheim (1006) ihre Sympathie erklärt hat. Unter Beobachtung des Gesetzes sind überall Jugendorganisationen zu bilden und tatkräftiger als bis- her zu unterstützen. Um die speziell politische Aufklärung der Jugend zu betreiben, können in jedem Orte Komitees errichtet werden, die sich zu gleichen Teilen aus Vertretern der GeWerk- schaflen, der Parteiorganisationen, des Bildungsausschusses und der Jugend zusammensetzen. Es folgte dann Satz 2(Vertreiutig der Arbeiterinnen). Auf diesem Boden dürfte eine Verständigung wohl möglich sein. Simon Katzen st ein. Oeffentliche Bibliothek und Lesehalle zu unentgeltlicher Be- Nutzung für jedermann, SW., Alexandrinenstr. 26. Geöffnet täglich von 5llt— 10 Uhr abends, an Sonn- und Feiertagen von 9—1 und 8—6 Uhr. In den Lesesälen liegen zurzeit öl 5 Zeitungen und Zeitschristen jeder Art und Richtung aus.— Die AusleihiBibliothek ist bis aus weiteres geschlossen. Freireltgiöse Gemeinde. Sonntag, den 6. September, vormittags 9 Uhr, in der Halle der Gemeinde, Pappelallce IS— 17: Freireligiöse Vorlesung. Vormittags 10'/, Uhr in der Schulaula, Kleine Frankfurter Str. 6: Vortrag des Herrn M. H. Baege über:„Ursprung nnd Entwickclung der menschlichen Sprache". Herren und Damen sind als Gäste sehr willkommen. Amtlicher Marktbericht der städtischen Markthalleu-Direltion über den Großhandel in den Zeiitral-Marktdallcn. Marktlage: Fleisch: Zufuhr genügend, Geschäft lebhast, Preise unverändert. Wild : Zusuhr gering, Geschäjt lebhast, Preise gut. Geflügel: Zusuhr genügend, Geschäft lebhast, Preise wenig verändert. Fische: Zusuhr mäßig, Geschäft etwas lebhaster, Preise wenig verändert. Butter und Käse: Geschäjt lebhaft, Preise unverändert. Gemüse, Ob st und Südfrüchte: Zusuhr ausreichend, Geschäst matt, Preise gedrückt. WasieritandS-Nachrichte« der Landes anstatt für Gewässerkunde, mitgeteB vom Berliner Wetterbureau. Wasserstand M e m e l. Tilstt P r e g e l, Jnftervurg Weichsel. Thorn Oder, Ratibor „ Krassen , Frankfurt Warthe , Schrimm , LandSberg Netze, Vordamm Elbe, Leitmeritz , Dresden „ Barby , Magdeburg ') 4- bedeutet Wuchs,— Fall,—•) Unterpegel. Wir beginnen heute mit einem Serien-Verkauf U Schuhwaren- Jakrikate m- zu Monders günstigen flu$nal)nie--lPreKcn! f feine Chromleder- Sorten auch teilt mit lackkappe. Ausnahme- Preis m.7,50 Feinstes amerik. Formen. Ausnahme- Preis -9,50 Schuh- Fabrik MAX TACK Sehuh- Fabrik
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