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Br. 214. 25. Jahrgang. 2. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonnabend, 12. September 1908.

und das

Boykott- Recht

Das Erfinder- Recht der Angestellten ang angenommen hat. Kein Gefeß, auch die Gewerbeordnung ihm der Schuss des§ 193 zuzubilligen ſei. Ein von Garrison

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Schwere Jungen.

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sei. Er glaubt vielmehr in dem Boykott einen Krebsschaden unseres habe zweifeln können. Er habe die Dinge dann zur Wahrung Wirtschaftslebens zu erbliden, der bereits einen bedrohlichen Um- seiner Interessen in dem Schriftsaz wiedergeben müssen, so daß nicht, habe den Boykott erlaubt. Im Gegenteil, das B. G.-B. habe angebotener Vergleich wurde von der Klägerin strikte abgelehnt. im§ 826 jedes illoyale auf Schädigung fremder Rechtsgüter ab- Das Gericht hielt den Angeklagten der üblen Nachrede für schuldig zielende Verhalten unter Strafe gestellt, und§ 823, Abs. 1, habe und erkannte mit Rücksicht darauf, daß der Beklagte selbst sein unter den sonstigen Rechten" auch das Recht auf freien und un- Unrecht eingesehen und einen Vergleich angeboten babe, nur auf gestörten Erwerb geschützt. Im Gegensatz zur Rechtsprechung des eine Geldstrafe bon 150 Mart. Neich gerichts, der zufolge der Boykott an sich nicht verwerflich und auch die Anrufung weiterer Bevölkerungsfreise durch die Presse erlaubt ist, wenn nicht wahrheitswidrige Angaben gemacht oder durch allgemeine Schlagworte gehezt wird, glaubt daher der Gut­achter, jedem Boykottierten Klage auf Schadenersatz und Unter­lassung gegen den Boykottierenden geben zu sollen. Unter dieses Boykottverbot fallen nach seiner Auffassung auch die Aufforde­rungen der Handwerkervereine, nicht in Warenhäusern zu kaufen, selbst wenn die Warenhäuser in einer moralisch und wirtschaftlich verwerflichen Weise schleudern. Erlaubt erscheint ihm der Boykott nur als Begleiterscheinung eines Streits, als Militärboykott, weil dieser ein Ausfluß der militärischen Kommandogewalt sei, und in der Form der schwarzen Listen, wenn bei diesen nicht die aus­den Mann zu drückliche Aufforderung hinzugesetzt werde, boykottieren, sondern nur mitgeteilt werde, was er getan und wes­wegen er entlassen worden sei. Eine Aenderung der Gesetzgebung sei also nicht vonnöten: eine energische Rechtsprechung könne schon jetzt die tückische Waffe des Boykotts unschädlich machen. Der österreichische Gutachter Dr. Ettinger( Wien  ) be­zeichnet diese Auffassung als einen atavistischen Rückfall in das Beitalter der verschleierten Leibeigenschaft und der patriarchalischen Ordnung aller wirtschaftlichen und sozialen Beziehungen durch polizeiliche Normen. Eine widerrechtliche Handlung sei stets nur eine solche, die konkrete Normen verlege, nicht aber genüge die Ber­lehung anderer Interessen. Qui suo jura utitur, neminem laedit: Wer seine Interessen verfolgt, braucht auf die Verlegung fremder Interessen feine Rücksicht zu nehmen. Nur die schwarzen Listen hält dieser Gutachter verboten, weil der Arbeitgeber nach der Ge­werbeordnung dem Arbeiter fein Zeugnis ausstellen dürfe, das diesem das Fortkommen erschwere. Wegen der ganz besonderen Grausamkeit und der gehässigen Heimlichkeit hält der Gutachter dieses Verbot der schwarzen Listen, dieser modernen geheimen Feme  , auch für wünschenswert.

beschäftigten gestern die handelsrechtliche Abteilung des Juristen­tages. Die Referenten zu der ersten Frage, Dr. Allfeld- Würzburg and Dr. Klöppel- Elberfeld legten eine Reihe sehr ausführ licher Thesen vor, deren hauptsächlichster Inhalt sich wie folgt dar­stellt: Es ist an dem Beschlusse des Kieler Juristentages festzuhalten, daß die Erfindung dem Angestellten gehört, der sie gemacht hat, und dem Geschäftsherrn nur, wenn dies durch Vertrag bestimmt ist. Darüber hinaus will Professor Alfeld   aber durch eine Aenderung des Patentgesetzes und des Gesetzes über den Gebrauchsmuster: schutz festlegen, daß nur der wirkliche Erfinder auf diesen Schutz Anspruch hat. Am wichtigsten unter den Thesen ist aber die Be­stimmung, daß Vereinbarungen, durch welche jemand seine Er­findungen oder Geistesschöpfungen an einen anderen ohne Entgelt überläßt oder auf die Ehre der Erfindung oder Geistesschöpfung berzichtet, nichtig bleiben soll. In der Diskussion vertrat Rechts­anwalt say Berlin   den Standpunkt, daß die ganze Frage noch nicht spruchreif sei. Seit dem Stieler Juristentage fei eigentlich noch gar nichts geschehen, um sie schon wieder zu behandeln. Justizrat Häuser Höchst, als Vertreter der Höchster Farb­terte, legte in ausführlichen Darlegungen den Standpunkt der Großindustrie zu der vorliegenden Frage dar. Hervorragende Er­findungen würden von Angestellten nicht gemacht. Kämen sie vor, dann beuge sich alle Welt vor dem Genieblik. Die großen Er­finder brauche man nicht zu schüßen. Die kleinen Erfinder würden aber von dem weit überwiegenden Teil der Großfirmen angestellt, um überhaupt etwas zu erfinden, und wenn sie das nicht leisteten, dann würden sie entlassen. Man mache also solche Anstellungen fünftig unmöglich, wenn man der Großindustrie solche Verträge berbietet. Selbst große Erfindungen, wie die Nernst- Lampe, oder der synthetische Indigo, seien unbenutzt geblieben und doch hätte jedermann Millionenaufwendungen dafür verlangt. Wenn sich die Erfinder der Ehre entziehen, so wollten die Entdecker bon wertvollen Erfindungen gar nicht genannt sein, namentlich nicht große Gelehrte, die viele kleine technische Kniffe erfänden und damit viel Geld verdienten. Man sollte den Herren von der Wissenschaft das schöne Geld gönnen, das sie damit verdienten. ( Seiterfeit.) Ueber die einzelnen Gesichtspunkte würden sich übri­gens verständige Prinzipale und Angestellte leicht einigen.( Leb­hafter Beifall.)

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Ginen vermittelnden Standpunkt nimmt Prof. Dr. Paul Oert mann( Erlangen  ) ein. Er geht davon aus, daß Streit und Aus­Sperrung moralisch und rechtlich stets erlaubt feien, weil sie den gefeßlich legalisierten Zweck hätten, günstigere Lohn- und Arbeits­bedingungen zu erzielen. Der Boytott aber könne alle möglichen Zwecke verfolgen, daher sei die Absicht seiner Veranstalter in jedem einzelnen Falle auf Moral- und Rechtswidrigkeit zu prüfen. Moral­widrig sei der Verruf, wenn er Selbstzweck, Schikane sei, wenn er aus bloßer Rachsucht oder zur Maßregelung politischer und sozialer Gegner verhängt werde. Im übrigen bedinge der Klassenkampf Machtentfaltung, und die Förderung der Klasseninteressen auch durch soziale Zwangsmittel sei nicht sittlich unerlaubt. Nur müßten die Mittel des Boykotts an sich erlaubt und im zu erreichenden 3wede adäquat sein. Hier kann der Zweck nicht die Mittel heiligen. Niemand darf dauernd erwerbe- und brotlos gemacht, niemand darf ohne die gewichtigsten Gründe wirtschaftlich ruiniert werden. unzulässig sind unbeschränkte Boykotts und ein unverhältnismäßig großer Schaden macht haftbar. Der§ 826 des B. G.-V. gibt dem Richter eine genügende Waffe gegen Unmoral und soziale Gehässig= keit. Notwendig sei nur noch, für Rechtswidrigkeiten die Arbeiter­organisationen voll haftbar zu machen.

Justizrat Dr. Edwin Kah- Berlin: Gegenüber dieser Fülle praktischer Erfahrungen müssen alle theoretischen Argumente schweigen. Der Referent Allfeld   zog darauf die hauptsächlichsten seiner Thesen zurück. In der weiteren Diskussion traten die Rechtsanwälte Saul, Samuel und Jaffa   entschieden für den Standpunkt der technisch- industriellen Beamten sein. Es sei be­dauerlich, daß wohl. Vertreter der Industrie, aber kein Vertreter der Angestellten hier seien. Die Vertragsfreiheit solle nicht ein­geschränkt werden, nur die Vertragsunfreiheit, die heute auf den Angestellten infolge der wirtschaftlichen Uebermacht der Unter­nehmer lastet. Die Angestellten fingen zum Teil mit unglaublich geringen Gehältern an, und die Industrie bringe sie nicht in die Höhe, sondern halte sie niedrig. Die Vertragsfreiheit der Unter­nehmer werde täglich ausgebaut durch Konkurrenzklauseln, schwarze Die technischen Angestellten Listen, Ringbildungen.( Seiterfeit.) Die technischen Angestellten feien schon längst in das Proletariat hinabgesunken. Wie man die Arbeiter schütze, so dürfe man auch die Techniker nicht der schranken­losen Willfür der Unternehmer preisgeben.

Der Korreferent Dr. Klöppel- Elberfeld trat auf Grund der Statistik der Behauptung entgegen, daß die technischen Ange­stellten schlechte Gehälter bezögen. Seine Anträge fanden An­nahme in folgender Form:

1. Die Erfindung gehört dem Angestellten, der sie gemacht hat, und nicht dem Geschäftsherrn, sofern nicht durch Vertrag Sas Gegenteil bestimmt ist. 2. Im übrigen empfiehlt es sich nicht, die Vertragsfreiheit über die Erfindungen oder sonstigen Geistesschöpfungen von Personen, die in einem Angestellten­verhältnis stehen, zu beschränken. 3. Im Patentgefeß und Ge­brauchsmustergesetz ist zu bestimmen, daß dem Erfinder, falls feine Erfindung durch einen anderen angemeldet wird, ein im Wege der gerichtlichen Klage verfolgbarer Anspruch zusteht, als Erfinder in allen auf die Erfindung bezüglichen Urkunden und Publikationen des Patentamtes benannt zu werden.

Gerichts- Zeitung.

Theaterklatsch.

Ein Beleidigungsprozeß, den die Opernfängerin Louise Perrot gegen den Direktor des Lorking- Theaters Georg Garrison angestrengt hatte, beschäftigte gestern wieder einmal das Schöffengericht Berlin- Tempelhof. Der Beklagte war erst im Anfang August d. J. von der Straffammer in der Berufungsinstanz zu 150 M. Geldstrafe wegen verleumderischer Beleidigung des Fräu­lein Berrôt verurteilt worden. Es handelte sich nunmehr um eine neue Beleidigung, die in einem Schriftfah enthalten sein sollte, den Garrison durch den Rechtsanwalt Dr. Schlesinger an das Gericht hatte gelangen lassen. In diesem Schriftsatz stellte der Beklagte die Behauptung auf: Fräulein B. benutzte ihre Beziehungen zu einem Dr. M., um sich materielle Vorteile zu erschaffen, auch habe Fräulein P. sich von diesem einen Scheck über 10 000 m. aus­Ein seltsames, von der üblichen Auffassung weit abweichendes stellen lassen. Fräulein B. stellte sofort gegen G. Strafanzeige wegen Gutachten hat zu der Frage des Boykotts Kammergerichtsrat Beleidigung, da die behaupteten Tatsachen zum Teil völlig unwahr, Dr. Pape( Berlin  ) erstattet: Er erklärt in Uebereinstimmung mit teils vollkommen entstellt waren. Vor Gericht machte der An­einem Beschlusse der Gesellschaft für soziale Reform den Boykott geflagte geltend, daß ihm jene Mitteilungen von verschiedenen für ein gefährliches Kampfmittel, das keineswegs unentbehrlich Seiten gemacht worden waren, so daß er an der Richtigkeit nicht

Kaufhaus Gelegenheitskäufe

für

vorm:

Auf sieben Jahre unschädlich gemacht wurde gestern einer det gefährlichsten Berliner   Einbrecher. Wegen schweren und einfachen Diebstahls im strafverschärfenden Rüdfalle verhandelte die 3. Ferien­straffammer des Landgerichts I   unter Vorsitz des Landgerichts­direktors Dr. Lieber gegen den bereits mehrfach vorbestraften Arbeiter" Otto Iisch e. Außerdem war der Arbeiter Karl In der Nacht zum 30. März Hamel wegen Hehlerei angeklagt. statteten Einbrecher dem Kaufmann Baumann, der in der Frank­ furter Allee   ein Galantrie- und Lederwarengeschäft betreibt, einen Besuch ab. Die Diebe sägten aus einer Kellertür das Schloß heraus und gelangten dann durch den Keller in den Laden des Bestohlenen, wo sie Ringe, Lederwaren und sonstige Gegenstände im Gesamtwerte von etwa 600 M. entwendeten. Die Ermittelungen der Kriminal­polizei führten zu keinem Ergebnis. Einige Zeit später machte die Polizeibehörde in Köpenick   davon Mitteilung, daß ein in dem dortigen Gefängnis internierter Strafgefangener Aeußerungen getan habe, nach denen ein Teil der bei Baumann gestohlenen Waren bei dem jezigen Mitangeklagten Hamel in der Forsterstraße berstedt gehalten werde. Der Kriminalwachtmeister Habermann nahm in der Wohnung des Hamel eine Haussuchung vor, welche noch einen Teil der Diebesbeute zutage förderte. Außerdem wurde in einem Ofen, unter der Asche versteckt, ein ganzes Sorti­ment Ginbrecherwerkzeuge vorgefunden. In der einen Stube des H. schlief dieser mit seiner Ehefrau, ferner der Angeklagte Klische und zwei andere längst gesuchte Diebe, die sich dort un­angemeldet aufhielten. Klische machte bei seiner Verhaftung plöz­lich eine verdächtige Bewegung nach der Tasche. Der Beamte griff sofort zu und konnte dem gefährlichen Burschen im letzten Augen­blick noch einen scharfgeladenen Revolver abnehmen. Auf das Konto des Klische fiel ferner noch ein Fahrraddiebstahl, bei welchem er mit einem Schlagring den Schuhmann, der ihn ver­haften wollte, zu Boden schlagen wollte. Das Gericht hielt es für angebracht, die menschliche Gesellschaft auf möglichst lange Zeit von dem Angeklagten Klische, der einer der gefährlichsten Verbrecher fei, zu befreien. Das Urteil lautete deshalb gegen N. auf sieben Jahre Buchthaus, zehn Jahre Ghtverlust und Polizeiaufsicht und gegen Hamel auf ein Jahr Ge. fängnis bei sofortiger Verhaftung.

Erfolglose Revisionen.

Das Reichsgericht verwarf die Revision des Bauhilfss arbeiters Bernhard Imhof, der am 8. Juli vom Schwurgericht des Landgerichts I München wegen versuchter Erpressung, begangen an dem Kommerzienrat udubici, zu 10 Jahren Zucht. Ha u 3 und 10 Jahren Ghrverlust verurteilt worden war. Ferner verwarf das Reichsgericht die Revision der Anna Hamm, die vom Schwurgericht Elberfeld   am 11. Juli wegen Beihilfe bei der Er­mordung ihres Ehemanns in der Nacht zum 16. November 1907 zu 14 Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.

Oeffentliche Bibliothek und Lesehalle zu unentgeltlicher Be nutzung für jedermann, SW., Megandrinenstr. 26. Geöffnet täglich von 5-10 Uhr abends, an Sonn- und Feiertagen von 9-1 und 3-6 Uhr. In den Lesesalen Itegen zurzeit 515 Beitungen und Zeitschriften jeder Art und Nichtung aus.

Wasserstands- Nachrichten

der Landesanstalt für Gewässerfunde, mitgeteilt bom Berliner   Wetterbureau.

Wafferstand

Memel, Tilfit

regel, Insterburg  Weichsel  , Thorn  Dder, Ratibor  Krossen Frankfurt Landsberg

Barthe, Schrimm Nee, Bordamm Ibe, Zeitmerik

Dresden Barby Magdeburg

1)+ bedeutet Wuchs,

König- Strasse No. 33.

Pfingst& Co.

Berlin C., No. 33,

Eröffnung:

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Mosel, Trier  

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Heute 9 Uhr

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Es kommen Modewaren, bestehend aus

hauptsächlich Gelegenheitsposten

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