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Br. 216. 25. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Dienstag, 15. September 1908.

Der Parteitag in Пürnberg.

Nürnberg  , 13. September 1908. Die Eröffnung.

In der städtischen Festhalle im Luitpoldhain fand heute um 7 Uhr abends die feierliche Eröffnung des Parteitages statt. Die Festhalle ist ein Riesengebäude aus Eisen und Glas. Vor zwei Jahren wurde fie als Maschinenhalle für die Landesausstellung er­baut. Nichts ist in ihrem Ansehen verändert. Alle Verhältnisse gehen bei ihr ins Ungeheure. Das gewaltige Glasdach ruht auf freistehenden Eisenträgern. Der Blick des Eintretenden vermag faum bis zum Ende des langgestreckten Raumes zu bringen. Alles ist auf Maffenwirkung berechnet. Nach zuverlässiger Schäzung bietet sie Raum für 25 000 Personen. Und nun stelle man sich diesen alle gewohnten Verhältnisse weit hinter sich lafsenden Saal im Glanz unzähliger Bogenlampen bor   von einer unübersehbaren Menge gefüllt. Kein Parteitag hat je etwas Aehnliches gesehen. Die Nürnberger   Arbeiter wissen wahrlich das 40jährige Jubiläum der Gründung der Partei in ihrer Stadt zu feiern. Hier sind Massen aufgeboten und in einem Raum vereinigt, wie sie keine andere Bartei aus einer Stadt heraus zusammenbringen kann. Fast ver­schwindet das Häuflein der Delegierten und es find an nähernd 400-, das sich um die in der Mitte einer Längsseite errichteten Tribüne schart, in dieser Menschenflut. Es erscheint unmöglich, daß die Stimme eines Redners durchdringt, und biel­leicht wird es notwendig, die sachlichen Verhandlungen der Vor­versammlung auf morgen zu verschieben.

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Um 6 Uhr ist kein Stuhl mehr frei, und noch immer strömen neue Massen heran. Von Zeit zu Zeit hrausen Hochrufe durch den Saal, wenn ein bekannter Führer erblickt wird. Um 7 Uhr setzt die Musik ein. Das Philharmonische Orchester bringt Richard Wagners Einzug der Gäste auf der Wartburg  " und die Ouver­türe zu Tannhäuser  " zu Gehör. Dann braust der Massenchor der vereinigten Arbeitergesangvereine Nürnbergs   und des Ar­beiterfängerbundes durch den Saal. 900 Sänger bat Wen­ delin Weißheimer  , unser Parteiveteran, um seinen Stab oersammelt, und der von ihm komponierte Chor des unsterblichen Herweghschen Gedichts" Bet' und arbeit"" gelangt zu machtvoller hinreißender Wirkung.

Vorsitzender Singer: Die nächste Sibung des Parteitages findet morgen vormittag 9 Uhr im Herkules- Velodrom" statt. Die Sißung ist geschlossen.

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daß sie sich loszulösen haben von den bürgerlichen tischer Ausdruck verliehen wurde. Am Arbeitervereinslag gu Parteien und Vereinen, in deren Schlepptau fie bisher Nürnberg   im Jahre 1868 vollzog sich die notwendige Scheidung der gelebt hatten. Dieser Beschluß gibt dem Vereinstage von 1868 proletarischen Klassenbewußten Arbeiter von dem bürgerlichen nicht nur die Weihe, sondern hebt ihn auch heraus aus allen Ar- Arbeiterverein. In Uebereinstimmung mit dem Programm der beitertagungen, denn auf Grund dieses Beschlusses erfolgte der An- internationalen Arbeiterassociation wurde auf dem Arbeiter. schluß der deutschen   Arbeitervereine an die Internationale Asso- vereinstag zu Nürnberg   der Programmsatz an die Spitze gestellts ziation. Von dem Augenblick an waren die deutschen   Arbeiter- Die Emanzipation der arbeitenden Klassen muß durch die bereine, wenn auch noch nicht in die Reihen der Sozialdemokratie arbeitenden Klassen selbst ertämpft werden. Der Kampf für die getreten, die damals noch nicht existierte, so doch auf Grund Befreiung der arbeitenden Klassen ist nicht ein Kampf für Klassen­sozialistischer Ueberzeugungen als in sich geeinte, geschlossene, von privilegien und Monopole, sondern für gleiche Rechte und Pflichten ben bürgerlichen Parteien losgelöste Partei konstituiert. Der Vor- und für Abschaffung aller Klassenherrschaft. Bei unentwegter stand der deutschen   Arbeitervereine, deren Vorsitzender unser Ge- Festhaltung dieser Grundsätze ist die sozialdemokratische Partei in nosse Bebel war, schlug dem Vereinstage vor, sich ein selbständiges Deutschland   groß und start geworden und auf ihre jeßige Höhe Programm zu geben und als dieses Programm das der Inter  - gelangt. Bei den hierzu erforderlichen Klassenfämpfen, bei be nationalen Arbeiteerassoziation anzunehmen. Schon darüber, ob ständiger Fühlung mit dem entrechteten und leidenden Proletariat dieser Vorschlag, auf die Tagesordnung kommen sollte, entspann war aber die Partei nicht gehindert, auch für die Gegenwart Er sich ein Streit. Die Vertreter der bürgerlichen Parteien wünschten, folge zu erzielen, ja die Klassenfämpfe bedingten sie; hat doch daß die Programmfrage überhaupt nicht oder doch erst auf einer selbst Bismard anerkannt, daß das bißchen Sozialreform in späteren Tagung beraten werden sollte, aber die Mehrheit schloß Deutschland   nur den Sozialdemokraten, das heißt sich dem Vorschlag des Vorstandes an, die Programmfrage tam als unserem Klassenkampfe zu verdanken sei. Das Ziel, das die Sozialdemokratie sich gesteckt hat: Eine andere erster Punkt auf die Tagesordnung. Als die Hauptverhandlungen begannen, da war es ebenfalls Staats- und Gesellschaftsordnung zu erringen, in welcher ein ein Parteigenoffe, dessen Tod wir leider in den letzten Jahren jeder die Frucht seiner Arbeit genießen kann, ist nur dann zu ver­zu beklagen hatten, Robert Schweichel  , der als Referent wirklichen, wenn die Proletarier aller Länder einig und ent in- geiftvoller, durchschlagender Beweisführung den Anschluß an schlossen sind, ihr Ziel durchzuführen. Dies hat die Internationale Arbeiteraffoziation empfahl. Es ist selbstver- aber selbstverständlich zur Vorausseßung, daß auch in den einzelnen ständlich unmöglich, in diesem Riesenraum Ihnen eine ausführ. Ländern die Proletarier in den Klassentämpfen zur Erringung. liche historische Darlegung der Verhandlungen jenes Arbeiter dieses Zieles einig in der Festhaltung der sozial. tages zu geben. Lassen Sie mich aber kurz darauf hinweisen, demokratischen Grundsäße sind, jedenfalls aber alles daß die Diskussion, die sich an das Referat anschloß, bei der zu vermeiden haben, was irgendwie geeignet sein könnte, diese Mehrheit der Redner getragen war von dem Wunsche und dem Klaffenkämpfe abzuschwächen. In dieser Hoffnung und Er­Bestreben, die Arbeiter loszulösen von der bürgerlichen Gesell- wartung wollen Sie auch mir als Parteiältesten und einem der schaft, fie auf eigene Füße zu stellen, und in Rücksicht darauf, Mitkämpfer am Arbeitervereinstag vom Jahre 1868 gestatten die daß ihre Klaffenlage eine eigene Vertretung der Arbeiter er Genossen und Genossinnen zu begrüßen und ihnen ein herzliches forderte, fie loszulösen von allen anderen Parteien. Es wurde mit Willkommen zuzurufen.( Stürmischer Beifall.) Mehrheit beschlossen, dieses Programm, den Vorschlag des Vororts zu akzeptieren und im Anschluß daran nahm man einen Protest der bürgerlichen Parteien gegen diesen Beschluß entgegen; und am nächsten Tage, als die Verhandlungen weiter geführt werden sollten, kam eine Erklärung der bürgerlichen Delegierten, daß sie an den Verhandlungen jenes Verbandstages nicht mehr teil­nehmen wollten, weil der Verband durch das angenommene Programm eine Richtung eingeschlagen hatte, die ihren Interessen nicht entsprach. Der Verbandstag war schon damals, wie sich er­freulicheriveise ja auch später die Sozialdemokratie weiter ent­widelte, ein Freund kräftiger durchgreifender Beschlüsse und ging einfach über diesen Protest zur Tagesordnung über. Die bürgerlichen Vertreter waren aus dem Verband ausgeschieden, Werte Festversammlung! Parteigenossen und Parteigenossinnen! der Verband arbeitete weiter und das war der Geburtstag Mir ist seitens der hiesigen Mitgliedschaft des Wahlvereins der der deutschen   Sozialdemokratie. Durch diesen An­hrenvolle Auftrag zuteil geworden, Sie in Nürnbergs   Mauern zu begrüßen, zu begrüßen an der Stätte, wo schon so viele und schluß an die Internationale Arbeiterassoziation   durch den Beschluß eines selbständigen sozialdemokratischen Programms war der An­große Kämpfe geführt worden sind für die Freiheit des Volkes, floß gegeben zur Gründung der sozialdemokratischen Partei, bie tag, Nürnberg   1908" weist die Statue der Freiheit, die auf dem sowohl auf politischem wie auf gewerkschaftlichem Gebiete. Eben sich ein Jahr später in Eisenach   auftat und ihr Programm ent- offenen Altan des schlichten Holz- und Fachwerkbaues unter find 40 Jahre verflossen, seitdem in Nürnbergs   Mauern der erste sprechend jenem Beschluß festsette. Dort ging die sozialdemo- Gaal, der teine Galerien hat, ist geteilt. Born siten unter der Blumenschmud steht, auf das Rongreßlokal hin. Der geräumige Irbeitertag versammelt war, der dem Nürnberger   Poletariat die kratische Arbeiterpartei nach sechsjährigem Kampf mit dem von Wege gezeigt hat, auf denen es dereinst das Ziel erreichen wird, vassalle gegründeten Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein in Bühne, auf der das Präsidium Plaz genommen hat, vor der das es erstrebt. Außer dieser Tagung haben noch eine Reihe die deutsche   sozialdemokratische Partei auf. So dürfen wir mit Rednertribüne die Delegierten an langen Tischen, der hintere Teil anderer in Nürnberg   stattgefunden, so im Jahre 1849, 1862, 1868, freudigem Stolz in Erinnerung an jene Vorgänge sagen, daß die ist für die Zuhörer bestimmt. Der Saal ist einfach geschmückt: zwei 1869 und 1874. Daß alle diese Tagungen nicht unfruchtbar geblieben deutsche   Sozialdemokratie hier auf diesem Parteitag in Nürnberg   berger und Liebknecht, an den Wänden Tafeln mit Sinn alte Parteifahnen am Eingang, daneben die Bilder von Grillen. find, daß wir in Nürnberg   in der Arbeiterbewegung Fortschritte zugleich einen ihrer ehrenvollsten Tage feiert.( Beifall.) gemacht haben, zeigt wohl am deutlichsten unsere heutige Tagung. Wenn ich nunmehr kurz die anderen Gegenstände erwähne, sprüchen, vor allem der Ruf: Proletarier aller Ränder vereinigt Wir können mit Stolz zurückblicken auf das, was hier geleistet die damals in Nürnberg   verhandelt wurden, so möchte ich sagen, euch!" und im Hintergrunde auf der Bühne wieder die Statue der worden ist, wenn wir daran denken, daß noch im Jahre 1871 in wir sind mittendrin in der Gegenwart. Damals wurden ver- Freiheit und rechts und links von ihr Postamente mit den Büsten Nürnberg   nur 340 Stimmen bei der Reichstagswahl handelt die indiretten Steuern, die Wehrfrage und von Marg und affalle. abgegeben worden sind, daß wir es aber schon im Jahre andere Fragen, die noch heute von ungemeiner Bedeutung für Singer eröffnet um 9 Uhr die Situng. Die Konstituierung 1874 auf 5300 Stimmen und 1897 auf 20 000 Stimmen gebas arbeitende Volk sind und für deren Erledigung in einem dem des Parteitages wird fortgefeßt. Zu Schriftführern werden auf bracht haben. Und gerade bei der Wahl im verflossenen Jahre, sozialdemokratischen Programm entsprechenden Sinne wir heute Vorschlag von Dr. Frant- Mannheim gewählt: Frl. Baader. wo man glaubte, in ganz Deutschland   die Sozialdemokratie nieder- mitten in der Arbeit stehen. Berlin  , Liepmann- Berlin  , Knieriem- München  , Sämann. reißen zu können, da haben wir in Nürnberg   den Beweis erbracht, Indem ich diesen Gegenstand verlasse, möchte ich nur noch Stuttgart  , Pollender Leipzig  , Winkler- Freiburg, Schü- Daß die Gegner uns nicht zur Strecke bringen können. Wir haben eine Ehrentafel aufrichten für diejenigen Genossen, die damals Breslau  , Lesche- Hamburg und Milius. Stettin  . In die in diesem Wahlkampfe einen gjänzenden Sieg errungen und haben 35 000 Stimmen aufgebracht.( Lebhaftes Bravo!) Das auf dem Verbandstag tätig waren und die wir die Freude haben, Mandatsprüfungskommission werden auf Vorschlag von Sachse. st ein Erfolg, auf den Nürnberg   stolz sein kann. Auch mit unserer noch heute unter den Lebenden zu sehen. Es leben von den Mit Bochum   gewählt: Frau 8ieß- Hamburg  , Wolderski- Berlin, Beteiligung an den bayerischen Landtagswahlen haben wir Erfolge aliedern dieses Verbandstages noch die Genoffen Be bel, Löwen. Trinks- Karlsruhe, Sindermann- Dresden  , Zorn- Fürth, stein, Greulich- Zürich, Demmler- Geher," Stolle. Leopold Zeiß, Mehrlein Breslau, Schadowo- Kottbus, errungen. Bereits 1893 eroberten wir 4 Mandate, die wir aller­sings durch verschiedene Umstände im Jahre 1905 wieder verloren Gesau. Dr. Degen- Fürth. Lassen Sie mich von dieser Stelle Schmitt- München. diesen Männern Dank aussprechen dafür, daß sie die Pioniere der Entsprechend der Anregung des Effener Parteitages wird auch Nach dem Vors jaben. Wir können aber sagen, daß wir die Scharte, die wir zu Sozialdemokratie vor 40 Jahren waren, Dank dafür, daß sie die eine besondere Beschwerdekommiſſion eingefeßt. ener Zeit erlitten haben, inzwischen ausgewekt haben. Bei der ' chten Bandtagswahl am 31. Mai 1907 haben wir von 6 Man- lange Zeit in reger Tätigkeit an der Spike der Partei ihren schlag von Scheidemann  - Kaffel wird diese zusammengesetzt saten 5 erobert. So haben wir auf allen Gebieten Erfolge haben bis zu dem Tage, an dem wir mit stolzer Freude bekennen Grundsäßen treu geblieben, die Sozialdemokratie geführt, beschirmt aus den Genossen: Frau Baumann Hamburg, W. Raith. München  , Raab Darmstadt  , Wicky- Mülhausen  , Meyer­zu verzeichnen. Auch wenn wir die Zahl der Mitglieder nicht nur fönnen, daß die sozialdemokratische Partei die stärkste Partei Seidelberg, Seeger Leipzig, Honrath Aachen, Faber. in den Gewerkschaften, sondern auch bei der politischen Organic Deutschlands   ist.( Lebhafter Beifall.) Frankfurt   a. D., Fahrow- Berlin  . sation betrachten, können wir wohl sagen, daß es in Nürnberg  bortvärts und wieder vorwärts gegangen ist. Gine ausführliche Darstellung der Geschichte der Nürnberger   Arbeiterbewegung ist neuerdings von der Partei hier herausgegeben.

Kaum sind die lekten Töne verhallt und der Sturm der Bee geisterung vorübergerauscht, den Komposition und Vortrag gewedt hatten, so tritt es ist 7% Uhr geworden,

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Genosse Dorn Nürnberg

an den Rand der Tribüne und spricht:

Die Nürnberger   Arbeiterschaft, ja, die Arbeiterschaft von ganz Deutschland   blickt auf die Tagung des diesjährigen Parteitages. Wie wir auf unseren früheren Parteitagen immer Großes ge­chaffen haben für die Arbeiterschaft, so wollen wir wünschen und hoffen, daß auch dieser Parteitag die Hoffnungen erfüllt, die auf ihn gesetzt werden. Es ist die Pflicht auch des diesjährigen Partei­tages, neue Anregungen zu geben, damit unsere Agitatoren hinausziehen können zu neuen Kämpfen, zu neuen Siegen. Wenn wir alle von diesem Wunsche beseelt sind, dann werden wir am Schlusse des Parteitages fagen können: Schwere Kämpfe haben wir durchgefochten, aber wir haben uns doch wieder vereint zu gemeinsamer Arbeit im Inter. effe des Proletariats. In diesem Sinne heiße ich Sie alle, speziell die Delegierten aus ganz Deutschland  , nochmals herzlich willkommen.( Lebhafter Beifall.)

Singer( mit stürmischem Beifall begrüßt): Werte Genossen und Genossinnen! Im Auftrage des Partei borstandes trete ich an diesen Plaz, um in seinem Namen und im Namen der gesamten Partei herzlich zu danken für den festlichen Empfang, den die Nürnberger   Parteigenossen dem Parteitag be­reitet und für die herzlichen Worte des Vorredners.( Beifall.) Die Empfindung, die der Vorredner zum Ausdruck gebracht hat, durch zittert heute jedes sozialdemokratische Herz. Wir alle sind der An­sicht, daß dieser Parteitag dazu berufen ist, die Meinungsver­schiedenheiten auszugleichen, die über eine Reihe von Fragen guftauchten, und ich möchte gleich an dieser Stelle der Üleberzeugung Ausdruck geben, daß der Spruch des Partei­tages für jeden Parteigenossen ein Heiligtum, ein Evangelium sein muß.( Lebhafter Beifall.)

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Genossen und Genossinnen! Wir haben Tage schwerer Arbeit vor uns. Die Gegenstände, die hier in Nürnberg   auf diesem Parteitag verhandelt werden sollen, sind wichtig. Ich verzichte darauf, in diesem Augenblid die einzelnen Punkte ausführlich zu skizzieren. Aber dem Wunsch und der Hoffnung lassen Sie mich Ausdruck geben, daß jeder Teilnehmer des Parteitages in seinen Reden und Beschlüssen getragen sein wird von der unerschütter­lichen Ueberzeugung, daß alles, was auf diesem Parteitag be­schloffen werden wird, der Partei zum Vorteil und zum Wohle

dienen wird.( Beifall.)

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Es wird namentlich eine Frage fein, die uns ausgiebig be und mit dieser Hoffnung möchte schäftigen wird. Wir wollen ich schließen

wir wollen uns vornehmen, auch diese Frage in rein fachlicher Weise zu erledigen. Aber heute darf ich schon er­klären, daß ich es als die höchste Aufgabe dieses Parteitages be­trachte, bolle Klarbeit in dieser Frage zu schaffen, und den Gesamtpartei refpettiert und beachtet wird. unverbrüchlichen Beschluß zu fassen, daß der Wille der ( Beifall.)

Parteigenoffen! Indem ich nunmehr namens der bisherigen Parteileitung den Nürnberger   Parteitag für eröffnet erkläre, laffen Sie mich Sie auffordern, den Willen und die Ueberzeugung, nur das Beste der Partei zu fördern, zu bekräftigen, indem Sie mit mir einstimmen in den Ruf: Die deutsche Sozialdemokratie, fie lebe hoch!( Die Versammlung stimmt brausend in das Hoch ein.)

Genoffen! Nach dem bisherigen Brauch bitte ich Sie nun­mehr, den Parteitag zu konstituieren und zunächst zwei Vor­fißende mit gleichen Rechten und Pflichten zu wählen.

Genosse Knieriem schlägt zu Vorsitzenden bor   die Genossen Dorn- Nürnberg und Singer. Die Delegierten beschließen einmütig nach diesem Vorschlage.

Singer: Jch erkläre zugleich im Namen des Genossen Dorn, daß wir die Wahl annehmen und unser Bestes tun wollen, um die Geschäfte des Parteitages erfolgreich zu führen und zu erledigen. ( Beifall.)

Ich schlage nun vor, unserem verehrten Senior, den Genossen 2öwenstein, zu einer kurzen Ansprache das Wort zu geben ( Lebhafter Beifall), und werde dann vorschlagen, die weiteren ge­schäftlichen Verhandlungen auf morgen zu vertagen da es einfach unmöglich ist, in diesem Raum aeschäftliche Dinge abzumachen.( Zustimmung.)

Bon neuem folgten Musik und Massenchor. Besonderen Ein. brud machte der von Weißheimer komponierte Chor der Dichtung Emanuel Wurms: Empor zum Licht". So war ein würdiger und schöner Rahmen für den unvergeßlichen Abend geschaffen. 1. Verhandlungstag.

Nürnberg  , 14. September 1908. Bormittagssitung.

Im Herkulessaalbau wurde heute mit den Arbeiten des Partei.

tages begonnen. Neben der Inschrift Sozialdemokratischer Partei.

Die vorgeschlagene Geschäftsordnung wird gutgeheißen. Dis Tagungszeit wird festgesezt von 9-1 Uhr und von 3-7 Uhr. Es folgt die Festsetzung der Tagesordnung. Die vom Parteivorstand vorgeschlagene Tagesordnung lautet: 1. Geschäftsbericht des Vorstandes, a) Allgemeines,

b) Organisation, und zwar:

1. Frauenorganisation, 2. Jugendorganisation. Be richterstatter: S. Müller- Berlin  .

c) Kasse und Presse. Berichterstatter A. Gerisch. Berlin  . d) Bildungsausschuß. Berichterstatter Heinrich Schulz  .

2. Bericht der Kontrollkommission. Berichterstatter A. Kaden. 3. Parlamentarischer Bericht. Berichterstatter G. Eichhorn. 4. Maifeier. Berichterstatter R. Fischer.

5. Sozialpolitik und neuer Kurs. Berichterstatter Q. Molten. buhr.

6. Die Reichsfinanzreform. Berichterstatter F. Geyer. 7. Sonstige Anträge.

8. Wahl des Parteivorstandes, der Kontrollkommission und des Ortes, an dem der nächste Parteitag stattfinden soll. Zur Tagesordnung liegen die Anträge 1-5*) vor. Brüdner- Berlin zieht mit Rücksicht auf die Geschäftslage die Anträge 2 und 3 zurüd.

Singer: Antrag 1 deckt sich mit einem Vorschlag, den ich machen wollte, nämlich, daß wir die Frage der Budgetbewilligung als besonderen Punkt behandeln und zwar im Anschluß an den par­lamentarischen Bericht. Parteivorstand und Kontrollkommission werden Ihnen hierzu eine Resolution unterbreiten, die Bebel begründen wird. Im Anschluß daran würde ich vorschlagen, einem bayrischen und einem badischen Genossen das Wort mit unbeschränkter Redezeit zu erteilen, damit sie die Mög lichkeit haben, ihre Gründe ausgiebig darzulegen. Damit wäre die Frage erledigt, weil ja dann eigentlich zwei Korreferenten ernannt sind.( Bustimmung.) Zu dieser Frage liegt noch folgender

*) 1. Kassel  : Bei Punkt 3 der Tagesordnung( Parlamentarischer Bericht) die Frage der Budgetbewilligung in den bundesstaatlichen Lanotagen erneut ga erörtern.

Wir sind hier in Nürnberg   auf einem klassischen Parteiboden. Schon der Borredner hat auf den fünften Vereinstag der Deutschen Arbeitervereine hingewiesen, der ain 5., 6. und 7. September 1868 in Nürnbergs   Mauern, au auf städtischem Grund und Boden, wenn auch nicht in dieser Festhalle, sondern im Rathause, getagt hat. Wir haben die große Freude, die damaligen beiden Vorsißen­den in unserer Mitte begrüßen zu können, unsern Genossen Bebel und unseren Genossen Löwenstein, die beide noch in Rüftigkeit, Eifer und Fleiß den Interessen der Partei dienen.( Lebe hafter Beifall.) Auf der Tagung im Jahre 1868 waren 108 Vereine mit 13 965 Mitgliedern durch 103 Delegierte bertreten. Gabriel Löwenstein  ( mit stürmischem Beifall begrüßt): Was diesem Nürnberger   Vereinstage den Stempel aufdrückte, was Werte Versammlung! Genoffen und Genossinnen! Sie ihn charakterisierte, was ihn zu einem Ehrentage der Sozialdemo- werden wohl alle mit mir Freude und Genugtuung darüber fratic gestempelt hat, das ist die Annahme eines Bro- empfinden, daß wir heute den Gedenktag feiern, an welchem bor gramms, welches bis dahin noch fehlte, und der Beschluß, daß 40 Jahren nicht nur der Ruf crscholl: Proletarier aller Länder 5. Berlin IV: Auf die Tagesordnung des Parteitags zu sehen: die Arbeitervereine Politit, daß fie Klaffenpolitik treiben müffen, vereinigt Euch!, fondern wo auch diesem Sturmrufe fofort brate, Die gegenwärtige Kriegsheze in Deutschland  ,"

2. Berlin IV und Driesen: Der Parteitag wolle den Punkt: " Genossenschaftsbewegung und Sozialdemokratie" auf die Tages. ordnung sehen. 3. Genosse Ritter- Berlin III: Auf die Tagesordnung zu sehen: " Das Genossenschaftswesen und seine Bedeutung für die Arbeiter. Klasse". 4. Der Vorstand des sozialdemokratischen Vereins Magdeburg  beantragt, auf die Tagesordnung des Nürnberger   Parteitags als besonderen Punkt zu sehen: Die auswärtige Politik und die Sa zialdemokratie".