Nr. 227.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69.
Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
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Schwere politische Kämpfe, wichtige Entscheidungen stehen dem deutschen Boll in dem nächsten Vierteljahre bevor. Zur Aufbefferung der durch die leichtfertige Finanzwirtschaft der herrschenden Parteien völlig zerrütteten Reichsfinanzen fordert die Regierung
herauszupreffen.
Sonntag, den 27. September 1908.
Der nationale Krieg.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
an den Deutschen verübt haben, ist unentschuldbar; was die glorreiche Armee durch den Leutnant Meyer mit der Ermordung der zwei slovenischen Jünglinge getan hat, ist ein entfeßliches Verbrechen. Das ist der schauerliche Kreislauf der nationalen Verblendung: als abstoßende Posse beginnt und als grimmige Tragödie endet sie.
Aus Wien wird uns vom 25. September geschrieben: Der nationale Chauvinismus feierte in diesem Sommer in Desterreich Orgien, wie sie selbst dieser durchwühlte Staat, böhmischen Landtages geführt. Es ist die erste Mittlerweile hat der nationale Krieg zur Verwüstung des in dem der Bürgerkrieg nie erlischt, selten erlebt hat. Dret Todesopfer sind die blutige Spur dieser gehässigen Kämpfe, Seffion des heuer neugewählten Hauses, und man hat große durch die nichts erreicht und verändert wird, die mit dem Hoffnungen auf fie gejeẞt. Insbesondere erwartete man, daß wahren nationalen Empfinden, das die intellektuelle und kul- der böhmische Landtag endlich die große Schuld der Zeit zahlen turelle Hebung des Volkes bezweckt, nichts gemein haben und keit der Arbeiter in dem größten Industrielande besteht. Dazu und der Schmach ein Ende setzen werde, die in der Rechtlofigan den niedrigsten Instinkten einer gewiffenlosen Demagogie hatte die Regierung ihre Vermittelung angeboten und eine ihre nie versiegende Quelle befizen. Dem von den Bajonetten a blreform ausgearbeitet, die den Arbeitern, wenn der tschechischen Gendarmerie erstochenen Deutschen von Berg - auch lange nicht ihr volles Recht, doch das Wahlrecht und eine reichenstein im Böhmerwald gesellen sich als Totenvpfer nun die zwei slovenischen jungen Leute in Laibach, deren Tod dem angemessene Vertretung im Landtag verschafft hätte. Aber frebelhaften Leichtsinn eines Leutnants als Verbrechen zuzu- und Willkür den Gegensatz der zwei Nationen nicht aufzuder böhmische Landtag, der als Verkörperung von Unrecht schreiben ist, der auf eine kleine Menge die todbringenden Ge- lösen vermag, hat die Obstruktion im Leibe und der geringste schoffe richten ließ. Und überall ist in den nationalen Erzessen Anstoß vermag den Widerwillen der Deutschen , die den LandNache das eigentliche Motiv. In Bergreichenstein ,
500 Millionen Mark nener Steuern. einem kleinen deutschen Städtchen in Südböhmen , tagte die tag der tschechischen Mehrheit als eine Fremdherrschaft Den Hauptbetrag dieser Riesensumme gedenkt man durch die Generalversammlung des Deutschen Böhmerwaldbundes, eines empfinden, zur offenen Auflehnung zu steigern. Der„ AnErhöhung der Verbrauchssteuern, vornehmlich auf Bier, Branntwein der nationalen Schutzvereine der Deutschen in Böhmen , gegen wird, war auch leicht gefunden. Der Landesausschuß( das ist und Tabat, zu gewinnen, also aus den ärmeren Volksschichten wäre. Aber die aus allen Gebieten Böhmens zusammenge hatte in die Landtagskanzlei, die aus fünf Beamten besteht, deren sachliches Wirfen am wenigsten Einwand zu erheben das vom Landtag gewählte Verwaltungsorgan des Landes) strömten Teilnehmer wußten den Festtag nicht besser als mit Der Kampf gegen diese Steuerpläne, in dem die Sozialdemo- einem Angriff auf die tschechische Beseda( Vereinshaus) zu nur tschechische Beamte berufen, angeblich weil der Turnus es so bedingte, die Forderung der Deutschen nach Berufung fratie voraussichtlich die Führung übernimmt, wird den Hauptteil feiern, der sich aus Schmähworten, förperlicher Bedrohung und es so bedingte, die Forderung der Deutschen nach Berufung der kommenden Reichstagssession in Anspruch nehmen. Doch steht Steinwerfen zusammensetzte. Ihnen wurde sogleich, in wo- schlossen die Deutschen die Obstruktion, und da ihr der Obersteines deutschen Aktuars aber glatt abgelehnt. Deshalb benicht nur die innere Reichspolitik vor schweren Entscheidungen, auch möglich noch gebäffigerer Weise, in Schüttenhofen ver- ichlossen die Deutschen die Obstruktion, und da ihr der Oberstauf dem Gebiete der Auslandspolitik drohen schwere Gewitterſtürme. gotten, das die Bahnstation für Bergreichenstein ist und wo landmarschall gestern mit einer Lift, die übrigens der GeDer Sultanswechsel in Maroffo wie der Sieg der jungtürkischen wieder die Tschechen in überwiegender Mehrheit sind. Dort schäftsordnung widersprach, begegnen wollte, fam es in der wurden, auf die alarmierende falsche Nachricht hin, das geftrigen Sigung zu einem leidenschaftlichen Sturm, der an Reformbewegung haben neue bedeutsame politische Fragen auf tschechische Vereinshaus in Bergreichenstein wäre„ demoliert die schlimmsten Badeni - Zeiten erinnert und zur Sprengung worden, die zurückfahrenden Deutschen in schändlichster Weise der Situng führte. Da die Lahmlegung des Landtages die Auch die preußische Politik steht vor fchweren attackiert, von den behördlichen Organen aber nur ganz un- gefamte innerpolitische Situation gefährdet, da sich die Aufgaben. Wie das Reich, arbeitet jezt auch Preußen mit zureichend geschützt, so daß eine künstlich erregte Menge ihre fönnten, was wieder den Bestand der Koalitionsregierung beTschechen ihre Revanche leicht in Wien am Reichsrat holen einem Defizit. Beträchtliche Steuererhöhungen sind nötig, vor- Wut an einer Handvoll Leute schrankenlos austoben konnte, droht, hat sich der Ministerpräsident selbst zur Bermittelung aussichtlich eine Steigerung der Einkommen was wieder die Erregung in Bergreichenstein aufstachelte und
geworfen.
steuer um mehr als ein Drittel. Und neben der Steuerfrage au Straßenaufläufen führte, bei der die von einem tschechischen entschlossen. Ob sie ihm gelingen wird, ist fraglich, denn die werden das preußische Dreiklassenparlament die Besoldungs- sirtsfommissär in wenig gewissenhafter Weise befehliate Hochflut des strupellosen Chauvinismus reißt alle Dämme werden das preußische Dreiklassenparlament die Besoldungs- Gendarmerie gegen die Menschenmenge einen Bajonettangriff nieder, welche die Vernunft aufgerichtet hat. aufbesserung der Beamten und Lehrer sowie wichtige schul- richtete, der einer Anzahl von Menschen Verwundungen beipolitische Auseinandersetzungen beschäftigen.
In solcher Zeit darf in keinem Arbeiterhaushalt das Arbeiterblatt, der
fehlen.
„ Vorwärtz“
Doch ist nicht nur nötig, daß unfere bisherigen Lefer ihr Abonnement erneuern, sondern daß sie auch im Streise ihrer Freunde und Gesinnungsgenossen, in Werkstatt und Fabrit, neue Abonnenten werben. Soll das Blatt der Berliner Arbeiterschaft die ihm gestellte Aufgabe erfüllen, so muß sein Einfluß auf die Masse des werftätigen Volfes weiter und weiter ausgedehnt werden. Jeder neuherangezogene Leser bedeutet eine Vermehrung unserer Kampfesreihen, eine Verstärkung der Machtstellung unserer Partei.
Und noch viele der Lässigen und Gleichgültigen gibt es, die zu gewinnen find. Noch immer liest ein großer Teil der Berliner Arbeiter sogenannte parteilose" Blätter, die regelmäßig, wenn es gilt, bei
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brachte und einen ganz Unschuldigen tötete.
Eine Wiederholung.
Nicht viel anders entstanden die schmählichen Erzesse in Laibach, der Hauptstadt des fast ganz slovenischen Krains. München , 26. September. Auch hier war Nache die Triebfeder. Bor etwa zwei Wochen hielt der Cyrill- und Methudverein, der Schulverein der ( Privatdepesche des Vorwärts.) für keinen passenderen Ort auszuwählen als das Städtchen tratie erläßt folgenden Aufruf: Der Landesvorstand der bayerischen Sozialdemo Slovenen, seine Generalversammlung ab. Er wußte sich hierBettau in Steiermart, das zwar im slovenischen Gebiete Sozialdemokratische Partei Bayerns! Der Vorstand der liegt, aber überwiegend deutsch ist; die Bevölkerung besteht Gesamtpartei hat einen Aufruf erlassen, in dem die Parteiaus etwa dreitausend Deutschen und fünfhundert Slovenen. genossen aufgefordert werden, die Beschlüsse des Nürnberger Solche Besuche" gehören leider zum Inventar der Politik Barteitages in die Tat umzusetzen und den gemeinsamen unserer Slaven, und obwohl sie fast durchgängig mit blutigen Sampf für die Befreiung des arbeitenden Volkes mit verNaushändeln enden, so wollen weder Tschechen, noch Slovenen stärkter Straft fortzusetzen. Wir können uns diesem Aufruf auf sie verzichten. Aber bei aller Hochachtung vor der natio- nur anschließen und die Mitglieder unserer Landessuche, welche von den Deutschen als Einfälle in ihr Gebiet er- bedarf einer Klärung nalen Gleichberechtigung ist die Zweckmäßigkeit solcher Be- organisation zu seiner Befolgung auffordern. Nur ein Punkt achtet werden, schwer zu erkennen; die kulturelle Bedeutung Er betrifft die Frage der Budgetbewilligung. Der Klärung und Richtigstellung. der Veranstaltung würde wohl nur gewinnen, wenn sie auf Vorstand der Gesamtpartei spricht die Erwartung aus, daß heimischem Boden, unter Teilnahme einer gleichgesinnten natio- der vom Parteitage in dieser Frage gefaßte Beschluß von Lohnkämpfen, Aussperrungen und Streiks nalen Bevölkerung abgewickelt würde. An den gehässigen allen Genossen beachtet werde. Dies wird auch unsererseits das Interesse der nach Verbesserung ihrer Lage ringenden Arbeiterschaft fie fielen besonders stürmisch aus weil sich die Deutschen aus mehrheit stets Anspruch darauf hat, mit Aufmerksam. Gegendemonstrationen fehlte es natürlich auch in Bettau nicht sicher geschehen, da der Meinungsausdruck einer Parteitagsden Unternehmern gegenüber zu wahren, den kämpfenden Arbeitern den anderen deutschen Städten des steirischen Unterlandes teit gehört zu werden. Auch da, wo er nicht in den Rüden fallen. Suffurs herbeigerufen hatten. Tatsächlich soll den sloveni- bindend wirten tann, und das ist in Wohl ist ein Teil dieser sogenannten parteilofen Blätter etwas schen Festgästen an jenem Tage sehr übel mitgespielt worden bezug auf die Budgetbewilligung der Fall. billiger als der„ Vorwärts"; aber für die Mehrausgabe von sein, und sicherlich verdienen dieſe Erzesse, die zum deutschen In Uebereinstimmung mit der von den süddeutschen Delewenigen Pfennigen pro Monat bietet der„ Borwärts" eine weit Wefen fo wenig passen, den schärfſten Tadel, wenngleich nicht gierten in Nürnberg abgegebenen Erklärung erkennen wir dem größere Anzahl von politischen, voltswirtschaftlichen in Süd- Steiermark, wo um jeden fußbreit Bodens hart ge- partei die oberste Entscheidung zu in allen prinzipiellen und verhehlt werden kann, daß sie bei der nationalen Verbitterung deutschen Parteitage als der legitimen Vertretung der Gesamtund sozialwissenschaftlichen Artikeln, ausführ fämpft wird, von den Slovenen vorausgesehen werden konnten, lichere Berichte über die Parlamentsverhand vielleicht auch vorausgesehen worden sind. Von den sloveni in den taktischen Angelegenheiten, die das ganze Reich belungen, über den Stand der Gewerkschaftsschen Demagogen wurde nun die Parole: Rache für Bettau! rühren. Wir sind aber auch der Ansicht, daß in allen speziellen bewegung und Sozialgefeßgebung sowie über ausgegeben und in Laibach, einer einstmals deutschen Stadt, Landesorganisation die geeignete und zuständige Angelegenheiten der Landespolitik die die Berliner Kommunalpolitik. Und daneben bringen wo noch heute neben etwa 30 000 Slovenen die stattliche Mino- Instanz ist, die auf dem Boden des gemeinsamen Programmes andesorganisation die geeignete und zuständige das tägliche Kleine Feuilleton" sowie die Beilagen: rität von 5000 Deutschen lebt, auch gründlich exekutiert. Dret Tage lang dauerten die Erzeffe, während derer die Deutschen den Gang der Landespolitik nach den besonderen Verhältnissen ,, Unterhaltungsblatt" und Neue Welt" einer wahren Schreckensherrschaft ausgesetzt wurden, für die selbständig zu bestimmen hat und daß daher die jeweilige eine reiche Fülle von Romanen, Novellen und fleinen Stizzen, von dem es die deutsche Minorität in der slovenischen Stadt nie- Ermessen der den Landesorganisationen verantwortlichen Landauch nicht ein Schatten von Berechtigung vorhanden war, nach- Entscheidung über die Budgetbewilligung dem pflichtgemäßen literarhiſtoriſchen, kunſtgeſchichtlichen, naturwiſſenſchaftlichen, ethno- mals an Zurückhaltung und Anpassung hatte fehlen laffen. tagsfraktionen vorbehalten bleiben muß. logischen, geographischen, technischen, Kulturgeschichtlichen Auffäßen Deshalb erregten diese Ausschreitungen das größte Aufsehen München , 25. September 1908. und Notizen. und eine berſtändige Regierung hätte ihr Umsichgreifen wohl Mit Parteigrüß verhindern können. Die Zentralregierung, die immer nur an ihre politischen Geschäfte denkt, war jedoch ratlos; erst ließ sie die Demonstranten", die von dem Bürgermeister Hribar, der auch die Polizeigewalt inne hat, geradezu befehligt wurde, Dieser Aufruf des bayerischen Landesvorstandes ist im wesentlichen durch die Zeitungsspedition frei ins Haus geliefert, für Berlin und ruhig gewähren, um zum Schluß finnlos zu wüten und harm- eine Wiederholung der Erklärung der 66, die dadurch nicht besser wird. Umgegend:
Der Vorwärts" kostet mit Einschluß des Unterhaltungsblattes" und der Neuen Welt", durch die Post bezogen: pro Vierteljahr 3,30 Mark,
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pro Vierteljahr 3,30 Mart,
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Monat 1,10
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Monat 2
Der Landesvorstand.
lose, unschuldige junge Leute zu erschießen. Was an den zwet Wir können daher auch nur mit aller Schärfe wiederholen, was wir jungen Leuten berübt wurde, grenzt beinahe an bewußten zur Erklärung der 66 und zu der Auslegung, die die Parteiorgane Mord; soll doch auf eine ganz ungefährliche Menge von etwa von München , Nürnberg und Mannheim ihr und dem Schweigen des dreißig Menschen eine regelrechte Schießerei veranstaltet wor- Parteitags nach ihrer Abgabe gaben, bereits gesagt haben: Die den sein, für die es, auch vom gemeinpolizeilichen Stand- Bartei würde sich selbst aufgeben, wenn sie die punkte aus, feine Rechtfertigung gibt. Was die Slovenen in Geltung des Majoritätsprinzips innerhalb ihrer Laibach die Arbeiter haben sich peinlich ferngehalten-Drganisation antasten ließe."