o Beilage zum„Vomärts" Berliner Volksblatt. Nr. 32. Donnerstag, den 2. März 1893. 10. Iahrg« Vorlonrentsbevichke. Deutscher Reichstag . 55. Sitzung vom 1. März 1833, 1 H h r. Am Bundesrathstische: Graf Caprivi. v. Marschall . Hollmann, Kayser. Eingegangen ist der Gesetzentwurs betreffend die Abänderung deZ Gesetzes über den Unter st ützungs wohnsitz. Auf der Tagesordnung steht die Berathung der Etats- Positionen, welche die deutschen Schutzgebiete betreffen und die Berathung des besonderen Haushaltsetats für die Schutz- gebiete Kamerun , Togo und das Südwe st afrikanische Schutzgebiet für 1893/94. Die Budgetkommission beantragt die unveränderte Bewilligung. Die Besoldungen der Beamten in den Schutzgebieten werden ohne Debatte bewilligt. Im Extraordinarium befinden sich Forderungen von 297 300 M. als Zuschuß zur Bestreitung der Verwaltungsausgaben im Südwestafrikanischen Schutzgebiete und 2 599 999 M. für Maßregeln zur Unterdrückung des Sklaven- Handels und zum Schutze der deutschen Interessen in Ostasrika. Der Etat für das Schutzgebiet Kamerun ist auf S89 999, für Togo aus 143 999, für Südwestasrika auf 273 399 M. in Ein- nahmen und Ausgaben festgesetzt. Zum Etat kür Kamerun nimmt das Wort. Abg. Samhammer(dfr.): Das Urtheil meiner deutschen Ge- schäftsfreunde in den afrikanischen Schutzgebieten über die Per- sonen, welche dort das Deutsche Reich vertreten, ist ein sehr mildes, ihr Urtheil über das dort von uns verfolgte System desto schärfer. Sie geben eine Schilderung der dortigen Zustände, wo- nach sogar der Handel durch dieses System schwer geschädigt ist. Fürst Bismarck hatte 1884 Behandlungen mit den königlichen Kaufleuten angeknüpft, um eine richtige Kolonialpolitik zu in- auguriren. Diese Behandlungen führten aber zu keinem Re- sultat, und man that daraus das Unrichtigste, was man thun konnte, man schickte Leute von hier aus dorthin, die Land und Leute nicht kannten, anstatt den dort ansässigen, mit Jahren langen Ersahrungen ausgerüsteten Kaufleuten ein Souveränitäts- recht einzuräumen oder ihnen doch einen weitgehenden Ein- fluß zu gewähren. Es ist dann zwischen den Beamten und den Kaufleuten ein ganz unerquickliches Berhältniß eingetreten, die letzteren sind mit kleinlichen Maßregeln chikanirt und in ihren Interessen geschädigt worden. Tie von Deutsch - land herübergekommenen Beamten und Unteroffiziere haben durch ihre Unduldsamkeit und Unkenntniß alles verdorben. Andere, ersprießlichere Ergebnisse hätte man gehabt, wenn man die Rotabeln zur Mitwirkung heranzog. Jetzt ist der Unternehmungs- geist dort gelähmt, keine einzige große Firma ist dort thälig, seit ivir die Kolonialpolitik unternommen haben. Was wir mit Aufrechtcrhaltung aller militärischen Macht nicht zu Wege bringen, bringt eine einfache Handelsgesellschaft fertig. In vow ständiger Verkennung des Negers und seines Charakters, in Vev kennung des Charakters des Landes, in der falschen Annahme, daß der Eigenthuinsdegriff bei den Negern nicht vorhanden oder nicht entwickelt sei, hat man die schlimmsten Fehler gemacht welche zu den empfindlichsten Rückschlägen geführt haben. Geht man etwa nach Afrika , um dort wegen einer leichten Bemerkung gegen den Gouverneur eingesperrt zu werden?(Heiterkeit.) Das kann man in Deutschland auch haben. Mit dieser verkehrten Rechtsprechung wird entsetzliches Unheil angerichtet. Es giebt in Afrika zwar kein geschriebenes, aber ein feststehendes traditionelles Recht, dessen Bcrletzung durch unsere mit dem Kodex ausgerüsteten Richter die größte Er- bitterung hervorrufen muß und hervorruft. Meine Freunde unterhalten seit 29 Jahren ihre Faktoreien an der west- afrikanischen Küste; niit den unsäglichsten Mühen halten sie den Karawanenhandel aufrecht. Nun kommt das Deutsche Reich mit seinen bureaukratischen Einrichtungen und verdirbt mit einem Schlage alles bisher Erreichte. Das System der Bureaukralie muß fallen. Es dürften nicht Beamte mit souveränen Voll machten hinkommen, die von den Verhältnissen nicht die geringste Ahnung haben. Die militärische Organisation namentlich nach dem Innern muß endlich beseitigt werden. Notabelnkammern und Schöffengerichte mit Notabein werden bessere Erfolge bringen. Dirigent der Kolonialablheilung Geheimrath Dr. Kayser: Die Verwaltung hat die Kolonien nicht gegründet, sondern theilweise vorgesunden. Die Frage, wie theoretisch eine Kolonie zu begründen sei, erinnert doch einigermaßen an die Frage, wie man Löwen fängt. Verhandlungen mit den„königlichen Kaufleuten" über die Uebernahme der Verwaltung haben gerade in Kamerun stattgefunden und die Kaufleute haben abgelehnt. Die Kolonien werden nicht bureaukratisch regiert. Die Ost- afrikanische Gesellschaft ist gerade sehr befriedigt gewesen, als sie endlich die Verwaltung aufgeben durste. Es wird nichts an- geordnet, beschlossen, was nicht vorher von dem Kolonialrath beschlossen worden ist. In Kamentn und Togo find auch Handels kammern aus den ansässigen Firmen, die aber leider wegen Tbeilnahmslosigkeit der Betheiligten eingeschlafen sind. Klagen sind bei uns wohl von den deutschen Firmen in den Kolonien, niemals aber von fremden Firmen daselbst eingelaufen. Daß unsere Beamten und Offiziere sich nicht auf den Volkscharakler verständen oder nicht auf denselben einzugehen wüßten, ist eine haltlose Behauptung; das Gegenthcil ist der Fall; noch nie hat sich ein solcher Beamter einen Mißgriff gegen einen Ein- geborenen zu schulden kommen lassen. Wenn wir aus die Ansässigen verwiesen werden, so sind das melstens ganz junge Falloristen, die unS nichts nützen können, die jedenfalls nicht so viel Sachkenntniß und Umsicht besitzen, wie uiisere als Richter dort fungirenden Beamten. Die Expeditionen sind stets mit ausdrücklicher Zustimmung der deutschen Firmen ins Innere geschickt worden. Wenn ein nicht gutes Einvernehmen in einer Kolonie zwischen Beamten und Handeltreibenden besteht, so liegt der größere Theil der Schuld ganz sicher auf Seiten der jungen Herren Faktoristen. In dem Falle, auf welchen der Herr Vorredner anspielte, war nicht von einer kleinen Bemerkung die Rede, sondern der Herr hat den Gouverneur direkt der Partei- lichkeit beschuldigt und ist dafür im ordentlichen Rechtsgange zu Gesängnißstrafe verurtheilt worden, die er auch abgesessen hat. Aehiiliche Angriffe gegen den Gouverneur Zimmerer hat ja auch Dr. Zintgraff bei der kaiserlichen Regierung und auch öffentlich in der Presse erhoben; auch er dezeichnet die Verwaltung als eine bureaukratische und wirft dem Gouverneur vor, daß er ihn im Stich gelassen habe, seine Expeditionen unmöglich gemacht habe u. s. w. Herr Zimmerer ist schon sechs Jahre in unfern Kolonien, in die er aus reiner Begeisterung für die Kolonialsache als gereister Mann sich begeben hatte. Herr Zintgraff ist nur ein Jahr länger dort. Die Expedition Zintgraff endete Ausgangs Januar l89l unglücklich; er wurde out seinen befreundeten Negern vom Bali- Stamm geschlagen und mußte sich fluchtartig zurückziehen. Nun verlangte er vom Gouverneur oder von der deutschen Regierung Offiziere. Mannschaften und Gewehre, um seine Bali damit zu bewaffnen. Dieser Vorschlag stieß auf Bedenken. Dr. Zintgraff trat dann eine neue Forschungsreise an, und etwa ein Jahr nach seiner ersten Niederlage überrascht er uns mit der Anklage gegen terra Zimmerer, daß dieser ihn bei der ersten Expedition rm tich gelassen hätte. Diese Anklage ist durch und durch unrichtig, ja frivol, zumal Herr Zintgraff sich aus den Akten des Gouverne- ments selbst von der Unrichtigkeit seiner Behauptungen überzeugt hat. Ein großer Theil seiner Träger ist ihm desertirt, weil er sie so barbarisch bebandelte, daß sie es einfach bei ihm nicht mehr aushielten. Er überwies dem Gouverneur Einige der Berurtheilten zur Bestrafung; diese war aber eine so barbarische— es sollte Einer von ihnen unter anderm hundert Peitschenhiebe erhalten—, daß der Gouverneur sich weigerte, sie zu vollziehen. Ueber diese unglückselige Humanität führt nun Herr Zintgraff seinerseits wieder Klage. Das geht doch nicht, daß Dr. Zintgraff die de- dauerlichen Mißerfolge seiner letzten Expedition auf fremde Schultern abwälzt. Wir hatten gehofft, er würde sich etwas beruhigen, das ist aber nicht eingetreten; im Gegenthcil, die neueren Berichte, die von dem Balilande einlausen, sind derart, daß die Zuverlässigkeit seiner Berichterstattung zu leiden ansängt. Seine Bali sind auch keineswegs zu der Elite der Kamerun - neger zu rechnen; es sind diebische, räuberische, plündernde Neger, die alles andere eher, als eine Schutztruppe für Kamerun vorstellen. Jedenfalls hat Herr Zintgraff auch die Arbeiterfrage mit den Balis nicht gelöst. Bon den anderen Vorwürfen des Dr. Zintgraff in seiner Schmähschrift greife ich nur noch seine Angriffe gegen den im Reichsdienst ge- fallenen Herrn von Gravenreuth heraus, um diesen Mann gegen seine Beschuldigungen in Schutz zu nehmen.(Zustimmung). Wir werden künftig nicht mehr private Amateurs zu Expeditions- führern machen; sollten wir wieder Expeditionen für nöthig halten, werden wir sie dem Gouverneur übertragen, der dann das weitere unter seiner Verantwortlichkeit veranlassen muß. Abg. Bamberger (dfr.): Das alles wäre sehr unterhaltend, wenn es sich nicht um das Geld der deutschen Steuerzahler handelte, mit dem alle diese schönen Experimente bestritten werden müssen. Hoffentlich werden die Steuerzahler und der Reichstag die richtige Nutzanwendung aus diesen Mittheilungen abstrahiren. Wir werden diesmal keine Anträge auf Absetzung stellen; wir wollen überhaupt nicht die Kritik wiederholen, die wir stets geübt haben, und die auch heute wieder am Platze wäre. Bei jeder Kolonie. die neu gegründet wurde, haben sich die alten Erfahrungen wiederholt. Keine der Hoffnungen, mit denen mansoverschwcnderischumging, hat sich erfüllt. In keiner Kolonie, von Neu-Guinea bis nach Kamerun , ist es gelungen, die Arbeiterfrage befriedigend zu beantworten. Mit den einheimischen Bewohnern als Arbeitern hat sich nirgends etwas machen lassen. Wir werden nur für die Bewilligung für Kamerun und Togo stimmen. Eine Beleuchtung verdient aber doch das Bild, welches sich heute vor uns von Kamerun , dieser Perle unserer Kolonien, entrollt hat. Würde sich das Haus nach den beiden Vorträgen� welche es heute gehört hat, wirklich getrauen, ein Urtheil darüber abzugebe», wer von beide» Recht oder Unrecht hat? Ich wenigstens enthalte mi bei meiner gänzlichen Unkenntniß der Dinge jedes Urtheils. Au> was mein Freund Samhommer vorgebracht hat, kann mich nicht sicherer machen, denn die Kanfleute, auf deren Urtheil er sich stützt, haben mit allen Kaufleuten den Fehler, daß sie bei solchen allgemeinen Interessen zu leicht an sich und die Unfehlbarkeit ihres Urtheils glauben. Ebensowenig aber gebe ich aus das Urtheil des Kolonialrathes, der ja aus ganz freundlichen, be- geisterten Herren bestehen mag, die aber doch auf Sachkenntniß selbstkeinen Anspruch erheben. Leidtragend»st bei der ganzen Frage nur das deutsche Boll, welches Jahr aus, Jahr ein eine Anzahl von Millionen für diese kolonialen Unternehmungen hergeben muß. Mit Dr. Zintgraff, der vordem als eine Leuchte der Kolonial fwlitik hingestellt wurde, haben wir vergleichsweise dieselben Er ahrungen machen müffen, wie mit dem Major von Wißmann wir haben die Gelder für das Abenteuerbedürfniß dieser Herren zahlen müssen. In dem Streite beider mit der Regierung gehe ich unter allen Umständen mit der letzteren, wie ich das stets ge than habe, denn die Regierung stellt gegenüber diesem Abenteuer drang das temperirende Element vor. Die Expeditionen müssen eingeschränkt werden. Abg. Graf Arnim(Rp.): Offenbar begrüßt der Abg. Brnn berger die Meinungsverschiedenheiten, welche hier erwähnt worden sind, mit großer Freude, und wenn er sich für die Regierung erklärt, so erscheint mir das als ein großer Vorwurf für die Regierung, weil es danach scheinen könnte, als sei dieselbe mit der Kolonialpolitik selber nur ungern befaßt. Sieht denn Herr Bamberger nicht den Fortschritt, der in Afrika gemacht ist, den ungeheuren Aufschwung des Verkehrs, das Näher rücken von Afrika und Europa ? Läßt er ganz außer Augen, was Frankreich , was Italien für ihre Kolonralzwecke gelhan haben? Er wünscht offenbar, daß unsere Kolonien wieder gänz> lich in Wegsall kommen; wir können das vom nationalen Stande punkte aus nie zu zugeben.(Zustimmung rechts.) Welches Pro gramm hat denn Herr Bamberger in bezug auf unsere Kolonien? Will er vielleicht die Kolonien, wie Hanmbal Fischer 1848, ver- auktioniren? Die Entrüstung der Nation würde ihn von seinem Auktionatorstuhl wieder herunterfegen!(Lachen links.) Abg. Bamberger : Ich habe nicht von den Kolonien fremder Nationen, sondern von unseren, mit deutschem Gelde bezahlten Kolonien gesprochen, die ich für die unergiebigsten halte. Ich wiederhole, daß wir nur für Kamerun und Togo das Geforderte bewilligen, alles Uebrige ablehnen werden. Abg. Mehnert(dk.) verlangt nähere Auskunft über die Mög lichkeit der Berufung gegen Strafurtheile in den Schutzgebieten. Der schon erwähnte Angestellte der Firma Jantzen und Thor mählen sei mit dem Ausdruck:„Hier giebt es gar keine Be- rufung", abgewiesen worden. Tluch soll derselbe in völlig gesundheitswidrigen Räumen seine Haft haben abbüßen müffen. Geh. Rath Kayser: Die Gerichtsbarkeit in den Schutz- gebieten ist so organisirt, wie in den Konsular-Gerichtsbezirken. Bon der Aeußerung:„Hier giebt es gar keine Berufung", ist uns nichts bekannt. Der Gouverneur Zimmerer, der selbst sechs Jahre Landgerichtsrath in Minden war, kann doch unmöglich dem Verurtheilten die zweite Instanz haben abschneiden wollen. Der Richter erster Instanz war der Kanzler, dieser mußte aber vom Richteramt ausgeschloffen werden, weil die Beleidigung sich gegen ihn selbst gerichtet hatte. Jedenfalls ist keine Berufung eingelegt worden. Wir haben aber bei dem Gouverneur wegen der Sache angefragt; die Antwort steht noch aus. Das Ge- fängniß ist allerdings ein solches, in welchem es nach dem Aus- druck des Berichts„nicht nach Veilchen riecht"(große Heiterkeit); aber es war nicht schlechter und nicht besser als jedes andere Gefängniß in Deutschland . Damit schließt die Diskussion. Der Etat für Kamerun wird bewilligt, ebenso der für Togo ohne Debatte. Beim Etat für die südwestafrikanischen Schutzgebiete kommt Abg. Gras Arnim(Rp.) auf die abfällige Kritik zurück, welche früher an Lüderitzland ge- knüpft-worden ist. Man habe es ein elendes Sandloch genannt, welches" so schnell wie möglich England überlasse» werden müsse u. s. w. Jetzt stehe fest, daß das Land annedlungssähig sei und eine große Zukunft habe. Zahlreiche Soldaten der Schutztruppe befänden sich dort so wohl, daß sie in der Kolonie zu bleiben entschlossen wären. Hätte man die Vorschläge des ' auplmann Franyois seiner Zeit mehr berücksichtigt, so wäre die .iluation dort noch eine vortheilhaftere. Man hätte wie in Betschuanaland bestimmte Distrikte für die eingeborene Bevölkerung anweisen, die anderen Distrikte als Kronländer erklären müssen. Redner geht ausführlich auf die Konzessionen ein, welche der für die Kolonie ins Leben getretenen englisch - deutschen hofft. dem Gesellschaft für daS Damaraland ertheilt sind. Er daß die gesetzgebenden Faktoren des Reichs sich seiner Zeit l Gedanken einer Zinsgarantie für die von der Gesellschaft zu bauende Eisenbahn nicht ablehnend verhalten werden. Bedauer- lich ist ihm die Konkurrenz des englischen Kapitals, welches nicht dieselben Interessen wie das deutsche in Südwestafrika habe. Um Ruhe und Ordnung zu halten, brauche man aus jeden Fall den extraordinären Zuschuß, der in Höhe von 267 399 M. ausge- morsen sei. Reichskanzler Graf v. Caprivi : Der Vorredner macht de« Reichsregierung den Vorwurf, sie habe bei der Ertheilung der Damaraland - Konzession die deutschen Interessen nicht hin» reichend gewahrt. Diese schwerwiegende Behauptung ist durch Gründe nicht unterstützt worden. Es könnte sein, daß die Jnter- essen der Gesellschaft, welche der Vorredner angehört hat, nicht genügend gewahrt worden sind. Das trifft aber auf die deutschen Interessen nicht zu. Im Zustande des Abwartens sind wir bezüglich Südwestafrikas schon zehn Jahre, und deshalb bin ich geneigt gewesen, auch englisches Kapital dorthin zu lenken, um redlich einen Gegenstand zu finden, der des Schutzes durch die deutsche Schutztruppe würdig ist. Da wir das Land haben, müffen und werden wir es halten(Beifall). Im vorigen Sommer kam Herr von Franyois hierher, und in den Besprechungen mit ihm stellte sich heraus, daß auf die Dauer der jetzige Zustand unhaltbar werden könnte, insofern als Hendrik Witboi geneigt sei, sich mit den Hereros zu verständigen. Bisher hallen wir mit der geringen Truppe auskommen können, wenn wir den Einen gegen den �Andern ausspielen konnten. Ver- ständigten sich beide, dann wurde unsere Lage sehr schwierig. Die Regierung mußte diese Veränderung ins Auge fassen. Bei der ungeheuren Schwierigkeit der Kommunikation muß dem leitenden Offizier ein großer Spielraum gelassen werden, anderer» seits muß man bestrebt sein, kommenden Ereignissen zuvor zu kommen. Wir dürften uns durch eine solche Ver- ständigung nicht überraschen lassen. Auf meine Verant- wortung hin habe ich unter Ueberschreitung der Grenzen des Etats einige Veranstaltungen schon im vorigen Sommer ge- troffen. Ich habe unsere dortige kleine Festung verproviantiren lassen, habe ihr Munition, Waffen und Unterkunftsräume für die Truppe beschaffen laffen. Alles das war ruhig und in der Stille gemacht worden. Die Nothwendigkeit dazu zeigte sich klar schon vor einigen Monaten. Ich entschloß mich beim Kaiser die Verstärkung der Schutzlruppe zu erbitten. Ich wollte sie zu- erst auf 39 Mann bringen. Die Leute wurden ausgewählt und zwar unter dem Gesichtspunkte, daß sie eine Reihe von Ge- werben repräsentirtcn. Fast hatte schon die Einschiffung dieser Verstärkung begonnen, als neue Nachrichten die Nothwendigkeit weiterer Schritte nahe legten. Die Hereros hatten sich schon Dreistigkeiten erlaubt, welchen auch mit 89 Manu nicht hätte entgegengetreten werden können. Der Kaiser hat dann aus meine Verantwortung eine weitere Verstärkung genehmigt, und wenn das Schiff nach Südwestafrika gelangt sein wird, dürsten wir etwa über 250 Soldaten gebieten. Das ist wenig, wird aber hinreichen, um unfern Besitz zu erhalten. und die Polizei für uns und die Engländer, die ihr Geld da unterbringen, vor Insulten der Far- bigen sichern zu können. Wir wollen so unblutig immer mehr Herren des Landes werden. Wir haben es einmal, unter Zustimmung des Volkes ist es deutsche Kolonie geworden; ich lasse mich darüber, wie das gekommen ist, in keine Betrachtung ein. Zu diesen Maßregeln trat noch eine Untersuchung, ob wir nicht anders wo, als gerade in der Walfischbay landen könnten. Dieses fft doch immerhin fremdes Land und außerdem versandet der Hasen immer mehr. Häfen sind bekanntlich an der ganzen Westküste Afrikas nicht vorhanden, man landet überall von der Rhede aus. Es wurde die Mündung des Schwarzen Flusses ausersehen und ein Landungsboot angeschafft. Vor einigen Tagen ist der erste telegraphische Bericht hierüber eingegangen, der günstig lautet. Es sind also alle Vorbereitungen getroffen, die auch, wer auf dem Boden des Grafen Arnim steht, wird billigen müssen. Gras Arnim meint, die Besiedelung wird rasch fortschreiten. Ich will das wünschen. Die bisherigen Versuche sind allerdings nicht ungünstig ausgefallen; aber es ist bisher damit langsam gegangen. Hauptmann v. Franyois bezweifelt, daß die Siedler die schwierigen Wasserverhältnisse überwinden und zum Ackerbau vordringen werden. Es spricht ja manches dafür, einmal einen Versuch mit 49, 59 Familien zu machen. Man hat uns an- geboten, Boeren zu mehreren Tausenden auf einmal in das Land zu lassen. Dem widerspreche ich ganz entschieden. Bei dem Unabhängigkeitsgefühl der Boeren. bei ihrem Anspruch auf eigenes Recht und elgene Verwaltung würden wir mit unserer Polizei- lruppe nicht weit kommen. Wir müssen uns also zunächst auf unsere eigene Kraft beschränken.(Beifall.) Abg. Hammacher(nl.): Mit Genugthuung hören wir, daß daS Reich entschlossen ist, Südwest-Afrika zu erhalten und die« jenigen Maßregeln zu ergreifen, welche das Land sichern sollen. Diese letztere Zusage kommt etwas spät; schon seit Jahren hätten diese Maßregeln ergriffen werden müssen. Ueber die Damaraland - Konzession hat der Reichskanzler nur wenig gesagt. Wäre schon vor Jahren gethan worden, waS der Reichskanzler fetzt gethan hat. so wäre der Zustand der Er- starrung nicht eingetreten, den er beklagt hat. Noch vor wenigen Jahren mußte der deutsche Kommissar selbst sich in Otyimbigue die Thüre weisen lassen; selbst er war nicht genügend geschützt. Der Reichskanzler hat daher kein Recht, sich über die Stagnation in Südwestafrika zu beschweren. Soweit gehe ich nicht zu sagen, daß die Konzesston gegen die Interessen des Reichs ertheilt sei; aber sie ist ohne genügende Rücksicht aus die Reichs-Finanzinter- essen ertheilt. Das Reich hat Steuerfreiheit und zwar auf viele Jahrzehnte ertheilt und alle finanziellen Vortheile aus der Hand gegeben. Wo sollen die Mittel für die Bestreitung der Ausgaben für das Schutzgebiet auf diese Weise herkommen? ist ein Ealtomortale, den die Kolonialverwaltung mit der Ertheilung dieser Konzession gemacht hat. Die South Westafrika -Kompagnie besaß gar kein Kapital in dem Momente, wo sie diese ungeheuren Rechte erhielt. Inzwischen hat ja die Gesellschaft viele Pfund Sterling unterzubringen verstanden, und sich auch mit den Rechtsnachfolgern von Lewis verständigt. Geschädigt sind die deutschen Interessen namentlich durch die Ertheilung einer Eisenbahn-Konzession für alle Eisenbahnen im Schutzgebiete, nördlich vom Wendekreis des Steinbocks. Geh. Rath Kayser: Die Vorwürfe, welche der Vorredner gegen die Ertheilung der Damaralard-Konzession gerichtet hat. muß ich zurückweisen. Weder sind die Interessen der schon im Schutzgebiete wohnenden Deutschen , noch sind die deutschen Reichs- Finanzinteressen verletzt worden. Die Angriffe berücksichtigen nicht den Unterschied zwischen Schutzgebiet und Interessensphäre. Ersteres ist ein staatsrechtlicher, letztere ein internationaler Begriff. In der deutschen Interessensphäre können wir den Verordnungen, welche wir für das Schutzgebiet erlassen, gar keine Geltung verschaffen. „Bestehende Rechte deutscher Reichsangehöriger" sind im wesentlichen nur bei der Kolonialgesellschaft für Deutsch-Südwestafrika vor- Händen. Aus das Land, welches bei dieser Konzession in Betracht kommt, hatte diese Gesellschaft niemals einen Anspruch. Der Vorwurf, daß man die ganze Kolonie mit der Konzession an England ausgeliefert habe, ist ebenfalls hinfällig. Bei der South- West- African Company sind sehr ansehnliche deutsche
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