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bedürftigen, welcher keinen Unterstützungswohnsitz hat, derjenige Landarmenverband einzutreten, in dessen Bezirk sich derselbe bei Eintritt der Hilssbedürstigkeit befand.Hiernach muß", heißt es in der Begründung,der Ortsverband der vorläufigen Unter- stützung demjenigen Landarmenverband, von welchem er die Er- stattung der aufgeivendeten Kosten fordert, den Beweis erbringen, daß der von ihm Unterstützte einen Unterstützungs-Wohnsitz nicht besitzt. Dieser Beweis der Negative ist nicht selten schwierig, ins- besondere dann, wenn die Vernehmung des Unterstützten unmög- lich ist, beispielsweise bei Kindern, bei schwerkranken, alsbald ver- sterbenden Personen, bei abgeschobenen Idioten, Irren oder Taub- stummen, sowie dann, wenn es sich um die Kosten der Beerdigung aufgefundener unbekannter Leichen handelt." Es wird deshalb im Entwurf vorgeschlagen, statt der Worte: wenn der Unterstützte keinen Unterstützungswohnsitz hat", zu setzen:wenn ein Unterstützungswohnsitz des Unter- stützten nicht zu ermitteln ist." Zwischen die Absätze 1 und 2 des tz 30 soll folgender neue Absatz eingeschoben werden:Der Beweis, daß ein Unter- stützungswohnsitz des Unterstützten nicht zu ermitteln gewesen ist, Silt schon dann als erbracht, wenn der die Erstattung fordernde Irmerwerband dargelegt hat, daß er alle diejenigen Erhebungen vorgenommen hat, welche noch Lage der Verhältnisse als geeignet zur Ermittelung eines Unterstützungswohnsitzes anzusehen waren. Wird nach der Erstattung ein Unterstützungswohnsitz des Unter- stützten nachträglich ermittelt, so ist der Armenverband, welcher die Erstattung vorgenommen hat. berechtigt, innerhalb zweier Jahre, vom Ablauf desjenigen Jahres ab, in welchem die Er- stattnng erfolgt ist, von dem Armenverbande des UnterstützungS- Wohnsitzes für die gewährte Unterstützung und für die diwch nach- trägliche Ermittelungen entstandenen Kosteil Ersatz zu be- anspruchen." Zum Schluß wird vorgeschlagen eine Verschärfung des ß 361 des Strafgesetzbuchs. Es soll mit Haft be- straft werden,wer, obschon er in der Lage ist, diejenigen, zu deren Ernährung er verpflichtet ist, zu unterhalten, sich der Unter- Haltpflicht trotz der Aufforderung der zuständigen Behörde derart entzieht, daß durch Vermittelung der Behörde fremde Hilfe in Anspruch genommen werden muß." Daß die Altersgrenze für die Fähigkeit zum Erwerb und Verlust des Unterstutzungswohnsitzes herabgerückt wird, ist ein nothwendiges Ergebniß unserer wirthschaftlichen Eutwickelung; es geschieht hauptsächlichum dessentwillen", wie die Begründung es ausdrückt,weil es(das 13. Lebensjahr) als durchschnitt- lich späte st er Zeitpunkt für die Erlangung w irt h s ch aftlich er Selbständigkeit erachtet wurde". Es heißt ferner:Diese Zeitbestimmung(die alte: 24. Lebensjahr)... hat in Verbindung mit der weiteren Vor- schrift. daß der Unterstützungswohnsitz durch eine zweijährige Ab- Wesenheit verloren wird, zur Folge, daß die Armenlast hinsichtlich der vielfach schon im Alter von IL Jahren aus der Heimath verziehenden Leute bis zu deren vollendetem sechsundzwanzigsten Lebensjahre dem Heimathsort verbleibt. Schon bald nach Jnkrafltreten des Gesetzes, insbesondere nachdem insolge des großartigen Aufschwungs der Industrie ein Massenwegzug der ländlichen Arbeiter in die Jndustriebezirke stattfand, sind hierüber lebhaste Klagen von der Bevölkerung des platten Landes laut geworden." Die Herabsetzung der Altersgrenze entlastet die Land- bezirke auf Kosten der städtischen Gemeinwesen, vor allem der Großstädte und großgewerblichen Bezirke. Die ländlichen Arbeiter flüchten aus dem ostelbischen Großgrundbesitzer- Paradies nach Westen. Daß der Entwurf, um drese agrarierfreundliche Bestimmung zu decken, den frühen Beginn der wirthschaftlichen Selbständigkeit des Proletariers so offen zugiebt, ist wohl zu beachten. Da liest man:Ein Festhalten an der bisherigen Altersgrenze für den selbständigen Erwerb und Verlust des Unterstutzungswohnsitzes würde nur dann begründet sein, wenn die Annahme zuträfe, daß die wirlhschaftliche Selb- ständigkeit des Individuums erst mit dem vierundzwanzigsten Lebensjahre einträte. Für manche Gesellschaftsklassen mag dies der Fall sein, nicht aber für die bei der Armenpflege hauptsächlich in Betracht kommende Arbeiterbevölkerung. Im Gegentheil, die Erfahrung des täglichen Lebens zeigt, daß der Arbeiter von dem ihm nach dem Freizügigkeitsgcsetz zustehenden Recht, sich den Ort seines Aufenthalls und seineu Erwerb»nein- geschränkt zu wählen, oft schon sehr zeitig, in manchen Landes- .theilen bald nach der Einsegnung, Gebrauch macht. T h a t- sächlich beginnt die wirlhschaftliche Selbständigkeit, welche gr-undsätzlich für den Erwerb und den Verlust des Unterstützungs- Wohnsitzes maßgebend sein soll, in dem Arbeiterstande mit dem Eintritt in eine selbständige Arbeitsthätig- keit(als landwirthschastlicher oder Fabrikarbeiter, Dienst- magd u. f. w.); zu der Großjährigkeit oder gar zu dem vierund- zwanzigsten Lebensjahre steht dieselbe in keiner Beziehung." Wenn wir aber die Wahlfähigkeit mit Beginn der öffentlich- rechtlichen Mündigkeit, also drei Jahre nach Beginn der wirthschaftlichen Mündigkeit heischen, ist die Reaktion stocktaub. Die Kommisston zur Vorberathuna der lo» Heinze begann heute ihre zweite Lesung.§ 180 bestraft wegen Kuppelei den, der gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz der Unzucht durch Gewährung oder Verfchaff'wg von Gelegenheit(also auch durch Bermiethen) Vorschub leistet. Der Vorschlag der Regierungs - vorläge, eine Lokalisirung der Prostitution in bordellähnlicher Weise festzusetzen, wurde vom Abg. P a y e r wieder aufgenommen, fieis aber gegen die Stimmen des Antragstellers, der National- liberalen und eines Theils der Konservativen. Der Abgeordnete Dr. Stephan machte den Versuch, diegewerbs- mäßige Unzucht" unter Strafe zu stellen. Seine ideologischen Anschauungen wurden insbesondere von Bebel, Paper, Munckel und Stadthagen bekämpft. Wenn man überhaupt Unzucht be- strafen wolle, so solle man doch konsequent das Kriterium der Gewerbsmäßigkeit streichen und jede Unzucht bestrasen, nicht aber einseitig das schwache Geschlecht dafür strafbar machen. Weit näher käme man wohl dem Volksbewußtsein, wenn man den außer- ehelichen Beischlaf als Unzucht überhaupt nicht austass«. Es sei allein richtig, die Prostitutionsursachen zu bekämpfen, d. h. durch soziale Besserstellung der Mädchen, durch Erhöhung der Lohne , durch Freigabe des Koalitionsrechtes es thun- lichst zu verhindern, daß weibliche Wesen gezwungen sind, aus der Hingabe ihres Körpers-itt Gewerbe zu machen. Aller- dingS sei ja in der heuttgen Gesellschaftsordnung die Prostitution auch durch solche Mittel nicht zu beseitigen, wohl aber einzuschränken. Solle man Mädchen, dre 60, 60 Pf. täg­lich verdienen, dafür bestrafen, daß sie nicht mehr ver- dienen können? Der Antrag Stephan fiel durch. Schließlich gelangte ein Antrag Dr. Pieschel's durch die Stimmen unserer Genossen(nämlich mit 11 gegen 10 Stimmen) zur Annahme, welcher der Ausbeutung Prost. tuirter durch Wirthe in etwas einen Riegel vor- schiebt und ein Wohnungsrecht den Prostituirten giebt. Bekanntlich kouzesstonirt das Gesetz gewisserniassen die Prostitution(§ 361 Sir. 6 St.-G.-B 1, bestraft aber nach konstanter Praxis diejenigen, die Prostituirte bei sich ausnehmen. Naturgemäß wird der Mieths- preis, den Prostituirte zu zahlen haben, durch das Risiko der Wirthe, angeklagt zu werde», erhöht, und gleichzeitig der unHalt- bare Zustaud geschaffen, daß Prostituirte eigentlich nirgends wohnen können. Mit Recht meinte ein bekannter Polizeilieutenant in Berlin der Vorhaltung seines Chefs gegenüber, daß in seinem Revier so viele Prostituirte wohnen: na, irgendwo müssen doch diese Wesen wohnen. Das Reichsgericht steht schon in dem Ver- miethen einer Wohnung an Dirnen, in der st» ihr polizeilich reglementirtes Gewerbe ausüben, ein Borschubleisten der Unzucht, eine Kuppelei. Der Antrag Pieschel stellt das bloße Vermiethen der Wohnung an Prostituirte nur dann unter Strafe, wenn eine Ausbeutung der Mädchen(durch hohe Miethe, hohe Preise für Kost«.) stattfindet. Die nächste Sitzung findet am 3. März, Vor- mittags 10 Uhr, statt. k>artetnarl«».'ilhken. Parteigenossen! In den letzten Jahren ist bekanntlich jeweikcn zum 18. März von derBerliner Volkstribüne" eine auf rothcm Papier ge- druckte Märznummer herausgegeben worden. Da mit Neujahr dieVolkstribüne" ihr Erscheinen eingestellt hat, so wird zum diesjährigen 13. März auf Anregung das TeltowerVolks- blatt" als Ersatz eine rothe Märznummer erscheinen lassen. Das TeltowerV o l k s b l a t t" ist bekanntlich Partei- Nnternehmen und fließt mithin der ans dieser Märznummer eventuell erzielte Ueberschuß nicht in Privathände, sondern kommt der Partei zu gute. Da nun. wie durch Prospekte und Plakate angekündigt, auch von anderer Seite auf den 13. März eine sog.Märznummer" herausgegeben wird, so erklären wir, daß mit Ausnahme der Teltowcr ,Volksblatt"-Ausgabe alle von Berlin oder Umgebung aus sonst angekündigten Zeitungen für de» 18. März als Privat- Unternehmungen zu betrachten sind. Parteigenosse», zersplittern wir daher unsere Kräfte nicht, sondern treten wir vereint für die Verbreitung der rothe» Nummer deS TeltowerVolköblatt" ein. I. A.: H. W e r n e r, Vertrauensperson des zweiten Berliner Neichstngs-Wahlkreises. ITC). Die Parteipresse wird um Nachdruck gebeten. ** Protestverfammlungen gegen die Militärvorlage wurden weiter abgehallen in Leumnitz (Ref. Leven- Gera), Win- dischenbernsdorf(Ref. ReichstagLabgeordneter Wurm), Loßnitz(Referent R o s e n o w- Chemnitz), Eving (Ref. Nüchtern- Dortmund), Gernsheim (Referent Reichstags- Abgeordneter I ö st- Mainz ), Gablenberg (Referent B e h r- Stuttgart ), Ho r st(Dieser. Theiß- Hamburg ), Burgfarrn­ bach (Ref. S e g i tz- Nürnberg ). Zur ReichötagSwahl in' Lieguitz veröffentlicht der in Langenbielau erscheinendeProletarier" folgende Erklärung: Wir empfehlen den sosialdemokratischen Wählern bei der am 4. März stattfindenden Stichwahl zum Reichstage S t i m m e n- Enthaltung. In keinem Falle darf ein sozialdemokratischer Wähler seine Stimme dem Antisemiten(Hertwig) gebe». Das sozialdemokratische Wahlkomilee des Wahlkreise- Liegnitz- Gold- berg-Haynan." Gemeindewahlen, 28 e v e r n(Braunfchweig) haben die Stichwahlen uns zwei weitere Mandate emgebracht; die Zahl der sozialdemokralischen Vertreter im Gemeinderath beträgt nunmehr drei. Der Sieg war ein glänzender. Der sozialdemokratischen' Fraktion sprach für ihr Ver- halten bei der Z ukun s ts st aa ts-D e bat t e eine große Volksversammlung in Halle volle Zustimmung aus und forderte sie auf, auch ferner mit aller Energie für die Arbeiter- interesseu einzutreten. Aehnliche Erklärungen liegen aus allen Orten vor. wo bisher über die Angelegenheit referirt wurde. So aus Barmstedt , wo nach einem Referate des Hamburger Genossen Theiß die Versammlung in einer einstimmig an- genommenen Resolution u. a. erklärte:Insbesondere ist sie der lleberzeuguiia, daß in der sünstägigen Zukunststaat-Debatte des Deutschen Reichsiages seitens der Gegner nur Blech ge- schmiedet worden ist und daß die sozialdemokratischen Ab- geordneten den Standpunkt der Sozialdemokratie würdevoll vertreten haben. In der Verwirklichung des sozialdemokra- tischen Programms erblickt die Versammlung das Ziel, nach welchem wir mit allen Mitteln streben müssen." Partei- Organisation.'Ter Sozialdemokratische Verein Alt-Leipzig(innere Stadt ) zählt gegenwärtig rund 350 Mit­glieder. Parteifinanze«. Kreis Homburg v. d. H., Jahres- Einnahme des Verlraueusmannes 464,36 M., Ausgaben 336,40 M. Erster westprensiischcr Parteitag. Elbing . Nach der Wiedereröffnung wird in die Verhandlung über den dritten Punkt der Tagesordnung: Landagitation und Presse, eingelreten. Ge- noffe Fichtemann führt aus. daß es ein berechtigter Wunsch der Genossen sei, eine Zeitung zu schaffen, welche den Gegnern Stand zu halten vermöge. Einer Partei der Armen, wie es die unselige ist, halte es aber schwer, die Mittel dasür auszubringen. Es sei einleuchtend, daß nicht von vornherein berechnet werden dürfe, ob das Unternehmen sich auch rentire, vielmehr sei in erster Linie das Bedürsniß des Volkes maßgebend. Und das Bedürsniß nach einein Organ sei in weiten Schichten vorhanden. Vom Parteilage in Berlin wäre ja auch der Antrag, eine Zeitung für Ost- und Westpreußen zu gründen, angenommen worden; eigenthümlich sei nun aber die Stellung, welche die Königsverger Genossen in dieser Frage einnehmen. Deren Bestreben, ein tag- lich erscheinendes Blatt zu gründen, laffe sich nicht mit den Bedürfnissen der Provinz vereinigen. In Betracht zu ziehen sei serner, daß bei der Entscheidung über den Ort, wo ein solches gemeinschaftliches Blatt erscheinen solle, die Wahl doch auf Königsberg fallen wurde. Werse man die Frage aus, warum die Königsberger Genossen ihr früheres Blatt nicht zu halten vermochten, so habe dies einerseits an der Ucbereilung dieser Genossen gelegen, andererseits aber daran, daß die Partei» leilung, durch den Beschluß des Parteitages in Halle gebunden, keine genügende Unterstützung gewähren konnte. Auch bei Grün- oung emes neuen Blattes in Königsberg würden Zuschüsse er« forderlich fem, vielleicht wieder in solchem Maße, daß der Partei die Last zu groß würde. Der Redner kommt zu dem Schlüsse, daß die Frage noch nicht spruchreif ist. Es sei daher das Ver- nünftigste, daß man für bessere Verbreitung der bestehenden Partei- blätter sorge. I o ch e m- Danzig ist nicht der Meinung, daß die Zeitungs- frage für Ost- und Westpreußen noch nicht spruchreif sei. Das Bedürsniß bestehe schon lange, wie die Gründungen von Blättern in den Provinzen bewiesen. Aus welchen Gründen dies« Blätter zu Grunde gegangen sind, läßt, sich nicht genau feststellen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sind die Unternehmen nicht mit der nöthigen Sorgfalt geleitet worden. Der Parteivorstand empfiehlt, daß ein Blatt, verbunden mit demTeliow-Beeskower Bolksblatt" unter Auf- nähme der für die Provinzen wichtigen Mittheilungen und Nach- richten, wöchentlich dreimal erscheine. Dieses Unternehmen wird jedenfalls nicht genügen, da die Zahl der Abonnenten nur klein bleiben wird. Trotzdem ist es wohl das Beste, wenn man dem Borschlage des Parteivorstandes zuflimint, und namentlich, da in Aussicht gestellt ist, bei genügender Abonnentenzahl das Blatt sechsmal wöchentlich erscheinen zu lassen. Guri-Danzig spricht gleichfalls dafür, daß dem Vorschlage des Partei- Vorstandes zugestimmt wird, ebenso Herrmann-Elbing. Bugs-Bromberg schildert die Erfahrungen, die er mit der Verbreitung von wöchentlich einmal erscheinenden Zeitungen gemacht hat und empfiehlt die Annahme des Vorschlages des Parteivorstandes, nur hätte er gewünscht, daß der Parteivorstand schon auf dem Parteitage in Berlin die heu« gegebene Aus- kunst ertheilt hätte. Es sprechm noch verschiedene Redner für und gegen den Vorschlag des Parteivorstandes und wird be- schloffen, den Parteivorstand zu ersuchen, eine Zeitung für West- preußen , in Verbindung mit demTeltow-Beeskower Volksblatt" dreimal wöchentlich erscheinend in Danzig herauszugeben. Ge- nosse Fichtemann schildert sodann die Schwierigkeiten der Landagitation und empfiehlt, daß die Genossen, die in den Städten wohnen, aber auf dem platten Lande aufgewachsen sind, mit ihren Angehörigen oder Bekannten auf dem Lande Fühlung suchen und dort fortgesetzt durch schriftlichen oder mündlichen Verkehr für die sozialistische Bewegung agitiren. Von Werth für die Agitation ist, daß die Flugblätter, welche in der Provinz verbreitet werden sollen, von den Genossen des be- treffenden Wahlkreises selbst geschrieben werden. Die Agitation ist zu schwierig und müssen manche Kleinigkeiten be- rücksichtigt werden, welche dem außerhalb des Kreises wohnenden Genossen vollständig entgehen. Bei der Laudngilation ist alles zu vermeiden, was unter der Landbevölkerung böses Blut erregen imd sie anscheinend beleidigen könnte. Werden alle diese Punkte berücksichtigt, dann wird der Erfolg nicht aüsbleiben. Die bis jetzt erzielten Fortschritte beweisen dies. Wenn die Leute, welche vollständig von dem Gutsbesitzer abhängig sind und eventuell mit Weib und Kind auf die Straße geworfen werden, schon heute sich für die Bewegung durch Abgabe des Stimmzettels er- klären, wie viel mehr wird dies geschehen, wenn die Arbeiter etwas unabhängig gestellt werden und besonder? eine kürzere Arbeitszeit erhallen. Mündlich und schriftlich muß agilirt werden, dann müssen und werden wir vorwärts kommen. G e r w a l d- Danzig schildert in einer Reihe einzelner Darstellungen die Schwierigkeiten der Landagilation, aus welchen hervorgeht, daß trotz aller MißHelligkeiten der Boden für die Bewegung durchaus günstig ist und nur geschickler und fleißiger Beackerung bedarf. In ähnlichem Sinne spricht Gurni- Danzig . I o ch e m- Danzig wünscht, daß der Parteitag ent- scheiden möge, ob die Bestimmiing weiter bestehen soll, daß das Agitationskomitee in Königsberg seinen Sitz hat. Die Ver- Haltnisse werden es nothwendig niachen, daß ein besonderes Komitee zur Agitation in Westpreußen eingesetzt wird. Zum mindesten müßte das Königsberger Komitee dahin reorganisirt werden, daß in demselben einige Genossen aus West- preußen Platz finden. Das Konntee muß sich fester organisiren und außerdem mit größeren Mitteln unter- stützt� werden. Nachdem noch verschiedene Redner zur Sache gesprochen, wird beschlossen, ein besonderes Agitatious- komitee für den Wahlkreis einzusetzen. Das Komilee soll aus drei Personen bestehen und seinen Sitz in Danzig haben. Die Wahl der Komitcemitglieder wird den Danziger Genossen überlassen. Ter letzte Punkt der Tagesordnung wird abgesetzt, da bei der geringen Vertretung auf dem Parteitage sich nicht genügend Per- soiieii für die Kandidaturen finden. Damit ist die Tagesordnung erledigt und schließt der Vorsitzende den ersten westpreußischen Parteilag mit einem Hoch aus die Sozialdemokratie, in das die Telegirten und anwesenden Gäste begeistert einstimmen und dann stehend die Arbeiter-Marseillaise singen. Todtcnliste der Partei.'Gestorben ist in Weimar der Parteiaeuosse Krumpholz. »» Polizeiliche? , Gerichtliches er. Genosse G. Ad. G la d ew itz in Zwickau hat die Aufforderung erhalten, am 6. März die wegen Beleidigung der Bergwerksverwaltung gegen ihn erkannte Strafe von einem Jahre Gefängiiiß anzutreten. Er hatte die Wiederaufnahme des Ver- fahrens beantragt, ein Gesuch, das hoffentlich noch nicht er- ledigt ist. Der Venirtheilung des Redakteurs Dr. Diederich in Dortmund lagen zwei Anklagen, und zwar eine wegen Be- leidigung der Gelsenkirchener Polizei, die andere wegen Be- leidigung des Oder- Bürgermeisters Schmieding zu Grunde. Der Slaatsaiiwalt beautragle eine Gesammtstrafe von 1 Jahr 3 Monaleu Gesängniß, das Gericht erkannte, wie schon erwähnt, auf 8 Monate, und gab dem Antrage des Verlheidigers auf Entlassung Diederichs aus der Untersuchungshast statt für den Fall, daß 10 000 M. Kaution gestellt würden. Bemerkt sei noch, daß der Redakteur Dr. Diederich geschlossen im Wagen zum Gericht gebracht wurde. Als der Vertheidiger beantragte, das Fesseln bei der Rückfahrt zu unterlassen, genehmigte der Vor­sitzende solches als ein.e Ausnahme, für die er persönlich die Verantwortung tragen müsse. Ctcmnmmnles. Stadtverordneten-Versammlung. Oeffentliche Sitzung vom Donnerstag, den 2. März, Nachmittags 6 Uhr. Die Einführung und Verpflichtung des neugewählten Etadtv. L e m ck e erfolgt in üblicher Weise. Der Stadtälteste, frühere Stadtrath S a r r e ist gestorben; die Versammlung ehrt sein Andenken durch Erheben von den Sitzen. Stadtv. Singer zeigt Mtägigen Urlaub an. Die Ausivahl der im Etatsjahre 1893/94 neu- bezw. umzupslasternden Straßen und Plätze ist von dem dafür niedergesetzten Ausschuß feagesetzt worden. Das Verzeichniß der 15 neu zupflasternden Straßenstrecken beantragt Stadtv. H e i l m a n n im Etatsansschusie nochmals prüfen zu lassen. Dl« hier in Frage kommenden Straßen seien zum Theil noch gar nicht bebaut(Lachen), wenigstens zum größeren TheU noch nicht benannt. Bei der heutigen Finanzlage müsse man überall zu sparen versuchen; Störungen des Bertehrs würden dadurch nicht entstehen. Stadtv. D i n s e: Auf die Finanzlage lasse sich doch ein so ungewöhnlicher Antrag nicht begründen. Seit undenklicher Zeit sei so jvie diesmal verfahren worden. Bei der Elatberathung sei es ja der Versammlung unbenommen, einen Abstrich an der Ausgabeposition für Pflasterungen zu machen; dann würde es Sache der Verwaltung sein, unter den Straßenstrecken eine Aus- wähl zu treffen und die weniger dringlichen Pflasterungen aus» zuscheiden. Stadtv. Deter beantragt, auch den noch nicht aSphaltirten Theil der Spandauerstraße in die Vorlage einzubeziehen. Stadtv. Borgmann: Ich weiß nicht, ob Herr Heilmann bei seinem Antrage die Arbeitslosigkeit des letzten Winters vor­geschwebt hat(Widerspruch und Sehr richtig!). Eine ganze Reihe von Straßen befindet sich in einem der Stadt Berlin nicht würdigen Zustande. Ich habe selbst Gelegenheit gehabt zu sehen, daß dies sogar im bevorzugten Westen der Stadt der Fall ist; dort herrschen theilweise Zustünde, die uns deschämen müssen. Wir haben vor kurzem Anträge vom Magistrat bekommen, welch« viel größere Summen in Aussicht nehmen, und da hat man aus die Finanzlage keine Rücksicht genommen. Ich muß mich wundern, daß hier in der Versammlung Jemand gegen gutes Pflaster austreten kann. Lehnen Sie den Antrag ab! Stadt. Gerth tritt für den Antrag Heilinann ein. Der Etatsausschuß müsse bei der jetzigen Finanzlage prüfen, ob die Siadt auch diesmal wieder Millionen für Neupflasterungen aus- geben könne. Man habe Jahrzehnte lang Millionen, m einem Jahre mehr als 3 Millionen für solche Pflasterungen be- willigt; ob das so weiter gehe, müsse jetzt prinzipiell untersucht werben. Stadtbaurath Hobrecht bittet, ans praktischen Gründen den Antrag abzulehnen. DerPflasterausschuß" sei die kompetente Stelle zur Beurtheilung des Bedürfnisses; im Falle der Nothwendigkeit einer Reduktlon aus finanziellen Gründen werde der vom Stadtv. Dinse gezeigte Weg zu beschreiten