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lveg in nordöstlicher Richtung dadonzogen. Dementsprechend wurde das Ziel der Ort Oranienburg  , etwa 30 Kilometer nordöstlich von Berlin  , gewählt. Beteiligt an dieser ersten Fahrt sind größten- teils deutsche Ballons. Nur einige Belgier und der österreichische BallonRadetzky" treten mit ihnen in Konkurrenz. Die Wind- stärke beträgt 5 Meter pro Sekunde, also ein ziemlich mähiger Wind. Der Start nahm infolgedessen 2 Stunden in Anspruch. Die Ankunft in Oranienburg   wird gegen 5 Uhr erwartet. Der Start begann pünktlich um 2 Uhr. Als erster Ballon stieg der kleine belgische BallonL'Aero" auf. Die Ballons wurden alle an eine Stelle in einer Ecke des Feldes geschleppt, wo die Startkommission Aufstellung genommen hatte. Einige kurze Kom- mandos des Präsidenten der Kommission:Achtung! LosI" und die Ballons stiegen in die Lüfte, vom Publikum stürmisch akklamiert. In rascher Aufeinanderfolge mit Pausen von 2 bis 3 Minuten folgten dann die anderen Ballons. Der Start ging durchweg glatt vor sich und war um?�3 Uhr beendet. Um diese Zeit sah man noch zirka 12 bis 15 Ballons in der Luft schweben, während die übrigen bereits den Blicken der Zuschauer entschwunden waren. Neber den Verlauf der Fahrt liegen folgende Nachrichten vorr Oranienburg  , 10. Oktober. 5 Minuten vor 4 Uhr wurden 9 Ballons gesichtet. Die Ballons bewegten sich in der Richtung auf Schmachtenhagen und Zehlendorf  . Sie waren von etwa drei bis vier Dutzend Automobilen begleitet. Oranienburg  , 10. Oktober. Nachdem bekannt geworden, daß das Ziel für die große Ballonwettfahrt bei Schmachtenhagen sich befinde, begaben sich zahlreiche Zuschauer nach der dort befindlichen Mühle. Bald trafen auch zahlreiche Automobile aus Berlin   ein, um dem Schauspiel der Ballonlandung beizuwohnen. Die meisten Ballons, gegen 20, landeten zwischen Schmachtenhagen und Zehlen- dorf, 0 zwischen Friedrichsthal   und Malz, während einige in der Richtung nach Liebenwalde   weitergeflogen waren. Nach den bis- herigen Feststellungen scheint der Ballon Nr. 14Elberfeld  ", Führer Meckel, am nächsten vom Ziel niedergegangen zu sein, ungefähr 330 Meter entfernt. Als nächster ist ein Ballon, wie es heißt Nr. 13, BallonRhein  ", Führer Hauptmann v. Rappard, in einer Entfernung von 050 Meter vom Ziel gelandet. Oranienburg  , 10. Oktober. Bei Nassenhaide wurde ein Wagen, 'auf welchem eine Frau fuhr, von einem einen Ballon verfolgenden Automobil angerannt, wobei das Fuhrwerk in Trümmer ging und dir Frau schwer verlebt wurde. Berlin  , 10. Oktober. Der Start zur Zielfahrt der Anter- nationalen Ballonfahrten vollzog sich glatt in der Zeit von 2 Uhr bis 2 Uhr 45 Minuten. Außer demGroß" sind der belgische BallonCondor  " und der deutscheMünchen  " nicht gestartet. Bis 9 Uhr abends lagen Meldungen von dsr glatten Landung folgender elf Ballons vor:Podewils  "(42(j Meter vom Ziel entfernt),Rhein  "(693 Meter),Bezold"(800 Meter),Aero"(905 Meter).Pegnitz  "(920 Meter),Köln  " (1050 Meter),Ernst"(1400 Meter), ferner ohne Angabe der Entfernung>m Ziel«Aero II",Roitelet",Radio Solaire", Elberfeld"._ Die Borstrafen des Kutschers  . Der Zentralausschuß Berliner   kaufmännischer, gewerblicher und industrieller Vereine hat sich wegen Ueberhandnahme der Kollidieb- stähle an den Polizeipräsidenten mit einer Eingabe gewandt. Der Verein teilt nun als Ergebnis folgendes mit:Der Polizeipräsident hat erneut Veranlassung genommen, die betreffenden Beamten der Kriminalpolizei und der Reviere nochmals auf die Wichtigkeit dieses speziellen Zweiges kriminalpolizeilicher Tätigkeit hinzuweisen. Die seitens des ZeutralausfchuffeS weiter gewünschte Auskunfterteilung über etwaige Lorstrafen der Angestellten kann nach Ansicht des Polizeipräsidenten generell nicht in Frage kommen. Dagegen kann in geeigneten Einzelfällen interessierten Privatpersonen Auskunft über Vorstrafen der bei ihnen in Vertrauensstellung be« findlichen Personen oder der Bewerber um solche Stellen erteilt werden. Die Auskunft kann insbesondere in allen Fällen erfolgen, in denen die in Frage kommende Person ihre Zustimmung hierzu er- teilt. Deshalb wird es sich empfehlen, Kutscher   nicht anzunehmen, wenn sie im Zweifelsfalle ihre Zustimmung zur Einholung der Vorftrafcn-Auskunft verweigern." Wir halten es für gänzlich ungehörig, von vornherein die Kutscher   in den Verdacht des Diebstahls zu bringen. Viele Kolli- diebstähle werden verübt, weil die Kutscher   vielfach genötigt sind, den mit KolliS beladenen Wagen eine Zeitlang ohne Aufsicht zu lassen, so fragwürdigen Personen Gelegenheit zum Diebstahl bietend. Würde genügend Personal zur Verfügung stehen, würde mancher Kollidicbstahl weniger vorkommen. Die Kutscher   kommen bei einem Diebstahl in eine schlimme Lage; einmal riskieren sie, schadenersatz- pflichtig gemacht zu werden oder ihre Stellung zu verlieren zum anderen geraten sie in den Verdacht, selbst die ab- Händen gekommenen Waren gestohlen zu haben. Für ihre schwere Stellung werden sie dann noch schlecht entlohnt und obendrein als eine Menschensorte zweiter Klasse hingestellt, bei deren Engagement sich jeder vorsehen müsse. Was würde werden, wenn die Arbeiter vom Polizeipräsidium daS gleiche Entgegenkommen verlangten? Würde das Polizeipräsidium ebenso entgegenkommend sein und beispielsweise Bauarbeitern Auskunft geben,ob der Baumeister, bei dem sie in Arbeit stehen, wegen Betrug bestraft ist oder schon den Offenbarungseid geleistet hat? Wir sind überzeugt, daß man in diesem Falle von Unverschämtheit und dergleichen reden würde. Und doch wäre das Verlangen ziemlich dasselbe. Aussichtsloser Polizeieifer. Wer bestohlen worden ist und nun die Polizei in Bewegung setzen will, der wird gut daran tun, sich nicht allzuviel zu ver- sprechen. Wenn Du den Spitzbuben gleich mitbringen kannst, hält die Polizei mit sichcrem Griff ihn fest und nimmt ihm auch das gestohlene Gut ab, sofern er's noch hat. Wenn aber das gestohlene Gut samt dem Spitzbuben erst ermittelt werden soll, dann ist die Sache natürlich sehr viel weniger einfach und endet nicht immer mit so glücklichem Erfolg. Das ist nun einmal nicht anders und erklärt sich aus der UnVollkommenheit aller menschlichen Einrich. tungen, zu denen wir auch die Polizei zu rechnen uns erlauben, wiewohl der Pastor sie als von Gott gesetzet preist. Die Polizei scheint sogar selber von dem Gefühl ihrer menschlichen Schwachheit durchdrungen zu sein, denn sie erklärt gegenüber solchen Erwitte- lungsaufgaben manchmal sehr rasch, daß sie machtlos sei. Diese Erfahrung hat auch ein Droschkenkutscher H. machen müssen, dem auf einem Fuhrhof in der Petersburger Straße sein Mantel vom Wagen herunter gestohlen worden Ivar. Kinder hatten ihm gesagt, wahrscheinlich sei eine auf demselben Grundstück wohnende Frau V. die Diebin. H. lief zur Polizei, meldete den Diebstahl und erwähnte auch den gegen die Frau ausgesprochenen Verdacht. Ihm wurde geantwortet, auf Aussagen von Kindern könne man nicht viel geben. In dem Er- mittelungsverfahren wurde dann aber auch die angedeutete Spur verfolgt. Der Verdacht gegen Frau V. verstärkte sich dadurch, daß sie kurz nach dem Abhandenkommen des Mantels einen Korb weg- geschafft hatte. Sie gab hierzu die Auskunft, der Korb sei nach Köln   geschickt worden. Da die Polizei mit ihren Nachforschungen kein Glück hatte, so wurde H. ungeduldig und drohte mit Beschwerde. H. nahm offenbar an, daß die Polizei, die doch sonst jeden vor- schriftswidrig fahrenden Droschkenkutscher zu erwischen sich bemüht, in dieser ihm wichtiger erscheinenden Angelegenheit nicht in vollem Umfange ihre Pflicht getan habe. Ihm war es besonders darum zu tun, wenigstens den Mantel wiederzukriegen. Schon hatte er alle Hoffnung aufgegeben, da erschien eines Tage? auf dem Grund» stück ein Bote, fragte nach Frau V. und ließ ihr durch die Portier- frau bestellen, sie solle endlich den Korb abholen, den sie einem in einer Nachbarstraße wohnenden Schankwirt in Verwahrung gegeben habe. Die Portierfrau wurde stutzig, sie dachte an den Diebstahl, und rasch alarmierte sie ein paar Droschkenkutscher. Diese gingen zu dem Schankwirt, der Korb wurde geöffnet und, siehe da! in ihm lag wohlverpackt der gestohlene Mantel, zur großen Ueberraschung nicht nur der Droschken- kutscher, sondern auch des Schankwirtes, der den Korb nichtsahnend in Verwahrung genommen habe. Selbswerständlich erhielt auch die Polizei sofort Kenntnis von diesem Ausgang der Diebstahls- affäre. Der Korb wurde am 25. September ermittelt. H. freute sich des wiedererlangten Mantels, da bekam er am 1. Oktober vom Ersten Amtsanwalt des Amtsgerichts Berlin- Mitte die folgende vom 28. September datierte Zuschrift:Das Ermittelungsverfahren betreffend den am 28. August 1908 gegen Sie verübten Diebstahl habe ich eingestellt. Die Nachforschungen haben zur Ermittelung des Täters und des abhanden gebrachten Gutes nicht geführt; es besteht auch keine Aussicht mehr, dessen noch habhaft zu werden. Der gegen Frau V.... angeregte Ber  - dacht hat keine Bestätigung gefunden." Also für den Herrn Ersten Amtsanwalt, der sich natürlich auf dieErmittelungen" der Polizei verließ, bestandkeine Aussicht mehr", des Mantels noch habhaft zu werden. Aber da hatte er eigentlich nicht Unrecht. Eines Mantels, der längst wieder seinem Eigen- tümer zurückgegeben worden war, hätte die Kriminal- Polizei allerdings schwer noch habhaft werden können. Da war wirklich aller Eifer der Polizei aussichtlos, wenn sie nicht den Eigentümer selber als vermeintlichen Dieb festhalten und ihm seinen Mantel vom Leibe ziehen wollte. Herr H. hat nunmehr dem Ersten Amtsanwalt des Amtsgerichts Berlin-Mitte schriftlich mitgeteilt, daß sein Mantel längst in dem Korb der Frau V. gefunden worden ist. Der Herr Erste Amts- anwalt dürfte ein etwas längliches Gesicht gemacht haben, als ihm diese Botschaft zu Gesicht kam. Unbegreiflich ist, daß nicht schon die Polizei ihm Mitteilung hiervon gemacht haben sollte. In drei Tagen, vom 25. September bis zum 23. September, mußte sich doch das bißchen Schreibarbeit erledigen lassen, das nötig war, um den Herrn Ersten zu benachrichtigen und ihn vor diesem Reinfall zu bewahren._ Die Verpachtung von städtischem Laubenland. Die städtische Grundeigentumsdeputation hat beschlossen, die Bedingungen bei der Verpachtung von städtischem Laubenland zu ändern und zwar dahin, daß der Pächter nicht befugt sein soll, auf dem Pachtstück einen Ausschank oder Verkauf geistiger Getränke einzurichten oder zu dulden; auch darf er den Unterpächter oder einen Dritten nicht verpflichten, von ihm oder einem anderen geistige Getränke aus Geschäftslokalen zu entnehmen oder sich liefern zu lassen. Die Deputation will mit diesen Aenderungen den Klagen über den Zwang steuern, der hier und da in den Laubenkolonien bezüglich des Ausschanks geistiger Getränke geübt wird. In ber gestrigen Sitzung der Deputation für die stabtischen Krankenanstalten und öffentliche Gesundheitspflege wurde be- schlössen, an allen städtischen Krankenhäusern Zahnärzte an- zustellen. Da am Rudolf-Virchow-Krankenhause schon Zahnärzte amtieren, kommen noch fünf Krankenhäuser in Betracht. AnS dem Krankenhause Moabit   wird uns gemeldet, daß dort eine Anzahl Scheuerfrauen ihre Kündigung er- halten haben. Es sind Frauen darunter, die bereits lange Zeit in dieser Anstalt tätig waren und sich jederzeit gut geführt haben. Die Frauen werden gerade jetzt, wo eS wieder zum Winter geht, durch den Verlust ihrer Beschäftigung sehr hart getroffen. Ueber die Gründe der Kündigungen sind allerlei Gerüchte im Umlauf. Die Vermutung, daß es sich bei dieser Maßregel eigentlich um eine Maß- regelung handele, ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Die Scheuerftauen haben öfters Anlaß gehabt, unzufrieden zu sein mit dem Essen, das ihnen neben ihrem Lohn in der Anstalt gewährt wird. Kürzlich haben sie sogar den Mut gefunden, beim Abendessen Bücklinge und Wurst zurückzuschicken. weil sie ihnen gänzlich ungenießbar schienen. Die Oberköchin Steffen soll, als nach dem Grunde der Kündigungen geforscht wurde, ihnen die Bemängelung des EffcnS vorgehalten haben. Das klingt sehr glaubhaft; dennunzufriedene Elemente" werden bekanntermaßen in den Anstalten unserer Stadt nicht geduldet. Die Oberköchin soll zugleich auch erklärt haben, man wolle zu den Reinigungsarbeiten künftig statt der alten Frauen junge Mädchen nehmen, weil man sich hiervon Ersparnisse verspreche. Es wird unS versichert, auch der Inspektor Böckler habe sich in demselben Sinne geäußert. Erwartet man von den kräftigeren Armen und flinkeren Beinen der jungen Mädchen mehr Arbeitsleistung. als die alten Frauen sie fertig bringen? Oder glaubt man. die jungen Mädchen mit weniger Lohn abspeisen zu können als die alten Frauen, die zum Teil noch eine Familie zu ernähren haben? Der Inspektor soll in Aussicht gestellt haben, daß zum 15. Oktober weitere Kündigungen erfolgen werden. Wenn das zutrifft, so muß man in der Tat an- nehmen, daß nach und nach mit dem ganzen Bestand an Scheuer- stauen aufgeräumt werden soll. DaS alles klingt wie gesagt leider sehr glaubhaft. Man weiß ja, daß in den Anstalten unserer Stadt verdammt wenig nach dem Wohl der Angestellten gefragt wird._ Die Kunde von einem schweren Bauunglück, dem Menschenleben zum Opfer gefallen sein sollten,� verbreitete sich gestern mittag in der Gegend deS Oranienburger Tores, jedoch stellte sich bei näheren Erhebungen heraus, daß zwar bei dem Ab- riß eines Hauses in der Linienstraße ein bedauerlicher Unfall sich ereignet hatte, bei dem aber zum Glück der Verlust von Menschen- leben nicht zu beklagen ist. Immerhin soll ein Arbeiter eine schwere Beinverletzung davon- getragen haben. Näheres über das traurige Ereignis, besonders über dessen Ursache, konnten wir bei den sofort angestellten Er- Mittelungen nicht erfahren, da die von uns befragten Arbeiter nicht in der Nähe des Verletzten beschäftigt waren. Von anderer Seite wird uns berichtet, daß dem verunglückten Arbeiter Paul Walter aus Schönhausen   beide Beine ge­brochen seien zwar schon schlimm genug, aber es hätte nach Lage der Sache noch schlimmer kommen können. Das Schutzdach, das angebracht war, war iy der 3. Etage des Abrißgrundstückes herausgesteckt, damit von dem nebenan liegenden Neubau, der bis zur 1. Etage im Quergebäude gediehen ist, kein Material hinunter. falle. Das Schutzdach hatte seinen Halt in dem Giebel, der ab- gerissen wurde; es war nicht vorschriftsmäßig im Inneren des Gebäudes verankert. Nun wurde der Giebel bis auf einen Meter über dem Schutzdach abgetragen. Weil nun keine erhebliche Last mehr über dem Schutzdach ruhte, brach ein Teil des Daches ab und richtete das Unglück an. Immer wieder muß darauf hingewiesen werden, daß die Schutzvorrichtungen für Arbeiter vollkommen un- genügend sind und vielfach den polizeilichen Vorschriften nicht ent- sprechen. Solange die Pokizei die Ausführung der Bautenkontrolle hat, wird es nicht viel besser werden. Man übertrage dieselbe den Arbeitern, dann wird Besserung eintreten. In ber Metallwarenfabrik von Emmerich u. Schöning, Prinzenstraße 26 und nicht in der Buchbinderei von Helmert u. Co., wie wir am Freitag meldeten, hat sich eine junge Arbeiterin schwer verletzt. Wie uns noch nachträglich berichtet wird, handelt eS sich um ein erst 15�2 Jahre altes Mädchen, das an gefährlichen Ma- schinen beschäftigt gewesen ist. Dem noch halben Kinde ist die linke Hand ganz und die rechte zur Hälfte abgequetscht. Uns werden bei dieser Gelegenheit über die Einrichtungen dieser Fabrik Mit- teilungen gemacht, die den Gewerbeinspektor veranlassen sollten, hier einmal nach dem Rechten zu sehen. Ein großer Dachstuhlbrand kam gestern früh um 10 Uhr in der Brunnenstraße 110 am Humboldthain zum Ausbruch. Die Feuerwehr, von mehreren Seiten alarmiert, war bald mit den Zügen 3 und 16 zur Stelle. Der Brand, vermutlich an mehreren Stellen gleichzeitig angelegt, hatte schon eine große Ausdehnung erlangt und an dem Inhalt der Bodenvcrschläge usw. reiche Nahrung gefunden. Gegen Mittag konnte die Wehr wieder abrücken. Von dem Täter fehlt bis jetzt jede Spur. Geschädigt sind abermals zahl- reiche Mieter. Gleichzeitig hatte die Feuerwehr einen großen Kellerbrand in der Biesenthaler Straße 22 auf dem Gesundbrunnen   zu löstfjen. Dort brannten hauptsächlich Spähne u. a. Durch kräftiges Wasser- geben blieb der Brand auf den Keller beschränkt. Bernhard Rose-Theater(Große Frankfurter Straße  ):«Herr Paragraph. Schauspiel von Paul Alber. Mit diesem Schauspiel hat das Bernhard- Rose- Theater einen goldenen Treffer gezogen, und zwar in dreifacher Hin- ficht: das Stück besitzt hervorragende literarische Ouali- täten, ist echt dramatisch und von wirklich demokratischem Geiste ourchtveht. Paul Albers, der Verfasser, als Rechts- anwalt in Breslau   tätig, gehört dem Vereine derBreslau-r Dichterschule" an und hat sich längst als sinniger Lyriker und Epiker vorteilhaft bekannt gemacht. In:Herr Paragraph" offen.- bart sich beides: der schöpferische Poet und der benxfene Drama­tiker. Tann bringt Paul Albers noch einige Vorzüge mit, die wir bei sämtlichen modischenProblem"-Dramatikern i nmer schmerz- lich vermißt haben: weil er im vollen Volkstum steht, so stellt er keine mühselig konstruierten Schwindsuchtskandioaten. sondern leib- haftige Menschen auf die Bühne Charaktere und Typen, die schlesische Heimatslust atmen. Seit Jahren ist uns kein Drama von solcher stofflichen und ästhetischen Gesundheit vor Augen ge- kommen. Schon der Titel deutet an, daß wir es mit einem juristi- schen Stück zu tun haben. Das ist selbstverständlich für den Ver- fasser. Nicht so selbstverständlich ist es aber, daß Albers keine juristische Tiftelfrage behandelt, sondern die These: Gesctzbuchstabc und Naturrccht. Nicht jenes, sondern dieses sei das richtige. Die Handlung spielt in der Hauptsache auf einem oberschlesischen Rittergut, und zwar im Hause Oes Amtsvorstehers. Dieser Mann ist einer von den wenigen Aufrechten im Lande: ein Gegner der preußischen Klassenpolitik und Klassenjustiz, ein abgesagter Feind aller Kriecherei und alles Strebertums, einer, der seines Amtes waltet, ohne sich viel um den HerrnParagraph" zu kümmern, milde Nachsicht übt, kurz ein Kerl, der'ne Lippe riskiert, der bas Herz auf dem rechten Fleck hat. Siebenundzwanzig Jahre lang ist er AmtSvorsteher und hat sich immer behauptet. Nun ist mal wieder ein neuer Landrat, ein neuer Gendarmeriewachtmeister und ein neuer Dorflehrer gekommen. Es weht von dort her ein erz- reaktionärer Wind. Die Regierung wünscht, daß die Landräte und natürlich auch die Amtsvorsteher auf die Sozialdemokratie und die Polen   ein scharfes Auge haben möchten. Unseren Amts- Vorsteher Paul Arnold kümmert das keinen Deut. Sein Schaffner wird ihm denunziert als Mensch, der denVorwärts" lese und wohl imstande sei, das ganze Dorf rebellisch zu machen. Der Gutsherr entläßt ihn trotzdem nicht weil er ein tüchtiger, ehrlicher Ar- heiter ist. Solches wird Arnoldoben" übel vermerkt werden. Zweitens: feine ungenierte Amtsführung. Er liefert nicht gleich feden armen Teufel von Bauer ans Messer des Strafparagraphen. Einmal gibt er einem nichtsnutzigen Jungen, der ihm Tauben und Fasanen gestohlc.i hat, lieber einen strafenden Hieb über den Rücken und locht ihn eine Stunde ein, als daß er ihn wegen Dieb- stahls zur Anzeige bringt. Jetzt ist der neue Landrat da: eins der Subjekte, die eine keineswegs ungetrübte, nichtsdestoweniger oben" entschuldigte Vergangenheit haben. Als Korpsstudent, dann als Regierungsbeamter hat der blaublütige Sprosse sein Vermögen verpraßt, riesige Schulden kontrahiert, das arg verschuldete und verwahrloste Gut seines verstorbenen gleichfalls leichtlebigen Onkels ererbt und ist nun Landrat. Da ihm das Wasser bis zum Halse geht, sucht er sich durch Geldheirat zuarrangieren". Die Tochter des reichen Arnold nimmt er flugs auf denKieker". Dessen ihm als Regierungsassessor und Reserveoffizier kameradschaftlich be- freundetet Sohn soll die Heiratschose deixeln. Da der Landrat aber merkt, daß das Mädchen seine Werbung ausschlagen werde, weil, wie er ausspioniert hat, ihr Herz schon insgeheim einem anderen gehöre, und zwar dem Sohn des Arnoldschen Schank- Pächters: Dr. Phil  . Jäschke, so greift er zu einem gewalttätigen Mittel. Entweder er bekommt Arnolds Tochter zur Frau, oder er benutzt seine Kenntnisnahme von des Amtsvorstehers vorhin be. zeichnetenAmtsverbrechen" und überliefert-ihn dem Staats- anwalt. von Holden so heißt diese- Rubere Land rat, und es muß wohl solche rücksichtslosen Egoisten geocn! kommt, wirbt um Arnolds Tochter, trifft hier den Dr. Jäschke und beüÄichgt ihn. Der greift nach dem Revolver. Arnold, der eben vom Felde heim- gekehrt ist, tritt dazwischen, erfährt, um was es sich handelt und weist dem landrätlichen Schurken die Tür. Der geht ab mit der Drohung, Arnold nunmehr alsVerbrecher" zur Anzetxe zu bringen und erscheint kurzerhand wieder in Begleitung des Wachtmeisters, dem er befiehlt, den Amtsvorsteher zu verhaften. Da verübt der empörte Mann Selbstjustiz, indem er den Landrat niederschießt. So endet das Schauspiel mit einemKnallefsteir". Indessen so und nicht anders mußte es sein. Die ganze Hand- lung entwickelt sich mit juristischer Schärfe und psychologischer Feinheit auZ der Tiefe des Helden, also von innen heraus. Logik und Charakterzeichnung halten sich die Wage. Kurz: Paul Albers' Herr Paragraph" ist eins der kräftigsten und gesiindesten Schau- spiel«, die uns je vor Augen gekommen! Die Darstellung was sowohl das Solisten- wie das Ensemblespiel, hierbei namentlich die ländlichen Volksthpen angeht gelingt überraschend gut. Ganz vortrefflich stellt Direktor"Bernhard Rose   den AmtSvor- sicher hin: eine Prachtfigur, die man lieben muß! Das Schauspiel hatte einen durchschlagenden Erfolg. Der westliche Teil de? SpittelmarkteS von der Kurstraße bis zur Leipziger Straße   und die Nicderwallstraße vom Spittelmarkt bis zur Kleinen Kurstraße werden behufs Asphaltierung vom 12. d. M. ab bis auf weiteres für Fuhrwerke und Reiter gesperrt. DaS Walhalla  -Bariete-Theater hat für den Monat Oktober ein vorzügliches Programm zusammengestellt, das den Musen- tempel am Weinbergsweg auf seiner ganzen Höhe zeigt. Es ist diesmal so ziemlich alles vertreten. An fliegenden Ringen bringen die Zanator ganz besondere Neuheiten, während die NamrayS als musikalische Bergsteiger auftreten und einer selbst gebauten Bambusorgel wundervolle Töne zu entlocken verstehen. Freunde eines guten HumorS kommen durch das Auftreten der ExzentricS Hook und Pauly sowie der lebhaften Erna Koschcl, die in einer parodistischcn Szene die Theatcragentin mimt, voll auf ihre Kosten. Lachsalven und Beifallsstürme wollten gar kein Ende nehmen. Eine japanische Gauklertruppe die JokodaS ent­wickelten als Jongleure, Equilibristen, Kopfläufer und Pyramiden- steller eine bewundernswerte Gewandtheit und Exaktheit. Arbeiter-Samaritcr-Kolonne. In dieser Woche beginnt der KursnS in der 5. Abteilung am Montag und in der 2. Abteilung am Dienstag, worauf wir noch besonders hinweisen. Namentlich ist eine recht zahlreiche Beteiligung der Frauen und Mädchen er- wünscht. In jeder Abteilung befindet sich eine Bibliothek, welche den Mitgliedern zur Verfügung steht. Das Einschreibegeld beträgt 50 Pf. Der Monatsbeitrag 25 Pf. Wir ersuchen daS Inserat in der heutigen Nummer zu beachten.