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Nr. 242. 85. Jahrgang. 3. Kkilqe ks.Amiirts" Kerlim Poiklilntt. Nmlttttskg, 15.(DlitobftlOOS. Partei- Hngelegenbeiten« Groß-Lichterfelde . Am Sonnabend, den 17. Oktober, abends K Uhr, findet im.Kaiserhof" ein Lichtbildervortrag:»Im Reiche der schwarzen Diamanten" von Otto Roth statt. Billetts a 25 Pf. sind bei den bekannten Genossen und an der Kasse zu haben. Boxhagen-RummelSburg . Wir weisen nochmals darauf hin, daß heute Donnerstag, abends 8'/z Uhr, im Saale der Ww. Wcigel, Türrschmidtstr. 45, der erste Kursus in Geschichte beginnt. Vortragender ist Genosse Dr. A. C o n r a d y. Der Teilnehmer- beitrag beträgt für die Mitglieder des RummelSburger WahlvcreinS pro Monat 25 Pf. Der Vorstand. Rudow . Am Sonntag, den 18. Oktober, abends 6 Uhr findet die Generalversammlung des Wahlvereins im Lokal von August Palm statt. Die Genossen mögen dafür Sorge tragen, daß auch die Frauen diese Versammlung besuchen. Grünau . Am Sonnabend, den 17. d. M.. begeht der Wahlverein im Lokale von Duchauffour, Köpenicker Strasse 79, sein 16. Stiftungs­fest. Theater, Gesangs-, turnerische und humoristische Aufführungen folgen einander und steht ein angenehmer und unterhaltender Abend in Aussicht. Nachdem findet noch Tanz statt. Da auch der Eintrittspreis ein sehr bescheidener ist, hofft das Komitee auf zahl- reichen Besuch. Fredersdorf PetcrShagen. Heute, abends 8'/, Uhr bei Max Birke, Fredersdorf , Zahlabend. Verlimr JVachncbten. ArbeiterloS. Es war an einem Sonnabend, als ich»Buch und Karte" erhielt und mir dadurch bedeutet wurde, daß auch ich jetzt dem Unternehnier entbehrlich geworden war. Ueberraschend kam mir dies ja nicht. Bis vor kurzem wurde noch mit allem Hochdruck gearbeitet und wir wurden genötigt, aus zwei Arbeitswochen eine zu machen. Obwohl schon damals viele Kollegen die Hände müßig halten mußten, waren bei uns die Plätze besetzt und dem Unternehmer fiel es gar nicht ein, sich durch Eriveiterung in Unkosten zu stürzen. Es ist ja auch s o für ihn viel profitabler, denn erstens lassen sich dadurch die Löhne besser drücken, der Arbeiter merkt es nicht gleich direkt an seinem Geldbeutel, es tritt jetzt kein direkter Allsfall ein, er muß nur länger schuften, und fürS zweite ist es dem Unternehmer dienlich, eine möglichst große Arbeiter-Reservearniee zur even- tuellen Verfügung zu haben. Wems nicht paßt, der kann ja gehen, draußen stehen hundert andere.... Freilich lverden durch die übergroßen Anstrengungen die Arbeiter gesundheitlich geschädigt und ruiniert, das Familien- leben zerstört, aber was macht das für den Unternehmer? Sollte der etwa darauf Rücksicht nehmen? Lachhaft I Menschen Material ist ja so billig. Jetzt nun war auch ich überflüssig geworden; ei ist ja das so ganz in der Ordnung... Gemischte Gefühle waren es, die auf dem Nachhausewege auf mich einstürmten. ES ist wahr. Lange hätte ich es auf der letzten Arbeitsstelle so wie so nicht mehr machen können, denn mit meiner Kraft war's zu Ende. Nun konnte ich einmal wieder müßig sein, mich des Lichtes und der Luft erfreuen, wieder aufatmen, Mensch sein und mich der schönen Natur erfreuen, aber.. Warum, Frau Sorge, zeigst du mir da gleich wieder dein bleiches Gesicht? Freilich, wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen; steht's nicht so geschrieben? Das gilt aber doch wohl nur für Arbeiter, denn gar viele sind mir bekannt, die auch nicht arbeiten und doch essen sehr gut sogar essen. Es ist eben an der Zeit, wo die Theater ihre Pforten öffnen; viel Volk geht hinein, geschmückt und geputzt, plaudernd und lachend. Viele elegante Wagen halten davor, denen vornehme" und protzig-behäbige Gestalten entsteigen. Daß mich beim Anfahren ihrer Wagen der Kot bespritzt, was tut'S l Ein Arbeiter...Pah!" Würdig schließt der Diener das Coups.Warten Sie an der kleinen Pforte I" höre ich noch einen Befehl.... Ach ja, das Leben ist so schön.... Nun heißt es Arbeit suchen. Da muß man wohl früh auf den Beinen sein. Wenn ich der Erste heute bin, vielleicht? Vergeblich!Kommen Sie später einmal wieder mir heran!" Ein Trost, der keiner ist. Auch auf dem Arbeitsnachweis bin ich eingezeichnet. Wohl dem, der diese Stätten nie kennen gelernt hat.Der Mensch- hett ganzer Jammer packt mich da," das ist die erste Empfin- dung, die mich beseelt. Wer zählt die Häupter, nennt die Namen, die alle hier zusammenkamen; viele Hunderte sind's. Männer in den besten Jahren, dazu ältere(und hierher ge- hören ja leider schon alle, die die Dreißig überschritten haben zu alt schon für den Unternehmer) und Kinder, Pardon. jüngere Arbeiter, aber vielfach noch die wahren Kinder; fast alle, jung oder alt, sind krankhast blaß und hohlbäckig. So- eben wird jemand verlangt. Ein ungeheurer Tumult entsteht, alles drängt nach vorn.... Hier I hier I" hört man rufen, obwohl die wenigsten wissei,, was verlangt wird. Der Verwalter ist ein gutmütiger. alter Mann, er läßt den Sturm sich legen. Ein junger, tüchtiger, in der Branche durchaus er- fahrener und in seinen Ansprüchen bescheidener Mann, nicht über 25 Jahre, wird verlangt." Während sich noch die jungen Leute vorwärts schieben, weichen die Alten langsam, resigniert zurück. Sehe ich recht, eine Träne in den Augen jenes Alten? Auch der Verwalter hat's gesehen.Alterchen, laßt den Mut nicht sinken, Kopf hoch!"Ja, da!" erwidert dieser, nach der Decke ze'gend. an der ein Gasarm hängt.... Wie lange soll es so noch gehen? Noch ist ja die Familie und bin auch ich nicht verhungert: die Unterstützung des Verbandes reicht zum Allernotwendigsten. aber alles hat mal ein Ende, muß mal ein Ende haben und jetzt in der Zeit der Krise... Wieder war die Miete fällig. Für den ersten Monat reichte der..Notgroschen", im zweiten bekam das Leih­haus, was zu entbehren war, aber jetzt, jetzt... Noch immer keine Arbeit. Heute lenkte ich meine Schritte dahin, Ivo ichwieder einmal mit herankommen" sollte. Wenn es doch möglich wäre? Nein. nein, törichte Hoffnung: es gab wieder denselben Bescheid es ist eine stehende Redensart, die bequemste Art,aufdringliche" Leute loszuwerden. Auf alle möglichen Beschäftigungen habe ich es schon der- sucht. Als Aushilfskellner der Sommer ist vorbei; als Ziehmann zu schwach; billige Einkäufe bei Auktionen kein Geld und keine Routine. Dann als Provisionsreisender für Nähmaschinen, Lebens- und Feuerversicherung; es war zum Ekel und die letzten Sohlen wurden dabei zerrissen. Nur eins habe ich dabei profitiert: eine tiefe Kenntnis vom Elend der Stehkragen-Proletarier. Wo nun jetzt wieder hin. Nach Hause? Es wird mir jetzt so schwer dabei ums Herz.Ach, lieber Mann, wäre eS nicht doch besser gewesen, Du hättest nicht als Vertrauens- mann in der Fabrik fungiert? Vielleicht hättest Du dann noch Deine Arbeit." Heute morgen wars, als meine Frau mich frug. Kein Vorwurf wars, nur eine Schwäche, ein Seufzer.Ich tat nur meine Pflicht!" Sie verstand mich und ivar wieder frei. Ehe ich recht darauf achte, befinde im mich wieder auf dem Arbeitsnachweis. Arbeit gibts ja hier nun allerdings sehr wenig, aber Zerstreuung und wer da Augen hat. kann vieles sehen. Aber den alten Mann damals, beim Angebot ich habe ihn lange nicht mehr gesehen... Merkwürdig, daß mir jetzt täglich beim Lesen der Zeitung immer die Notizen so in die Augen springen:AuS Nahrungs» sorgen..."«Wegen längerer Arbeitslosig- keit...",Erhängt auS Not hat sich..." usw. Haben sich die Fälle so schrecklich gemehrt oder fallen diese m i r jetzt nur so besonders auf? Aber nein, wir leben ja in Zeiten der Krise. Ach, alle die Armen, die dieser ihr Leben zum Opfer bringen. Haben sie sichs wohl auch alle reiflich überlegt und auch alle dle, die vielleicht noch solche Absichten haben? Steht es denn so unumstößlich fest: es muß sein!"? Ich sage nein! Dieses Opfer zu bringen halte man sich für zu gut. Bersuchts noch einmal! Zwingt diese herrschende Gesellschaft, Euch das zu geben, was sie Euch vorenthält, um daS sie Euch betrügt. sitzt, das Hirnschmalz des Arbeiters, ist für ungeschickte wissen- schaftliche Experimente zu schade. In der Haarklinik. Zu den zahlreichen Augen-, Ohren-, Nasen-, Hunde-, Katzen-, Pferde-, Puppenkliniken und wie sie sonst noch alle heißen mögen nun noch eine Haarklinik! Es ist bei- nahe des Guten zu viel. Aber die Sache hat bedeutungsvollen Sinn. Nichtkünstliche" Haare, von den Köpfen verstorbener Chinesen genommen oder richtiger gestohlen, werden hier zu kunstvollen Gebilden verarbeitet. Auch nicht ein ingeniöser Verschönerungsrat ist auf den Einfall gekommen, seinen Haarschnetdesalon in eine Haarklinik umzutaufen. Die Wissem schaft, die nichts niehr auf der lieben Mutter Erde um beäugt läßt, hat daS schöne moderne Wort erfunden In neuerer Zeit hat sich namentlich in den Groß- städten ganz auffällig eine Krankheit gezeigt, die zwar als solche von der breiten Masse gewöhnlich nicht angesprochen wird, aber dennoch diesen Charakter trägt, der Haarschwund in den verschiedensten Formen. Die landläufige Kahlköpfig keit, die im ehrwürdigen Alter oder nach einem Sybariten leben schon in jungen Jahren sich als die gefürchtetePlatte" einstellt, hat damit wenig oder gar nichts zu tun. Vielmehr kommt ein Zustand in Betracht, von dem neben vorwiegend geistig tätigen Leuten auch außerordentlich viele Arbeiter, denen man doch wohl heutzutage nicht den Vorwurf des aus- schweifenden Genußlebens machen kann, betroffen werden. Wie die Krankheit aussieht? Der Berliner hat dafür einen treffenden Ausdruck geprägt: als ob die Motten drin gewesen sind I Aber wohlgemcrkt.wir meinen nicht die äußerlich ähnlichen Fälle jener Haarschwund-Epidemte, von der im vcr- aangenen Frühjahr Schöneberger Schulkinder betroffen wurden. Lag damals zweifellos eine übertragbare Krankheit vor. die ernsteste Maßnahmen erforderte, so haben wir es hier mit einem Leiden zu tun, über dessen Erreger vorerst nur Ver­mutungen möglich sind. Die Laien sprechen von einer Milbe unter der Kopfhaut, andere von einem langsam weiter- wuchernden Pilz. Der Arzt ist noch nicht so schlau. Er tappt fast vollständig im Dunkeln und möchte nur soviel behaupten, daß bei der Entstchungsursache die unregelmäßige Ernährungsweise, aber auch jede tiefere Er- krankung des Nervensystems eine nicht unbedeutende Rolle spielen kann. Hat man demnach das Uebel in des Wortes wahrster Bedeutung noch nicht an der Haarwurzel erkannt, so glaubt man in seiner Bekämpfung auf dem richtigen Wege zu sein. Nach Ansicht ärztlicher Hautspezialitäten sollen daS sicherste Mittel, denMottenfraß" nicht bloß aufzuhalten. sondern auf dem verseuchten Nährboden neue echte Haare zu produzieren, die wunderbaren Röntgenstrahlen sein. Diese wissenschaftliche Haarproduktion, die alle schwindelhasten Haar- wuchSmittcl auS dem Felde schlägt, geht eben in der modernen Haarklinik des Spezialarztes vor sich. Man steht da es muß offen zugestanden werden vor einem fait accompli, vor einervollzogenen Tatsache". Die prattischen Heilerfolge sind bereits in so zahlreichen Fällen vorhanden, daß sich der Laie über die Theorie keine Kopfschmerzen zu machen braucht. Gleichwohl hat die Be- strahlung der Kopfhaut mit Röntgenlicht noch einen großen Haken. Es geht auch hier, wie bei so manchen anderen modernen" Krankheiten: der Kranke ist vorläufig in der Hauptsache ein Stück Vcrsuchskarnickel. Er ist es besonders dann, wenn er die Hilfe von Spezialärzten seiner Kranken- kasse in Anspruch nimmt und der Behandlung nicht mit dem eigenen Geldbeutel den nötigen Nachdruck geben kann. Den Erfolgen der neuen Heilmethode stehen auch mancherlei eklatante Mißerfolge gegenüber. Vor allem aber ist es wichtig, daß durch die Bestrahlung nicht allzuselten empfindliche krankhafte Nebenerscheinungen hervorgerufen werden, beispielsweise langdauernde unangenehme Nerven­schmerzen oder gar Entzündungen und Schwellungen der haar- losen Stellen. Der komplizierte Röntgenapparat verlangt eine sehr sorgsame Behandlung. In ungeübter Hand kann er mehr schaden als nützen. So sind bereits Fälle bekannt geworden, in denen jugendliche Aerzte mit dem Apparat so tölpelhaft umgingen. daß das Haar ver- sengt und die Kopfhaut direkt verbrannt wurde. Welche Komplikationen, besonders bei Kindern, auf solche Weise entstehen können, ist gar nicht abzusehen. Es kann daher nur angeraten werden, daß die betreffenden Patienten in jedem alle die Bedienung des Röntgenapparates von ärztlicher .und verlangen und sofort von der Behandlung zurücktreten, wenn auch die Hand des Arztes sich der Aufgabe offenbar nicht gewachsen zeigt. Auf eine Handvoll verbrannter Haare komm! es wahrlich nicht so sehr an. Aber das, was darunter Die ArbcitZlosenzählung, die vom Magistrat Berlin für Dienstag, den 17. November, vormittags von 6 bis 12 Uhr für männliche, von 12 bis 3 Uhr für weib- liche Arbeitslose beabsichtigt ist, soll sich leider nur auf den Stadtbezirk Berlin erstrecken. Mit den Vororten hat sich der Magistrat bisher nicht in Verbindung ge- setzt, so daß unsere Gemeindevertreter in zahlreichen Vororten den Antrag st e l l e n werden, daß jede dieser Gemeinden s e l b st ä n d i g die Zählung nach dem sür Berlin vom Statistischen Amt vorgeschlagenen M e l d es y sie m vornehmen soll und wo ein eigenes statistisches Amt nicht vorhanden ist, die ausgefüllten Zählkarten an das Statistische Amt Berlins überweist und die ihm dadurch entstehenden Unkosten vergütet. Sollten die Vorort- Verwaltungen fich dem Vorgehen Berlins nicht anschließen und es ablehnen, eine Arbcitslosenzähtung vorzunehmen, so wird die organisierte Arbeiterschaft gezlvungen sein, selbst die Zählung in den Vororte>: vorzunehmen, damit das Berliner Resultat nicht wertlos ivird. Denn da ein sehr großer Teil der in Berlin beschäftigten Arbeiter in den Vororten wohnt, ivürde die Zählung der nur in Berlin wohnenden Beschäftigungslosen ein«ngenaneS Resultat geben und den Wert der Berliner Zählung hinfällig machen. Eine Arbeilslosenzählung, welche wirklich als Gradmesser für den ArbeitSmarkt dienen soll, muß sich auf Groß-Berlin erstrecken, daS ein einheitlicher A r b e i t L b e z i r k ist und deshalb in seinem ganzen Umfang ausgezählt werden muß. Die VorortS- gemeinden dürfm sich dieser sozialen Pflicht nicht entziehen. Unlautere Mittel gegenüber Stellungsuchenden i Ein beliebtes Mittel, die sogenannte unparteiische Presse beim Publikum einzuführen, ist der Arbeitsmarkt. Gar viele Stellen- suchende bedienen sich der Inserate in derMorgenpost", der Bossischen Zeitung" oder imLokal-Anzeiger". Mancher hält die Art Arbeitovermittelung für so vorzüglich, daß er glaubt, auf jede gewerkschaftliche Organisation und deren Arbeitsnachweis verzichten zu können. Hauptsächlich begegnet man solcher Ausfassung in den Reihen deS kailsmäimischen Personals. Die Furcht, als Arbeiter betrachtet zu werden, hält außerdem viele kaufmännische Angestellte männlichen wie auch weiblichen Geschlechts vom gentralverband der Handlungsgehilfen und-Gehilfinnen fern. So sind sie denn be- sonders auf die Stellenvermittelung durch die Zeitung angewiesen, und dieser Umstand scheint der Spekulation findiger Geschäftsleute besonders förderlich zu fein, ImBerliner Lokal-Azeigsr" finden sich in der RubrikOffene Stellen"(Frauen, kaufmänniicheS Personal) wiederholt folgende Angebote: Fräulein, ohne Vorkenntnisse, welche sich dem Kontor« fach widmen wollen(AnfangSgehalt 60,00). Näheres Bücher« revisor Nosenthal, Sllexandecsir. S6a. Fräulein, befähigte, finden im Kontor schnell gute Existenz AnfangSgchalt 60 Mark. Näheres Bücherrevisor Steinhirt, LandSvcrgerstraße 48(Alexandcrplatz). Zurzeit ist infolge der wirtschaftlichen Krise der ArbeitSmarkt auch für die weiblichen Angestellten recht ungünstig, da ein kolossales Ueberanaebot an Kräften die Nachfrage nach solchen weit über- steigt. Den Stellungslosen scheint daher ein Angebot, wie das oben wicdcrgegebene besonders günstig, und auch junge Damen mit Vorkennlntssen versuchen mit Hilfe der Herren Steinhirt und Nosenthal Stellung zu erhalten. Aber vergebliches Bemühen I Statt, ivie man erwartet, ein Bureau für Stellenvermittelung oder einen Geschäftsmann, der Kontorgehilfinnen braucht, zu finden, ge- raten die Bewerberinnen in Handelsschulen, deren GeschästSlciter oder Leiterinnen sehr liebenswürdig erklären:Ja, wir vermitteln aber nur solchen jungen Damen Stellen, über deren Leistungen wir vollständig informiert sind." Stellt eS sich heraus, daß die jungen Damen, die nach dem Inserat ohne Vorkenntnisse sein konnten, nach Meinung der GcschästSleitung nicht genügend Kenntnisse besitzen, um Stellen erhalten zu können, so wird ihnen empfohlen, verschiedene Knrke der betreffenden Handelsschule zu besuchen, was mit einem Kostenanfwande von 30 bis 40 Mark geschehen kann. Solchen Rat erhielt auch ein junges Mädchen, das einen HalbiahreSkursuS der Handelsschule von Strahlendorff besucht und von dieser ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt bekommen hat, nachher auch schon eine Zeitlang praktisch im Kontor tätig gewesen ist. Bei. Stcinhirt wurde ihr eröffnet, daß sie erst noch einen Kursus in der Führung des Journals und im Abschluß der Bücher, ferner llebungS- kurse in Stenographie und Maschinenschreiben W», WD in seiner Handels» schule durchinächen müsse, wofür sie 3040 M. zu bezahlen hätte, ehe man ihr Stellung nachweisen könnte. Andere junge Mädchen haben ähnliche Antworten auf ihre Bewerbungen bei Steinhirt so» wohl als bei Nosenthal erhalten. Also das scheinbar so günstige Stellenangebot für Anfängerinnen entpuppt sich als Falle zum Einfangen von Schülerinnen für die andelsschulen der Herren. Statt Stellung wird den Bewerbcrimien stlcgenheit zum Lernen geboten, statt des Gehaltes von 60 M. wird ihnen zugemutet, noch 3040 M. loszuwerden. Denn ob es den ' erren letzten Endes möglich ist, ihren Schülerinnen überhaupt Stellung zu verschaffen, bleibt dahingestellt. Solche Zweifel scheinen auch Herrn Rosenthal gekommen zu sein. Seine letzten Inserate sehen so aus: Lchrfräulein fürs Kontor, Ausbildung, Buchführung, Steno- araphie, Schreibmaschine gesucht. Bucherrevisor Nosenthal, Alexanderstr. 36 a. Der Hinweis, daß es sich um Schülerinnengesuche für die Handelsschule handelt, fehlt immer noch. Die Art und Weise, wie die Herren R. u. St. versuchen, ihr Geschäftchen zu machen, muß aufs entschiedenste verurteilt werden. Die Inserate sind gehalten. als ob es sich um Stellenangebote handelt. DaS wissen die Herren ganz genau, den» die Vorzüge der Handelsschulen von St. u. R. werden imLoml-Anzeiger" unter der Rubrik Unterricht" angepriesen. ES handelt sich für sie allem Anschein nach nur darum, stellenlose junge Mädchen, die sonst nicht an den Besuch einer Handelsschule denken, anzulocken, um sie für einen solchen zu gewinnen. Hier wird eine Notlage dazu benützt. Stellenlosen da? Geld aus der Tasche zu ziehen; Hoffnung auf Anstellung nach beendetem Kursus veranlaßt vielleicht manche. ihre letzten Ersparnisse sür dieseAusbildung" hinzugeben, und so blüht das Geschäft der Inhaber jener Handelsschulen. Die kaufinännischen Angestellten. Männer wie Frauen, können sich gegen solche Täuschungen so lange nicht wehren, als sie ihrer Berufs- organisation interesselos gegenüberstehe». Bei einer Stellen- vermittelung durch den Zentralverband wären die Stellungslosen gegen solche Ausbeutung durch Handelsschulen usw. geschützt. Würden die kaufmännischen Angestellten ans die Stellenvermittelung durch die Leitung verzichten, sich dafür der Organisation anschließen, so hätten e nicht mehr nötig 3040 M. auszugeben, um Stellen gegen 6V M. Gehalt zu erhalten. Verschiedene spekulative Herren würden dann bald aus ihre Anprcisnngcn verzichlen müssen, das Geschäft würde sich nicht mehr lohnen. ES ist wirtlich Zeit, daß die Angestellten sich auf sich selbst besinnen, um über Standesdünkel und StandsZbelvnßt- fein zum Klassenbewußtsein zu gelangen. 20000 M. zur Ausschmückung der Feststraß« auS Anlaß des Einzuges der Braut des Prinzen August Wilhelm verlangt der Magistrat von der Stadtverordnetenversammlung. Die