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anzuzeigen. Die Betriebe unterliegen den von dieser Behörde zur Sicherung der Steuer anzuordnenden Maßnahmen. §36. Steueraufsicht. Gewerbebetriebe, die sich mit der Herstellung steuerpflichtiger Beleuchtungsmittel befasten, stehen unter Steucraufsicht. Die Steuer- bcamtcn find befugt, die Betriebs- und Lagerräume, so lange fle geöffnet sind oder darin gearbeitet wird, zu jeder geit, anderenfalls während der Tagesstunden zu besuchen. Die NufsichtsbefugmS er­streckt sich auf alle an die Betriebs- und Lagerräume unmittelbar angrenzenden und damit in Verbindung stehenden Räume. Die �eitbeschräiilunz fällt weg. wenn Gefahr im Verzug ist. § 37 Hilfeleistung bei der Steueraufsicht. Der Betriebsinhaber hat den Sleuerbeamten jede für die Steuer- aufsicht oder zu statistischen Zwecken erforderliche Auskunft über den Betrieb zu erteilen mid bei den zum Zwecke der Steueraufsicht statt- findenden Amtshandlungen die Hilfsmittel zu stellen und die nötigen Hilfsdienste zu leisten. Den Oberbeamten der Steuerverwaltung sind die auf die Her- stellung und Abgabe der steuerpflichtigen Erzeugnisse sich beziehenden Geschäftsbücher und Eefchäflspapiere auf Erfordern zur Einsicht vorzulegen. HL Abschnitt. Um Steuerhinterziehungen zu verhindern, werden in dem dritten Abschnitt des Entivurfs hohe Strafen für solche Fabrikanten, Verkäufer oder Verbraucher von Gas, Elektrizität oder steuerpflichtigen Beleuchtungskörpern verlangt, die GaS oder elektrische Kraft zu nicht genehmigten Zwecken ableiten. Meßgeräte fälschen, Störungen an den Meßapparaten nicht rechtzeitig anzeigen, Betriebsanmeldungen unterlassen, Steuer- zeichen nachmachen usw. Die Strafen steigen biS z u zwei Jahren Gefängnis. In Betracht kommen vornehmlich folgende Paragraphen: § 44. Wer eine Hinterziehung begeht, wird mit einer Geld- strafe in Höhe de» vierfachen Betrage» der Steuer, mindestens aber in Höhe von fünfzig Mark für jeden einzelnen Fall bestraft. Außer- dem ist die Steuer nachzuzahlen. Soweit der Betrag der Abgabe nicht festgestellt werden kann. tritt eine Geldstrafe bis zu sünfzigtausend Mark ein. Liegt eine Uebertretung vor, so werden die Beihilfe und die Begünstigung- mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark bestraft. § 45. Im Falle der Wiederholung der Hinterziehung nach borausgegangener Bestrafung werden die im§ 44 vorgesehenen Strafen verdoppelt. Jeder fernere Rückfall zieht Gefängnis bis zu zwei Jahren nach sich, doch kann nach richterlichem Ermessen mit Berücksichtigung aller Umstände und der vorangegangenen Fälle auf Haft oder auf Geldstrafe nicht unter dem Vierfachen der im§ 44 vorgesehenen Strafen erkannt werden. Die Rückfallstrafe tritt ein, auch wenn die frühere Strafe mir teilweise verbüßt oder ganz oder teilweise erlassen worden ist; sie bleibt dagegen ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlaffe der früheren Strafe bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind. §48. Fälschung der Steuerzeichen. Mit Gefängnis nicht unter drei Monaten wird bestraft, wer unechte Steuerzeichen(§ 28) in der Absicht anfertigt, sie als echt zu verwenden, oder echte Steuerzeichen in der Absicht verfälscht, sie zu einem höheren Werte zu verwenden oder wissentlich von falschen oder verfälschten Steuerzeichen Gehxauch macht. Stehen der Strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. § 49. Wer wissentlich schon einmal verwendete Steuerzeichen verwendet, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft. § 50. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Hast wird bestraft, wer ohne schriftlichen Auftrog einer Behörde L Stempel, Siegel. Stiche, Platten oder andere Formen, die zur Anfertigung von Steuerzeichen dienen können, anfertigt, oder an einen andern als die Behörde verabfokgt; 2. den Abdruck der in Nr. 1 bezeichneten Stempel. Stiche. Platten oder Formen unternimmt oder Abdrucke an einen andern als die Behörde verabfolgt. Neben der Strafe kann auf Einziehung der Stempel. Siegel, Stiche, Platten oder anderen Formen sowie der Abdrucke erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurteilten gehören oder nicht. § 51. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark w'rd be- straft, wer wissentlich schon einmal verwendete Steuerzeichen ver- äußert oder feilhält. S 54. Umwandlung der Geld st rasen in Freiheit«- strafen. Bei Umwandlung der nicht beizutreibenden Geldstrafen in Freiheitsstrafen darf die Freiheitsstrafe bei einer Hinterziehung im ersten Falle sechs Monate, im ersten Rückfalle ein Jahr und im ferneren Rückfalle zwei Jahre,- bei einer mit Ordnungsstrafe be- drohten Zuwiderhandlung drei Monate nicht übersteigen. Im Falle des§ 44 Abs. 2 bleibt ein Fünftel der Geldstrafe bei der Umwand- lung außer Betracht. Es sind recht niedliche Anforderungen, die mit dieser Vorlage die Regierung nicht nur an die Taschen der Ver- brauchcr von GaS und Elektrizität, sondern auch an die Be- willigungLlust der liberalen Blockparlamentarier stellt. Be- kanntlich haben zwischen den parlamentarischen Führern der Blockparteien und dem Neichsschatzsekretär Sydow Rücksprachen über die ReichSfinanzlage und oie Grundzüge der neuen Steuer- reform stattgesunden. Sind bei diesen Rücksprachen auch die in der obigen Vorlage enthaltenen Hauptbestiminungen des ElektrizitätS  - und GaSsteuergeseyeS zur Erörterung ge­langt und haben die geistigen Größen des Freisinns, die Wicmer, Mngdanu.Co. diesen schönen Bestimmungen i m w e s c n t l i ch e n zugestimmt? Es wäre recht inter- essant, das zu erfahren! Oder ist die Vertrauensseligkeit der FrcisinnSführcr in die Sydowsche Steuerpolitik schmählich getäuscht worden? In diesem Fall werden sie hoffentlich nicht zögern, eine ebenso energische Agitation gegen die geplante ElektrizitätS- und Gas- st euer zu betreiben, wie die Agrarier gegen die Nachlaßsteuer, oder sind durch die Gas- und Elcktrizitätssteuer die Interessen der gewerblichen Bevölkerung weniger bedroht, als durch die Nachlaßsteuer der agrarische«Familiensinn"? Die Dedumgsfrage. Im Gegensatz zum Reich, wo der größte Teil aller Staats- ausgaben durch indirclte Steuern aufgebracht wird, sind den Bundes- staaten die direkten Steuern vorbehalten. Auch Preußen muß deshalb, so schwer eS der Regierung und den herrschenden Klaffen fallen mag, zu einer Erhöhung der direkten Steuern schreiten. Der Finanzminister rühmte in seiner EinfübrungSrede die sozialpolitische Weisheit der Regierung, die von einer weiteren Belastung der Zcusiten mit weniger als 7000 Mark Abstand nehmen will. DaS Rätsel ist sehr einfach zu lösen: Die Arbeiter können schon heute kaum die ihnen auferlegten Steuern aufbringen, sie auch nock durch direkte Steuern weiter zu belasten, ist einfach unmöglich, und außerdem steht ihnen ja noch die Schröpfung von Reichs wegen in Aussicht. Die Steuerklaffen mit einem Einkommen von etwa 3000 bis 7000 M. sollen aus einem anderen Grunde geschont werden: diese Klaffen bilden den sogenannten Mittelstand, den bei guter Laune zu erhalten das eifrigste Bestreben der Regierung ist. Das sind die Leute, die mit der Regierung durch Dick und Dünn gehen, die politisch In- differcnten, die Feinde der Sozialdemokratie, die aus ihrer Ruhe einzig und allein durch den Sleuererheber aufgeschreckt werden! ihnen höhere Steuern aufzuerlegen, hieße diesen Leuten die Augen über die wirklichen Zustände öffnen, sie zum Denken anhalten und in weiterer Folge aus Freunden zu Gegnern der Regierung machen. Das muß vermieden werden: es gibt nach Ansicht gewisser Kreise kchon viel zu viel denkende Staatsbürger! Bei der Dcckungsfrage mutz man zweierlei auSemanderhalten: einmal die Deckung des Bedarss für das laufende Jahr und zweitens die Deckung des fortab regelmäßigen Bedarfs. Für das Jahr 1908 sind bereits 77 Millionen in den Etat des Finanzministeriums für die Bcamlenbesoldungen eingestellt. Da diese Summe nicht ausreicht und da auch die sonstigen bereiten Mittel nicht genügen, so soll von all den Leuten, die zu 7000 M. und mehr Ein kommen veranlagt sind, nachträglich noch ein Steuerzuschlag erhoben werden, ein Zuschlag, der je nach der Höhe dcZ Einkommens 6 bis 25 Proz. beträgt. Allzu groß ist das Opfer, das hier erfordert wird, nicht. Wer 8000 M. Ein- kommen hat, zahlt heute 212 M. jährlich an Staatssteuern. er hat also, da für die Stufe von 7000 bis 8000 M. 5 Proz. erhoben werden. 10.60 M. zu zahlen. Zcnsiten mit 800! bis 10 500 M. zahlen einen Zuschlag von 10 Proz.. also zu ihren jetzigen Steuern noch 23.20 bis 80 M. hinzu. Zensiten mit 10 501 bis 20 500 M. zahlen 15 Proz., also 49,50 bis 90 M., Zensiten mit 20 501 bis 30 500 M. zahlen 20 Proz., also 126 bis>80 M. und die ganz Reichen mit einem Einkommen von mehr alö 80 500 M. zahlen einen Zuschlag von 25 Proz. Hiernach hat ein Mann mit 100 000 M. Einkommen zu den 4000 M. Steuern, die er jetzt zahlt, noch 1000 M. hinzuzahlen. Im ganzen sollen auf diese Weise 81 Millionen aufgebracht werden. Zu dem Steuerznschlag, den die Gemeinden erheben. kommen keinerlei Prozente hinzu. ES läßt sich heute bereits mit ziemlicher Sicherheit voraussogen daß die Opposilion hier einsetzen wird. Einmal werden die Ge­meinden, die naturgemäß die Gehälter ihrer Beamten erhöhen müssen, nicht damit einverstanden sein, daß sie keine nachträglichen Stenern erheben dürfen, und zweitens werden die besitzenden Klaffen mit dem Vorschlag der Regierung höchst unzufrieden sein. Die Be- sitzenden, die sich als die Stützen des Staates betrachten, sind es bisher nicht gewohnt gewesen, Opfer zu bringen. Für die hurra- patriotischen Zwecke, für die Ausgaben für Heer, Flotte, Kolonien hat man stets verstanden, die Arbeiter heranzuziehen. Hier soll end- lich einmal versucht werden, den Besitzenden direkt bestimmle Summen aufzuerlegen und daS gefällt den Herren nicht. WaS die laufenden Ausgaben für die Beamten- besoldungen betrifft, so plant die Regierung eine Aenderung des Einkommen st euergesetzeS und des ErgänzungS» st euer ge s>tz e S sowie die Einführung eines Gesellschastö- st euergesetzeS, um sich einen Teil der erforderlichen Mittel zu beschaffen. Die Aenderung deS Einkommensteuergesetzes besteht in einer Erhöhungchcr Steuer bei Einkommen von mehr als 7000 M., und zwar steigen die einzelnen Stufen nur ganz minimal an. bei Einkommen von 7001 bis 7500 M. um 4 M., bei der nächsten Stufe um 12 M. und so fort, so daß ein Zensit mit 12 500 M. Ein- kommen, der heute 360 M. zahlt, in Zukunft 400 M. zu zahlen hat. Bei höheren Einkommen ist eine weitere Steigerung vor- gesehen. Während die Steuer heute bei Einkonimen von 100 000 bis 105000 M. 4000 M. beträgt und dann in Stufen von 5000 M. nm je 200 M. steigt, soll sie in Zukunft bei Einkommen von 100 000 bis 104 000 M. 5000 M. betragen und dann in Stufen von 4000 M. um je 200 M. steigen. Hinzu kämen dann noch die kommu- nalen Zuschläge. Der Entwurf der Regierung wird den be« sitzenden Stlasse» also einen kräftigen Schreck einjagen. Von einer auch nur einigermaßen gerechten Besteuerung freilich kann auch nach Jnkrafttreteu deS Gesetzes noch lange keine Rede sein. Eine ähnliche Aenderung des Tarifs ist für die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vorgesehen. Für die Zensiten mit weniger als 8000 M. Einkommen, die Kindern oder anderen Familienangehörigen aus Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewähren, ist eine Ermäßigung beabsichtigt. Jetzt können solche Zensiten für jede» derartige Familienmitglied 50 M. in Abzug bringen, in Zukunft sollen sie ohne weiteres um eine bis drei Stufen ermäßigt werden. Ganz besonders schonend verfährt die Regierung mit der Er- höhuiig der ErgänzungS st euer. Wer heute ein Vermögen von mehr als 6000 M. besitzt, der muh außer der Einkommensteuer noch eine Verinögenssteuer. eine sogenannte Ergänzungsstener, zahlen. Diese Steuer beträgt bei 6000 bis 8000 M. Vermögen 'jährlich 3 M., sie steigt langsam an bis auf 30 M. bei einem Ver» mögen von 70000 M. Bei höheren vermögen bis einschließlich 200 000 M. steigt sie für jede angefangenen 10 000 M. um 5 M., bei Vermögen von mehr als 200000 M. bis einschließlich 220 000 M. beträgt sie 100 M. und steigt dann weiter für jede angefangenen 20000 M. um je 10 M. In Zukunst soll-die Vermögenssteuer mit 4 M. bei 6000 M. Ver« mögen beginnen, bis auf 89,00 M. bei 70 000 M. Vermögen steigen; dann soll sie bei höheren Vermögen weiter steigen und zwar bis einschließlich 200 000 M. für jede angefangenen lOOoO M. um je 6.50 M. Bei Vermögen von mehr als 200 000 M. bis einschließlich 220 000 M. soll sie 132 M. betragen und dann für jede angefangenen 20 000 M. um je 13,20 M. steigen. Jemand, der 800 000 M. Ver- mögen hat, zahlt also heute 150 M.. in Zukunft 187,50 M., ein Millionär zahlt heute 500 M.. in Zukunft ganze 625 M. Billiger ging es wahrhaftig nicht zu machen. DaS ist nicht nur, wie H-cr v. R Heinbaben meinte, eine durchaus erträgliche, dem Besitz zugemutete Abgabe, sondern es ist eine Abgabe, die der Besitz kaum fühlt. Endlich beabsichtigt die Regierung nach dir Einführung eines GesellschaftL st euergesetzeS, daS eine besondere Steuer vorsieht für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaft� auf Aktien, Berggewerkschaftcn, eingetragene Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb über den Kreis ihrer Mitglieder hinausgeht. und für Verein« einschließlich eingetragener Genossenschaften zum gemeinsamen Einkauf von Lebens, oder hauswirtschaftlichen Be- dürfniffen im Großen und Absatz im Kleinen. Di« Beratung, die am Montag zugleich mit der Beratung der Besoldungsvorlagen beginnt, verspricht recht interessant zu werden. Zum ersten Äale ist den Besitzenden Gelegenheit geboten, ihren Opfermut zu betätigen. Werden sie sich wieder so schofel benehmen oder werden sie endlich ihre Pflicht dem Staate gegenüber erfüllen. der ja als Klassenstaat i h r Staat, der Staat der besitzen- den Klassen ist? Sie ehrlichileikprobe. Die«Freisinnige Zeitung" warnt davor, sich von den Wahlrcformplänen der Regierung allzu über- triebcne Hoffnungen zu machen. Die Stellung der Frei- sinnigen Volkspartei zur Wahlrechtsfrage sei längst präzisiert, auch werde der Freisinn seinen vorjährigen Wahlrechts- antrag wiederholen: T p ä t c st e n S bei dieser Gelegenheit. wenn nicht früher, wird die Regierung veranlaß» werden, mitzuteilen, w e l ch e Z» a e st ä n d n i s s e sie im einzelnen machen will, und wann die umiasseiiden Vorarbeiten, die man in dieser l ä n g st spruchreifen Frage für nötig hält, eigentlich ihr Ende finden weiden." DieFr eis. Ztg." erwartet alsospätestens" bei der Beratung ihres Wahlrechtsantrages eine Erklärung der Rc- gierung. DaS führende Organ der führenden FreisiiinSgriiPpe vergißt nur mitzuteilen, waiin der Freisinn seinen Antrag zur Beratung zu bringen versuchen wird! Wenn es dein Freisinn auch nur im geringsten ernst ist mit seinem WahlrechtSantrag, so müßte er verlangen, daß die Wahlrechtsfrage bereits in der nächsten Woche aus die TageS- ordnung gesetzt wird! Die durch die Thronrede bestätigten Verschleppungsmanöver machen die sofort» g.e Durchkreuzung aller VerschleppungSabsichten vollends zur dringend st sn Notwendigkeit! Dei»n daß die Er- klärnngen der Thronrede nichts anderes ankündigen als die Verschiebung selbst der unzulänglich st en Reform in nebelhafte Ferne, setzt der Nestor der freisinnigen Preußen- fraktion, Herr Albert Traeger  » imVerl  . Tagebl." fol- genderinaßcn auscinander: .ES geht auch nicht an,.eine der wlcktigsten Aufgaben der Gegenivart' in einer nebelhaften Ferne zu erfüllen. Solche Aufgaben, die man für unabiveislich hält, schiebt man nicht hinaus. Ich bin auch mit der Art nicht einverstanden, wie die Regierung de» Königs die vorarbeiten zur Reformmit allem Nachdruck betreibt". Ist das etwa aller Nachdruck, daß ein Hilft- arbeiter ins Ministerium de§ Innern berufen wurde, um die Er- geb nisse der früheren Wahlen zu studieren? Die liegen doch ganz offen zutage! Erschöpfen sich vielleicht in der Bestellung dieses Hilfsarbeiter» die Mittel, womit die Regierung daS von ihr heiß ersehnte Ziel verfolgt, den Bürgern deS preußischen Staate» ihr Recht zu geben? Die königlichen Worte bedürfen un- bedingt einer präzisen Ergänzung durch bindende Erklärungen deS Mini st erpräsidenten, damit an ihnen nicht gedreht und gedeutelt werde!" ES handelt sich für den Freisinn im Abgeordnctenhause also nicht darum, den WahlrechtSantrag cinznbnngen. sondern zunächst darum, die Beratung der Wahlrech lSfrage so bald als möglich erzwingen zu helfen! Ob d a S der Freisinn tun wird? Herr Theodor Barth   sprach sich dieser Tage tr einer Charlottenburger   Versammlung dahin aus: Jetzt, wo der preußische Landtag wieder zusammentritt, haben die sogenannten fteisinnigcn Parteien die Verpflichtung, zu zeigen »b sie wirklich freisinnig sind. Tie müssen jetzt der Regierung die Pistole auf d i e Brust setzen und da» ReichStagSwahlrecht für Preußen mii aller Entschiedenheit verlangen. Nun hat zwar N a n- mann geschrieben, die Freisinnigen würden den Wahlrechts- antrag wieder einbringen, aber wer den Blrck- fteifiim kennt, der weiß, daß der Antrag zwar eingebracht, ober nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden wird. Zu eil, er Interpellation wird e» erst recht nicht kommen, denn jetzt wird schon wieder flau gemacht und auf die zunächst notwendigen statistischen Erhebungen Verlviesen. Jetzt gilt rS für die Frei- sinnigen, einmal zu beweisen, daß sie eS mit dem Kamps für dal freie Wahlrecht ernst nehmen." Und der Parteigenosse Barths, Herr v. G e r l a ch äußerte sich am DienStag in einer Versammlung in Köl» folgendermaßen: .Wenn der Freisinn jetzt bei der Reichsfinanzreform die Geldnot der Regierung nicht ausnutzt, um die Wohl- reform zu erpressen, begehe er einen Verrat am Volke. In der Tat aber hört man nichts als Proteste der Kopsch, Müller-Meiningen. Wiemer gegen die verquicknng von Finanz- reforin und Wahlreform. Die.Kölnische Zeltung' ist entzückt von der Thronrede, die den Blödsinn deS DreiklassenwahlsysteinZ .organisch fortentwickeln" will. Schon vor 45 Jahren hat ein NegieruugSvertreter im preußischen Abgeordnetenhause erklärt, daß die Regierung.Material sainmele" für die Reform des Wahl- rechts." Schon in der nächsten Woche wird sich ja zeigen, ob der Freisinn auö Rücksicht auf seine junkerlichen StandeSgenossen schmachvollen Verrat am Volke üben wird! Die Balkankrile. Herr JswolSki ist gestern abend von Paris   nach Berlin   gereist, nm hier über daS Konferenzprogiamm jju be­raten. Eine offiziöse Pariser   Note konstatiert eine vollständige Ueberetnstimmung der Ansichten Rußlands  , Englands und Frankreichs  . Die Aufgabe deS russischen Ministers werde es sein, in Berlin   eine gleiche Ueberetnssimmiing zu erzielen, da die Einmütigkeit aller Mächte vor Ein- bcrilfung einer Konsercnz unerläßlich sei. Wichtiger aber als die Bemühnngen JSwolSkiS und die Konferenz selbst ist die Tatsache, daß die Verhandlungen zwischen der Türkei   einerseits, Bulgarien   und Oesterreich andererseits einen g ü n st t g e n Fortgang nehmen. Die bulgarische Regierung hat ihren Standpunkt in der Orientbahnfrage insofern wesentlich gc- ändert, als sie jetzt das bisher von ihr bestrittene Eigentums- recht der Türkei   auf die ostrumelischen Bahnstrecken ansdrück- lich anerkennt und bereit ist, über die Ablösung und den Ab- kauf deS Eigentumrechtes zu verhandeln und zwar nicht nur mit der Bahiigesellschast, sondern auch mit der Türkei  . Daß auch die Verstäildigung mit Oesterreich   fortschreitet, ist daraus zu ersehen, daß der Boykott gegen die österreichischen Waren und Schiffe im Abflauen begriffen ist. In Konstantiiiopel selbst hält die Zuversicht, daß der Friede erhalten bleibt, an. In Serbien und Montenegro dauert allerdings der Spektakel fort. Der famose Kronprinz findet offenbar Gefallen daran, nicht nur in der Belgrader   Cbronigus scandalcuse Erwähnung zu finden. sondern auch in der Europas  . Englische Blätter erzählen, daß der hoffniingsvollc Jüngling bei einer Beratung, der auch die Minister und einige hohe Offiziere beiwohnten, über seinen königlichen Vater her- gefallen sei und ihn geprügelt hätte, wenn nicht die Anwesenden ihn daran gehindert Hütten. Der Grund für den Wutausbruch ivären Ermahnungen gewesen. endlich seine KriegSredcn einzustellen. Da aber die Schwierigkeiten, einen Kronprinzen in eine Besserungsanstalt zu bringen, nicht einmal in Serbien  eine zureichende KriegZursache bilden, braucht man diesen