Nr. 82, Der 1. Zug mußte dort kräftig Waffer geben. Gleichzeitigbrannten in der Wilhelmstr. 114 Betten. Schaldccken und anderes.Vor dem Hause HagclSberger Straße S1 brannte eine Venzin-automobildroschkc. Ter 12. Zug mußte in der Culmstraße 78 einenWohnungsbrand löschen. Mit Erfolg wurden WiederbelcbungS-versuche bei einem Kranken in der Gottschedstraße 11 angestellt.In der Alcxandrinenstraße 8S brannten Gardinen und Möbel undin der Kurfürstenstraße 150 Fußböden und Balken. Ferner hattedie Wehr in der Gneisenvustrotze bb, Roscntalcrstraße.72a,Köthener Straße 25 und andere Stellen zu tun.>" 1 1Vorort- JVaebriebtemEharlottenburg.Die Stadtverordnetenwahlen fllr die erste Slbtellung fandengestern statt. Gewählt wurden die Kandidaten der Liberalen, dieHerren Rentier Braune ll. Bezirk), Bezirksvorsteher Brode(1. Bezirk)und Rentier Guttman»(2. Bezirk).Schömberg.Das Statistische Amt stellt in seinem zweiten VierteljahrSverichtfest, daß die örtliche Bevölkerung auf 160 482 gestiegen ist.Die Zunahme betrug damit nur SSV mehr gegenüber dem zweitenQuartal der sieben Vorjahre. Zu einem geringen Teil ist die der«minderte Zunahme auf den Rückgang des Geburtenüberschusseszurückzuführen, der mit 252 ebenfalls kleiner war als in irgendeinem Jahre seit 1301. Der Hauptgrund liegt in der Abnahmedes WaiidernngSgewinneS. Der starke Wanderungöverlust vomersten Vierteljahr ist nicht entfernt ausgeglichen worden,vielmehr überwogen in beiden Quartalen zusammen genominendie Fortzüge die Zuzüge um 083, während der Zuzug im Vorjahre1678-8286 zahlreicher gewesen als die Fortgewanderlen. Die Zahlder Eheschließungen, 397, war ebenso hoch wie im gleichenQuartal im Vorjahre; relativ jedoch niedriger als in sänitlichenJahren seit 1902. Die Zahl der Lebendgeboren en betrug 777,darunter 11 ZwillingSgeburten und einmal Drillinge. In 18 Fallenwar die Mutter unter 20 Jahre bei dem ersten Kinde, in einein Fallewar es daS dritte Knid. in zwei Fällen war die Mutter über40 Jahre, als das elfte Kind geboren wurde. Sterbefällewaren insgesamt 440, darunter starben 46 Personen im Alter von20— 30 Jahren, 12 männliche und 5 weibliche an der Lungenschwind-sucht. Der durchschnittliche Krnnkenbestand im städtischen Kranken-hause beträgt 253 von 702 Ausnahmen. Die Desinfektion«-a n st a l t führte 211 Desinfektionen aus. Die Rettungswacheleistete in 108 Fällen und die Unfallstation in 437 Fällen die ersteHilfe.Die Bautätigkeit liegt noch immer danieder. Die Zahlder in den Neubauten entstandenen Wohnungen betrug 841 und istdie Herstellung größerer Wohnungen wieder bevorzugt. Der Besitz-w e ch s e l an bebauten Grundstücken umfaßte 35, an unbebauten25 Grundstücke. Der hierfür erzielte Umsatz betrug 12,4 MillionenMark.Bei dem städtischen Arbeitsnachweis gingen von Arbeit»ßtbern nur 2760 Arbeitsangebote ein gegenüber 3636 Neumeldungenrm Vorjahre. Von Arbeitnehmern gingen 3600 Meldungen ein.Hier fand eine Stelgerung lediglich für die männlichen Arbeits-lräfte statt: eS gingen 2052 Gesuche von Männern und 1647von Frauen ein. Der Rückgang in den Nenmeldungenvon Srbeitnehmerinnen ist in erster Linie auf die Verminderung deSAngebots von Dienstboten zurückzuführen, daS sich nur auf 263gegen 463 im Vorjahre belicf. Unter den 485 Arbeitnehmern, derenNachfrage nach Arbeitsgelegenheit am Schluß des Vierteljahres nochnicht befriedigt, waren nur zwei Dienstboten. Die Mitglirderzahlder O r t» kr a n ke n ka s s e ist von 18 356 auf 2l 003 gestiegen.Die Zahl der männlichen Mitglieder beträgt 13 577 und dieder weiblichen 8326. Erwerbsunfähig krank gemeldet find880 der Versicherien. Di« m,9 der Volksbücherei geliehenen Bände betrugen 28 057 gegen 17 881 im' Vorjahre.Die Zahl der S p a r ka fse n b Ü ch e r stieg um 1.2 Prozent beieiner Zunahme der Bevölkerung um 0,3 Prozent. Es ver-minderte sich indes der Betrag derSpargelder um77 506 M., damit hat die rückläufige Bewegung, die gegen Ende desVorjahres einsetzte, auch in der BerichlSzeil fortgedauert. Die Zahlder von der SauglingSfürsorge stelle unterstützten Mutierbetrug 252; davon erhielten mehr als die Hälfte<136) ausschließlichbare» Geld; Siillprämien wurden in 67 Fällen gewährt. Der Werlder Unterstützung betrug in 106 Fällen bi« zu 5 M.. in Ol Fällen6—10 M., in 55 Fällen mehr als 10 M. Den Verlust irgrndwelcher politischen oder sonstigen Rechte bringen diese Unterstützungennicht mit sich.Rtxdorf.Dl« sozialdemokratische Stadtverordnekcnfraktion hat in derStadtverordneienversamniliing einen«nlrag auf Bildung einer De-pmotion zur Erfüllung sozialer Aufgaben eingebracht. Der Antrag,der insbesondere auch Maßnahmen gegen hie herrschende Arbeits-losigkeit verlangt, wird in der heurigen Sitzung der Stadt»verordneten, die nachmittags v Uhr beginnt, zur Beratung kommen.Wilmersdorf.Am Sonnabend, den 24. Oktober, veranftaltel der hiesige Wahl«verein im Luilengarten, WilhelmSaue HL, einen Kammermusik-Abend ve, bunden mit Gesang und Rezitation. Dem Fest-komite» ist eS gelungen, erstklassige Kräfte zu engagieren, fo daßgute Darbietungen von vornherein garantiert sind. ES wird er-wartet, daß diese Veranslallnng durch rege Teilnahme unteistützlwird. Im Anschluß an daS Konzert findet ein Ball statt. Eintriiw-karten zinn Preise von 50 Pf. pro Pcrion sind in den durch Plakal«kenntlichen Srellen oder durch die Bezirlsführer zu haben.AknhlSdorf a. d. Ostbahn.Bei der Gemeindrvrrtretrr-Ersahwahl am Dienstag wurde unserKandidat, der Genoffe Oswald D ch u h m o n n. mit 06 Slimmengewählt. Auf einen gegnerischen liberalen Kandidaten entfielen10 Stimmen. Wir haben von den insgesamt 15 Eemeindevertreter-sitzen nunmehr 4 inne.Faltenha>,e»« Seegefeld und Staaken.In einer gemeinsamen Versammlung der briden Mahlvereinein Staaten referlerie ffienosle Leidnvr über den NürnbergerParteitag. Die lineinbalbslündigen AnSsührungen de« Referentenwurden von der gutbesnchten Versammlung beifällig aufgeiiommc».In der Diskussion wandte sich Genosse Troinpler gegen die vieleResoliitlonSmachcrci, die Partei solle andere Machtmittel zeigen.Der ParlamcniariSmuZ führe zu nichts, wir solllen uns speziellnickt mehr an den KömlnissionSarbeiten beteiligen. Genosse M e w e Spoleniisime gegen die jetzige Form der Maifeier und erklärte sichnochmals scharf gegen die Drlegaiion de» Genossen K a u t S k ydnrw lniteren Kreis, auch weil wir keine Referate von ihm hörten.Genoffe Thomas wandte sich gegen die sogenannte Reichsfinanz-reform. Sodann wurde folgender Antrag gegen eine Stimme an-genomiiie»:»Die gemeinfaine Versammbing beauftragt den Kreis-vorstand, beim Parteivorstaiid vorstellig zu werden, daß der Genossei». T a l w e r zur Erklärnng aufgefordert wird. od er sich demDresdener ParteitagSbeschluß fügen will; wenn nicht, so hat er auSder Partei auSznswecde».'— Eine Anregung betr. Vortrags«kurse wird de» Vorständen überwiesen und noch mitgeteilt, daßani 25. Oktober ein Familienabend in Staaken stattfindet.Em der frauenbetvegung.Ei» Lob der Frauen.In Nr. 41 der„Zeitfragen', einer Beilage der—»DeutschenTageszeitung', findet man folgendes Lob der Fro» t„Eine tüchtige Frau ist schon in der Heimat ein Bermöqen wert;in der Fremde aber, in fernen Landen, wo der Mann allein auf sichgestellt ist. ist ein gedeihliche? Streben und gesundes Leben ohne ihreMitarbeit kaum denkbar. Und eS ist wunderbar, wie die Frau imRingen um die Existenz mit fremdem, wilden, Lande wächst, wie sichwirtschaftliche und andere Tugenden entfalten, wie eS auch den Mannmitreisit, ihn vor dem Verfallen in mancherlei Untugenden bewahrt,welche das Alleinhausen in der Wildnis nun einmal so leicht milsich bringt. Der an eine gewisse Kuktnrhöhe gewöhnte Mannwird im Kampfe mit der ungezähmten Natur leicht rauh, selbstroh; er sucht lärmende, betäubende Vergnügungen, und der jedemgefunden Manne nun einmal innewohnende Trieb zum Weiblichentreibt ihn, wenn er nicht ganz gefestigt ist, zur Versündigunggegen die Rasse. Dieser auf sich gestellte, familien- und oft Wurzel-lose Mann ist aber selien ein guter Wirt und Kolonisator. Wennman sich die Männer ansieht, die eS im deutschen Afrika zu etwa«gebracht haben, so findet man viele darunter, die auch offenanerkennen, daß sie daS meiste der tüchiigen, verständnisvollenArbeit der Frau verdanken. Wem zu Hause, in unserer kleinenund kleinlichen Enge die Hockiachtung vor der Frau verloren ging.weil er daS Glück nicht halte, oder die Gabe nicht besaß, unierder oben aufliegenden leickten Spreu die schweren, goldenenWeizenkörner leuchten zu seden, der wird die Wertschätzung derdeuliche» Frau im deutschen Afrika wiederfinden."Sonderbar, wenn man Rechte für die Frau verlangt, dannhaben die Reaktionäre eine andere Ueberzcugung. Der Frauengeistige und physische Minderwertigkeit soll dann ihre Bevormundungdurch den Herrn der Schöpfung rechtfertigen.Zwei Jahre ohne reglementierte Prostitution.Es sind jetzt zwei Jahre verflossen, seitdem in Dänemark durchdaS„Gesetz zur Bekämpfung der öffentlichen Unsittlichkeit undvenerischen Ansteckung" die reglementierte Prostitution aufgehobenworden ist. Viele hatten befürchtet, daß durch die Freiheit, die da?Gesetz bietet, durch die Beseitigung des alten AbschreckungSfystcmSeine weit größere Zahl von Frauen der Prostitution anheimfallenwürde. Unser Druderorgan„Socialdemokratcn" in Kopenhagenhat sich nun an den Chef der Gesundhektspolizei gewandt, um seineMeinung über diese Frage zu hören. Die Antwort war:„Ich glaube nicht, daß man sagen kann, daS Gesetz habe un-günstig gewirkt. Eine ganz zuftiedenstellende Lösung wird manja nicht erreichen. Aber jedenfalls wird man nicht zu dem altenSystem mit der regelmäßigen Kontrolle und Einschränkung derpersönlichen Freiheit, mit der Verweisung nach bestimmtenStraßen usw. zurückkehren wollen. Die Zustände in den Straßender Stadt sind kaum irgendwie schlechter geworden. Ich glaubeauch nicht, daß anständige Frauen mehr als früher Belästigungendurch Männer auegesetzt sind. Wenigstens sind der Polize» keineAnzeigen darüber zugegangen. Daß das neue Gesetz einen Ideal-zustand schaffen sollte, konnte natürlich nicht erwartet werden; eSist ein Versuch, und die Polizei tut alle?, um eS in bester Weiseanzuwenden."UebrigenS ist die Polizei schon in vielen Fällen, wo sie Be»strafung auf Grund de» neuen Gesetzes verlangte, von den Ge-richten abgewiesen worden. Sowohl das Kriminalgericht wie dasHöchstgericht als Berufungsinstanz pflegt eine größere Mildewalten zu lassen als die Polizei.Das Gesetz selbst stammt von dem verflossenen Justizministerund Millionendieb Albert, her. ES mag merkwürdig erscheinen,daß er, der die Prügelstrafe wieder einführte, der in der Justiz-Verwaltung Leuten, die durch Armut und Verwahrlosung auf denWeg des" Verbrechens gedrängt waren, unerbittlich hartherziggegenübertrat, der in den Erziehungsanstalten die scheußlichste»Kindcrmißhandlungen duldete und begünstigte, sich um die Auf-Hebung der reglementierten Prostitution verdient machte. Nacheiner Notiz, die jüngst durch die dänische Presse ging, ist daS Gesetzdenn auch weniger zhm als vielmehr einer Prostituierten zuverdanken. Alberti soll damals ein Verhältnis gehabt haben, demauch«in Kind entstzrassen war. Die Dame seines Herzen« hattesich noch mehrere zahlungsfähige Liebhaber angeschafft, und ausihren besonderen Wunsch soll Alberti daS Gesetz eingebracht haben,daS die Prostituierten von der Sicglemcntierung und Polizeiauffichtbefreite.Leseabende.vierter KreiS. Heut« Donnerstag, den 22. d. M., abendS S'/# Uhr,bei Nah», Zorndorfer Straße 3.Versammlungen.„Christentum und Krieg" lautete das Thema eineS Vortrages.den Genosse Vogtherr in einer Volksversammlung hielt, die amMontag im großen Sale des GetverkschaftShauseS unter sehr starkerBeteiligung abgeholten wurde.— Der Vortragende zeigte, daß«S durchaus unzutreffend ist. wenn man das Christentum alsTräger humaner Bestrebungen ansieht, sondern daß vielmehr derWeg des Christentums begleitet war von Gewalt gegen dieSchwachen, daß es durch Missetaten und Schandtaten aller Art zurMacht gekommen Ist und daß es diese Macht ausübt in Anlehnungan die Großen und Mächligen der Erde. Unter Aufopferung seinerfrüheren Grundsätze hat sich das Christentum in den Dienst derHerrschenden gestellt und auch die Mittel gebilligt, womit sich dt«Herrschenden in der Macht erhalten. DaS unmenschlichste undgrausamste dieser Mittel ist der Krieg. DaS Christentum billigtden Krieg nicht nur, sondern eS trägt dazu bei, daß die Lust amKriege in den Mensdhen großgezogen wird. Ja, der Krieg wirdgeradezu als ein Bestandteil der göttlichen Weltordnung hingestellt.Nicht! kann die Gemüter der Menschen mehr verrohen, als dieVerherrlichung de? Krieges und der KriegZtaten. Die Leute, welchevom Geist deS Krieges beseelt sind, richten nicht nur eine Kluftauf zwischen den Völkern sondern sie trennen auch die einzelnenTeil« deS Volkes. Die heutige Gesellschaft, die nicht aus demRecht, sondern auf der Macht beruht, braucht den Krieg zu ihrenHerrschaftSzwecken. Eine neue Gesellschaft, die daß Glück allerMenschen will, eine Gesellschaft, welche die heute bestehendenKlassengegensätze beseiligt, wird auch dem Kriege ein Ende machenund überhaupt alle» hinwegfegen. waS dem Menschenglück im Wegesteht.— Nach dem mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortragewandte sich Genosse Adolf Hoffmann an diejenigen, welcheinnerlich mit der Kirche gebrochen haben, und forderte sie auf.diesen Bruch auch äußerlich zu vollziehen, indem sie au» der Kircheaustreten. Wer innerlich nicht mehr zur Kirche gehört, der sollnicht so widerspruchsvoll handeln und der Kirche durch Zahlungvon lUrchensteuern— die er zahlen muß, solange er Mitglied derKirche ist— die Mittel zu ihrer Existenz zuführen helfen. Aberauch die Ehrlichkeit erfordert eö. daß man sich nicht einer Gemein-schaft zuzählen läßt, deren Grundsätze man nicht anerkennt. Sowenig jemand sich zu einer Par.ei rechnen wird, deren Ve-strebungen er nicht billigt, so wenig soll er auch einer Kirche an.gehören, an deren Lehren er nicht glaubt.— Auch diese Ausführungen fanden lebhaften Beifall.Die Bäcker Berlins und Umgegend waren am Dienstag nach-mittag zu einer öffentlichen Versammlung im Gewerkschaftshauseeingeladen. G a h n e r- München hielt einen Vortrag über dasThema:„Die wahren Feinoe-de» Kleinbandwerks und das Märchenvom Meisterwerden". Ter Redner schilderte die Umwälzung inden Gewerbebetrieben innerhalb der letzten 30 Jahre. Der Klein»betrieb wird zurückgedrängt, der Großbetrieb nimmt immer mehrRaum ein und beherrscht dal ProduktionSfrld. Eine gute Jllustra.tion dieser Tatsache bielen die Gewerbe der Brauer, der Müller,Schneider und Schuhmacher. In gleicher Weise geht e» mit denBäckereien) so schwer die» noch mancher Bäcker einsehen lernt. DieStatistiken geben noch nicht einmal das richtig« Btlo, denn sehrviel kleine Bäckereien' verschwinden spurlos wieder; sie konntensich nicht halten, und das Ideal. Bäckermeister geworden zu sein,wurde manchem Gesellen schnell zerstörk. Derund nicht der Bäckerverband, wie die Meister gern behau�-P~vernichtet das Kleinhandwcrk. Tie technischen Hilfsmittel föitaC.'1nicht vom Kleinmeistcr, dem das Kapital fehlt, eingestellt werden.Ter„eiserne Bäckergeselle" tritt auf und er kann seinen Platz nurim Großbetrieb finden. Die kurzsichtigen oder ans oie Tummbeikder Gesellen spekulierenden Meister erklären oft. daß die„Be.gehrlichtcit der Gesellen" den Kleinmeister vernichte. Das ist Un»sinn, denn sonst müßten andere Gewerbe, wo diese Begehrlichkeitviel größer ist, zum Beispiel das Duchdruckgewerbc, längst zugrundeaegangen sein. Viele Gesellen nähren noch den Glauben, daß sieBäckermeister werden könnten und damit eine gesicherte Positionerringen würden. Sie sehen nicht, daß die Verhältnisse sich außer-ordentlich geändert haben. Ter Konkurrenzkampf ist furchtbarentbrannt; da? Kreditwesen hat sich geändert, und die Spekula»tion dcS Gesellen auf Bäckermeisters Töchterlcin ist heute verfehlt.Der Geselle steht für das Töchterlcin viel zu tief. Andererseits'wird das Feld für die Bäckermeister auch vom Staat aus immermebr eingeengt. Da sind die Militärbäckereien, die Gefängnis-bäckereicn. Große Industriebetriebe richten eigene Bäckereien für'hrz Arbeiter ein. Große Hotels und CafdS haben ihre Backstuben.Tie Großbäckereien wachsen in den Städten, und daö alles sehendie kleinen Bäckermeister nicht; sie schimpfen nur auf die Gesellen,wenn ihre Geschäfte immer schlechter gehen. Für die Gesellenaber gilt eS, sich nicht irre machen zu lassen, sondern sich zu orga-nrsicren, um einen festen Halt gegenüber den sie bedrängendenVerhältnissen zu gewinnen.Die gutbesuchtc Versammlung spendete diesen Ausführungenviel Beifall. Eine Diskussion fand nicht statt. Der Vorsitzendeermahnte die Anwesenden zu reger Teilnahme am gewerkschaft»lichen wie am politischen Leben.Die im Serbande der Gemeinde- und StaatSarbeiter»rgant-sserten Arbeiter der städtischrn KanalisntionS-Bauvcrwaltunghörten in ihrer letzten Versammlung einen Vortrag von Prenz»low über„Zweck und Ziel der modernen Arbeiterbewegung".Hierauf kamen Betriebsangelegenheiten zur Sprach« und fancendie hygienischen Mängel herbste Kritik. Für eine Kolonne von22 Personen existiert in diesem städtischen„Musterbetriebe" nurein einziges Waschgefätz; ein ganzes Handtuch gesellt sich dem zu.das alle 14 Tage<I) gewechselt wird. Eine Quelle ewiger Unannebm-lichkeiten für die Arbeiter sind die Gepflogenheiten der diversen„Vorgesetzten", die eZ zudem allesamt nicht mit Europas über-tünchtcr Höflichkeit zu halten scheinen. Einer hebt immer dieAnordnungen des anderen wieder auf, bis endlich der dritte kommtund die Arbeiter anherrscht:„Wer hat Euch zu dieser Arbeit kom-mandiertl" Auf entsprechende Antwort heißt eS oann:„Der hatgar nichts zu sagen!" Ter Depotvcrwalter Steiger hat bei jederKleinigkeit die rücksichtslose Drohung der Entlassung zur Sand.Die empörten Arbeiter stimmten schließlich einmütig dem Appellauf Anschluß an die Organisationen der modernen Arbeiter-bewegung zu.— Aus demselben Betriebe geht uns eben noch dieNachricht zu. daß bereits wieder für die Wintermonate eine ver-kürzte Arbeitszeit angeordnet ist. Dagegen hätten die Arbeiternatürlich nicht» einzuwenden, wenn sie nicht die Kosten tragenmüßten. DiS zu Stunden pro Tag geht die Einschränkungherunter, so daß bei dem fürstlichen Stundenlohn von 38 Pf. einWochenvcrdienst von rund 17 M. herauskommt. Was eine Familiedamit im Winter anfangen soll, scheint der städtischen Verwaltungkeine Kopfschinerzen zu machen— derselben Verwaltung, die kürz-sich angeblich ihr Herz für die Arbeitelosen entdeckt hat und demNotstand zu Leibe gehen will.Die Berliner Markthallenarbeitrr waren am 18. d. M. ver-sammelt, um den Bericht über ihre Bewegung entgeaenzunehmen.P e r f ö l tz konnte als Obmann de» ArbeiterauSschusses mitteilen,daß die beantragte Vermehrung der ArbeiteraufenthaltSräume inder Zentralmarkthalle bewilligt worden ist. ES soll ein Umkleide-zimmer mit'Kleiderschränken und ein Eßzimmer eingerichtetwerden. Die Erledigung der übrigen Anträge steht noch aus; derArbeiteraiiSschuß wird aber energisch bemüht sein, auch diese baldherbeizuführen.— Ueber die Behandlung seitens gewisser Vor-gesetzter wurde lebhaft geklagt. Ein Aufseher H. in der Zentral-Markthalle herrscht die Arbeiter an wie Gefängnisinsassen, so daßauch die Gtandinhaber schon ihrer Empörung darüber Ausdruckgaben. Erkrankungen rufen besonders seinen Zorn hervor, dersich in allen möglichen mokanten Redensarten dem Patienten odereinen Angehörigen gegenüber äußert. Es waren keine Schmeiche-eien, die dem Herrn H. von den Versammelten gesagt wurden.Von der Marktballt XIll wurde berichtet, daß die von der Depu»tation durch Beschluß festgelegte 0'/bündige Arbeitszeit dort nichtbeachtet, sondern variierend auf 9, 10 und 11 Stunden willkürlichfestgesetzt wird. Allgemeine Kritik fand auch die ma.cgclhafte Ex-gänzung de» ArbeitSmaterlalS; Besen, Scheuertücher und der-gleichen sind oft in einem jeder Beschreibung spottenden Zustande.Wirksame Abstellung der gekennzeichneten Mißstände erwartetensämtliche Diskussionsredner nur von gemeinsamer gewerkschaft.licher Arbeit im Verbände der Gemeinde» und StaatSarbeiter)-r-Ein am Schluß gehaltener Vortrag des Genossen Lamm über„Wert der Genossenschaften für die Arbeiterfamilie' wurde bei-fällig aufgenommen.Musiker. In der letzten Monatsversammlung hielt GenosseKörsten«inen mit großem Betfall aufgenmnmencn Vortrag überdaS Gcwerbcgericht. Nachdem einig« Aufnahmen vollzogen ivaren.gab G a r t m a n n den Kassenbericht. Der Stand der einzelnenKassen ist folgender: Lokaltassc 8ll.0l M.. Sterbekasse 882.25 M.,Unterstützungskassr 475.68 M. Ter GeschäftSannebmer hat im3. Quartal 08 Gesckwfte vermittelt. Bestellt wurden dabei 416Kollegen. Die Einnahme betrug 4042,20 M. Beschwerden seitensder Besteller sind nicht zu verzeichnen. Ueber einen Antrag derZahlstelle Rixdorf, über den Musiker Heine den Boykott zu der-hängen, wird, weil die Antragsteller trotz Ladung nicht anwesendsind, zur Tagesordnung übergegangen.Vermischtes.Der.Lenkbare" im Dienste deS Verkehrs.Der Londoner Zeitung„Daily Telegraph" wird au» New Yorkgemeldet, daß der L»s»ict»ffer Thomas va ld w in mil der Kon-struktion eineS LenkballonS beanfiragt woiden ist, mit dem dieEinrichtung eines LuftbeförderungSdiensteS fürBersonen und Frachten von Boston nach den benachbartenStädten, eventuell nach New York und A i b a n y, geplant ist.Zunächst ist der Bau«IiirS Fahrzeug« brabsichligt, das zivifchcnBoston und der Station South Framsingham verkehren soll. Manglaubt, den Dienst iin Mai nächsten Jahre« eröffnen zu könnenVerhaftung eines geheimen Hofrates.In K o b u r g wurde vorgestern nacht der dort ansässigepreußische Professor Büttner-Pfänner verhaftet.Vor zwei Monaten ist er noch durch yerleihimg de» Titel«„Ge-heinier Hofrat' ausgezeichnet worden. Die Verhaftung stützt sich aufeine Snlloge wegen angeblicher Verleitung zum Meineidund wird mit einer Affäre in Verbindung gebracht, in die der Ver-haftete vor längerer Zeit wegen einer Münchener Dame ver-wickelt war._Erdbeben im fSchflschrn Vogtland«.In Brambach, im Obervvgilandr, wurde gestern nachmittagein E r d b e b en verspürt. Es wurden drei zum Teil sehr starkeErschi! Urningen wabrgenömmen. Kurz nach 3 Uhr wurden durcheinen besonder« heftigen Stoß die Häufer in ihren Grund-festen erschlittert, wobei die Gegenstände in den Stuben hinund her sckivanlle» und alle Fensterscheiben klirrte».■-