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nicht die Sozialdemokratie(nach beut Muster der Juuker und Scharfmacher!) die öffentliche Abstimmung ebenfalls zur Kon- trolle der Abstimnumg zu benutzen beginne. Die preußische Sozialdemokratie kann mit diesem Erfolge ihrer Tätigkeit vorläufig zufrieden sein. Sollte Herrn Arendts Bekehrung nur eine Ausnahme unter den Bertretem der Reaktion bilden, so müßten eben auch die nächsten Landtags- Wahlen zum eindringlichsten Beweis dafür dienen, daß die Sozialdemokratie sehr gelehrig ist und, wenn es denn sein muß, auf einen Schelmen jederzeit anderthalbe zu setzen versteht!_ Die Entschädigung für die abgehackte Hand ist jetzt endlich von der Breslauer S. Zivilkammer ziffernmäßig fest­gelegt Ivorden, nachdem der Prozeß bereits Üi-b Jahre die Gerichte beschäftigt hatte. Bekanntlich war bei Gelegenheit der polizeilichen Ausschreitungen, die am 19. April 1909 in Breslau vorkamen, ein Polizist in ein Haus auf der Hildebrandtstraße eingedrungen und hatte den in diesem Hause wohnenden Bierfüller Franz Biewald, der ahnungslos die Treppe hinaufging, hinterrücks die auf dem Treppengeländer ruhende linke Hand mit dem Säbel abgehauen, worauf er sofort geflüchtet war. Es ist bishernicht gelungen". den Täter aus der Zahl der an den Ausschreitungen beteiligten Polizisten herauszufinden. Biewald, der dem Handels- und Transportarbeiterverbande angehörte, erhielt von diesem Rechts- schütz bewilligt und strengte auf Grund des preußischen Tumult- gesetzes eine Entschädigungsklage an. Ta die Stadtverwaltung die Breslauer Polizei zwar erhalten muß, aber sonst nichts zu sagen hat, wurden die erhobenen An- spräche nicht anerkannt. Der Magistrat erklärte sich bereit, frei- willig die Zukunft Biewalds sicher zu stellen, doch weigerte er sich im Prinzip, seine Rechtsansprüche anzuerkennen, um darzutun, daß für Ausschreitungen königlicher Polizisten richtiger der Staat verantwortlich zu machen ist. Ain 27. Oktober 1996 hat dann das Breslauer Landgericht im Prinzip entschieden, daß die Stadt Breslau zum Ersatz des durch den Polizisten verursachten Schadens verpflichtet ist, und das Reichsgericht hat die hiergegen eingelegte Revision verworfen. Nunmehr handelte es sich um die Höhe der zu gewährenden Entschädigung. Biewald erhob Ansprüche auf eine einmalige Ent- schädigung von 5999 M. für den erlittenen immateriellen Schaden, Lohnentschädigung für acht im Krankenhause zugebrachte Wochen in Höhe von 163 M. und eine fortlaufende Rente von 219,75 M. für die ersten fünf Jahre nach dem Verlust der Hand und von da ab eine Rente von 397,59 M. pro Quartal und Ersatz aller ent- stehenden Reparaturkosten für die künstliche Hand, die er erhalten hat. Er berechnete dabei, daß seine Erwerbsfähigkeit durch den Verlust der Hand um 75 Proz. zurückgegangen sei und daß er. der erst 22 Jahre alt war, in fünf Jahren einen besseren Arbeits- verdienst gehabt haben würde als bisher. Der Magistrat bestritt die Berechtigung eines Anspruches auf Ersatz des immateriellen Schadens vollständig. Er bestritt auch, daß die Erwerbsfähigkeit des Klägers um 75 Proz. zurückgegangen sei. Er ließ die Erwerbsunfähigkeit durch den Vertrauensarzt der Versicherungsanstalt Schlesien festlegen. Ferner hielt die Stadt sich nicht für verpflichtet, nach fünf Jahren eine höhere Rente zu zahlen. Der Vertrauensarzt hat die verminderte Erwerbsunfähigkeit für das erste Jahr auf 75 Proz. geschätzt. Dann kommt die übliche Gewöhnung", so daß die Erwerbsunfähigkeit im zweiten Jahre nur noch 69 Proz. und von da ab gar nur noch 59 Proz. betragen soll. Das Gericht hat sich bei Festsetzung der Rente diesem Gut- achten angeschlosien. TaS Urteil ging dahin, daß dem Kläger statt 5999 M. nur eine einmalige Entschädigung von 15 99 M. zu zahlen ist. Für die acht Wochen Krankheit erhält Biewald 142 M.; die Rente beträgt bis zum 31. Ottober 1996 pro Quartal 188,69 M., von da ab bis zum 15. Mai 1997 298,44 M.. bis zum 15. Mai 1903 169,79 M.. bis 15. April 1911 143,96 M. und von da ab bis zum Lebensende 157,25 M. pro Quartal. Die nötigen Reparaturen an der künst- lichen Hand sind ihm zu vergüten. Biivgcrschaftswahlen in Bremen . Im letzten Drittel des Monats November wird eins halbschichtige Erneuerung des 159 Mitglieder zählenden bremischen Staats- und Stadtparlamentes vorgenommen. Die besitzenden Klassen im liberalen" Bremen haben es stets verstanden, sich einen weit über- wiegenden Einfluß in der Bürgerschaft zu sichern. Von den 75 zu tvählenden Bürgerschaftsinitgliedern gehen 41 aus Privilegierten- wählen hervor. Die Klasse der Gelehrten stellt hierzu 7, der Kaufleute 29, der Gewerbetreibenden 19 und der Großlandwirte 4 Vertreter. Für die verbleibenden 84 Per- treter sind allgemeine Wahlen vorgeschrieben. Die Stadt Bremen hat in dieser Gruppe 26, Bremerhaven 4, Vegesack 2 und das Land­gebiet ebenfalls 2 Mandate zu besetzen. Aber auch für dieall- gemeinen Wahlen" ist die Allgemeinheit im Grunde genommen aus- geschlossen, denn wahlberechtigt ist nur, wer daS Bürgerrecht er- warben hat, das man aber um daS Proletariat nach Möglichkeit auszuschließen mit dem Stacheldrahtzaun einer sogenannte» Bürgereidgebühr in Höhe von 16,59 M. umgeben hat. Nur wer die 16>/z M. zahlt, wird als ivürdig erachtet, das Wahlrecht auszuüben. Und der bremische Freisinn denkt nicht daran, an diesem mittelalterlichen Wahlrechtssystem zu rütteln. Daß unter solchen Umständender Geist des Liberalismus" bei den Bürger- schaftswahlen den Sieg davontragen wird, ist nicht zu verwundern. Denn nur ungefähr die Hälfte der nach dem ReichstagSwahlrecht wahlfähigen Bevölkerung ist im Befitze des Bürgerrechtes. So wurden im November 1992 21 496 Wähler zur bremischen Bürger- schaft gezählt, wohingegen bei der wenige Monate später im Juni 1993 erfolgten Wahl zum Reichstage 33489 Wähler vor- handen waren. Gegenwärtig hat unsere Partei in der Bremer Bürgerschaft 17 Mandate mne.-_ Ter Streit im christlich-gewerkschastlichen Lager. Das schlimmste, was einem Christenmenschen passieren kann, geschieht jetzt den christlichen Gewerkschaften: von kirchlicher Seite wird ihnen in Aussicht gestellt, daß sie über kurz oder lang bei der Sozialdemokratie, im Lager desUmsturzes" und desUnglaubens" landen werden. DerArbeiter", das Blatt der Berliner Fach- abteiler, weist hin auf das Schicksal der christlichen Demo- k r a t i e n in Italien , die auf ihrem jüngsten Kongreß eine Resolutiongegen die bischöflichen Autoritäten" angenommen haben, was dann den Bischof von Mailand veranlaßt hat, auf die naheliegende Möglichkeit hinzuweisen, daß d i e ch r i st- lichen Demokraten sich über kurz oder lang mit den Soziali st en verschmelzen würden.Nach meiner Auffaflung sagte der Kirchenfürst ist diese Verschmelzung eine mehr als natürliche Sache. Die christliche Demokratie Italiens ivird verschlungen werden von dem reformistischen Flügel der Sozialdemokratie. Wir sehen sie ja jetzt schon in der bedenklichsten Weise sich der äußersten Linken nähern, wie sich eine stetig fortschreitende, aber durchdringende Veränderung in ihr vollzieht." Das Blatt der Berliner Fachabteiler läßt keinen Zweifel darüber, daß es die christlichen Demokraten Italiens bezüglich ihres Wesens und ihres Schicksals mit den christlichen Gewerk- schaften Deutschlands auf eine Stufe stellt. Und in Trier , wo unter Bischof Korums Gunst die katholischen Fach. abteiler sich besonders wohlfühlen, hat denn ein Geistlicher nach dem Muster des Mailänder Bischofs den christlichen Gewerkschaften bereits den Weg ins sozialdemokratische Lager gewiesen. Auf dem Delcgiertentage der katholischen Arbeitervereine des Saarbezirks hielt Dechant Hansen einen Vortrag über die Grundsätze der katholischen Arbeiterbewegung. Der Redner ging mit den christ- lichen Gewerkschaften wegen ihrer Stellung in Politik und Religion streng ins Gericht und meinte zum Schluß: Ich habe scharf gesprochen, um die Christlichen gleichsam zu zwingen, endlich auf unsere Beschwerden zu antworten und um weitere Kreise auf die Zustände in den christlichen Gewerk- schaften aufmerksam zu machen. In Zürich haben die sich christlich nennenden Herren so scharf und deutlich gesprochen, daß ein Kommentar überflüssig ist. Jetzt wollen diese Herren sich rechtfertigen, aber sie rennen sich immer mehr hinein. Was sie in Zürich gesagt haben, das ist immer ihre Meinung gewesen, es ist ihnen das bitterer Ernst; es tut ihnen nur leid, daß sie jetzt bei vielen hohen Gönnern Anstoß erregt haben. Diese glaubten immer noch, daß die christlichen Gewerkschafts- führer so harmlos seien. Jetzt sind sie geradezu entsetzt über die rohe Sprache in Zürich . Deshalb haben die Züricher Redner die großen Versammlungen in Köln , München und Berlin abgehalten. Aber umsonst, in Zürich haben sie ihr Grab gegraben. Es muß eine Scheidung der Geister kommen. Alles sieht ein, daß es so nicht weiter gehen kann. Ein Teil geht zu den Sozialdemokraten, der andere wird sich einstweilen zurückziehen und dann später zu uns kommen. Wir arbeiten im Geiste der Kirche weiter, und dafür muß uns der Sieg werden." Es ist auch von sozialdemokratischer Seite aus schon wieder- -bolt darauf hingewiesen worden, daß die christlichen Gewerkschaften sich dadurch, daß sie ihre wirtschaftlichen Bestrebungen auf religiöse Grundlage zu stellen versuchten, in eine auf die Dauer unhaltbare Lage begeben haben. Auch wir sind der Meinung, daß dieser Widerstreit über kurz oder lang zu einer Entscheidung für die katholischen Arbeiter drängt. Die Führer werden es nicht auf einen Bruch mit der Kirche, der für sie auch einen Bruch niit ihrer Partei bedeutet, ankommen lassen wollen, aber die katholischen Arbeiter, die jetzt noch dem Zentrum und den von diesem be- gönnerten christlichen Gewerkschaften folgen, werden sich der Ent- scheidung nicht entziehen können, ob sie den gewaltigen sozialen Kampf, der ihnen wie der gesamten Arbeiterklasse bevorsteht, unter der Vormundschaft eines herrschsüchtigen und rückständigen Klerus oder Seite an Seite mit ihren Klassengenossen im sozialistischen Lager führen wollen. Das gegenwärtige Vorgehen der hohen und niederen Geistlichkeit gegen die christlichen Gewerkschaften wird diese Entscheidung beschleunigen. Hasen in Hamburgs Staatskohlfeldern. Als vor einigen Jahren der hamburgische Staat zum Zwecke der Vorortsbahn eine große Häuserreihe erstehen mußte, stellte es sich heraus, daßUnregelmäßigkeiten" vorgekommen waren, indem die Grundstücksspekulanten von den Plänen Kenntnis erlangt und danach ihre Dispositionen getroffen hatten, wodurch der Staat gründlich übers Ohr gehauen wurde. Wie seinerzeit berichtet wurde, hat dieser Skandal zur Einsetzung eines Parlamentsausschusses geführt, dessen Bericht vor einigen Wochen veröffentlicht wurde und großes Aufsehen erregte. Der Aukschußbericht, aus dem hervorgeht, daß manches faul in der Elbrepublik ist, wurde selbstverständlich auch in der Presse lebhaft erörtert. Da es sich nur um Einzelfälle handeln, dasHamburger Echo" aber verallgemeinert haben soll, was gar nicht der Fall ist, hat man gegen den Verantivortlichen unseres Parteiorgans das Versahren wegen Beleidigung der P o l i z e i- b e h ö r d e und deren Organe eingeleitet, die, obwohl sie doch mit Grundstücksspekulationen nickt daS mindeste zu. tun hat, sich durch die..Echo"-Kritik beleidigt fühlt! In der Sitzung der Bürgerschaft vom Mittwoch abend gelangte der Ausschußbericht zur Debatte. Es wurde konstatiert, daß Vcr-. fehlungen von einer Reihe Subalternbeamten vorgekommen sind! daß Beamte geheimzuhaltende Pläne an sich zu bringen vermochten und Bürgern(Spekulanten) aushändigten, daß Beamte, in Gruod-. stücken zum RäckleUe des Staates speknliertchaben m-einer' Form, die nichts vom blanken Ehrenschild an sich hat, daß Pläne frei umhergelegen haben, daß auf dem Grundbüchamt das Trinkgeldunwesen noch nicht ganz vor- schwunden ist,weildortder alte, früher gesetzliche Usus des Sportelwesens heute noch nachwirkt", usw. Die Herren Volksvertreter trösteten sich mitEinzelfällen", gegen die energisch vorgegangen werden müsse. Etwas kritischer behandelte Dr. Braband dieseEinzelfälle", die selbstredend nicht dem Beamtenstand zur Last geleot werden dürften. In der nächsten Sitzung. gelangt ein Vertreter unserer Fraktion zum Wort. Die Landtagswahlen in Hessen . Unter sehr schwacher Beteiligung gingen gestern die hessischen Landtagswahlen vor sich. Genosse Ulrich wurde mit 4498 Stimmen (399 Stimmen Majorität) wiedergewählt, ebenso ist in Offenbach - Land Genosse Orb mit überwiegender Majorität wiedergewühlt worden. Dagegen sind die Genossen David und Adelung, die die Stadt Mainz vertraten, unterlegen. Zentrum und Nationalliberale hatten hier ein Kartell geschlossen; auch der Umstand, daß die sehr wenig zahlreichen Demokraten und Freisinnigen für die Sozialdemo- kraten einzutreten beschlossen, konnte den Sieg des Kartells nicht verhindern. Der nationalliberale und der Zentrumskandidat wurden mit zirka 599 Stimmen Mehrheit gewählt. In der Vertretung der bürgerlichen Parteien haben sich wenig Verschiebungen ergeben. Der für die Sozialdemokratie verlustbringende Ausfall der Wahlen ist zum Teil auf die schlechte, wirtschaftliche Lage zurück- zuführen, die es vielen Arbeitern unmöglich gemacht hat, sich an der Wahl zu beteiligen. So haben zum Beispiel in Offenbach 12 Proz. der Arbeiter aus diesem Grunde nicht wählen können. In Mainz verloren tausend Arbeiter ihr Wahlrecht durch die Gerichtsstands- klausel. In der Kammer wird durch die Wahlen an dem Verhältnis der Parteien zu einander wenig geändert. Das Debüt der christlichen Internationale. Anfang August dieses Jahres waren in Z ü r i ch die christlichen Gewerkschaftsführer von Deutschland , Oesterreich, Schweiz , Belgien , Holland und Rußland versammelt, um über einige das gemeinsame internationale Interesse betreffende Dinge zu beraten. Die Ver- Handlungen erhielten ihre Bedeutung durch eine Auseinander. setzung grundsätzlicher Art, ob nämlich die christlichen Arbeiter sich konfessionell oder interkonfessionell zu organi- sieren hätten, womit dann die Erörterung der weiteren Frage ver- bunden war, ob und inwieweit der kirchlichen Autorität ein Einfluß auf die wirtschaftlichen Bestrebungen der katholischen Arbeiter zu gewähren sei. In der Aussprache über diesen Punkt standen die deutschen Gewerkschaftsführer, die für die Jnterkonfessionalität sind, und die holländischen Gewerkschaftsführer, die nach der Anweisung ihrer Bischöse die konfessionellen Gewerkschaften als die einzig berechtigte Organisationsform propagieren, einander gegenüber. Die Deutschen verfochten ihren Standpunkt mit großer Entschiedenheit.Bis hierher und nicht weiter!" rief der Abgeordnete Schiffer als Vorsitzender des Gesamtverbandes christlicher Gewerkschaften den Bischöfen zu, und ebenso energisch verwahrten die Herren Wieber, Wiedebcrg und Stegerwald die christlichen Organisationen gegen die Eingriffe der kirchlichen Gewalt. Nach Hause zurückgekehrt, schlug den tapferen Ehristenmenschen denn doch das Herz, als sie in den Zentrumsblättern, die es mit den Fachabteilungen halten, lesen mußten, wie schwer sie sich gegen die bischöfliche Autorität mit ihren Reden in Zürich vergangen hatten. Das Kölner Kartell der christlichen Gewerkschaften hkelt eine Versammlung ab, um Herrn Stegerwald, dem Generalsekretär des Gesamtverbandes, Gelegenheit zu geben zu der Erklärung, daß die Züricher Reden nicht so schlimm gemeint gewesen seien, daß vieles aus Mißverständnissen beruhe usw. Desgleichen reisten die übrigen Herren Führer im Lande umher, um die Gemüter zu be- ruhigen und sich vor dem Verdacht zu wahren, daß sie ernstlich die Autorität der Bischöfe anzuzweifeln versucht hätten. Das schönste aber leistet sich der Abgeordnete Schiffer, der in Zürich den Bischöfen gegenüber das Wort sagte: Bis hierher und nicht weiter! Er erlätzt in derKölnischen Volkszeitung" eine Erklärung, worin er mitteilt, daß er bereitsbei einem Teil der hochwürdigsten Herren Bischöfe", so bei Kardinal Fischer von Köln und dem Erzbischof von Utrecht uman- gemessene Entschuldigung" gebeten habe. Sodann läßt der tapfere Arbeiterführer die Welt wissen, daß er in mehreren großen Versammlungen nach der Züricher Versammlungan- standslos die in der Form zu weit gehenden Aeußerungcn einiger Redner und auch die eigene scharfe Aeußerung bedauert" habe. Also ein Zurückweichen auf der ganzen christlichen Linie. Den Herren ist bange geworden vor den eigenen Worten. Jenseits der Landesgrenzen spielen sie die Aufrechten und Zielbewußten und daheim, im Bereiche des Krummstabes, knicken sie zusammen im Bedauern der eigenen Kühnheit und im Winseln um die Gnade der Bischöfe, denen gegenüber sie den Frevelmut bewiesen haben, die Selbständigkeit ihrer Organisation zu betonen. Die köstlichste Probe christgewerkschaftlichen Bckenncrtums gibt uns Herr Schiffer aber in dem Satze:Die Debatte in Zürich war eigentlich nur für den internen Kreis der Versammelten, durchaus nicht für die breite Oeffentlichkeit bestimmt; hätte ich eine Ahnung von dieser Art der öffentlichen Verbreitung der Diskussion gehabt, so würde die Debatte bestimmt in anderen Formen ge» halten worden sein. Die Veröffentlichung ist ohne meine Kenntnis und gegen meinen Wunsch ge» schehen." Hinter verschlossenen Türen also würden die christlichen Führer den Mut haben, auch mal gegen die Bischöfe anzugehen; der Oeffentlichkeit gegenüber aber wollen sie unter allen Umständen die ergebenen Gläubigen gelten. Man muß eS den christlichen Gc> werkschaftsführern lassen, daß sie es verstanden haben, ihr neuestes Unternehmen: die christliche Internationale, in recht würdiger Weise einzuführen. Wenn Herr Schiffer am Schluß seines Schreibensaus prinzipiellen Gründen" erklärt, daß die christlichen Gewerkschaften nach wie vor selbständige Organisationen" feien, so weiß man nunmehr zu Genüge, daß dieseSelbständigkeit" abhängt von der Gnade der Bischöse._ Die Landtaisstvahl* im Wahlkreise Germersheim -Bergzabern , V die bekanntlich auf den 26. November festgesetzt ist, wird wieder zu einem heißen Ringen zwischen Zentrum und Nationalliberalen werden. Beide Parteien sind in dem rein ländlichen Kreise an- nähernd gleich stark vertreten. Es ist dies die dritte Wahl, die innerhalb der kurzen Frist von V/j Jahren stattfindet. Bei den beiden borhergehenden Wahlen siegte der nationalliberale Kandidat Lehrer Lranausr « GermerSheim mit nur wenigen Stimmen Mehrheit über das Zentrum, aber jedesmal wurde von der Zentrumsmehrheit des bayerischen Landtages die Wahl für un- gültig, eritärt. Das�letzte Mal war- es- di» bekannte Billigheimer Skftnmzeiftffälschunge-Asfärc.'hle" zur(Annullierüng des Manöüks führte. Die Liberalen haben nun den Lehrer Cronauer wiediep zum Kandidaten erkoren, während das Zentrum in einer in Landau abgehaltenen Konferenz wieder den Forstrat Z w ist l er- Speyer zum Kandidaten nominierte. Unsere Partei, die in dem Wahl- kreise nur wenige Anhänger zählt, wird in einer am 8. November stattfindenden Wahlkreiskonferenz zu der Wahl Stellung nehmen; bei der letzten Wahl wurde von unserer Seite aus strikte Stimm- enthaltung proklamiert._ Die Jnseratensteuer. DerBerliner Lokal-Anzeiger" ist in der Lage, die Haupt- sächlichsten Punkte der geplanten Jnseratensteuer zu veröffentlichen. Täglich erscheinende Blätter, mit einer Auflage bis 5099 Exem- plaren, zahlen 2 Prozent ihrer Jnserateneinnahme. Mt der Höhe der Auflage steigt die Steuer und erreicht bei Zeitungen mit über 199 999 Abonnenten 19 Prozent. Kleine Anzeigen, die sich auf Stellengesuche und dergleichen beziehen, und einen Umfang von fünf Druckseiten nicht überschreiten, bleiben steuerfrei. Für Zeiwngs- beilagen steigt die Steuer bis auf 29 Prozent. Die Anzeigen in den seltener erscheinenden Fachblättern, die höher berechnet zu werden pflegen, sollen einem weit höheren Steuersatz unterworfen werden. Die Absicht, den Verlegern für ihre Mühewaltung bei der Erhebung der Steuer eine Vergütung zu gewähren, hat man wieder fallen lassen. Bei Reklamen sollen besonders boch versteuert werden solche, die sich an Mauern, Giebeln, Theatervorhängen befinden. Die Steuer richtet sich nach den Flächen und»ach der Größe der Stadt. Geschäftsschilder sind nur dann von der Steuer befreit-, wenn sie leinen rellame» artigen Charakter tragen._ Die heilige Disziplin. Der Füsilier Johann Hecker vom niederrheinischen Füsilier- Regiment Nr. 39(Düsseldorf ) hatte bei der jüngsten Rekruten- einstellung einige Bekannten getroffen und mit ihnen in der Kantine über den Durst getrunken. Ein Unteroffizier schickte den H. dieser- halb auf die Mannschaftsstube, welchen Befehl Hecker auch befolgte. Als dann aber später ein anderer Unteroffizier nachsah, ob Hecker auch auf der Stube sei, warf der Betrunkene mit einem Schemel nach dem Unteroffizier und traf ihn am Bein. Hecker, der sein Tun mit sinnloser Trunkenheit eutschuldigte. wurde vom Düsseldorfer Kriegsgericht unter Aunahmemildernder Umstände" zu 2 Jahren 7 Monaten Gesängnis und Versetzung in die zweite Klasse deS SoldatenstandeS verurteilt. Der Verurteilte hat erst kürzlich eine dreimonatliche Gefängnisstrafe, die er wegen unerlaubter Etitsernung erhielt, verbüßt. In derselben Sitzung wurde gegen den Reservisten Llltmann verhandelt. Dieser soll im Manöver einen Gefreiten mit Totstechen bedroht und einem Feldwebel den Gehorsam verweigert haben. Der jähzornig veranlagte Angeklagte entschuldigte seine Tat mit Trunken- heit, erhielt aber auch neun Monate zwei. Wochen Ge- fäugniS._ Die Balkankrise. Kreta . Canea, 28. Oktober. Der Text der Note, welche die vier Schutzmächte dem Exekutivkomitee der Insel unter- breiteten, hat folgenden Wortlaut:Die Schutzmächte stehen auf dem Standpunkt, daß die Vereinigung Kretas mit Griechen- land von der Z u st i m m u n g der Mächte abhängig ist, die der Türkei gegenüber gewisse Verpflichtungen eingegangen sind. Sie würden aber nichtsdestoweniger geneigt sein, an die Diskussion dieser Frage mit Wo hllv ollen heranzutreten, wenn die Ordnung auf der Insel aufrechterhalten bleibt und andererseits die Sicherheit der muselmanischen Bevölkerung gewährleistet ist. Die Mitteilung