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8r.255. N. Zahrgsvg. L KcilM des Jsniiätts" Fmtüg. 30. Oktober 1908. Hbgeordnetenbaud« 6, Ntzung, Donnerstag, den 23. Oktober, vormittags 13 Uhr. Am Ministertisch: Ministerialdirektor Schwartzkopff, Die Beratung des LehrerbesoldungSgesetzeS wird fortgesetzt. . Abg. Borgmana(Soz.): Wenn man das Liebeswerben sämtlicher Parteien gestern gehört hat, so muh man gestehen, daß den Herren, die gestern so sehr gelobt und geehrt wurden, ein Gruseln den Rücken hinunter- laufen konnte.(Heiterkeit.) Der alte Praktiker Freiherr von Zedlitz stand den Dingen mit leeren Händen gegenüber. Eine Besserstellung der Lehrer wird nicht erreicht werden, bis es ge- lingt, unser ganzes Schulwesen an Haupt und Gliedern zu refor- micren. Es muß eine Einheitsschule geschaffen werden, in der die Kinder der besitzenden Klassen auf derselben Bank zu sitzen haben wie die Kinder der Arbeiter. Eher wird es auch mit der Position der Lehrer nicht bester werden. Sie werden mir zugeben, daß hier im Hause sehr wenig Herren vorhanden sind, die ihre Kinder in die Volksschule schicken, und bei dem großen Egoismus der besitzenden Kreise ist eine Besserung der Volksschulverhältnisse schon aus diesem Grunde nicht so bald zu erwarten. Es handelt sich bei dieser Vorlage um die Einlösung eines sehr alten, längst fälligen Wechsels, bei dem sich der Schuldner noch weigert, die Verzugszinsen zu zahlen. Der Gedanke einer gleichmäßigen Besoldung der Lehrer auf dem Lande und in den Städten ist durchaus gesund, weil er zu einem setzhaften Lehrerstand führen kann. Aber ich bezweifle, daß dies Ziel durch die Vorlage erreicht werden kann. Es sollte eine Ehrenpflicht der besitzenden Klassen sein, die Opfer auf sich zu nehmen, die zu einer Besserung unserer Volks- schulverhältnisse nötig sind. Aber hier soll wieder den Großgrund- bcsiticrn eine neue Liebesgabe zugewiesen werden.(Heiterkeit rechts. Sehr richtigl bei den Sozialdemokraten.) Die Behauptung des Herrn v. Dithfurth, daß die Landgemeinden mehr für die Schulen aufbringen als die Städte, ist nicht richtig. Es wäre daher eine Ungeheuerlichkeit, wenn den I e i st u n g s- fähigen Kreisen auf dem Lande durch die Vorlage wieder erhöhte Staatszuschüsse zugewiesen würden. Die Sauptwünsche der Lehrer auf Gleichstellung mit den Regierungs- sekretären sind der Regierung ja bekannt. Wenn es nicht gelingt, diese Wünsche zu erfüllen, ist Ruhe in den Kreisen der Lehrer nicht zu erwarten. Werden diese Wünsche aber erfüllt, so werden sich auch eine Reihe größerer Intelligenzen dem Lehrerberufe zuwenden und das ganze Ansehen des LehrerstandeS wird dadurch gehoben werden.(Se�r richtigl bei den Sozialdemokraten.) Der Entwurf bringt die gesetzliche Festlegung bei Studtschen Bremserlasse«. Dieser Bremserlaß bedeutet eine Fessel, die die größten Härten mit sich bringen muß, weil damit die Erhöhung der Lehrergehälter abhängig gemacht wird von dem guten Willen der Bureaukratie. Dieser Eingriff ia die Selbstverwaltung ist auch eine merkwürdige Feier des hundertjährigen Gedenktages der Städteordnung.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Die Vorlage wird mit den Teuerungsverhältnissen begründet. Diese Teuerungsverhältnisse sind aber eine Folge der agrarischen Wirtschaftspolitik. Bei dieser Gelegenheit mutz ich den außerordentlich rückständigen Standpunkt unseres Herrn Eisenbahn« inisters zurückweisen, der be» Imuptete. bei der rückläufigen Konjunktur hätten die StaatSarbeiter kein Recht auf Lohnzulagen. Wenn er weiter behauptete, daß wir gegen alle Regierungsvorlagen grundsätzlich Oppositwn machen, so beweist er damit nur, daß er sich, bevor er Minister wurde, um öffentliche Angelegenheiten wenig gekümmert hat. Ich verweise nur darauf, daß die Caprivischeu Handelsverträge ohne unsere Zu- stimmung nicht zustande gekommen wären. Man vertröstet die Lehrer darauf, daß sie infolge der AlterSzulagen im mittleren Alter ein höheres Gehalt beziehen. Den Lehrern geht eS da wie AiofeS mit Aron, sie sehen das gelobte Land, kommen aber nicht hinein. ES handelt sich für die Lehrer auch durchaus nicht bloß um Gehaltserhöhungen, sie leiden unter ihrer gesellschaftlichen Stellung, unter den schlechten Wohnungsverhältnissen, unter Heber- lastung infolge der hohen Frequenz der Schulklassen und unter Nebenarbeiten und unter der geistlichen Schulaufsicht. (Lachen rechts. Sehr richtigl bei den Sozialdemokraten.) In bezug auf die gesellschaftliche Stellung der Lehrer erinnere ich nur an die Vorkommnisse in Trakchnen. Die Ueberfüllung der Schul- Kassen ist bekannt. Junge Lehrer von 23 Jahren müssen über 103 Kinder in einer Klasse unterrichten. In dieser Beziehung steht Preußen selbst hinter Galizicn zurück. Bielfach sind die Schul. räume derart verfallen, daß sie nicht ohne Gefahr bewohnt werden können. Ich könnte Ihnen hunderte solcher Fälle vorführen. Sie können den Lehrern ruhig 1833 Mark Gehalt geben, so würden sie doch nicht auf dem Lande bleiben, weil die Zustände dort derart verwahrlost sind.(Unruhe rechts.) Prinz Albrecht von Preußen   hat das Patronat üher eine Schule, wo vier Lehrer 573 Kinder zu unterrichten haben. In einer Schule, deren Patron der Kronprinz des Deutschen Reiches ist ich bedauere, daß ich da? nicht gestern vorbringen konnte, als der Kronprinz an- kleines feuilleton. Nettungskästen bei Eisenbahnunfällen. Die Notwendigkeit, bei Eisenbahnunfälle» unter Umständen einer großen Anzahl Vor- wundcter Hilfe bringen zu müssen, hat zur Einrichtung sehr reich ausgestatteter Rettungskästen geführt, die dazu bestimmt sind, auf den Hilfswagen möglichst rasch aufgeladen und an Ort und Stelle gebracht zu werden. Diese Kästen sind nun vielfach so schwer und unhandlich, daß eine Aenderung ihres Inhalts und Formats drin- gend geboten scheint. In derWiener Klinischen Wochenschrift" hat der Chirurg Fr. von Eiselsberg im Verein mit Dr. Rosmanit gegen die schwerfälligen Rettungseinrichwngcn auf den öfter- rcichischen Bahnen Stellung genommen. Aber auch die auf deutschen   Bahnen vielfach in Verwendung stehende kleiderschrank- ähnliche Form mit ihrem umständliche», bisweilen sogar durch Tragbahren vervollständigten Material sind nach Ansicht der beiden Aerzte durchaus ungeeignet und veraltet. Der Inhalt derartiger Niesenschränke umfaßt immer noch Instrumente aller Art, Des- infektionsmittel mit voluminösen Meß- und Mischgefäßen, mächtige Waschapparate und andere nicht mehr gebräuchliche Dinge. Auch die Einrichtungen, die in der Ausstellung des Kongresses für Ret- tungswescn, der im Juni bies»s Jahres in Frankfurt   a. M. abgehalten wurde, zeigten kaum eine wesentliche Modernisierung, höchstens, daß die sogenannten aseptischen Schnellverbände reichlicher ver- treten waren. Die beiden Wiener   Gelehrten haben nun Modelle praktischer Rettungskästen ersonnen, denen verschiedene allseitiger Aufmerksamkeit würdige Erwägungen zugrunde lagen. Zunächst sollen bei der Einrichtung von Rettungskästen für den Eisenbetrieb alle Instrumente und operativen Behelfe fortfallen, weil an der Unfallstelle selbst sowie im Rettungswagen so wenig als möglich operiert werden soll. Diesem Grundsatz ist in den neuen deutschen  Nettungskästen im wesentlichen bereits Rechnung getragen. Die 'Amputationswcrkzeuge sind in Fortfall gekommen. Jedoch sind Nähzeug- und Unterbindungsinstrumcnte noch vielfach beibehalten worden. Die seltenen Fälle, wo Amputationen von Gliedern nötig wesend war unterrichten 2 Lehrer 1Ö9 Kinder.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Besonders die Schulverhältnisse in den polnischen Provinzen, wo bis 215 Kinder in einer Klasse unterrichtet werden, bilden eine schwere Anklage gegen die preußische Schulverwaltung. Und in solchen Kreisen wollen Sie Germanisationspolitik treiben! Es ist natürlich, daß dort die Lehrer mit den Eltern der Kinder, denen sie das Vaterunser mit dem Stock beibringen sollen, ständig in Konflikt kommen. Ich kenne einen Fall, in dem ein Lehrer gezwungen war, jeden Sonntag drei Stunden zu laufen Fuhrwerk bekam er nicht, um sich für die ganze Woche zu verproviantieren, weil ihm am Orte nichts ver- kauft wurde. Das Geld für Germanisationszwecke hätte man für Verbesserung der Schulverhältnisse be- nutzen sollen, dann hätte man mehr Erfolge erzielt.(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Weiter müssen die Lehrer auch von dem entwürdigenden st er dien st befteit werden. Eine Arbeitsordnung für die Küsterdienste in der Provinz Sachsen   er- innert an die"Vorschriften für Scheuerfrauen in Berliner   Miets- kontrakten. Wenn diese Verhältnisse noch immer fortbestehen, so trägt neben der Regierung auch die Mehrheit dieses Hauses daran die Hauptschuld. Etwas unklar war die Haltung des'Zen- t r u m s zu der Vorlage. Es scheint ihm an dem rechten Ernst zu fehlen, auf die Regierung energisch einzuwirken. Der national- liberale Redner sprach recht temperamentvoll, aiber das End- resultat seiner Rede war echt nationalliberal.{Heiterkeit.) Er stellte weitgehende Forderungen, meinte aber, die Mittel dazu fehlen. In der Tat wäre die Regierung in der Lage, an Hand der bereiten Mittel alle berechtigten Forderungen der Lehrer und Beamten zu erfüllen. Es wäre nur nötig, daß die höheren Einkommen auch entsprechend höhere Steuern zahlten. Das ist leider nicht der Fall, weil Sie Ihre Majorität im Dreiklassen- Parlament rücksichtslos ausgenutzt haben.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Das Lob der Selb   st ver waltung aus dem Munde des Herrn Ministerialdirektors Schwartzkopff  machte einen eigenartigen Eindruck. Trotz aller Lobeserhebungen der Selbstverwaltung auf dem Städtetage, dem ich als einziger Sozialdemokrat beiwohnte, seitens der Regierungsvertreter, in denen nur Herr von Rheinbaben zurückhaltend gewesen ist, ist die Selbstverwaltung bei uns doch nur ein Märchen. (Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.) Ich erinnere daran, daß das Kultusministerium über den Kops der Berliner   Gemeindeverwaltung hinweg durch Vor- s ch r i f t e n an Direktoren über städtische Schulgebäude verfügen wollte. Ich verweise weiter darauf, daß über den Kopf der städtische» Verwaltung hinweg zeitweise der Schulbetrieb ohne weiteres ausgesetzt wird, weil auf dem Tempelhofer   Felde Parade stattfindet. (Lachen rechts.) Ich erinnere daran, daß man die städtischen Turnhallen einem Teile der Bürgerschaft zur Benutzung entzieht. Unter solchen Umständen kann von Selbstverwaltung keine Rede sein. Eine gute Volksschulbildung ist die Grundlage der Kultur. Alexander v. Humboldt hat gesagt:Der Mensch kann auf die Natur nicht einwirken, sich keine ihrer Kräfte aneignen, wenn er nicht die Naturgesetze nach Maß und Zahlverhältnissen kennt. Auch hier liegt die Macht der volkstümlichen Intelligenz; sie steigt und sinkt mit dieser. Diejenige!, Völker, welche in der allgemeinen industriellen Tätigkeit, in Anwendung der Mechanik, der technischen Chemie, in sorgfältiger Auswahl und Bearbeitung natürlicher Stoffe zurückstehen, bei denen die Achtung einer solchen Tätigkeit nicht alle Klassen durchdringt, werden unausbleiblich von ihrem Wohlstande herabsinken." Das sind prophetische Worte, ernste Mahnungen. Ich befürchte, daß wir heute schon in bezug auf das Volksschulwesen von anderen Nationen überholt sind. Die Klaffen- frcquenz ist in Schweden   und Norwegen  , in Frankreich   über die Hälfte geringer. Arbeiten Sie mit uns, einen Zustand herbeizu- sührer, der den vernünftigen Anforderungen des Volkes in Bezug auf geistige Entwickelung entspricht. An unserer Hilfe soll es nicht fehlen, beweisen Sie, daß sie den ernsten Willen dazu haben.(Bravo I bei deü Sozialdemokraten.) Abg. Hoff(frs. Vg.): Die Leidensgeschichte der preußischen Volksschule ist mit dieser Vorlage noch nicht zu Ende. Mit ihr wird der Krebsschaden des Lehrermangels nicht be>eitigt werden. Es ist ein dunkles Gebiet, wie in Preußen die Lehrerschaft rekrutiert werden muß.(Sehr richtig! links.) Unablässig rührt man die Werbetrommel, und trotzdem finden sich nicht genügende Kräfte für diesen Stand. Am schlimmsten wirkt der Bremserlaß. Wir müssen für die Lehrer 1533 M. Grundgehalt und 258 M. AlterSzulage fordern. Unsere endgültige Stellung behalten wir uns vor, bis die Arbeit der Kommission vorliegt. Wir wollen ein Kulturwerl haben ohne jedes reaktionäre Beiwerk.(Beifall links.) Ministerialdirektor Schwartzkopff: Ich bin weit entfernt, die Schulverhältnisse in Preußen als absolut unverbesserlich hinzustellen. Aber wie es hier hingestellt wird, so liegen die Verhältnisse in Preußen doch nicht. Wenn noch Klassen mit 123 bis 153 Kindern vorkommen, so_ sind das Halbtagsschulen. Wir beinühen uns, deren Zahl möglichst zu vermindern. Lehrermangel und Be- soldung haben nichts«liteinander zu tun. Wir iniissen heute sogar noch Anwärter zurückweisen. Von einer Kulturbremse kann bei der Vorlage nicht die Rede sein. Die preußische Lehrerschaft selbst hat noch vor gar nicht langer Zeit aus dem Lehrertage sind, um eingeklemmte Personen freizubekommen, geben an sich eine sehr schlechte Prognose und werden wohl stets mit den von dem operierenden Chirurgen mitgebrachten Instrumenten ausgeführt werden können. Die Aufgabe der ersten Hilfe wird in fast allen Fällen sich auf die Anlegung eines aseptischen Notverbandes be- schränken, der den Verletzten so schnell wie uwglich transportfähig macht. AuS den Rettungskästen sollen ferner alle Wasch- und Des- infektionsvorrichtungen fortbleiben. Die Wunden dürfen an Ort und Stelle weder gewaschen noch desinfiziert werden, da dies doch nicht in ausreichender Weise möglich wäre. Nur die Behelfe, die zu provisorischen Wund- und Schienenverbänden notwendig sind, sollen reichlich und in tadellosem Zustande vorhanden sein. Ms Wundverband ist ausschließlich hydrophile Gaze zu verwenden, die sich leicht sterilisieren läßt. Antiseptische Zusätze sind nicht zweck- mäßig. Die bisherigen schweren und unhandlichen Kästen aus massivem Holz sind als unpraktisch aufzugeben. Es ist an ihrer Stelle eine Mittelgröße, die ein Mann bequem fortbewegen kann, zu wählen. Bei größerem Bedarf sind mehrere solcher Kästen bei- zubringen. Ein geeignetes Material ist dünnes, wasserundurch- lässiges Fournierholz, das aus drei in ihrer Faserung sich durchs kreuzenden, unter einem Druck von 253 Atmosphären mit Kasein zusammengekitteten Lagen besteht. Die best eingerichtete Form ist die des Koffers. Der Inhalt ist ohne weiteres zu übersehen. Die Rettungsapparate sollen nicht nur auf den Stationen vorhanden sein, sondern auch, wie dies in Deutschland   der Fall ist, in den Zügen mitgeführt werden. Zu diesem BeHufe ist ein kleineres Mo- dell vorgesehen, dessen Einrichtung den größeren(flcicht; nur daß die Quantitäten der einzelnen Einrichtungsbesiandteile geringere sind. Das Gewicht dieser Kästen in leerem Zustand beträgt 2,33 Kilogramm, gefüllt 8 Kilogramm. Sic wären auch ganz gut für kleinere Stationen, Haltestellen Und Lokalbahnen geeignet und könnten mit Vorteil auch außerhalb des Eisenbahnbetriebes bcr- wandt lvcrden. Notizen. Theater Nachrichten. Im Hebbel-Theater   geht als nächste Novität Karl Schön herrs Bauernlomödie»Erde�v in Magdeburg   1353 und 150 M. gefordert. Preußen marschiert an der Spitze von allen Bundesstaaten in bezug auf das Lehrergehalt. (Hört! hört! rechts.) Bayern   hat ein Grundgehalt von 1233 M. und ein Höchstgehalt von 2800 M. Sachsen   fängt zwar mit 1533 M. an, steigt aber nur bis 3333 M. In Baden erhalten die Lehrer 1533 bis 2833 M. Nur Hamburg   hat größere Sätze von 2133 bis 1633 M. Es zahlt aber nichts für Wohnung. Wir hoffen, daß das Haus in seiner KominissionSberatung zu einem Ergebnis kommt. welches der Notlage der Lehrer, die vielfach vorhanden ist, Abhilse schafft und uns hilft, unsere Volksschule vorwärts zu bringen. Abg. Frhr. v. Richthofcn(k.): Die Ausführungen de? Herrn Borgmann haben mir eben so wenig imponiert wie die des Abg. Hirsch.(Lachen bei den Sozialdemokraten.) Herr Borgmann scheint gar nicht zu wissen, daß vor zwei Jahren das Schullastengesetz hier beschlossen ist.(Hört! hört! rechts.) Gerade das Schullasten- gesetz ist von uns gemacht worden, weil wir Ungcrechtig- teilen in der Verteilung der Schullasten anerkennen mußten. Schul- Patrone gibt es ja nach den neuesten Gesetzgebungen gar nicht mehr. Sie sind ja durch das Gesetz von 1936 aufgehoben, wissen Sie das gar nicht, Herr Borgmann?(Große Heiterkeit rechts.) Die Ausführungen des Herrn Cassel waren offenbar von der Furcht diktiert, daß ein großer Teil der Lehrer in das konservative Lager abschwenkt.(Lachen links.) Man behauptet, wir wollten keine Verbesserung der Volksbildung. Gerade das Gegenteil ist richtig. Wenn die Landkindcr von den tüchtigsten Volks- schullehrern evangelischen und katholischen erzogen werden, werden sie nicht so leicht den Irrlehren der internationalen Sozial- demokratie verfallen, sondern Rekruten der christlichen Arbeitervereine bilden.(Bravo  ! rechts, Zurufe bei den Sozialdemokraten: V ie l Glück!) Wir haben den ernsten Willen, den Wünschen der Lehrer soweit entgegenzukommen, wie es irgend mit der Finanzlage und den Interessen der Steuerzahler zu vereinen ist. Wir hoffen, daß es in der Kommission gelingt, ein Gesetz zustande zu bringen, das für die Lehrerschaft ein schönes Weihnachtsgeschenk bildet.(Bravo  ! rechts.) Abg. Dr. Hackenberg(natl): DaZ Gesetz kommt am wenigsten den Verhältnissen im Westen entgegen. Es bleibt unter den Sätzen, die dort heute bereits meist gezahlt werden, und mutet einzelnen Gemeinden sogar Rückschritte zu. Wenn die Erfüllung der be- rechligten Wünsche der Lehrer größere Mittel erfordert, so sind meine Freunde bereit, diese notwendigen Mittel unter allen Umständen zu bewilligen. Die Verbesserungsbedürstig- leit unserer Volksschulverhältnisse haben wir stets aner- lannt, lange che Herr Borgmann und seine Freunde in dieses Haus eintraten. Ein unhaltbarer Zustand ist, daß in fast allen ländlichen eintlassigen Schulen im Westen junge, soeben vom Seminar kommende Lehrer angestellt werden. Und wenn auf die zweiklassigen Schulen zwei Lehrer koinmen, die auf derselben Seminarbank gesessen haben, wie soll sich da einer am andern halten? Gerade diese ein- klassigen Schulen verlangen die tüchtigsten, erfahrensten Kräfte. (Bravo I bei den Nationalliberalcn.) Abg. Dr. Jdcrhoff(freik.) befürwortet nochmals die Vorschläge des Abg. v. Zedlitz. Abg. Cassel(frs. Vp.) polemisiert gegen den Abg. v. Richthofcn. Wir haben ausdrücklich anerkannt, daß die Vorlage für die meisten Lehrer und Lehrerinnen auf dem Lande große Verbesserungen bringt; aber wir haben andererseits kritisiert, daß durch die Brems- bestimmung eine Besserung in anderen Teilen des Landes für die Zukunft überhaupt verhindert wird. Diese Bremsbestimmung fehlt in den anderen deutschen   Staaten, auf die der Herr Ministerial- direktor hinwies. Abg. Ziesche(Z.) fragt an, in welchem Gesetze die Verhältnisse der Mttelschullehrer geregelt wären. In der Besoldungsvorlage habe er sie nicht gefunden. Der Vorschlag des Freiherrn   v. Zedlitz, im mittleren Alter, wo die Lehrer ihrer am meisten bedürfte», die Alterszulagc» zu erhöhen, ist uns sehr sympathisch. Ministerialdirektor Schwartzkopff erwidert dem Vorredner, daß die Regierung den Interessen der Mittelschullehrer alle Aufmerksam- keit zuwende, daß aber ihre Entschließungen in dieser Beziehung noch nicht gefaßt wären. Ein Schlntzantrag Ivird hierauf angenommen. Es folgt eine Reihe persönlicher Bemerkungen. Abg. Borgmann(Soz.): Wenn der Herr Ministerialdirektor ge- sagt hat, ich halte sehr wenig zum Lehrerbesoldungsgesetz gesprochen, so überlasse ich das Urteil darüber dem Hause und dem Lande. Herr v. NichtHofen sagte, ich hätte von Schulpatronen gesprochen, während dieselben durch das Schulunterhaltungsgesetz beseitigt ivorden wären. Ich konstatiere demgegenüber, daß'nach ß 70 das Schulunterhaltungsgesetz auf die Provinzen We st preußen und Posen überhaupt keine Anwendung findet. Abg. Hirsch(Soz.): Herr v. Richthofen   behauptet, ich hätte nicht gewußt, welche Stellung der verstorbene Abgeordnete Liebknecht zu § 32 der ReichSverfassung eingenommen habe. Nach dem steno  - graphischen Bericht habe ich wörtlich gesagt:»Ich kenne die Anschauung deS Abg. Liebknecht, aber ich billige sie nicht". Abg. v. Richthofcn(k.): Diese Bemerkung machte Herr Hirsch erst in seiner zweiten Rede. Da mußte er die Stellung des ver- storbenen Abgeordneten Liebknecht freilich kennen, weil sie in der Debatte mehrfach erwähnt war.(Lachen bei den Sozialdemo- kraten.) Der Hinweis des Herrn Borgmann auf§ 70 des Schulimter- haltungsgesetzes trifft nicht zu, denn er hat von einem schlesischen Schulpatron gesprochen.(Heiterleit rechts.) Abg. Hirsch(Soz.): Wenn ich erklärt habe, ich kenne die An- ficht des verstorbenen Abg. Liebknecht, so muß ich Herrn von Richt« in Szene. Das Friedrich Wilhelm st ädtische Schau- s p i e l h a u S kündet für Dienstag die Premiere von Erich o r n S Drama A n t e r o S" an. Am nächsten Sonnabend wird im Lessing-Theater Gerhart Hauptmanns  Michael Kram er", mit Oskar Sauer   in der Titelrolle, auf- geführt. Dieselbe Bühne bringt Ende Dezember ein neues Stück von Richard Skotvronnek und Richard Wilde gretzenburg" heraus. Ein neuer WedekindMusik" (Sittendrama nennt der Autor sein Stück) gelangt im Kleinen Theater morgen zur Aufführung.   Erfolg bei der Erstaufführung konnten verzeichnen:Das kalteHerz", eine Volksoper von Robert K o n t a(Düsseldorfer Stadttheater) und»Das süße Gift", ein musikalischer Einakter von Albert Gooter (Wisper Hofoper). Ein Denkmal für den französischen   Dichter Mistral wird im nächsten Mai in Arles   enthüllt werden. Der inneren Ausgestaltung deZ Rembrandt« Hauses in Amsterdam   ist man nunmehr nähergetreten, lieber die Art dieser EinrichNmg gibt ein in derKunstchronik" auszugsweise veröffentlichtes Rundschreiben der StiftungHet Rcmbrandt-HuiS" nähere Auskunft. Danach soll das Haus, in dem der Meister von 1639 bis 1658 wohnte und arbeitete, unter strenger Beobachtung alles dessen eingerichtet werden, was über seine Einteilung zu Leb-. zeitcn Rcmbrandts bekannt ist. Die Stadt Florenz   beabsichtigt eine moderne Ge« mäldesammlung zu gründen; sie soll im städtischen Hause in den Cascinen untergebracht werden. Die neue Island  -Expeditioii von Dr. Küchler, die in diesem Sonniier unternommen wurde, hat, wie HanS Spethmann  imGlobus  " mitteilt, wertvolle Ergebnisse gehabt. Die Route ver» lief von Eskifford zunächst nach Seydisfjord   an der Ostküste, von Ivo aus mit einem Küstendampser nach Akureyri   gefahren wurde. Von dort aus lvurde die große Thingeyjarsysla im mittleren Rordisland in einem dichte» Ma'chsnnetz von Wege» bereist.