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Nr. 271. 25. Jahrgang.

4. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Mittwoch, 18. November 1908.

Die Arbeitslofenzählung.

"

ber Folgen der in Berlin herrschenden Arbeitslosigkeit die Diese Zählungsergebnisse werden den Gegnern der Forde­Gemeinde Maßregeln treffen solle, wurde lange als un rung, daß die Gemeinden Schritte zur Bekämpfung der Ar­herechtigt und überflüssig zurückgewiesen. Schließlich konnte beitslosigkeit tun sollen, vielleicht als befriedigend" er­zu scheinen. Besonders die freisinnigen Sozialpolitiker" der Neuerungen auf dem Gebiete der Sozialpolitik bieren wenigstens das erreicht werden, daß man sich entschloß, bemjenigen, der im öffentlichen Leben steht, immer inter - nächst mal die statistischen Grundlagen für die Prüfung der Arbeits- Gemeindeverwaltung Berlin werden zufrieden sein, daß essante Momente, und wer am gestrigen Tage bei der erft- lofenfrage zu beschaffen. Beschafft sollen sie werden durch periodisch es nicht so schlimm gekommen ist, wie sie selber es im stillen maligen Durchführung einer planmäßig und systematisch wiederkehrende Arbeitslosenzählungen. Der Beschluß, der in Berlin befürchtet hatten. Ihr Widerstand gegen den Vorschlag der arrangierten Arbeitslosenzählung innerhalb und außerhalb gefaßt wurde, hat dann zur Folge gehabt, daß auch in verschiedenen Sozialdemokraten, nicht Meldebureaus für die zu zählenden der Zähllofale weilte, brauchte um wertvolle Studien nicht Bororten die Gemeinden die Notwendigkeit erkannten, Bählungen von Arbeitslosen einzurichten, sondern eine Zählung von Haus berlegen zu sein. Obgleich in Groß- Berlin viele Tausende Arbeitslosen vorzunehmen, bezw. die Gewerkschaften bei ihrer Bähl zu Haus vorzunehmen und die Arbeitslosen in der eigenen In der Stadtverordnetenverfammlung Wohnung aufzusuchen, hat die Aufdeckung der vollen von Arbeitern ohne Arbeit sind, hatte sich das Straßenbild arbeit zu unterstützen.

ist vom Statistischen Amt der Stadt Berlin mit einer Be­schleunigung, die alle Anerkennung verdient, herbeigeschafft und zusammengestellt worden. Es ist das folgende:

wenig oder gar nicht verändert. Ein Fremder hätte bei Berlins war von den Rednern der sozialdemokratischen Fraktion Wahrheit verhütet. Bei einer haufierenden Zählung, seinem Gang durch die Stadt sicherlich nichts von dieser bitter hervorgehoben worden, daß eine Zählung der Arbeitslosen sich uns für die von den Gewerkschaften dem Berliner Magistrat 24 000 notwendigen und längst ersehnten Einrichtung bemerft. Die möglich auf Berlin allein beschränken könne, daß vielmehr freiwillige Bähler angeboten worden waren, wäre noch ein weißen Bettel an den Schulen und die roten an den An- eine Ausdehnung auf Groß Berlin als ganz selbstverständ ganz anderes Ergebnis herausgefommen, das jeden Zweifel schlagsfäulen lockten von Zeit zu Zeit einen Nichtbeteiligten lich gefordert werden müsse. Eine einheitliche, gemeinschaftliche an der Größe des vorhandenen Notstandes be­heran. Um so tiefere Einblide in die verheerende Krise und Bählung für Groß- Berlin ist noch nicht möglich gewesen. Es ist seitigt hätte. Das ablehnende Verhalten des Berliner Ma­ihre furchtbaren Begleiterscheinungen boten sich dem Unter- aber erfreulich, daß wir wohl jezt hoffen dürfen, diesem Ziele nicht gistrats hat dann dazu geführt, daß auch in den Vororten die richteten und Interessierten. mehr fern zu sein Zählung durch Meldebureaus bewirkt wurde. Wenn man die Das Ergebnis oben mitgeteilten Zahlenreihen durchsieht, fann man bei ein­Ergebnis nicht erwehren. Den Gang nach den Meldebureaus zelnen Orten sich eines verwunderten Kopfschüttelns über das haben sicherlich viele Arbeitslose nicht antreten mögen, manche wohl aus einer gewissen, durchaus törichten Scheu, andere vielleicht auch aus einer höchst bedauerlichen Gleichgültigkeit. Bezüglich Berlins wird uns versichert, daß z. B. von 800 un­gelernten Arbeitern, die auf dem Arbeitsnachweis in der Gormannstraße gewesen seien, nur 200 sich haben zählen lassen. Hier wird die Furcht mitgesprochen haben, daß durch den Gang nach dem Meldebureau die Gelegenheit, Arbeit zu finden, verpaẞt werden könnte. Unsympathisch dürfte dieses 81 Bählverfahren besonders den Frauen gewesen sein. Bei ihnen ist auch zu berücksichtigen, daß jeßt in der Zeit vor Weih­nachten für sie die Arbeitslosigkeit in der Tat minder groß ist. Ins Gewicht fällt schließlich noch die Neuheit der ganzen 18 Veranstaltung.

Gemein ben

Berlin

Um die achte Morgenstunde, zu Beginn der Zählung, famen spärlich und vereinzelt die ersten der von der Arbeits­losigkeit Heimgesuchten und lenften, etwas unschlüffig, ihre Schritte nach den mollig geheizten Zähllofalen, wozu man in vielen Fällen die Turnhallen der Schulgebäude eingerichtet hatte. Je weiter aber der Vormittag schritt, um so mehr stellten sich die zu Zählenden ein. Stumm, mit ernſter Miene warteten sie, bis sie an den Tisch treten und ihre Personalien und die Dauer der Arbeitslosigkeit angeben und ihre An­gaben durch die nötigen Bapiere belegen fonnten. In allen Altersklassen famen fie. Hier ein Mann mit gebeugtem Rücken und weißem Haar, der mit müdem Klang in der Charlottenburg Stimme dem fragenden Zähler die gewünschte Auskunft er- Wilmersdorf teilt. Aus seinen Blicken spricht eine erschreckende Mutlofig- Johannisthal feit, eine erschütternde, stumpfe Resignation. Einer, dessen Rigdorf Leben eine ununterbrochene Kette schmerzlicher Ent- Tablem täuschungen , immerzehrender Sorgen darstellt, den das heiße Bantow Ringen um das tägliche Brot zermürbt hat, der, wie so viele Treptow Briz Tausende, Millionen, im Räderwerk des Schicksals er­Tempelhof barmungslos zermalmt wurde. Ein zerschelltes Wrack, das Mariendorf hilflos und hoffnungslos hin und hergeschleudert wird, bis es die Wellen völlig verschlingen. Daneben ein rüstiger Ar­beiter im besten Alter. Seine energifchen Züge verraten noch Reinickendorf tropige Lebenskraft. Dann folgen jüngere, bis herab ins Lichtenberg Jünglingsalter. Gestalten, denen man, trotz ihrer teilweise adlershof fonntäglichen Kleidung die Merkmale der Not ansieht. Ge- Friedenau fichter, in die Jammer, Hunger und Entbehrungen mit ehernem Beißenfee Griffel ihre Spuren underlöschlich eingegraben haben. Eine Tegel . Parade des Elends, wie sie graufiger und ergreifender nicht Schöneberg gedacht werden kann.

Borhagen- Rummelsburg Ober- Schöneweide

Zahl der Arbeitslosen überhaupt darunter insbesondere Rentenempfänger männl. weibl auf. männt. weibt. auf.

29123 1368 86 1404 2005 80

8111122228

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1

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10

2

27892 1231 1927 78 808 10 36

318 12

-

36

6

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3663

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6 195

3

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6

278

124

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4

128

4

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82

82

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6

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600

25

178 10

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972 45

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16

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4

663

698 33

85

114

118

9

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29

937 46

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79

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2

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8

8

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82

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29

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Summa 39716 1752 41468 1888 50

Nieder- Schönhausen

Etralau Lankwiz Spandau. Rosenthal Nieder- Schöneweide

Das Zustandekommen dieser Arbeitslofen zahlung ist bornehmlich zu danken den immer wiederholten An­regungen, die in der Stadtverordnetenbersammlung Stöpenid Berlins von der sozialdemokratischen Frattion ge geben worden sind.. Ihre Forderung. daß zur Linderung

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Immerhin sind auch die Ergebnisse dieser nach einem unbollkommenen Verfahren vorgenommenen Arbeits­lofenzählungen noch schlimm genug. Sie verdienen die Beachtung der beteiligten Gemeinden, vor allem der Stadt Berlin . Zählungen nach einem vollkommeneren Ver­fahren und regelmäßige Wiederholung solcher Zählungen werden endlich dahin führen müssen, daß die Gemeinden sich ihrer Pflicht der Arbeitslofenfürsorge nicht länger herschließen.

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