Nr. 274. 25. Jahrgang.
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Abgeordnetenbaus.
Am Ministertisch: Dr. Delbrüd.
eine andere Auffassung über die Mitwirkung der Arbeiter bei der Es folgt die erste Beratung der Novelle zum Gesetz betreffend Kontrolle gewonnen hat, er hat sich offenbar gewissenhafter mit den der Materie befaßt als früher. Es müssen aber auch Garantien Wohnungsgeldzuschuß für die unmittelbaren Staatsbeamten. 0. Sizung. Sonnabend, den 21. November 1908, geschaffen werden, daß die Vertrauensleute der Arbeiter, die die Interessen der Arbeiter wahrnehmen, nicht entlassen werden, wie Abg. v. Hennigs- Techlin( f.) begrüßt den Entwurf im allbormittags 11 Uhr. das heute fast täglich geschieht.( Sehr richtig! links.) Vielfach gemeinen. Nur einige Ungerechtigkeiten bei der Klasseneinteilung hängen die Unglüdsfälle auch damit zusammen, daß Tausende müßten noch beseitigt werden. Die Besprechung der Interpellation Brust( 3.) u. Gen. über unserer polnischen Landsleute, die durch die Politik der preußischen der verheirateten und unverheirateten Beamten in bezug auf den Abg. Dr. König- Krefeld( 8.) wünscht eine Differenzierung Regierung aus ihrer Heimat bertrieben werden, durch Agenten wird fortgesetzt. verlockt, nach Westfalen gehen und dort Bergleute werden, obgleich Wohnungsgeldzuschuß. Handelsminister Dr. Delbrüd: Ich habe gestern Herrn Leinert sie von dem Betriebe teine Ahnung haben.( Sehr richtig! bei den aufgefordert, mir diejenigen Zeugen zu nennen, die bereit sein Bolen.) Ich muß leider bestätigen, daß die Bergarbeiter zu der sollten, seine hier aufgestellten Behauptungen vor dem Richter Regierung und zu diesem hohen Hause fein Vertrauen haben. eidlich zu erhärten. Er hat mir darauf in seinem Schlußwort, wenn( Sört! hört!) Das kann man den Arbeitern angesichts der Erich ihn richtig verstanden habe, erwidert, er sei bereit, die Beugen fahrungen, die sie noch bei der letzten Berggesegnovelle gemacht feit der Berechnung der Druchschnittssätze. Schon daher sei eine Daher wir ein
das Grubenunglück von Rabbod
nicht auf die sogenannten schwarzen Listen" fämen. Herr Leinert wird sehr wohl wissen, daß ich eine derartige Garantie nicht über. nehmen fann, weil es völlig außer meiner Macht liegen würde, die Beteiligten dazu anzuhalten, diesem meinem Versprechen zu entsprechen. Ich bin aber bereit, diejenigen Bergleute, die mir Herr Abg. Leinert unter Angabe der aufgestellten Behauptungen namhaft machen wird, soweit sie dies wünschen, auf fistalischen Werken in der Ruhr anzulegen( Bravo !) und ihnen nicht zu fündi. gen, wie auch die Aussagen ausfallen mögen, die sie im Brozeß abgeben.( Bravo !) Ich hoffe, Sie werden daraus entnehmen, wie ernst es mir mit der Ermittelung der Wahrheit in dieser schweren Angelegenheit ift.( Bravo !)
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Abg. Dr. Schroeder- Kassel( natl.): Wenn man hier von einer Differenzierung der Verheirateten und Unverheirateten absieht, so muß dasselbe jedenfalls auch bei den Lehrern geschehen. Gegen die Klasseneinteilung haben auch wir verschiedene Bedenken. Abg. Dr. Wagner( f.) bezweifelt als Mathematiker die Richtigs
Abg. Dr. Pachnide( frs. Vg.): Das letzte Wort über die Ur- Unterstaatssekretär Dombois entschuldigt die Abwesenheit des fachen des beklagenswerten Unglüds wird jedenfalls das Gericht Finanzministers. Eine Ortstlasseneinteilung, die alle befriedigt, haben. Die Verwaltung und mit ihr das Parlament haben das ist ausgeschlossen. Zweifellos muß die Ortsklasseneinteilung, die im bringendste Interesse an der Aufklärung, und Herr Leinert hat die Reiche erfolgt, auch für Preußen gelten. Es würde sonst immer Pflicht, seine Zeugen zu nennen. Ich habe mich gefreut, daß der die eine Einteilung gegen die andere ausgespielt werden. Es kann Herr Handelsminister sich bereit erklärt hat, Arbeiter, die auf auch nur das System des Reiches im ganzen angenommen oder Grund solcher Aussagen entlassen werden, in die fiskalischen Gruben verworfen werden. Der Vorschlag, alle jezt heruntergesetzten Orte aufzunehmen. Nur durch die eidliche Vernehmung dieser Zeugen um eine Klasse zu erhöhen, würde zur völligen Systemlosigkeit tann der Eindruck der Einseitigkeit, den die gestrige Rede des Herrn führen. Eine Differenzierung der verheirateten und unverhei Leinert machte, beseitigt werden. Herr Leinert meinte, die Sozial rateten Beamten würde dem Rechtsbewußtsein der Beamten wohl demokratie hebe nicht. Wie steht damit im Einklang die heutige taum entsprechen. Auch würden sich dabei große praktische Schwice Bemerkung des Vorwärts":" Wenn die Bergweifsverwaltung ihr rigkeiten ergeben. Bedauern über das Unglück ausspreche, so sei das freche Heuchelei. ( Bfui- Rufe rechts.) Dagegen sprach auch das gestrige Wort des Herrn Leinert: An den Dividenden klebt das Blut der Arbeiter." ( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenn es irgendwo ein gemeinsames Interesse der Arbeitgeber und Arbeiter gibt, so ist es doch das Interesse an der Betriebssicherheit.( Sehr richtig! bei den Freifinnigen.) Die Bergwerksbesizer haben doch selbst große Verluste infolge eines solchen Unglüds. Wir begrüßen es, daß durch eine gefeßliche Regelung, wie sie der Herr Minister in Aussicht stellte, nun endlich eine Besserung der Verhältnisse herbeis geführt werden soll. Nur sollte die Kontrolle durch die Vertrauens. cute der Arbeiter häufiger als einmal im Monat erfolgen. Abg. Leinert( Soz.):
Bei Turchficht der Presse habe ich den Eindruck gehabt, als wenn es mir nicht gelungen ist, den Gedankengang des zweiten Teiles meiner Ausführungen mit der mir wünschenswerten Klarheit Ihnen verständlich zu machen, namentlich bezieht sich das auf den leßten Teil, auf die Beteiligung der Arbeiter bei dem Arbeiter. schutz. Ich will deshalb mit wenigen Säßen meine Ausführungen refapitulieren. Der Gedankengang meiner Ausführungen war der folgende: Ich habe die Frage aufgeworfen: Warum sind wir nicht in der Lage, die Massenunglüdsfälle in den Bergwerten sowohl wie die einzelnen zu beschränken, trotz des Bestrebens der Bechenverwaltungen, fobiel Unfallverhütungseinrichtungen wie möglich zu treffen, und trotz des Interesses, das Rechenverwaltung und BergIeute an einer gewissenhaften Beobachtung der Verhütungsvor. schriften haben. Ich habe ausgeführt, daß es außerordentlich schwer ist, mit Rücksicht auf die besonderen Eigentümlichkeiten in Bergwerksbetrieben, diese Betriebe dauernd und erfolgreich zu fon Ich bedauere, daß es mir nicht gestattet ist, auf die maßlosen trollieren, daß auch ein Heer von Einfahrern niemals in die Angriffe zu antworten, die gegen mich gerichtet sind. Ich habe Lage tommt, unterrichtet zu sein über das, was an jedem einzelnen nämlich nur das Wort erhalten, um auf die Erklärungen des Tage sich in dem Bergwert und seinen einzelnen Betriebspunkten Handelsministers antworten zu können.( Hört! hört! bei den Goereignet. Daraus habe ich gefolgert, daß jede Einrichtung, die auf aialdemokraten.) Der Handelsminister hat erklärt, daß er eine periodischer Revision durch polizeiliche Beamte basiert, uns nicht Garantie dafür nicht übernehmen könne, daß die Arbeiter nicht auf zum Biele führen kann. Daraus habe ich die Konsequenz ge- die schwarzen Listen gesezt würden. Ich gebe das zu. Ich hoffe zogen, daß die Arbeitertontrolleure, wie sie von uns verlangt werden aber noch die Zusicherung zu erhalten, daß der Handelsminister und in anderen Ländern bestehen, die ähnlich wie Polizeibeamte, diese Arbeiter zu gleichen Bedingungen in Bezug auf die Lohnhöhe nur periodisch in gewissen Zwischenräumen die Gruben befahren, in den fistalischen Werken anstellen wird, und weiter die Zufiche. ebensowenig in der Lage sein werden, das von uns gewünschte rung, daß diese Arbeiter auf den fiskalischen Werken nicht geschuBiel zu erreichen. Daher habe ich gesagt: Ich kann mir aus diesem rigelt werden. Grunde von den Arbeiterkontrolleuren feine erfolgverheißende Tätigkeit versprechen und kann sie infolgedessen, abgesehen von den grundsätzlichen Bedenten, nicht empfehlen. Aber ich habe mich nicht auf diesen negativen Standpunkt beschränkt, sondern habe darauf hingewiesen, daß die Einrichtungen auf den fiskalischen Saargruben uns nach meiner Meinung ein Vorbild für eine eventuelle gefeßliche Regelung dieser Angelegenheit geben fönnen. Auf Grund meiner Erfahrungen bort bin ich überzeugt, daß diese Einrichtung die Mißstände beseitigen würde, die jeder periodischen polizeilichen Revision, bon wem fie auch ausgehen möge, anhaften. Ich denke mir die Sache so, daß man die Arbeiterausschüsse dahin ausbaut, daß etwa jede Steigerabteilung in geheimer, diretter Wahl, wie fie ja jezt schon für die Ausschüsse besteht, aus ihrer Mitte ein Mitglied in den Ausschuß schidt und daß dann diese Mitglieder des Ausschusses das Recht haben sollen, zu bestimmten Zeiten, an einem Tag in jedem Monat, den sie zu bestimmen haben, ihre Abteilung in Gegenwart eines Beamten zu befahren und die Grgebnisse ihrer Befragung der Bergleute in ein Fahrbuch eintragen, das der Bergpolizei zugänglich zu machen sein würde. Es wäre das auch eine wirksamere Beteiligung der Arbeiter an dem Arbeiterschutz, als sie je durch die bisher verlangten Arbeiter fontrolleure erreicht werden kann, weil diese Vertrauensleute verantwortlich find für einen bestimmten, ihnen genau bekannten, von ihnen täglich genau gesehenen Teil der Grube. Das wollte ich zur Bermeidung von Mißverständnissen hier noch einmal feststellen. ( Bravo !)
Abg. Korfanth( Pole) begrüßt die Erklärung des Ministers über die Aufnahme der Arbeiter, die Aussagen machen und gemaßregelt werden, in die staatlichen Gruben, erwartet aber, daß sie auch denselben Lohn erhalten wie bisher. Die Hauptfache bei der Kontrolle ist, daß die Ankunft der Kontrolleure nicht vorher angemeldet wird. Es ist zu begrüßen, daß der Herr Minister jett
Feldmarichall und Gründer.
In letzter Zeit ist wieder recht viel von den altpreußischen" Traditionen die Rede und auch unser zitaten froher Reichskanzler fordert ja zur altpreußischen Sparſamkeit" auf. Zu den altpreußischen Grundsägen gehört ficher auch der, daß man die kleinen Spizbuben hängt und die großen laufen läßt.
Mit der sogenannten„ Gründerzeit" find die Klangvollsten Namen der„ Edelsten und Besten" preußischer Nation innig verflochten. Auch Paladine" des großen Kaisers" machen hiervon keine Ausnahme. Dafür legen eine Reihe bon ber gilbten Briefen, die der Feldmarschall von Manteuffel einst an den Geheimrat Moriz Simon in Königsberg schrieb und die uns vorliegen, beredtes Zeugnis ab. Sie beweisen zu gleich auch, wie mächtige Fürsprecher die großen Diebe in Preußen von jeher gefunden haben.
Ich habe inzwischen neue Mitteilungen bekommen, und erkläre, daß ich dem Herrn Handelsminister die Namen noch im Laufe der heutigen Sigung mitteilen werde. Ich habe mir bereits gestern telegraphisch die Adressen fommen lassen. Damit wird die unerhörte Behauptung widerlegt, daß ich hier beweislofe Behauptungen aufgestellt habe. Ich erwarte, daß die Herren, die mir das vor. geworfen haben, ihre Vorwürfe mit dem Ausdruck des Bebauerns zurüdnehmen werden.( Lachen rechts. Sehr gut! bei den Sozialbemotraten.) Ich bin ebenso wie alle Mitglieder dieses Hauses von der Pflicht der Abgeordneten, die Wahrheit zu sagen, durch brungen, und diefe meine Ehrenhaftigkeit hat man gestern in Frage gestellt.( Beifall bei den Sozialdemokraten.)
Abg. Bruft( 3.): Mit der Beantwortung der Interpellation durch den Herrn Minister sind wir vorab zufriedengestellt. Die in Aussicht gestellten gefeßlichen Maßnahmen, wodurch die Bergwerks direttoren usw. ebenfalls für die Betriebssicherheit verantwortlich gemacht, und die Arbeiter an der Kontrolle in den Gruben beteiligt werden sollen, begrüßen wir mit Freuden. Bedingung ist für uns, daß die Vertrauensleute in geheimer Wahl und daß sie tuns lichst gegen Maßregelungen geschübt werden. Wenn Herr Leinert behauptete, nur der sozialdemokratische Verband befize das Vertrauen der Arbeiter, so ist er offenbar nicht genügend informiert. Ich stelle demgegenüber fest, daß der christliche Bergarbeiterverband immer mehr an Mitgliedern zunimmt. Daß die infolge ihrer Aussagen etwa gemaßregelten Arbeiter in die fiskalischen Gruben übernommen werden, halte auch ich für richtig. Sollte das aber auch nicht geschehen, so haben die Organisationen die Pflicht, sich dieser Bergleute anzunehmen. Die Burüdziehung der Rettungsmannschaften und die rechtzeitige Schließung des Schachtes wird jeder Fachmann nur für gerechtfertigt erklären müssen. ( Bravo ! im Zentrum.)
Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen.
Abg. Gyßling( frs. Bp.): Was den Beamten recht ist, muß den Lehrern billig sein. Daher verlangen wir auch die Aufhebung der Differenzierung verheirateter und unverheirateter Lehrer.( Sehr richtig! links.) Eine verschiedene Klasseneinteilung im Reiche und in Preußen würde in der Tat zu den größten Unzuträglichkeiten führen, aber da wir zuerst mit der Vorlage beschäftigt sind, fönnen wir doch Aenderungen vornehmen in der Erwartung ,, daß das Reidy dann diesen Aenderungen zustimmt. Die nächste Revision des Wohnungsgeldzuschusses sollte nicht erst nach zehn, sondern schon nach fünf Jahren erfolgen. Vor allem müssen wir berlangen, daß die preußischen Beamten mindestens denen in Baden und Bayern gleichgestellt werden. Die Regierung sollte unseren Anträgen in bezug auf die Besserstellung namentlich der Unterbeamten mehr Entgegenkommen beweisen.( Bravo ! links.)
Abg. Beltasohn( frs. Vg.): Die Klasseneinteilung bedarf der Nachprüfung. Am besten wäre es, man gäbe statt des Wohnungsgeldzuschusses Ortszulagen.
Damit schließt die Debatte. Die Vorlage geht an die Budget fommission. Es folgt die erste Beratung des Gefeßentwurfs betreffend die Gebühren der Medizinalbeamten.
Abg. v. d. Often( t.) wendet sich vor allem gegen die Bestim mung, daß der Tarif für die den Kreisärzten zustehenden Ge bühren durch den Kultusminister und nicht durch Gesetz festgesetzt werden soll. An dieser Bestimmung sei bereits ein früheres Gesetz vom Jahre 1904 gescheitert. Der Redner beantragt die Ueber= weisung der Vorlage an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Abg. Schymedding( 8.) fürchtet, daß der Entwurf eher zu einer Schädigung als zur Besserstellung der Kreisärzte führen wird. Abg. Schröder Kassel( natl.) schließt sich den Borrednern an: Der Entwurf beseitige die jetzige Rechtsunsicherheit auf diesem Gebiete nicht.
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Abg. Dr. v. Wohna( ft.) tritt dafür ein, daß der Entwurf noch bor Berabschiedung der Besoldungsvorlage erledigt wird.
Abg. Rosenow( frs. Bp.): Auch meine Freunde haben erheb liche Bedenten gegen die Vorlage, vor allem fönnen wir es nicht verstehen, weshalb man allein den Medizinalbeamten Nebenbezüge für eine außeramtliche Tätigkeit verbieten will.
Hierauf bertagt sich das Haus.
Nächste Sibung: Montag 11 Uhr.( Erste Beratung des Entwurfs betreffend das Kommunalsteuerprivileg ber Beamten und des Entwurfs über die Haftung des Staates für Amtspflichtberlegungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt.), Schluß 4½ Uhr.
Parlamentarifches.
Die freikonservative Fraktion des Abgeordnetenhauses hat einen Antrag eingebracht, durch den die Vorlegung eines Gesetzentwurfes zur Abänderung des allgemeinen Berggefeßes noch in dieser Session verlangt wird. Durch den Ents wurf soll erstens die Verantwortlichkeit der Betriebsbeamten schärfer abgegrenzt und die Verantwortlichkeit der Werksbesiper und ihrer Vertreter( Generaldirektoren, Direktoren usw.) des näheren geregelt werden; zweitens nach dem Vorbild der in den Gnadengesuch Sr. Majestät vorlegt und in ihrem Anschreiben, und wird sie vorgelassen, auch mündlich, dem Kaiser sagt: Sie feien verurteilt und bäten Se. Majestät um Begnadigung. Die Kaufmannschaft von Königsberg fühle sich aber gedrungen, Ihnen öffentlich einen Beweis Ihrer Achtung zu geben und Beugnis dafür abzulegen, wie sie die Ueberzeugung habe, daß Sie ohne Wissen und Wollen gegen das Gesez gefehlt hätten. Die Kaufmannschaft habe sie daher aufgefordert, ihr Ihr Gnadengesuch zur Vorlage an Se. Majestät zu übergeben. Dieses Gnadengesuch überreicht sie jetzt dem Kaiser und bittet im Namen der Kaufmannschaft von Königsberg um Genehmigung desselben.
nicht auf der Eisenbahn gefunden und Mittags den Topperschen nachbem nicht bekommen haben. Ihren Entwurf und die Bemer tungen des Herrn Ronneberg habe ich nun heute früh nochmals burchgelesen. Ich bin mit demselben, wenn er nach den Bemerfungen des Herrn Ronneberg, wie sie in deffen Briefe vor geschlagen, umgeschrieben wird, ganz einverstanden und habe nur an einer Stelle ein Fragezeichen gemacht, weil ich glaube, daß dieser Saz lieber ganz wegbleibt. Hätte der Generalstaatsanwalt wegen beider Bergehen auf Freisprechung angetragen, so fönnte die Anführung nicht schaben, so macht es feinen guten Eindruck auf den Befer, wenn der Generalstaatsanwalt wegen des mit Geld belegten Bergehens auf Freisprechung, wegen des mit Gefängnis belegten auf Beftrafung anträgt oder wenigstens nicht für Freisprechung 10 Urteile von Gerichten aufwiegt, der für Ihr ganzes Haus von Ein solcher Schritt ist ein Fürspruch der Genossenschaft, der stimmt. Wenn nun der König unter dem Eindruck des Lesens hoher Bedeutung ist und der von Einfluß auf die Entscheidung benn Ge. Majestät lesen solche Sachen selbst die Ansicht faßt: Sr. Majestät sein müßte. Daß ich mich dann bei diesem gut, wir wollen nach dem Botum des Generalstaatsanwalts ent- Wege nicht paffib berhalten werde, versteht sich und scheiden und die Geldstrafe erlassen, während es bei der Gefängnis- die Anmeldung der Deputation würde durch Minister Graf Gulenftrafe verbleibt? burg oder Oberhof - und Hausmarschall Graf Bückler erfolgen. Serren empfangen wird und daß die Sache so auch am schnellsten An beide würde ich schreiben und zweifle nicht, daß der Kaiser die entschieden wird und alle unangenehmen sozialen Folgen für Sie und Ihre sehr verehrte Frau Gemahlin am besten und eklatan testen tot gemacht sind.
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Teilen Sie und teilt die Kaufmannschaft diese meine Auffassung nicht, so bedarf es keiner neuen Versicherung, daß ich sehr gern bereit bin, Ihr Gnadengesuch Sr. Majestät vor. der Eingaben der Kaufmannschaft oder doch Mitteilung der Schritte, die noch von anderen Seiten für Sie geschehen. Und nun noch einen Dat: Was geschehen soll, muß rasch geschehen. Briefe an mich bitte ich immer mit der Aufschrift: durch besonderen Boten abzugeben, au bersehen, sonst bleiben sie hier oft liegen.
richte beider Instanzen bezüglich des ersten Vergehens anerkennen, So unwichtig die Anführung des Ausspruches ist, daß die Gedaß die Ihnen zur Last gelegte Handlung nicht des Vorteils wegen Befagter Moris Simon war einer der vielseitigsten begangen ist, so wenig Gewicht lege ich auf den Ausspruch des Gründer, der im Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahr Generalstaatsanwalts. hunderts an den schlimmsten Schwindelunternehmungen be- Wollen Sie ihn anführen, so muß derselbe wenigstens als im teiligt war. Er verwandelte sowohl die fortschritt- Busammenhang mit der Anführung der Anerkennung der Gerichte I ich e" Königsberger Hartungsche Zeitung" als auch die beider Instanzen hingestellt werden. Also z. B. bezüglich des fonservative Ostpreußische Beitung" in ein Aftien- ersten Bergehens erkennen die Gerichte erster und zweiter Instanzutragen, und für diesen Fall bitte ich nur um die Abschriften unternehmen. Er war als„ fonservativer" Mann mit ausdrücklich an, daß die mir zur Bast gelegte Handlung nicht des Vorteils wegen begangen worden ist usw. dem Adel der Provinz Ostpreußen eng verbunden und mit Manteuffel, der vor dem Kriege 1870-71 in Königsberg fommandierender General war, intim befreundet. Die Staatsanwaltschaft beschäftigte sich mehrfach mit Simons Gründungen und wurde er auch wegen Beihilfe zum betrügerischen Bankerott seines national- Nun das Wie der Ueberreichung desselben. Da haben Guer liberalen Mitgründers Jacob zu 4 Wochen Hochwohlgeboren verschiedene Wege, und wie Sie wissen, bin ich Gefängnis verurteilt. Hierauf dürften sich augen heute Nacht nochmals nachgedacht. Was ist heutzutage Perfon einer der in Vorschlag feienden. Nun, auch hierüber habe ich scheinlich die nachstehenden zwei Briefe Manteuffels an gegen Storporation. Simon beziehen, die wir im Wortlaut folgen lassen:
1. Brief:
Bieber Berr Geheimrat!
Ich danke Ihnen nochmals für Ihren Besuch und beklage nur, daß Sie die Wochentage nicht famen und dabei meinen Wagen
Bezüglich des zweiten Bergehens aber hat bei der öffentlichen Verhandlung vor dem Königl. Ober- Tribunal der Generalstaatsanwalt fogar auf Freisprechung angetragen.
Dies sind meine Sentiments betreffs des Entwurfs des Gnadengefuchs.
Sie haben mir gesagt, daß die Kaufmannschaft noch unentschieden sei, ob sie durch Absendung einer Deputation oder bloß burch Absendung eines Schreibens Ihr Begnadigungsgesuch unterftügen folle.
Nun, ich erachte es am wirksamsten und für alle Zukunft bedeutendsten, wenn die Kaufmannschaft durch eine Deputation Ihr
Die Anlagen für Entwurf und Brief an Herrn Ronneburg . Und nun Gott befohlen und Empfehlung an Frau Gemahlin, Spiegelberg , 14. November 1874.
F. Manteuffel( Feldmarschall). 2. Brief:
Bieber Herr Geheimrat!
Ich empfing im Augenblid meiner Abreise nach Berlin Ihren Brief vom 17. Es führen viele Wege nach Rom, und nur das steht fest, daß wenn man die Zeit über die Auswahl irgendeines berliert, man zuletzt gar nicht nach Rom tommt. Also, schiden Sie mir Ihr Gnadengefuch und Abschrift des Gnadengefuchs der Kaufmannschaft und Bürger von Königsberg und dann drauf los.