Ii. 279. 25. Zahrgimz. (Jtiliip i>ts Lmärls" Jittliiift öollisliliilt. Reichstag 170. Sitzung vom Freitag, den 27. November, nachmittags 1 Uhr. Sm BundeSratstische: v. S y d o w. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der ersten Beratung der ReichSfinanzreform. Abg. Dr. MüUer-Meiningen(frs. Vp>: Im Gegensatz zu dem Optimismus des Herrn v. Gamp möchte ich von den Steuervorlagen mit Wilhelm Busch sagen: .Hier sieht man ihre Trilmmer rauchen, Der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen."(Heiterkeit.) Zu diesen rauchenden Trümmern kann ich das Branntlvein- Monopol und die Zigarrenbanderole rechnen: ich wollte, ich könnte auch die Elektriziiätssteuer und die Jnseratensteuer dazu rechnen. aber mit aller Gewalt werden wir uns dagegen sträuben, daß auch die Erweiterung der Erbschaitssteuer dahin gehört. Mit aller Gewalt bestehen wir darauf, daß bei einer Erhöhung der indirekten Steuer auch eine direkte Steuer eingeführt wird(Sehr richtig I bei den Freisinnigen); ihre Form ist uns weniger wichtig, aber bei den Herren rechts ist die Furcht vor der Erbschaftssteuer ihrer politischen Weisheit Anfang. Die vorgeschlagene Nachlaßsteuer mag eine schlechte Form sein, man hätte einlach den Z 12 des Erbschaftsgesetzes auch aus Ehegatten und �Deszendenten anwenden sollen. Die Herren rechts wollen daS größte Stück aus der Borlage heraus- reißen und fordern von uns dann ein Opfer der Uebcrzeugung (Sehr gut! bei den Freisinnigen); sie bekämpfen die Erbschaftssteuer heute noch mit denselben Argumenten wie vor 2000 Jahren Plinius , trotz der Umwälzung aller staatsrechtlichen und sozialen Verhältnisse. Im Jahre 1736 erklärte der Minister Pitt die Erbschaftssteuer für Ehegatten und Kinder für undenkbar— neun Jahre darauf wurde sie i» England eingeführt, und heute ist sie die Grundlage des englischen Etats, in den sie mit 300— 400 Millionen Mark eingesetzt ist. In fast allen Äullnrstaaten ist sie eingeführt. Man sagt, die Land- Wirtschaft würde besonders darunter leiden. Aber alle angeführten Be- denken richten sich gegen die Nachlaßsteuer und fallen fort bei der Bestenerung des Erbanfalls. Die geplante Erweiterung der Erb- schaftSsteuer geht uns nicht weit genug; die im Gesetz von 1906 eutbaltenen Lucken müssen beseitigt werden. Ich appelliere hier wie der Reichsschatzsekretär an die Vaterlandsliebe: Der Landesfürst und die Landessürstin dürfen sich nicht Privilegien geben lassen, die in schneidendem Gegensatz zu den Finanznöten des Reiches stehen.(Sehr richtig! bei den Freisinnigen.) Auch das Privileg der toten Hand, dieses Ueberbleibfel des absoluten und kirchlichen Staates, muß be- seitigt werden. Während man die offiziellen Kirchen bevorzugt, er- schwert man den freien religiösen Gemeinschaften das Leben. Neben der Erweiterung der Erbschaftssteuer verlangen wir eine ReichSvelmögenSsteuer. Ohne sie. fürchte ich, ist die ganze Reform vereitelt.— Der Redner des Zentrums, Herr Speck, hat sich hier als umschmeichelte Schönheit hingestellt.(Große Heiterkeit.) Wen« man ihn hörte, konnte man glauben. daS Zentrum sei an der Finanzmisere ganz unschuldig. Aber gerade unter der glorreichen Herrschaft deS Zentrums von 1800—1906 sind unsere Schulden von einer auf fast vier Milliarden gewachsen I(Sehr gut I bei den Freisinnigen.) Wir verlangen also eine Reichsverniögenssteuer, und die Regierungen hoben sie mit der Tantieme-Steuer, die eine partielle Reichsvermögensstcuer ist, auch scbon einmal akzeptiert. Ich habe nun noch den Auftrag, über die Elektnziläts- und Jnseratensteuer zu sprechen, zwei Originalwerke deS gegenwärtigen Reichsschatzsekretärs, bei denen hoffentlich die Tücke des Objekts die Kühnheit der Idee überwinden wird.(Heiterkeit.) In Süddeutschland zeigt sich nicht gerade eine Reichsverdrossenheit, aber eine„Simpli- cissi»lUs"-Stinimung. zu der ein Partikularismus der wirtschaftlichen Interessen getreten ist. In einer solchen Zeit die öffentliche Meinung durch eine solche Steuer aufzuregen, scheint uns baherischen Liberalen nicht nur ein politisches Bergehen zu sein, sondern eine politische Torheit. So komisch es klingen mag, Bayern steht heute unter dem Zeichen des Wassers.(Große Heiterkeit.) Die bayerische Regierung geht daran, durch Ausnutzung der Wasserkräfte, der weißen Kohlen, den Mangel an schwarzen Kohlen zu ersetzen. Das besonders Gehässige an der ElektrizitätSsteuer ist, daß sie eine Besteuerung des technischen Fortschritts ist. Sie schädigt ferner das Kleingewerbe, das nur mit Hilfe der Elektrizität gegen die Konkurrenz des Fabrik- betriebes bestehen kann. Auch das Gas spielt.seit der Einführung Rleines feuitteron. Sie die Schauspieler auf der Bühne sterben. Die„Peter- Eurgskaja Gaseta" hat eine kleine Umfrage veranstaltet, um zu ergründen, wie die Petersburger Bühnengrößen auf der Bühne sterben. Wie machen es die Bühnenkünstler auf der Bühne, um mög- lichst realistisch zu sterben? Machen sie Studien im wirklichen Leben, in Hospitälern? Diese Meinung ist im großen Publikum weit verbreitet. Alle Bühnenkünstler, die darum befragt wurden, gaben aber eine verneinende Antwort. Sie erreichen die Wirkung des natürlichen Sterbens auf der Bühne durch instinktives künst- lerischeS Empfinden. Tie Ssawina erklärte:„Wenn man den Tod durch Gift markieren soll, muß man wissen, an welchem Gift er erfolgt und welche Wirkungen dieses Gift ausübt. Gewöhnlich hole ich dazu den Rat eines Arztes ein. Ich habe gehört, daß Schau- spieler den Tod am Sterbebett eines Menschen studiert haben. Ich habe nie zu solchen Zwecken Krankenhäuser besucht, und die Aerzte haben immer gefunden, daß ich das � Sterben auf der Bühne naturwahr darstelle." Gegen das Stu- dium des Sterbens in Hospitälern sprach sich auch Dalmatow entschieden aus:„Wem es durch fein Talent gegeben ist". sagte er,„der wird von selbst die richtige Wiedergabe des Sterbens aus der Bühne erreichen." P. W. Ssamoilow. der vorzugsweise„dekadente" Bühnenfiguren zu spielen hat, schloß sich den Ansichten seiner Bühnengenossen über die Markierung des Todes auf der Bühne an. Auch er will das Studium der Todesart nur aus Erkundigungen bei tlerzten beschränken. Diese seien aber in vielen Fällen unerläßlich. So müsse man bei der Darstellung des Oswald in Josens„Gespenstern" vor dem Sterben an progressiver Paralyse nicht vergessen, die charakteristische�Bewegung des Tastens_ nach dem Hinterkopf zu machen. Irr„Sodoms Ende", wo der Held des Stückes am Herz- schlag stirbt, müsse man sich, damit dieser Tod dem Publikum nicht unerwartet kommt, vorher mehreremal ans Herz fassen. Alles übrige müsse einem aber der künstlerische Instinkt eingeben. In seinen weiteren Ausführungen vertrat Ssamoilow den Standpunkt, daß der Schauspieler nie über die Grenzen der Aesthetik hinaus- gehen dürfe. Das viele Blutvergießen, wie es in den alten Echauerdramen üblich war, sei in modernen Stücken nicht mehr angebracht. Die Szenen, in welchen der Bösewicht dem Helden das Messer in das weiße Hemd stößt und dadurch ein paar Beeren zer- drückt, deren roter Säst herausspritzt, sind mit den alten Melo- bramen von der Bühne verschwunden. Der Opernsänger Dawydow sprach die Ansicht aus. daß in Opern mit dem Sterben der Helden geradezu Mißbrauch getrieben werde:„Gestern", sagte er,„hat man mich als Lenski im„Jewgeni Onegin " im Duell erschossen, heute tötet man mich als„Dubrowski". Im„Onegin " ist es leichter zu lterben, weil man dabei nicht, wie in anderen Opern, noch zu singen hat. In Gounods„Faust" fingt der Valentin noch lange, nachdem er schon tödlich getroffen ist. Ebenso setzt in der„Pique-Dame " xr erstochene Hermann-roch einige Zeit seinen Gesang fort. DaS kst unnatürlich— die Komponisten wollen aper von dieser Geber Gasautomaten eine sehr große Rolle für die Arbeiter- j bedölkerung. Ferner verlangt die Elektrizilätssteuer einen großen Kontrollapparat, der aber noch größer ist bei der Jnseratensteuer, die zu einer Verschlechterung unserer politischen Presse führen niuß. Das ist durchaus keine—„Schwarzseherei", sondern der Bundesrat soll ja Maßregeln erlassen können, die durch ihre Schikanen— Schnüffeln nach der Abonnentenzahl usw.— mißliebige Blätter geradezu vernichten können. Am meisten wird die kleine Provinz- preffe unter dieser Steuer zu leiden haben. Bei den geplanten Kontrollmaßregeln muß man sogen, jeder Verleger steht täglich mir einem Bein vor dem Strafrichter.(Heiterkeit.) Und die Erträgnisse dieser Steuer würden sehr unbedeutend sein, das zeigen ihre Er- gebniffe in den Kulturstaaten, welche sie haben: Serbien und die Türkei.(Heiterkeit.) Der Bedarf wird sich auf 300—350 Millionen herabdrücken lasten. Freilich sagt der Schatzsekretär, dann geht das Elend in einigen Jahren von neuem los. Es gibt viele, die meinen, das kommt so wie so, wenn nicht eine Aenderung unseres ganzen Systems angebahnt wird.(Zustimmung bei den Freisinnigen.) Statt hier seine Rede gegen den Luxus zu halten, hätte der Reichskanzler uns mitteilen sollen, wie er auf dem Gebiete der Militär- Verwaltung Ersparnisse durchführen will. Will der Reichsschatz- sekrelär mit seinem uoo habeo peouniam(ich habe kein Geld) auch den Anforderungen deS Militärkabinetts widerstehen? Glaubt er. dafür sorgen zu können, daß mit den geradezu krankhasten Veränderungen an den Uniformen und dergleichen aufgehört wird, die mit der militärischen Tüchtigkeil garnichts zu tun haben? Dazu bedarf es der Kräftigung der Stellung deS Staats- iekretärs. Er ist nur Kalkulator für das, was die andern ausgeben. Steht der Reichskanzler hinter ihm, so mag eS noch gehen. Ist das nicht der Fall, so hängt er vollständig in der Luft.(Große Heiter- keit. Zuruf: Er muß angeseilt werden!) Wir müssen einen verantwortlichen Reichsfinanzminister bekonnnen. gegen der Reichstag auch mit einer Klage vorgehen kann; daS würde seine Stellung gegenüber den anderen Ressorts stärken. Damit werde ich instinktiv auf die große Frage der konstitutionellen Garantien zurückgeführt. Sie steht in allerengster Verbindung mit der Reichsfinanzreform. Ein Volk, dem solche Opfer zugemutet werden, kann verlangen, daß seine politische Mündigkeit anerkannt wird.(Sehr richtig! bei den Frei- sinnigen.) Fürst Bismarck hat die Armee, die Finanzen und die Zu- friedcnheit als die Mittel zur Aufrechterhaltung der Größe des Reiches bezeichnet. Aber weder die Armee noch die Finanzen können bestehen, wenn nicht die Zufriedenheit gewahrt wird durch eine ge- rechte Lastenverteilung und die gesteigerte Anteilnahme des Volkes an den Staatsgeschäften.(Sehr richlig! bei den Freisinnigen.) Wenn die linksliberalen Parteien die Parallelaktionen, von denen Herr v. Payer in voller Uebereinstimmung mit der Fraktionsgemein- schaft gesprochen hat, in diesem Sinne durchführen, so werden sie dem Volke und Reiche wertvolle Dienste leisten.(Lebhaftes Bravo I bei den Freisinnigen.) Abg. Schmidt-Altenburg(Rp.)(auf der Tribüne sehr schwer ver- ständlich) wendet sich gegen'die weitere Ausdehnung indirekter Sonder- steuern, die entweder zur Konsumentenschädigung oder zur Belästigung und Schädigung d e r Gewerbezweige führen weroe, die die Be- lastiing nicht auf die Konsumeinen abwälzen können. Bon diesem Gesichtspunkte aus fei die Tabaksteuer zu verwerfen, zumal in der vorgeschlagenen Form der Banderolensteuer. Abg. Mommscn(frs. Vg.): Der Herr Vorredner hat eine sehr sachliche und scharfe Rede gegen die indirekten Steuern gehalten. Ich wünschte, es ständen recht viele Parteigenoffen auf seinem Stand- punlt, dann könnte eS wirklich einen dauernden Block geben. Aber so lange es so wenige sind, glaube ich nicht an die Dauer deS Blocks. Die Regierung braucht viel dringender als jemals die Mit- arbeit nicht nur der sogen. Regierungsparteien, sondern des ganzen Volkes, und diese Mitarbeit kann sie haben in dem Moment, wo sie dem Verlangen des ganzen Volkes auf anderen Gebieten in richtiger Weise Rechnung trägt.(Sehr gut! links.) Der Herr Reichskanzler hat sehr recht: das deutsche Volk kann stärkere Lasten tragen, nur muß man die Lasten anders verteilen.(Lebhafte Zustimmung links.) Der Reichskanzler mahnt uns zur Sparsamkeit. Aber das Deutsche Reich und Preußen steht seit zehn Jahren unter seiner verantwortlichen Leitung, er hätte also zunächst an seine eigene Brust schlagen müssen. Es kann eine große Anzahl von Beamten gespart werden. (Bravo j links.) Am wenigsten verständlich ist die Mahnung zur Sparsamkeit an die Kommunen, höchstens verständlich vom Standpunkte dessen, der Anleihen zum hohen Kurse zu verkaufen hat. (Sehr gut! links.) pflogenheit nicht lassen. Reales Spiel kann man von Opernsängern nicht verlangen: in der Oper ist kein Platz für Realistik. Denken Sie an Othello : Verdi läßt ihn noch mit zerschnittener Gurgel singen!..' Theater. Friedrich. Wilhelm städtisches Schauspiel- Haus:„I r m i n g a r d", Drama von Herbert von Berger . Die schlimmen Ahnungen, die der germanische Jungfrauenname im Verein mit den Römern und deutschen Kriegern auf dem Theaterzettel hervorrief, wurden durch die Aufführung pünktlich bestätigt. Dies Drama ist typisch für die Art und Weise wie die Eymnasiastenreminlszenzen ganz gut begabter junger Leute unter Beihilfe jener„gebildeten Sprache, die für uns dichtet und denkt", sich zu dramatischen Konflikten und Trauerspielen umsetzen. Ein „tragischer Ausgang" läßt sich in Zeiten, wo das Schwert so locker in der Scheide sitzt, im Handumdrehen finden und ebenso auch die Beziehung einer blutigen Handlung zu irgend einer Art„Idee", vor allem aber, man kann da seine Geschöpfe handeln und reden lassen, wie man will, ohne jene lästige Kontrolle des psychologisch Möglichen, die der Zuschauer aus eigener Erfahrung ausübt. Von einer Anna glaubt doch jeder etwas zu verstehen, aber wer will ermessen, was alles bei einer Jrmingard möglich ist? Als der römische Feldherr Flaminius , durch den Anblick der gefangenen deutschen Fürstentochter Lasch veredelt, in unwiderstehlich-süßem Goldschnittlyrikton das Herz der Spröden bestürmt, gibt sie sich nach langer Gegenwehr dem Feinde ihres Landes mit den schönen Worten hin:„Morgen töte mich!" Mit der„tragischen Schuld" ver- bindet sich sogleich der wohltuende Ausblick auf die poetische Ge- rcchtigkeit, die schgn für Sühne sorgen wird. Da Flaminius be- greiflichcrweise ihren Wunsch nicht ausführt, wählt das Schicksal Jrmingards Vater, de» alten Fürsten Jrmin, zum Vollstrecker. Sie erfährt von ihm den Handstreich, den ihre Volksgenossen gegen die Burg der Römer planen und büßt, indem sie das Geheimnis vor Flaminius bewahrt. Der Uebcrsall gelingt und ein gewaltiges Morden hebt an. Etagenweis häufen sich die Leichen auf der Bühne. Den Anfang machen ihre beiden unmündigen Brüder, die Geiseln. Zum Schluß kommt sie heran. An der Seite des ge- fallcnen Geliebten, vor ihres siegreichen Vaters Augen erdolcht sie sich. Die Abschiedsszcne zwischen Jrmin und den beiden kleinen Söhnen, die wissen, daß sie als Geiseln den Ueberfall mit ihrem Leben zahlen werden, war die einzige, die einen gewissen Nach- hall im Fühlen hinterließ, sonst herrschte unumschränkt die Phrase und die Langeweile. Di? Inszenierung war stimmungsb-ll. ckt. Humor und Satire. — DaS rote Röcheln und der verkitschte Heilige. In einer Musikkritik der Zeitschrift„Morgen" liest man wörtlich: „In der Balalaika spielt alles mit. was es an greifbaren Dingen gibt. Dieser Ton ist die Melodie menschlichen Röchelns hinter roten Samtvorhängen.— Wenn die Balalaika in Europa spielt, werden die Männer rot und unruhig, und die Frauen lehnen sich zurück mid verdrehen die Augen. DaS Balalaika-Orchester erotisiert einen Was die einzelnen Steuern anbelangt, so habe ich dabei von einer neuen Aera nichts merken können. DaS ungeheuerlichste ist die Elektrizitäts- und GaSsteuer. Ich bedauere, daß ein solcher Ent- lvurf überhaupt gedruckt werden konnte. Ebenso liegt eS mit der Jnseratensteuer. Hier werden vor allem die Fachblätter getroffen, also wieder das Gewerbe und vor allem das kleine und mittlere Gewerbe. Den Tabak halte ich allerdings für ein gutes Stenerobjekt, nur müßte eS wesentlich anders angefangen werden als bei der vorgeschlagenen Banderolesteuer. Jnicressant ist. daß die einzige direkte Steuer, die alle Besitzenden trifft, abgelehnt wirb von den Vertretern des Großgrundbesitzes, denselben Leuten, die das Spiritusmonopol verlangen und dabei vom Reich obendrein noch ein großes Geschenk bekommen sollen. (Hört! hört! links.) Das Ziel unserer Wirtschaftspolitik muß sein: Beseitigung, wenn auch allmähliche, der LcbenSmittelzölle, Auf- Hebung der Salzsteuer und ihre Ersetzung durch wirklich ausreichende Konsumsteuern und direkte Steuern.(Bravo ! links.) Abg. Schwrickhardt(siidd. Vp.): Zur Gesundung unserer Finanzen muß eine gründliche Einschränkung in den Ausgaben vorangehen. (Sehr richtig! links.) Das Spiritusinonopol verwerfen wir wie jedes Monopol als Eingriff in die Gewerbefreiheit. Für die Ent- icbödignngen werden dabei noch 190 Millionen Mark verlangt, die wieder durch Anleihe anfgebracbt werden sollen—, als ob wir noch nicht genug Schulden hätten. Man will mit dem Monopol die Ver- güiistigungen für die Großgründbesitzer verewigen.(Sehr richtig! bei den Freisinnigen.) Die Gas- und Elektrizitätssteuer lehnen wir als durchaus verfehlt ab. In Süddeutschland braucht die Industrie billige elektrische Kraft, und man sollte die Entwicke- lnng nicht durch Verteuerung der elektrischen Kraft stören. Aehnlich liegen die Verhältnisse beim Gas, das in Süddeutschland vielfach an Stelle der teuren Kohle und des teuren Holzes zum Heizen ge- braucht wird.(Bravo ! bei den Freisinnigen.) Direktor im Reichsschatzamt Kühn erklärt, da? Reichsschatzamt habe sich bei der Bearbeitung der Branntweinmonopolvorlage mit Männern der SpirituHzentrale in Verbindung setzen müssen, da diese die einzigen waren, die Erfahrung auf diesem Gebiete besaßen. Deshalb sollte man also nicht, wie der Vorredner getan, Borwürfe gegen das Reichsschatzamt erheben. Abg. Bogt-Crailsheim(wirtsch. Vg.) erklärt sich für eine Reichs- Vermögenssteuer, gegen das Branntweinmonopol und die Weinstcucr» der die württembergische Regierung leider zugestimmt habe. Abg. Bindewald(Antis.): Nicht das persönliche Regiment allein ist schuld an unserer Finanzmiserc, wie der Abg. Südekum meinte; wir sollten nicht vergessen, daß die Regierung fortgesetzt durch den Reichstag zu Ausgaben gedrängt ist. Wir stehen heute vor der furchtbaren Gefahr, in die Schuldknechtschaft der goldenen Horde zu geraten.(Sehr richtig! bei den Antisemiten.) Tragen wir die Schulden nicht ab, so haben wir in den nächsten 32 Jahren lediglich an Schuldenzinsen 10 Milliarden Mark zu bezahlen. An- gesichts dessen ist die gegenivärlige Forderung von'/a Milliarde nicht zu hoch, und eS wäre sehr gut, wenn die Summen für die Schuldentilgung verdoppelt werden könnten. Die Lasten bei den Steuern sollen aber auf die trag fähigen Schultern kommen, daS ist das Großkapital. In der Vorlage sucht man vergebens nach einem sozialen Gedanken. Das Großkapital wird geschont und die Lasten werden dem Mittelstände aufgebürdet. Das zeigt sich bei der Brannt» weinsteuervorlage, bei der Tabaksteuervorlage. beim Brau- steuergesetz, beim Weinsteuergcsetz. Man sollte eine Getränlc- steuer einführen, der aber vor allem auch die a l t o h o l» freien Getränke unterworfen werden müssen, die mit einem Gewiim von 500 Proz. und mehr hergestellt und verkauft werden. Eine Nachlaßsteuer sollte erst bei 100000 M, gefordert werden, bei einem niederen Satze müßte mindestens immobiler Nachlaß freigelassen werde». Die Gas- und ElektrizitätSsteuer kommt nur genau so vor wie die Fahrkartensteuer; sie bewilligen bedeutet den gesunden Fortschritt hemmen. Für durchführbar halten wir eine Reichs- Vermögenssteuer, welche den Kapitalismus trifft. Auch eine Reichs- zuwachssteuer sollte das Reich einführen. Eine dem Volke sympathische Steuer ist vor allem die W e r t st e u e r. Der Bergwerksberricb sollte zur Reichssache gemacht, die Bergwerlsbesitzer sollten ent- eignet wären. Der Appell an den Patriotismus wäre auch berechtigt gegenüber den Fürsten des Deutschen Reiches , die freiwillig ver- zichten sollten auf ihre veralteten Privilegien.(Bravo ! bei den Antisemiten.) Hieraus vertagt das Haus die Weiterberatung auf Sonnabend. 11 Uhr. Schluß 6'/z Uhr. Wiener Walzer aus seiner geheimniskrämerischen Galantrie zu fleischlichen Grimaffen. Ein einziger Geigenstrich hinein in daS katzenhast schleichende Brustdunkel dieses Naturklanges müßte wirken wie das weiße Lächeln eines verkitschten Heiligen." — DaS richtige Buch.„Dies würde gerade das richtige Buch sein, das Sie Ihrer Frau vorlesen könnten," meinte der Kol- porteur.—„Ich lese nicht und habe auch keine Frau l" schnauzte Herr NobbL.—„Nun, wenn Ihre Frau tot ist, sind doch vielleicht Kinder da. Und Kinder finden gerade dieses Buch——„Kinder sind auch nicht dal ES ist keiner da außer mir und der Katze."— „Nun," versetzte der verzweifelte Kolporteur,„brauchen Sie denn da nicht manchmal ein gutes, schweres Buch, um es nach der Katze z» werfen, bloß so zur Beruhigung Ihrer Gefühle? Bei den meisten Büchern würde e» Ihnen leid tun, sie auf diese Weise zu ruinieren. aber dies—_(„Answer S.'j Notizen. — K u n st a b e n d e. In der Reihe der Tondichter-Abende de! Schiller-TheaterS wird am Sonntag im Bürgersaale des Berliner Rathauses ein„Hugo Wols-Abend" veranstaltet. Es werden außer Liedern auch Partien aus seiner Oper„Corrigedor" vorgetragen. Den einleitenden Vortrag hält Dr. Max Burckhard.— Im Schiller- Saal. Charlottenbürg, findet Sonntag 8Vz Uhr ein Theodor Körner -Abend statt. — tl r a u f f ü h r u n g en. Julius Babs Drama„ D a K Blut" vermochte im Stuttgarter Hostheater nicht tiefer zu interessieren.— DaS Trauerspiel„Thersites" von Stefan Zweig wurde gleichzeitig in Kassel und Dresden mit Erfolg auf- geführt. — Was Milton für sein„Verlorenes Paradies" bekam. Am 9. Dezember werden 300 Jahre seit der Geburt deS großen puritanischen Dichters Milton verflossen sein. Im Britischen Museum ist jetzt schon eine Ausstellung von Milton-Reliquicn er- öffnet. Auch der Vertrag vom 27. April 1667, den Milton mit dem Drucker des„Verlorenen Paradieses" abschloß, ist zu sehen. Laut diesem Vertrag bekam Milton für die erste und für jede weitere Auslage 100 M., eine auch bei Berücksichtigung der höheren Kauf- krast des Geldes von damals sehr bescheidene Summe. In Deutsch- land freilrch erreichten die Autorenhonorare noch beträchtlich spätei nicht diese Höhe. — Die Drahtseilbahn auf den Fuj'iama. AuS im fernen Osten vollzieht sich die Entwickelung zum industrie beherrschten Zeitalter auf Kosten der Unberührtheit der alten Natur schönheiten. Der Fuji, der berühmteste Berg der japanischen Inseln der mit seinem mächtigen Kegel iveithin sichtbar über das Mee! emporragt und zu einem Wahrzeichen Japans geworden ist, sol jetzt mir einer modernen Drahtseilbahn versehen werden. Dil „Minerva" berichtet, daß der Barr bereits begonnen hat. Auf dem Gipfel des Fuji soll ein mächtiger elektrischer Leuchtturm eingerichtet werden, der zur Nachtzeit seine Strahlen weithin über das Land ergießen wird.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten