Beilage zum„Vorwärts" Berliner VolksblatUr. 6Ä.Zum zehnjährigen Todestage(14. Marz 1883) von Karl Marr.Karl Marx' Todtenfeierim Cooper-Hanse zu New-Uorkden 19. März 1883.*)Im Arbeitskittel viele TausendSie sitzen, stehn zumal,Und ihr Gemurmel füllet brausendDen Riesensaal.In all den Sprachen, in den ZungenDer Weltnationen dortDem todten Kämpfer ist erklungenEin Abschiedswort.Der Brite sprach:„Geliebt in Hütten,Gefürchtet im Palast,Hat er gelebt, gewirkt, gestrittenOhn' Hast und Rast.„Sein Name, wo Maschinen schwirren,Bei uns in Stadt und LandDie Fenster der Fabrik erklirren,Wird heut genannt."Der Russe:„Wo Despoten thronet*Bei uns durch Graus und Nacht,An ihrer Kette zerr'n Millionen,Wird sein gedacht."Ter Franke:„Wie ein Weltbefreie»Von Völkerhaß und KriegFocht er, und diese TodtenfeierBürgt uns den Sieg."Ter Deutsche**) sprach:„In Liebe wollenWir vor den Andern heutDem Denker wie dem Kämpfer zollenEin Grabgeläut.„Denn wie einst neu die HimmelskundeKopernicus erschuf,Dem Wissen scholl aus seinem MundeEin Werderuf.„Dem Wissen von des Volkes LeidenUnd von der Arbeit Qual.Der Götze schon liegt im Verscheiden,Das Kapital!„Er hat für unfern Kampf auf ErdenEin scharfes Schwert verlieh'n,Daß eine neue Welt soll werden,Drum ehret ihn!„Noch gab uns ein Geschenk kein SpenderDem Donnerworte gleich:Ihr Proletarier aller LänderVereinigt Euch!"Leopold Jacob y.*) Der Verfasser dieses Gedichtes war bei der erhebendenTodtenfeier im Cooper-Hause zu iliew-Hork anwesend.— Dergewaltige Eindruck dieser internationalen Feier und ihre Bedeu-tung für die Erkenntniß der sozialen Idee wird hervorgehobenvon dem Professor der Sozialökonomie an der Universität Straß-b»rg Sartori us von Waltershausen in seinemWerk:„Die Arbeiterbewegung in den Vereinigten Staaten vonSiordamerika". Dort werden auch Auszüge aus den gehaltenenSieden gegeben.—**) Adolf Douai f 1888.patlameufsltcvidüfe.Deutscher Reichstag.65. Sitzung vom 13. März 1893. 1 Uhr.Am Tische des Bnndesralhes: von Bötticher,von Maltzahn, von Stephan, Schulz, GrasLerchenfeld.Zur zweiten Berathung steht die Novelle zum Gesetz, be-treffend P ostdampfschiffs- Verbindungen mit über-seeischen Ländern.Die Budgetkommission beantragt die unveränderte Annahmeder Vorlage.Nach§ 1 derselben soll die Anschlußlinie im Mittelmeer unddie dafür ausgesetzte Beihilfe von 4 090 009 M. wegfallen,dagegen für das Anlaufen von Neapel eine Beihilfe von100 000 M. geleistet werden.§ 1 wird ohne wesentliche Debatte genehmigt.Nach ß 2 soll für überseeische Anschlußlinien eine Fahr-geschwindigkeit von iveniger als 11'/s Knoten ausnahmsweisegestattet werden können.Dazu liegt eine Resolution des Abg. Dr. Barth vor: DenReichskanzler aufzufordern, mit der Gesellschaft des Nord-deutschen Lloyd in Unterhandlung zu treten behufs Wegfallsdes Dienstes der Zweiglinie von Australien nach Samoa unterReduktion der dafür bewilligten Subvention mit Berücksichtigungder dabei in Betracht kommenden finanziellen Gesichtspunkte.Diese Resolution ist schon in der Kommission beantragt ge-wesen, von derselben aber abgelehnt worden.Nach unerheblichen Auseinandersetzungen zwischen dem Abg.Barth und Herrn von Stephan wird Z 2 angenommen, die Resolution Barth gegen die Stimmen der Freisinnigen. Volks-parteiler, Sozialdemokraten und der Abgg. Thomsen und Wisserabgelehnt. �.,Darauf wird die Etatsberathung fortgesetzt. ZurDebatte steht zunächst der Etat des Reichseisenbahn-amtes. Bei den Ausgaben bemerktAbg. Schräder(dsr.): Wir haben zur Zeit mit An-trägen auf Erlaß eines Reichseisenbahn-Gesetzes keine Aus-ficht aus Erfolg. Wenigstens muß aber eine AusdehnungDienstag, den 14 Marz 1893.der Reichsgesetzgebung verlangt werden in einer Richtung,wie sie 1879/80 schon einmal angebahnt worden ist, nämlichbezüglich des Pfandrechts an den Eisenbahnen und derZwangsvollstreckung in dieselben. Man hat wohl weitere Schrittewegen der inzwischen stattgehabten Verstaatlichung nicht mehr füruölhig gehalten. Doch existiren zur Zeit noch eine erheblicheAnzahl von Kilometern Privateisenbahnen, und neuerdings ist inPreußen durch das Kleinbahnengesetz eine weitere Vermehrungder Privat-Bahnbauten angebahnt worden. In nicht ferner Zeitwird also wieder ein größeres Privat-Eisenbahnnetz in Deutsch-land vorhanden sein, und es muß rechtzeitig von Reichs wegenfür die Ordnung der Rechtsverhältnisse desselben gesorgt werden.Es kommt darauf an, den Prioritäts-Obligationen ein Pfandrechtbeizulegen, welches ihnen jetzt nicht inne wohnt. Ein Pfandrechtan dem Grundbesitz an Eisenbahnen ist zur Zeit nur möglichdurch hypothekarische Eintragung. Selbst bei Klein-Eisenbahnenwürde es schwer sein, ein Pfandrecht am ganzen Besitz derBahnen zu konstruiren. Mit diesem Pfandrecht würde auch nichtviel gewonnen sein, denn eine Bahn ist nur als Ganzes und imBetriebe etwas werth. Hat man die Absicht, den Klein-Eisen-bahnbau zu fördern, so muß glso eine anderweite Regelung undzwar von Reichs wegen erfolgen.Präsident des Reichs-Eisenbahnamts Dr. Schulz: Die Ord-nung der vom Vorredner angeregten Pfandrechtsverhältnisse istdurch das preußische Kleinbahngesetz wieder dringender geworden.Andererseits aber sind auch die Vorarbeiten für das deutschebürgerliche Gesetzbuch inzwischen sehr gefördert worden, undes wäre doch für ein Spezialgesetz sehr vortheilhaft, wenndie allgemeinen Grundsätze über das Pfandrecht schon festständen.Uebrigens wird in Preußen an der Regelung dieser aus demneuen Gesetze sich ergebenden Verhältnisse in den Ministeriengearbeitet.Abg. Hammacher(ntl.) erklärt, die Anregungen deS Abg.Schräder auf das wärmste unterstützen zu müssen. In Preußenseien noch gegen 4000 Kilometer Privatbahnen vorhanden unddas Kleinbahnen- Gesetz stellt eine große Vermehrung dieses Be-standes in Aussicht. Das Kleinbahnwesen komme aber in Preußentrotz des Gesetzes nicht vorwärts, weil es ihm an Kredit mangele,da die Kapitalisten genügende Sicherheit vermißten. Hier könntenur ein Reichsgesetz, wie es Herr Schräder gefordert habe, helfen,um den Bau von Tertiärbahnen wirklich zu fördern. Der Zeit-punkt, auf den der Präsident des Reichs-Eisenbahnamts hinweise,liege doch noch sehr fern.Der Etat des Reichs-Eisenbahnamts wird darauf unverändertbewilligt.Es folgt der Etat der Reichs-Eiscnbahnen. Die Einnahmsnsind auf 57 866 000 M. veranschlagt, die ordentlichen Ausgabenauf 37 220 900 M. Das Extra- Ordinarium erfordert nach demAnschlag 13 386 810 M.Abg. Hammacher ersucht den Chef der Reichs- Eisenbahn-Verwaltung um Mittheilungen über die Ergebnisse des Betriebesim laufenden Jahre. Im großen und ganzen sei das finanzielleErgevniß der Reichs-Eisenbahnverivaltung ein recht günstiges.Der Ueberschuß pro Kilometer sei im Jahre 1891/92 bei denreichsländischen Bahnen der höchste gewesen, der überhaupt inDeutschland herausgearbeitet wurde, nämlich 14 026 M., währender in Preußen nur ca. 12 000 M. betrug. Der wirkliche Ueber-schuß der Jahres 1891/92 sei auch höher gewesen als der jetzt imEtat mit ca. 20 Millionen für 1893/94 ausgeworfene.Chef der Reichseisenbahnen preußischer Minister der öffent-lichen Arbeiten Thielen: Der günstige Abschluß der Eisenbahn-Verwaltung der Reichslande für die Vergangenheit ist eine That-fache, die nicht ohne weiteres auch für die Zukunft in demselbenMaße erwartet werden kann. Es ist hier hauptsächlich daran zuerinnern, daß jetzt fast durchweg die Erneuerung der seinerzeitauf einmal beschafften Betriebsmittel vorgenommen werden muß,welche Operation die Betriebsüberschüsse erheblich beeinflußt.Das Resultat des laufenden Jahres muß angesichts der Störung,welche auch hier die Cholera im vorigen Sommer gebracht hat,auch als ein günstiges bezeichnet werden.Abg. Hammacher: In Elsaß-Lothringen nimmt der Güter-verkehr einen größeren Raum ein als in Preußen; die Ein-nahmen daraus machen dort 67, in Preußen nur 56 pCt. aus.Die Erneuerungsfrage ist in letzter Zeit im preußischen Ab-geordnetenhaus erörtert worden. Es wäre angesichts der Ersah-rungen in Preußen doch auch in Zukunft für das Reich vielempfehlenswerther, entweder für die Erneuerung der Betriebs-mittel größere Summen zurückzulegen oder in jedem Jahre grö-ßere Fonds für die Erneuerung zu bewilligen, um auch inschweren Zeiten das Ern euerungsbedürfniß zu befriedigen. Indieser Weise ist man in Sachsen längst vorgegangen.Die Einnahmen des Etats der Reichseisenbahnen werdendaraus bewilligt. Bei den ordentlichen Ausgaden für die Zentral-Verwaltung nimmtAbg. Lingens(Zentr.) Gelegenheit, die Verwaltung dar-über zu unierrichten, daß er aus dem Kreise der hier in Betrachtkommenden Beamlenkategorien immer Klagen über ungenügendeGewährung der Sonntagsruhe erhalte. Er wünscht, daß diesemso überaus wichtigen Gegenstände größere Aufmerksamkeit seitensder Verwaltung gewidmet werde. Vor allem dürfe es nicht vor-kommen, daß die Sonntagsruhe den Beamten und Arbeitern ge-währt werde, nachdem sie die ganze vorhergehende Nacht nochDienst gethan hätten. Auf eine solche Nacht könne ein Ruhetagin dem Sinne des Gesetzes, der zugleich die gottesdienstlichen Be-dürfnisse der Beamten und Arbeiter befriedigen solle, nicht zustände kommen.Chef der Reichseisenbahnen Minister Thielen: DieRegelung der Ruhetage und dienstfreien Sonntage ist im Reichs-lande dieselbe wie in Preußen. Die Verhältnisse sind nach beidenRichtungen hin in den letzten Jahren gebessert. Der Ministerverliest aus einer im Ministerium gemachten Zusammenstellungeine Reihe von Zahlen, welche bezüglich der Bureaubeamten,des Stations-, Fahr-, Strecken-, Expeditions- und Telegraphen-Personals diese Besserung beweisen. Es wird aber nicht nurdie Regel aufgestellt, sondern über ihre Beobachtung auch eineKontrolle geführt. Wenn es trotzdem vorkommt, daß hier und daein einzelner Beamter nicht die verbürgte Ruhezeit hat, so liegendem plötzliche Erkrankungen anderer Beamten und Arbeiter unddergleichen unvorhergesehene Zwischenfälle zu Grunde.Abg. Bebel(Soz.): Ich habe mich schon im vorigen Jahrelebhaft darüber beschwert, daß in den Arbeitsordnungen für dieEisenbahnverwallungen Vorschriften enthalten sind, wonach sozial-demokratische und wegen ihrer politischen Gesinnung sonst un-bequeme Arbeiter nicht Ausnahme finden sollen, und auch Vor-schriften über das Verhalten dieser Arbeiter außerhalb des Be-triebes erlassen sind. Diese Vorschriften widersprechen ausdrück-lich dem§ 134 der Gewerbe-Ordnung. Als ich diese Frage beimReichs- Militäretat zur Sprache brachte, bestritt der Kriegs-minister, daß man ihm verwehren könne, zu bestimmen, welcheArbeiter Aufnahme finden sollen, fügte aber hinzu, daß es aller-dings mit dem Gesetz in Widerspruch stände, wenn solche Vor-schriften in der Arbeitsordnung enthalten wären, und daß diesebei der neuen Arbeitsordnung in Wegfall kommen sollten. Esist also wenigstens von einer Seite offiziell zugestanden, daßman bisher gegen das Gesetz gehandelt hat. Bei der Marine-Verwaltung hatten wir keine Veranlassung das Wort zu nehmen,da diese so anständig war, bereits aus grund der vorjährigen19. Jahrg.Debatte sofort die Streichung der betreffenden Bestimmungen ausder Arbeitsordnung zu veranlassen. Nun habe ich gehört, daßauch bei der Reichs-Eisenbahn-Verwaltung in Elsaß-Lothringengenau dieselben Bestimmungen nahezu wörtlich in Giltigkeit sindwie bei der preußischen Staats-Eisenbahn-Verwaltung. In dendortigen gemeinsamen Bestimmungen für die Arbeiter aller Dienst-zweige, gillig vom 18. Mai 1892, also nach Inkrafttreten derGewerbe-Ordnung, heißt es im ß l:„Die aufzunehmenden Per-sonen müssen sich in ihrem bisherigen Lebenswandel achtbar undanständig geführt und dürfen sich an deutschfeindlichen Bestre-Hungen nicht betheiligt haben." Ich gebe ohne weiteres zu, daßes keine gesetzliche Bestimmung giebt, die einer Staatsbahu-Verwaltung verbietet, eine solche Vorschrift in die Arbeitsordnungauszunehmen, aber es ist sehr vieles nicht gesetzlich geregelt, wasman trotzdem als ungehörig und unstatthaft ansehen muß.Wenn einmal der Grundsatz der allgemeinen Rechtsgleichheitausgesprochen ist, serner jeder Einzelne verpflichtet ist, nach Maß-gäbe seiner Kräfte und über seine Kräfte hinaus, ich erinnere nuran die indirekten Steuern und die Zölle, zu den Reichslastenbeizutragen, seine Pflicht als Soldat thun muß, dann ist es ganzselbstverständlich Aufgabe für jede Staatsverwaltung, auch in denRechten alle gleich zu stellen, und nicht Bezug zu nehmen auf diereligiöse und politische Gesinnung der Betreffenden. Daß inner-halb des Betriebes keine Agitation geduldet wird, begreife ich.Aber außerhalb des Betriebes ist eine Agitation nichtstrafbar. In den gemeinsamen Bestimmungen heißt esweiter in§ 2: Auch außerhalb des Dienstes hatder Arbeiter sich anständig zu führen und sich von ordnungs-und deutschfeindlichen Bestrebungen fernzuhalten. Durch dieseBestimmung wird§ 134 der Gewerbe-Ordnung in ganz fla-granter Weise verletzt. Der Kriegsminister hat zugegeben, daßähnliche Bestimmungen ihn veranlaßt hätten, dafür zu sorgen, daßRemednr eintrete. Der Chef für die Reichs-Eisenbahnverwaltung istja auch zugleich Minister in Preußen für die Staats-Eisenbahnverwal-tung. In dieser Eigenschaft nnterlicgt er nicht unserer Kompetenz, aberich nehme an, daß, wenn der Staatsminister in die Lage kommensollte, als Chef der Reichs-Eisenbahnverwaltung anzuerkennen,daß die betreffenden Bestimmungen ungesetzlich sind, er auch da-zu übergehen wird, die ganz gleichlautenden Bestimmungen inPreußen zu beseitigen. Ich frage ihn daher, ob ihm überhauptbekannt ist, daß derartige Bestimmungen in Kraft sind, ob erderMeinung ist, daß dieselben mit dem Gesetz in Widerspruch stehenund ob er alsdann entschlossen ist, diese ungesetzlichen Vor-schriften sobald als möglich aus der Arbeitsordnung zu ent-fernen.Minister Thielen: Es find Arbeitsordnungen erlassen,welche sich auf bestimmte Werkstätten oder bestimmte Arbeiter-kategoricn beziehen, daneben bestehen allgemeine Bestimmungenfür alle Arbeiter. Alle diese Ordnungen sind nach derGewerbenovelle neu redigirt worden, und daraus sind dieVorschriften hervorgegangen, welche der Vorredner erwähnt hat.In Preußen bestehen dieselben Vorschriften. Sie sindvor ihrem Erlaß den Arbeiterausschüssen vorgelegt worden.Diese haben sie gebilligt. Die Verwaltung hat sich für berechtigtgehalten, auch Verhaltungsmaßregeln für die Zeit außerhalb desDienstes den Arbeitern zu geben. Für die Frage der Aufnahmein den Dienst hat auch Herr Bebel diese Maßnahme nicht fürungesetzlich bezeichnet. Die Verwaltung hätte ja diese Bestim-münzen weglassen können, glaubte aber, ihren Arbeitern gegen-über loyal zu handeln, wenn sie den Arbeitern ihre Stellungmitthcilte, wie sie sie bei Annahme und Beibehaltung der Ar-beiter nimmt. In den früheren Vorschriften für die militärischenBetriebe war die Entlassung angedroht; das stimmte mit derneuen Gewerbe-Ordnung nicht mehr und mußte beseitigt werden.Dagegen kann keinem Arbeitgeber und auch nicht dem Staatverwehrt werden, den Arbeitern mitzutheilen, unter welchen Uin-ständen er Arbeiter annimmt oder nicht. Die Gewerbe-Ordnungs-Novelle giebt eine ganze Reihe von Vorschriften, welche sich ausdas Verhalten des Arbeiters außerhalb des Dienstes beziehen, sonamentlich bei den Entlassungsgründen. An und für sich ist esselbstverständlich, daß sozialdemokratische Arbeiter in staatlicheBetriebe nicht gehören.(Sehr richtig! rechts.) Wenn die Ver-waltung bisher ein mildes Regiment geführt und Herz undNieren der Arbeiter auf ihre Gesinnung nicht geprüft hat, so hatsie andererseits die Pflicht, die Arbeiter zu entlassen, welche dieseGesinnung agitatorisch bethätigen. Ein Unrecht kann also in derAufnahme dieser Bestimmungen nicht gefunden werden.Abg. Bebel(Soz.): Der Minister hat seine Sache nichtmit besonderem Geschick vertreten, wenigstens nicht für diejenigen,die objektiv zu denken gewohnt sind. Die Eisenbahn-Verwaltunghat nicht wider das Gesetz gehandelt; aber eine Staatsverwaltunghat eine andere Stellung einzunehmen wie ein Privatunternehmer.Das Recht, wie jeder andere Unternehmer Arbeiter aus irgendeinem Grunde nicht anzunehmen oder aus der Arbeit zu entlassen,bestreite ich gerade einer Staatsverwaltung auf dasentschiedenste. Wir haben es hier mit einem Betriebezu thun, der im Interesse der Allgemeinheit besteht, der aus denMitteln aller unterhalten wird, insbesondere mit einem Beamten-organismus, der den allgemeinen Gesetzen in bezug auf dieStaatsbürger unterworfen ist und sich nicht Ding« herailsnehwendarf, die dem einzelnen Privatunternehmer sehr wohl erlaubtsein können, wenn sie auch bei ihm zu tadeln sind. Soweit mirbis jetzt die einzelnen Arbeitsordnungen der Privatunternehmerbekannt sind, enthält keine einzelne ähnliche Bestimmungen, wie sieeben von feiten des Eisenbahnministers vorgetragen worden sind.Der Beamte desjenigen Staates, der sich hauptsächlich als Ver-treter der Sozialreform aufspielt, greift zu Maßnahmen gegensozialdemokratische Arbeiter, zu denen zu greisen sich die Mehr-zahl der Privatunternehmer trotzalledem schämen würde. DieBestimmungen deS§ 2, betreffend die Thätigkeit der Arbeiteraußerhalb des Betriebes sollen nicht gegen das Gesetz verstoßen,weil keine Strafe angedroht sei. Nirgend in der Gewerbe-Ordnung wird vorgeschrieben, daß solche Bestimmungen dannungiltig seien, wenn ihre Uebertretung nicht mit Strafe be-droht wird. Die Fabrikordnung der Gebrüder Stumm wurdein der Gewerbe-Ordnungs-Kommission zum Gegenstand lebhafterAngriffe gemacht, und infolge dessen wurden die Bestimmungendes ß I34b in die Gewerbe-Ordnung aufgenommen, daß nur fürminderjährige Arbeiter Bestimmungen über ihre Thätigkeit auchaußerhalb des Betriebes erlassen werden könnten. Nach meinerUeberzeugung stehen die Bestimmungen der Eisenbahn-Ver-waltung im Widerspruch mit dem Gesetz. Der Kriegsministcr hatmir am Freilag entgegenkommend geantwortet. Der Eisenbahn-minister giebt ganz entgegengesetzten Anschauungen Ausdruck.Diese Anschauungen mögen sich bei ihm aus seiner früherenThätigkeit als Direktor des Betriebsamtes in Hannover fest-gewurzelt haben, wo in jener/Zeit solche Maßnahmen gerade unterseiner Verwaltung in ganz besonderem Maßstabe ausgeübt würden.Er hat dort sogar veranlaßt, daß Beamte seines Betriebes beiArbeitern, die im Staatsdienst beschäftigt waren, Haussuchungennach sozialdemokratischen Schriften und Zeitungen abhielten.(Staatssekretär v. Bötticher ruft in scherzhaftem Tone demSlaatsminister Thielen zu: Das ist ja schauderhaft!) Stimmtendie Arbeiter sozialdemokratisch oder welfisch, so würden sie ent-lassen. Ferner wurde unter der Verwaltung des Herrn Thielenin Hannover in ausgiebigstem Maße die Einrichtung schwarzerListen eingeführt, wie wir sie mehrfach veröffentlicht haben.