Dt« Abstimmmung über den Z t der Ebentual»Vorlage ergab seine Annahme mit 43 gegen 34 Stimmen.Damit ist die Mehrheit für die Eventualvorlageüberhaupt festgestellt und ihre Annahme gesichert. DieVerhandlungen wurden bei§ 7 abgebrochen. Es ist heute schonsicher, dost die Eventualvorlage unter Beibehaltung der jetzigenWahlkreiseinteilung durch die konservative Mehrheit der ZweitenKammer durchgedrückt wird, doch läßt sich noch nicht sagen, welcheStellung die Erste Kammer einnehmen wird.Politische GcberHcbtBerlin, den 1. Dezember 1908.Des Zentrums Wahlrcform.Das Zentrum rühmt sich zwar, ein unentwegter Be-kämpfer des Dreiklassenwahlrechts zu sein. In Wirklichkeithat das Zentrum in Preußen seit dem WindthorstschenWahlrcchtsantrag im Jahre 1873 keinen Finger ge°rührt, um der an dem preußischen Volke verübten Ent-rechtung ein Ende zu machen. Seine einzige Sorge ist dahingegangen, der durch die Steuergesetze der neunziger Jahredrohenden weiteren Plutokratisierung des Dreiklassenwahl-rechts vorzubeugen, und zwar geschah das lediglich im Partei-interesse, namentlich mit Rücksicht auf die großen Städte imWesten, wo das Zentrum nur über den Liberalismus siegenkann, wenn es die Mehrheit in der zweiten Klasse, beim söge-nannten Mittelstand hat.Es scheint nun, daß das Zentrum auch diesmal sich daraufeinrichtet, sich mit einer derartigen Flickarbeit im Partei-interesse zu begnügen und im übrigen die Wahlreformbeiseite zu stellen. Tie„Kölnische Volkszeitung"'weist nämlich darauf hin, daß der dem preußischen Landtagvorliegende Entwurf zur Aenderung des Einkommen- undVermögenssteuergesetzes eine erhebliche Einwirkung auf dasDreiklassenwahlrecht bringt; die rein plutokratische Ein-Wirkung dieses neuen Steuergesetzes werde in gewisser Hinsichtnoch stärker sein, als die Steuerreform der neunziger Jahre:„Eine derartige Verschlechterung des wohl er-wordenen Wahlrechts der Minderbemitteltendurch ein Finanzgesetz ist, wie auch die Staatsregierung und alleParteien wiederholt nach den oben angeführten Erklärungen beifrüheren gleichartigen Anlässen anerkannt haben, durchausunzulässig. Es ist nicht anzunehmen, daß die Regierungvon diesem prinzipiellen Standpunkte abgegangen wäre zu einerZeit, wo die allgemeine EntWickelung nach einer Verbesserungdes Wahlrechtes der Minderbemittelten drängt. Befremdend istallerdings, daß sie nicht zugleich mit der Steuernovelle ent-sprechende gesetzgeberische Maßregeln hinsichtlich des Wahlrechtesvorlegt, oder zum wenigsten ankündigt. Bis zu der Neu-regelung des LandtagSwahlrechteS mit derRegelung der Angelegenheit zu warten, kannden betroffenen Wählern schon darum nicht zugemutet werden;weil«S sich noch gar nicht sagen läßt, wann dieRegierung an diese Aufgabe ernstlich heran-treten wird; davon abgesehen wird die Schmälerung ihresGemeindewahlrechtes durch eine Reform des Landtagswahlrechtesnicht aufgehoben. Sache aller Parteien wird eS sein müssen,unzweideutig ihren Willen dahin kundzugeben, daß sie für dieErhöhung der Steuern ohne gleichzeitige Ausschaltung der Ein-Wirkung auf das Wahlrecht nicht zu haben sind."Mit anderen Worten: Das Zentrum hat mit der Ab-schaffung des Dreiklassenwahlrecksts ck e i n e E i l e; es hatsich htraslich unter dem elendesten asser Wahlsysteme eingerichtetund richtet sein Augenmerk nur darauf, etwaige durch steuer-liche Reformen bewirkte Beeinträchtigungen seines Partei-einflusses abzuwelhren. Man erkennt daran, weichet Verlaßbei der preußischen Wahlreform auf das Zentrum ist.Gegen die Arbeitslosigkeit.Die preußischen Minister des Handels und des Innern haben dieihnen nachgeordneten Behörden angewiesen, schleunigst Vorkehrungenzur Milderung der Arbeitslosigkeit zu treffen. In erster Liniesollen die staatlichen Betriebe in vollem Umfange aufrecht erhaltenwerden, sonstige Arbeiten sind sofort in Angriff zu nehmen, undzwar auch solche, die noch nicht beschlossen, aber bestimmt in Aussichtgenommen sind. So weit als möglich sollen der Industrie Aufträgezugewiesen werden, um auch dort Ärbeiterentlassungen nach Mög-lichkeit zu verhüten.—_Wie Millionäre sparen.Eine sehr eigenartige Sparsamkeit betätigt der national-liberale Reichstagsabgeordnete Schwabach.Man weiß aus der Geschichte seiner Wahl in Meinel, daß beidiesem vielfachen Millionär Zehntaüsende keine Rolle spielen, wenn'Sein Reichstagsmandat gilt; nun er das Mandat aber wieder hat,will er augenscheinlich die W a h l k o st e n durch sein Mandatwieder einholen. Er benutzt die Beamten und Diener deSReichstags zu seinen privaten Zwecken, um zu sparen.Er hat jetzt wiederholt hunderte von Einladungen zu seinenprivaten Festivitäten durch die ReichstagSdiener austragen lassen.Ganz abgesehen von der ungehörigen außerdienstlichen Mehr-belastung der Diener für private Zwecke eineS mehrfachen Millionärs,ist eS charakteristisch, wie Herr Schivabach spart, um seine freilichungeheuren Wahlkosten wieder einzubringen.Vielleicht kann bei der Beratung des Etats deS Reichstages dieSache im Reichstage selbst geklärt werden.Staatssekretär Kraetke und das Koalitionsrecht.Der Staatssekretär deS Reichspostamtes hat sich bisher beharrlichdagegen gesträubt, seinen Untergebenen die Ausübung des KoalitionS-rechts zu gestatten. Jetzt kommt die Meldung, daß Staatssekretär Kraetkeden Verband deutscher Post- und Telegraphenunterbeamten genehmigthabe. Dem Verband sollen bis jetzt 64(X)<Z Mitglieder beigetreten sein.Man geht gewiß nicht fehl in der Annahme, daß auf die Tätigkeitdieses Verbandes ein sehr strenges Augenmerk gerichtet werden wird.so daß von einer wirklichen„Koalitionsfreiheit" für die Angestelltender Reichspost durchaus nicht die Rede sein kann.—Die Bürgerschaftswahlen in Bremenhaben am 36. November ihr Ende erreicht. Die Sozialdemokratiehat das eine noch zu verteidigende Mandat mit großer Mehrheitbehauptet.Ein Mandat hat sie bei der diesjährigen Wahl verloren.- DieArbeiterwähler verziehen infolge der fortgesetzten Verteuerung derWohnnngSmieten immer mehr auS dem Innern nach der Peripherieder Stadt. Dort hat die Sozialdemokratie auch fast sämtlicheMandate inne.— An Stimmen hat sie insgesamt 122 verloren.Das ist weit weniger, als man wegen der von den„Liberalen"herbeigeführten WahlrechtSverschlechtenmgen erwarten mußte. DieBürgerlichen haben gegen die anitlichen Zahlen aus dem Jahre 1S0S1163 Stimmen gewonnen. Dabei ist zu beachten, daß die Bürger-lichcn sich illOö in einer Anzahl Bezirke überhaupt nicht an derWahl beteiligt haben, wogegen sie in diesem Jahre in allen Be-zirken Kandidaten aufstellten. Es muß ferner berücksichtigt werden,daß alle bremischen Beamten gezwungen sind, das Bürgerrecht unddamit das Wahlrecht zu erwerben, und baß naturgemäß die bessersimierten Kreise der Bevölkerung die 16.50 M. zum Kauf des Wahl-rechts leichter aufbringen können, als die Arbeiter. Die Gesamtzahlder sozialdemokratischen Stimmen beläuft sich auf 5766, die derBürgerlichen auf 8324. Aus diese rund 6800 sozialdemokratischenStimmen entfallen 8, auf die rund 9300 bürgerlichen Stimmen18 Mandate.~_Das„liberale Musterländle".Nach dem Beispiele des bayerischen Unterrichtsministers handeltauch sein badischcr Kollege: er hat einen Lehrer aus polt-tischen Gründen gemaßregelt. Der an der Spitze derorganisierten Lehrerschaft stehende Mannheimer OberlehrerRödel, der in Wort und Schrift für die Erhebung des Lehrer-standes auf eine würdigere Stufe in unerschrockener Weise seitlangen Jahren wirkt, ist vom Unterrichtsministerium(Staats-minister v. Dusch) mit einem strengen Verweis durch den Ober-s ch u l r a t bedacht worden. Den äußeren Anlaß zu der Maß-nähme, der im Wiederholungsfälle Ivertere folgen sollen, gabdie Kritik, welche Herr Michael Rödel am 5. Juni dieses Jahresauf der Versammlung deutscher Lehrer zu Dortmund an deneines liberalen Mustcrländchens unwürdigen badischen Schul-zuständen geübt hatte. Bekanntlich legte auch einmal der nunmehrverstorbene Vorstand des badischen Oberschulratcs, Dr. Arns-perger, in der Zweiten Kammer das Geständnis ab, daß diebadische Volksschule sich vor jener als viel reaktionärer geltendendeutschen Bundesstaaten nicht sehen lassen darf. Aus einer ähn-lichen Auffassung heraus kennzeichnete Rödel im Kreise seinerdeutschen Berufskollegen in ernsthafter Weise: die Halbtagsschule,die ungesetzlichen Verhältnisse in etwa 50 Prozent sämnickferbadischen Sckmlorte, die das Pflichtmaß der Unterrichtserteilungweit übersteigende Inanspruchnahme der Lehrer.Wie die Mannheimer„Volksstimme" au? der Sitzung derSchulkommission mitzuteilen weiß, kam dort der strafendeErlaß des Oberjchulratcs zur Verlesung, ohne daß Rödel vorheretwas von seiner Maßregelung wußte; ob das Disziplinarverfahren,welches gegen ihn eingeleitet worden ist, dem Geiste des Gesetzesentspricht, muß bezweifelt werden. Rödel hatte vor zwei Monatenauf einen schriftlichen Vorwurf seiner Dienstbehörde wegen seinereinseitigen Kritik an den badischen Schulverhältnissen mit einerausführlichen klarlegenden Schrift geantwortet. Korrekt ist dasVerhalten des OberschulrateS nicht.Unser Mannheimer Parteiorgan unterstellt der Ve�ögerungdieser Maßregelung vom Juni bis in den September die Absicht,nach Schluß deS Landtages ein Eingreifen der Volksvertretungunmöglich zu machen. Die„Volksstimme" sagt vom Staats-minister v. Dusch und seinen Getreuen im Oberschulrat,„sie sindjetzt auf den reaktionären Schleichwegen des bayerischenKultusminister v. Wehner ertappt worden"; es bestände fürsie aller Anlaß,„das öffentliche Urteil über ihr neuestes Attentatauf die politische Reputation und Tradition des babischen Landeszu fürchten".Herr Rödel kann nunmehr auf dem Beschwerdeweg feststellen,ob das ganze StaatSmini st erium die Auffassung derUnterrichtsbehörde teilt. In der Mannheimer Schulkommissionergriff der sozialdemokratische Stadtverordnete L e o i das Wortzur Verteidigung des Gemaßcegelten, die dem Lehrerstande an-gehörigen Mitglieder der Kommission taten dasselbe un� begegnetenkeinem Widerspruch.Wäre der Fall Rödel noch zum Fall Schäuffele während derLandtagstagung hinzugekommen, so wäre vermutlich die Stellungder sozialdemokratischen Kammerfraktion zum Finanzgesetz andersausgefallen._Ausnützung der Wasserkräfte Bayerns.In Bayern stehen zurzeit im Vordergrunde des allgemeinenInteresses die JJrggen über die Ausnützung der Wasserkräfte zur Ge-winnung elektrischer Kraft, über den Ausbau der Wasserstraßen, überdie Ableitung von Wasser auS Flüssen zur Herstellung»mfangreicherBewässerungsanlagen sowie über die Durchsührung verschiedener bedeutender Entwässerungsanlagen. ES soll auS Vertretern der verschieden-sten Interessentenkreisen ein sogenannter Wasser wirtschafisratals beratendes Organ der bayerischen Staatsregiernng gebildetwerden, das berechtigt sein soll, selbständig Anregungen und Wünschezur Kenntnis des StaatSministeriumS des Innern zu bringen. Indiesem Rat sollen u. a. sitzen ingenieurtechnische Referenten der oberenBaubehörde. LandcSgeologen. Ingenieure und Hochschulprofessoren fürVolkswirtschaftslehre, Wasserbau, Wasserkrastanlagen und Elektrotechnik. Vertreter des Handels, Handwerks, der Industrie, Landwirt-schaft, Fischerei sowie Vertreter der beteiligten Ministerien.Man sieht, die bayerische Regierung hat gelernt und der mutigeKampf den seinerzeit der Major a. D. v. D o n a t h gegen die ehe-malS heilige obere Baubehörde führte, hatte Erfolg.—Reichsverbandsgeneral von Liebert,der früher Gouverneur von'Ostafrika war, soll für die von ihmgemacbtcn Ausgaben, die der Reichstag nicht bewilligt hatte, nach-träglick, regreßpflichtig gemacht werden. Liebert, der jetzt selbstdem Reichstage angehört, hat, als die Abgeordneten Erzberger unvNoske diese Tatsache vorbrachten, sich damit herauszureden ver-sucht, daß er erklärte, ohne Zustimmung des StaatssekretärsDernburg eine genaue Darlegung des Sachverhaltes nicht gebenzu können. Er ließ durchblicken, daß seine verfassungswidrige Ver-Wendung von Geldern auf eine Anregung vonBerlin aus erfolgt sei. Jedenfalls ist soviel sicher, daß die An-gelegenhcit im Reichstage wieder zur Sprache kosnmt. ES handeltsich um eine Summe von 400 000 M.—Erbauliches aus Deutsch-Ostafrika.AuS zwei uns zugesandten Nummern der„Deutsch-Ostafrika-nischen Zeitung" erfahren wir allerhand Erbauliches aus dieser kost-baren Erwerbung deS Deutschen Reiches.Zunächst die Tatsache, daß es den Kolonialpionieren in D a re S S a l a m höchst unbehaglich zumute wird, da während deSOktobers mehrere Pest fälle zu verzeichnen waren. Vier Fällewurden als Pest erkannt; drei der Erkrankten ver starben.Außerdem kamen noch zwei verdächtige Fälle vor. Die„Deutsch-Ostasrikanische Zeitung" beklagt sich außerdem darüber, daß derGouverneur der Pest zu wenig Aufmerksamkeit schenke und ihrdurch Beeinflussung deS MedizinalreferentenAuskunft über den Stand der Seuche verweigerelIn der gleichen Nummer(vom 31. Oktober) schildert ein gewisserH. v. T o m a s ch e k einen brutalen Willkürakt des Bezirkschefsvon Tabora ihm gegenüber. Der Bezirkschef habe ihm einenwerlvollen Hund, den er bei einem Besuche bei dem Bezirksches imHofe zurückgelassen, nicht nur eigenhändig verprügelt, sondern auchnoch auf freier Straße durch einen eingeborenen Soldatenniederschießen lassen. Der Beschwerdeführer erzählt, daß eran das Gouvernement folgendes Telegramm abgesendet habe:„Hiesiger Resident ließ soeben meine � Dogge auf offenerStraße von Polizeisoldaten ohne Grund qualvoll erschießen, binmachtlos gegen solche Alte von Willkür und Roheit und erbitteSchutz."Wenn Bezirkschefs sich solche Dinge gegen Weiße heraus-nehmen, wie muß es da erst um die Rechte der Ein-geborenen stehen l_Der Petersprozeft der„Münchener Post".Die erste Strafkammer de? Landgerichts München I hatdie Berufungsverhandlung im Petersprozeß der„Mün-chener Post" auf Mittwoch, den 16. Dezember 1903, und die folgen»den Tage anberaumt. Als Zeugen und Sachverständige sind u.«.geladen: Gouverneur a. D. Rudolf v. Bennigsen, Bczirksamr-mann a. D. v. E l p o n s, Kapitän a. D. Prag er und Rechts-anwalt Heine- Dessau.__Die Balkankrise.Die russisch-österreichischen Beziehungen.Die halbamtliche„Rossija" veröffentlicht gegenüber offiziösen öster«reichischen Feststellungen, daß Rußland in früheren Geheimverträgenbereits die Annexion Bosniens g e b i l l i g t habe, einen längeren Artikel,in dem sie zum Schlüsse gelangt, daß die gegenwärtige Stellung Ruß-lands durch frühere Abmachungen nicht berührt werde. Dierechtliche Lage Bosniens und der Herzegowina als eine ans demBerliner Kongresse laut allgemeinem europäischen Einvernehmenoffiziell festgesetzte, könne gesetzmäßig nur durch ein neues all»gemein europäisches Abkommen abgeändert werden.Aus dieser Auslassung geht hervor, daß Rußland auf Ab»Weisung der österreichischen Forderung bcharrt, die Annexion vordem Zusammentritt der Konferenz anzuerkennen. Damit verzögertes das Zustandekommen der Konferenz und schürt den Brand aufdem Balkan.Die bulgarische« Verhandlungen.Konstantinopcl, 30. November. Die drei bulgarischen Delegiertensiud heute abgereist. Die Pforte gibt über die bulgarisch-türkischenVerhandlungen folgende Aufklärung: Die bulgarischen Delegiertenhaben alle schwebenden Fragen geprüft, deren Lösung durch die Un»abhängigkeitserllärung nötig wurde. Die Delegierten sind jetzt ab»gereist, um dem Ministerräte zu berichten. Liaplschew wird hierherzurückkehren, sobald die Pforte, nachdem sie den Mächten Be-richt erstallet hat, in der Lage sein wird, die schwebenden Fragenendgültig zu regeln._Ocltcrreicb.Die nationalistischen Exzesse.In Prag dauern die Ausschreitungen gegen die Deutschen mirunverminderter Heftigleit an. Am Montag vormittag wurde derStraßburger Student Schoeller auf dem Graben über-fallen, beschimpft und durch Püffe und Faustschläge mißhandelt-Schocller führte beim deutschen Generalkonsul Grafen HardenbergBeschwerde. Die Gendarmerie räumte den Graben. Die Polizeiforderte, daß das Tor des Deutschen Hauses geschlossen werde.Während deutsche Studenten dieser Auffordchmng nachkamen, stürzten sich etwa zehn Wachleute auf sie. Die Studenten wurdenmit Stößen, Püffen und Fußtritten mißhandelt, zum Teil sogarvon den Schutzleuten an der Kehle gepackt und gewürgt. Währendder Räumung des Grabens erfolgte auf die hintere Front desdeutschen Kasinos auf dem Heuwagplatz ein Steinbombardc-m e n t. In der StephanSgasse wurde das Haus der Schlaraffiamit Steinen bombadiert.Um 5 Uhr nachmittags erfolgten auf dem Graben abermalsZusammenstöße, so daß die Wache mit blanker Waffe denGraben räumen mußte. Die Teilnehmer an den Kundgebungensammelten sich auf dem Wenzelsplatz und bewarfen die Wache mitSteinen. Sieben Wachleute und ein Polizeibeamtcr wurden ver-letzt. Die Ausschreitungen dauerten bis in die Nacht fort.Auf dem Wenzelsplatz wurde eine Abteilung berittener Wache vonder tschechischen Menge vollkommen eingekeilt. Um sich zu befreien,erhielt die Abteilung Befehl, in die Masse hineinzureiten.Gleichzeitig rückte Gendarmerie mit blanker Waffe auf den Platz.Dabei kamen eine schwere und zwölf leichte Ver�»l e tz u n g e n vor. Bei dem Handgemenge auf dem Graben zwischenPolizei und der tschechischen Menge wurde einem Schlosser-l e h r l i n g durch einen Säbelhieb der Kopf und einem altenManne die Wange gespalten, auch ein Baubcamter wurdedurch einen Säbelhieb verletzt. Von den Poltzeibeamten wurdenmehrere durch Steinwürfe verwundet.Heute vormittag wiederholten sich die Ausschreitungen, alsein Demonstrationszug tschechischer Studenten den Graben passierte.Die Polizei räumte den Graben. Blutvergießen wurde vermieden.Regirrungsmastregeln.Wien, 1. Dezember. Da die Ausschreitungen in Prag in denletzten Tagen einen ernsten Charakter angenommen haben, hat derStatthalter die Verfügung getroffen, daß von nun an An-sammlungen auf der Straße und das Herumziehen von Demon-stranten nicht mehr geduldet werden sollen und daß durch Jndienst-stellung starker Abteilungen� der SicherhcitSwache und der Gen-darmerie, nötigenfalls auch Militärs, Ausschreitungen von vorn-herein vorgebeugt werde. ES wurde zu diesem Zwecke bereits eineentsprechende Anzahl von Gendarmen auS anderen Verwaltung?-gebieten in Prag zusammengezogen. Die Regierung hat ange-ordnet, daß zur Unterdrückung der Ruhestörungen alle Machtmittelin ausgiebigstem Maße angewendet werden sollen und daß überallmit größter Entschiedenheit für Wiederherstellung der Ruhe gesorgtwerde. Sollten diese Vorkehrungen nicht sofort den beabsichtigtenErfolg herbeiführen, so steht die Verhängung des AuS-nahmen standes bevor.Italien.Die auswärtige Politik.Rom, 1. Dezember. In der Deputiertenkammer wurdeheute über eine Interpellation betreffend die auswärtige Politikverhandelt. Der ehemalige Unterstaatssekretär deS Acußeren,F u e s i n a t o, begründete einen Antrag, die Kammer möge derauswärtigen Politik des Kabinetts ihre Billigung aussprechen.Italien dürfe sich nicht darauf einlassen, eine territoriale Expansionim Balkan zu erstreben; er glaube jedoch nicht, daß die Ereignisseauf dem Balkan das Gleichgewicht an der Adria zum Schaden Italiensgestört hätten. Oesterreich- Ungarn habe nicht die Absicht, bis zumAegeischen Meer vorzugehen. Fuesinato schloß mit der Auf-forderung. das Parlament möge im Interesse deS Weltfriedenserklären, ob es die gegenwärtige Richtung der PolitikItaliens und sein Bundes system beibehalten wolle odernicht. Der Republikaner Barsilai führte dagegen auS, dieSignatarmächte des Berliner Vertrages hätten nicht darangedacht, daß die Okkupation Bosnien einen endgültigen Charakterhaben sollte. Es habe sich um eine einfache Polizeimaßregelgehandelt, die man Oesterreich übertragen habe. Redner kritisierteweiter die Konzessionen Oesterreich-UngarnS, die in Wirklichkeit keineKonzessionen seien.Barzilai erklärte serner, der frühere Minister des AeußcrenRobilant habe in den Dreibundsvertrag eine Klausel aufnehmenwollen, die die Verpflichtung Oesterreichs enthielt, Italien fürjede Gebietserweiterung zu entschädigen. Ineinem Briefwechsel sei erklärt worden, daß die Entschädigung fürdie endgültige Annexion Bosniens und der Herzogewina dasTrentino sein könne.(Bewegung.)Zum Schluß richtete Barzilai an T i t t o n i die Frage, ober sich noch fernerhin des Vertrauen deS LqndcS für würdig hielte,und erklärte, die Dr e i b u nd p o l it i k könnte auf verschiedeneWeise aufgefaßt und ausgelegt werden, aber nach den letzten Vor-gängen könne sie von.Tittoni nicht mehr zum Vorteil deS