in die Streikkasse zu zahlen ist, ein von den beteiligten Arbeitern durchaus freiwillig gefaßter. Dann soll er sich in seiner Wir- kung nicht gegen die hohen Löhne oder gegen den Fleiß der einzel- nen Arbeiter an sich richten, sondern durch ihn sollte dem unHeim- lich um sich greifenden lieber st undcnunwesen in dem Be- triebe der Gebr. Carstens entgegen gewirkt werden. So hoch sind die Löhne und Akkordsätze in den Carstcnsschen Fabriken nicht, daß die Arbeiter bei normaler Arbeitszeit 33 M. und mehr verdienen. Nur wenige, sehr wenige Arbeiter— und das sind die besser bezahlten Dreher— kommen auf diesen Verdienst. Uns liegt ein Lohnauszug von 30 Drehern vor. Die angegebenen 326 Wochcnverdienste liegen in der Zeit vom 1. August bis zum 1. November dieses Jahres. Sie zeigen die den Arbeitern wirk- lich ausbezahlten Beträge. Von diesen 326 Wochenvcrdiensten sind es aber nur 26, die über 33 M. aufweisen. Von 30 Arbeitern sind nur 9 an diesen 33 M.-Verdiensten beteiligt. Aber es ist ausdrück- lich zu bemerken, daß es sich dabei in erster Linie um Nrberstunden — in manchen Wochen bis zu 10— handelt. Herr Ernst Car- stens aber plädiert auf der Reichs tagstribüne für den 9 Stundentag! Um jedoch die ganz« Windigkeit des Carstensschcn Arguments zu zeigen, sei bcnierkt, daß seit dem Besteben dieses Beschlusses 80 — achtzig Pfennige— in den Streikfonds gezahlt wurden!! Das wird aber die Firma Carstens durchaus nicht abhalten, trotzdem Lohnrcduzierungcn vorzunehmen. So kriselt es schon seit geraumer Zeit in dem Betriebe des„freisinnigen" Abgeord- ncten und just einen Tag später, als Herr Carstens im Reichstag seiner„Abneigung" gegen Lohnkürzungen in Krisenzeiten Ausdruck verlieh, wendeten sich„seine" Arbeiter in einer Versammlung ein- stimmig gegen eine neue, ihnen wiederum zugemutete Lohn- kürzung! Und mehr oder minder offen wird jetzt den Arbeitern in dem CarstenSschen Betriebe bekanntgegeben, daß es nach Neujahr ruhig zum„Krachen" kommen könnte. Bis dahin kann ja der Abgeordnete Carstens den letzten Rest seiner so äußerst arbeiterfreundlichen Ausführungen im Reichstag vergessen haben!_ Ausbau des Weserhafens in Holzminden . Die Braunschweiger Qandesversammlung nahm in ihrer heutigen Sitzung mit 24 gegen 23 Stimmen die Gesetzesvorlage an, betreffend Bewilligung von 200 000 höchstens 225 000 M. aus Staatsmitteln zum Ausbau des WeserhafenS in Holzminden . Stadt und Kreis Holzminden haben zu den auf 325 000 M. geschätzten Kosten 125 000 M. beizutragen. Wie Rekruten„aufgemuntert" werden. Vor dem Kriegsgericht der 17. Diviston fHamburg) hatte sich am Donnerstag der Sergeant Schröder vom Regiment„Hamburg " wegen Mißhandlung eines Untergebenen zu verantworten, während der Leutnant Schässer von demselben Regiment der Ver- letzung seiner Aufsichtspflicht angeklagt war. Am 12. Fe- bruar 1903 mußten vier Abteilungen Rekruten auf dem Boden des ehemaligen BeUeidungSamtes in Hamburg Griffe „kloppen". Als der Leutnant Sch. auf den Boden kam, sah er. wie ein Rekrut um den Schornstein lief und dann zusammenbrach. Der Rekrut ivurde zu Bett gebracht, kam vierzehn Tage später ins Lazarett und ist im August als vollständig dienstunfähig entlassen worden, nachdem er mehrere Monate im Lazarett behandelt worden war. Er bezieht jetzt eine Invalidenrente von 15 M. monattlich. Wegen des Dauerlaufes um den Schornstein und waS damit zusammenhängt, ist die Anklage gegen die Genannten erfolgt. Der an- geklagte Sergeant behauptet, der Rekrut sei ein sehr schlapper Soldat gewesen, über dessen schlechte Gewehrgriffe er so erregt war, daß er ihn um den Schornstein habe laufen lassen, um ihn so aufzumuntern. Wie erörtert wurde, hat der„schlappe" Soldat 25 mal um den Schornstein laufen müssen, dann wurde er von dem Sergeanten gefragt, ob er nicht schneller laufen könne. was der Soldat bejahte, da er befürchtete, daß eine Verneinung als Gehorsamsverweigerung aufgefaßt werden würde. Der Soldat lief also weiter um den Schornstein, bis er zusammenbrach. Der als Zeuge vernommene Invalide sagte aus, er sei vor seiner Dienstzeit völlig gesund gewesen. jetzt sei er lungenleidend und könne seinen Beruf als Bäcker nicht mehr ausüben. Der Ser- geant erklärte, für einen gesunden Menschen sei das Laufen um den Schornstein keine anstrengende Beschäftigung. Wie weiter erörtert wurde, ist der Leutnant in dem Augenblick hinzugekommen, als der Soldat zusammenbrach, so daß ihm kein Verschulden nachgewiesen werden konnte. Der Offizier ivurde freigesprochen, der Sergeant z�u ganzen fünf Tagen Mittelarre st verurteilt. Ein Opfer militärischer„Disziplin" wurde in Mülheim a. d. Ruhr ein älterer, verheirateter Vize- feldwebel des dort garnisonierenden 139. Jnfaiiterie-RegimentS. Gelegentlich der kürzlich erfolgten Vereidigung der Rekruten war der betreffende Feldwebel mit einigen Einjährigen in ein Restaurant eingelcbrt und hatte diesen gestattet, während des Aufenthaltes in dem Restaurant das Seitengewehr abzuschnallen,� wie das auch sonst wohl üblich ist beim Verkehr in besseren Restaurants. In der Wirtschaft befand sich nun zur selben Zeit auch ein blutjunger Fähnrich, und diesem scheint nun wohl das zeitweilige Ablegen der Waffe als ein grobes Vergehen gegen den heiligen Militarismus vorgeschwebt zu haben, denn er gab als „Dienstältester" den„Befehl", sofort wieder umzu- schnallen! DaS mußte den Feldwebel natürlich sehr peinlich berühren und widersetzte er sich daher dem„Befehle" des jungen Herrn Fähnrichs, indem er den Einjährigen� gegenüber betonte, daß sie aus ihn und nicht auf den Fähnrich zu hören hätten. Nach der einen Mitteilung soll es sich um einen Portepeesähnrich ge- handelt baden, nach anderer Mitteilung um einen sogenannten „Degensähnrich". Im ersteren Falle würde der Feldwebel, im letzteren der Fähnrich sogenannter„Dienstältester" gewesen sein und demnach zu„befehlen" gehabt haben. Da dem„Vize" dies kleine Renkonter sieben Tage Arrest eingebracht und. was noch schlimmer für ihn ist, auch eine vorläufige SuSpendierung vom Dienste zur Folge gehabt hat, so scheint es doch wohl ein Fähnrich„mit Degen" gewesen>zu sein, der die vermeintlich gefährdete Disziplin rettete. Die Balkankrise. Oesterrcichische Rüstungen. Budapest , 4. Dezember. Die Truppensendungen nach Bosnien erfolgen seit gestern in größtem Maßstäbe. Von hier gehen unausgesetzt Militärzüge nach Bosnien ab. Mit den bereits in Bosnien eingetroffenen und den 30 000 Mann, die sich unterwegs befinden, wird er dortige Stand auf nahezu 129 000 Mann geschätzt. Die Regierung dementiert entschieden die Ge- rüchte über eine Mobilisierung, sowie über die angeblich bevor- siehende Vertagung des Parlaments. Die Truppenscndungcn gelten ausschließlich der Verstärkung der bosnischen Grenzstationen. Die türkischen Truppen. Köln , 4. Dezember. Wie der„Köln . Zeitung" aus Saloniki gemeldet wird, sind bis gestern im Bereiche des dritten Armee- korps 72 000 RedifS einberufen worden. Die von Konstan- tinopel angewiesenen Gelder sollen für die Verpflegung der Truppen nicht ausreichen und die Armeelieferanten mit Einstellung derLieferungen drohen, falls nicht sofort weitere Zahlungen erfolgen._ Ocrtemicb. Wieder ein ObstruktionSversuch vereitelt. Wien , 4. Dezember. Abgeordnetenhaus. Zu Be- ginn der heutigen Sitzung protestierten die Tschechisch. Radikalen öurch andauernden Lärm und ohrenbetäuben- des Pfeifen gegen die Verfügung des Präsidenten, die tvori- liche Verlesung der Interpellationen am Sitzungsschlusse vor- zunehmen. Als darauf der Abgeordnete Sillinger zum Budget- Provisorium das Wort ergriff, erneute sich der Lärm. Infolge- dessen erklärte der Präsident unter dem lebhaften Beifall des Hauses, der Schutz der Immunität des Hauses erstrecke sich nur auf Worte: wer die Verhandlungen durch Pfeifen störe, begehe das Verbrechen der öffentlichen Ge- walttätigkeit. Nach dieser Erklärung trat allmählich R u h e ein._ Ein Verfassungsantrag. Die sozialdemokratische Fraktion brachte im Abgeordnetenhaus einen Antrag ein, durch den der Artikel V der Verfassung dahin abgeändert werden soll, daß die Eni- scheidung über Krieg und Frieden künftig der Volksvertretung überlassen bleiben soll. Die nationalistischen Wirre». Wien , 4. Dezember. In Prag herrscht Ruhe und man hofft, daß das S t a n d r e ch t in einigen Tagen aufgehoben werden wird. Dagegen dauern in der Provinz die nationalistischen De- monstrationen sowohl von deutscher als von tschechischer Seite fort. Auch in Wien , wo man sonst von nationalen Erregungen ziemlich frei bleibt, kam eS gestern zu einer Demonstration gegen den be- rüchtigten Abg. Klofai, dem Urheber der Prager Exzesse. Er wurde gezwungen, den Wiener Rathhauskcller unter Hefligen Schmäh- und Drohrufcn zu verlassen. Im übrigen aber scheint die nationalistische Hetze, nachdem der Obstrultionsveriuch im Parla- ment abgeschlagen wurde, im Abflauen begriffen zu sein. frankreick. Radikale Reaktionäre. Paris . 2. Dezember. (Etg. Ber.) Die sozialistischen Anwälte der„republikanischen Disziplin" haben am Sonntag eine gründliche Belehrung erhalten. Nicht durch „Doktrinäre" des KlaffeukampfeS, sondern durch die von ihnen so sehr geschätzten radikalen Bourgeois. An diesem Tage hatte der Pariser Gemeinderat 30 Delegierte für die Senatorenwahl zu wählen. Nach der offiziellen Statistik hat der Gemeindcrat eine linksrepublikanische Mehrheit, und eS war demnach zu erwarten, daß die von den drei republikanischen Gruppen— Radikalen. Unabhängigen und gceinigten Sozialisten— aufgestellte g e- m e i n s a m e L i st e. die jeder Gruppe eine ihrer Stärke ent- sprechende Zahl von Mandaten zudachte, durchdringen würde. ES kam aber anders. Einige„Radikale" strichen nämlich die Sozialisten— und nicht nur die Unifizierten, sondern auch die „Unabhängigen"— und schrieben statt ihrer reaktionäre Kandidaten auf ihren Zettel. So kam eS, daß im ganzen 15 Kon- scrvative, 12 Radikale. 2 Unabhängige und 1 Sozialist gewählt wurden. Unter den Gewählten befinden sich die Präsidenten mehrer großer Unternehmervereinigungen, denen allerdings manche Radikale ihre Wahl zu danken haben. DaS Ergebnis rief natürlich unter denjenigen, die dem Pakt treugeblieben waren, Empörung hervor und die nächste Folge war, daß zwei Pseudoradikale ihren Austritt aus dem radikalen GemcinderatSverband erklärten, mit der unvermeidlichen Berufung aus den Sintipatriotismus, den Generalstreik usw. Eine Sitzung des Verbandes, die auf Verlangen der Anhänger der Blockpolitik gestern abgehalten wurde, endete mit einem Beschluß, der den Verband für a u f g e l ö st erklärt und eine Neukonstituierung fordert, auf einer Basis, die reaktionäre Seitensprünge ausschließen soll. Der Beschluß wurde aber nur mit neun Stimmen gegen acht Enthaltungen gefaßt. Man kann also sagen, daß die Hälfte der GemeinderatSradikalen zu den reaktionären Scharfmachern übergelaufen ist. DaS kleinbürger» liche Paris frondiert nicht mehr wie ehedem gegen die kapitalistischen Regierungen. Die revolutionären Traditionen haben abgekauft und unter dem Feldzeichen des ScharsinachertumS sammeln sich mon- anarchische Feudalherren und Lakaien, manchesterliberale Fabrikanten und freidenkerische Krämer. Italien . Die auswärtige Politik. ' Die Debatte über die auSloärtige Politik erreichte Wen Höhepunkt in einer Rede des ehemaligen Ministers FortiS, in der die Mißstimmung dcS italienischen Volkes über den Drei- b u n d und besonders über Oe st erreich. Ungarn zu starkem Ausdruck kam. Fortis erklärte sich zwar als Anhänger des Drei- bunds, aber die Anhänglichkeit an diesen werde dem italienischen Volke von Tag zu Tag erschwert. ES sei einfach ein u n- haltbarer Zu st and, daß Oesterreich fortfahre, Truppen an der italienischen Grenze anzuhäufen und so Italien vor Augen zu führen, daß ihm von keiner anderen Macht Krieg drohe als von der verbündeten. Dies müsse entweder sofort auf- hören oder jeder der Alliierten muffe seine eigenen Wege gehen. Dies« Drohung mit dem Austritt aus dem Dreibund ent- fesselte in der Kammer eine stürmisch« langandaucrnde Ovation. Fortis wurde beglückwünscht, umarmt und geküßt, Ministerpräsident Giolitti uüd der Marineminister drückten ihm gratulierend die Hand. Die Stellung des Ministers des Auswärtigen T i t t o n i schien erschüttert, doch ist sein Verbleiben im Amte nach VerHand. lungen mit Giolitti und Fortis für die nächste Zeit gesichert, um so mehr da die Kammer in ihrer heutigen Sitzung der Regierung mit 297 gegen 140 Stimmen die Billigung der äußeren Politik aussprach. Daß der Dreibund aus diesen Debatten nichts weniger als gekräftigt hervorgeht, ist klar, und ebenso, daß seine Erschütterung in den jetzigen kritischen Zeiten keine Vermehrung der Friedens- sichcrheit bedeutet. Mit Recht warnt aber der sozialdemokratische „Slvanti" vor einem Bruch mit Oesterreich, dem die V o r b e r e i- tung zum Kriege folgen müßte und wendet sich mit scharfen Worten gegen die Tollheit, den Frieden zu gefährden, Englanck. Das UnterrichtSgcsctz gescheitert? London , 4. Dezember. Im Unterhause kündigte Premier- minister A s q u i t h an, die Regierung werde die Unterrichts- gesetzvorlage am Montag zurückziehen. DaS Oberhaus. London , 3. Dezember. Die Kommission des Oberhauses, die zur Beratung über eine Reform des Oberhauses eingesetzt worden war, empfiehlt in ihrem Bericht, daß der Besitz der Peers- würde nicht länger zu einem Sitz im Oberhause berechtigen solle. Die Kommission schlägt vor, daß die erblichen PeerS in Zukunft zweihundert PeerS wählen sollen, die sie für die Dauer einer ParlamentStaguna vertreten. Ohne Wahl sollen zu einem Sitz im Oberhause berechtigt sein diejenigen PeerS, die die höchsten Slemter in der Heimat innegehabt haben oder Gouverneure der führenden Kolonien gewesen sind, ferner PeerS. die zehn Jahre dem Unterhause angehört oder den Rang eincS Vizeadmirals resp. Generalleutnants erreicht haben, solange sie aktiv waren. Endlich wird die Schaffung von PeerS auf Lebenszeit ohne Wahl bis zur Zahl von vierzig empfohlen. D«« Kolonien solle» st» Oberhaust offiziell vertreten sein. Raitj. Tie Revolution. Nett) Zork, 4. Dezember. Aus Port-au-Princc wird gemeldet: Während die Stadt jetzt verhältnismäßig ruhig ist, haben die Mitglieder des diplomatischen Korps doch in der über- einstimmenden Auffassung, daß man sich nicht auf die Maßnahmen eines Sichcrhcitskomitees verlassen könne, den augenblicklichen Machthaber» gemeinsam mitgeteilt, daß im Falle des Wieder- beginns der Unruhen die Kriegsschiffe Truppen landen würden. General Simon war gestern noch 12 Kilometer von Port-au-Prince entfernt, sein Eintreffen in der Stadt wird heute erwartet. Einhundertfünfzig Plünderer, Männer und Frauen, wurden verhaftet. Ein großer Teil der Beute konnte ihnen wieder abgenommen werden. Soziales. Rekorbziffern bei der Wohlfahrtsfirnla Krupp. Die Firma Krupp kann nicht darüber klagen, daß ihr nicht genügend bereitwillige Federn zur Verfügung stehen. Kaum ein Werk wird ob der Humanität seiner Leitung so gelobt, wie die Essener Kanonenfabrik. Vor allem sind eS die Ziffern aus den Abschlüssen der Pensionskassen, mit denen man gern Staat macht. Auch die„hohen Löhne" benutzen eifrige Federn mit Vorliebe als Reklametitel für die WohlfahrtSfirma. Aber in seltener Harmonie schweigen sich alle die Publikationen, auch die offiziellen, von der Firma direkt ausgehenden, über eine Rekordziffer bei Krupp aus. Wir meinen die Zahlen über— Erkrankungen der Mitglieder der Kruppschen Kasse. Die amtliche Statistik verzeichnet nach den Re- sultaten sämtlicher Krankenkassen im Deutschen Reich für das Jahr 1906 auf je 100 Mitglieder 3 8 Erkrankungsfälle und 748 Krankentage; bei sämtlichen Betriebs-(Fabriks-) Krankenkassen be- trägt die Zahl der Erkrankungen pro 100 Mitglieder 4 5, die Zahl der Krankentage 812; dagegen paradiert die Kruppsche Krankenkasse für 1907.mit folgenden Ziffern pro 100 Mitglieder: Erkrankungsfälle.. 65,18 Krankentage.... 1179. Damit ist sogar die hohe Krankenziffer, die der Bergbau auf- weist, übertroffen. Die KnappschaftSkassen schließen für 1905 ab mit 60 Erkrankungsfällen und zirka 920 Krankentagen. Prämien für Kassenbetrllger. Der Bauunternehmer Adolf Reime in Nowawes beschäftigte mehrere Arbeiter, denen er regelmäßig der Slntcil für die Kranken- kassenbeiträge abzog, aber nicht an die Ortskrankenkasse abführte. Die Kasse wurde klagbar. Eine Pfändung blieb erfolglos. Es wurde nun Anzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet, die das Verfahren vor der Strafkammer einleitete. Nach seinen eigenen Angaben überließ der Angeklagte das Geschäft der Frau, die je- doch die Beitragsleistung an die Kasse verabsäumte. DaS Gericht hielt für erwiesen, daß die Abzüge vom Lohn gemacht wurden, konnte sich aber von einer bewusftei, strafrechtlichen Verfehlung des Angeklagten nicht überzeugen und sprach ihn frei. Ein wenig schlechter schnitt der Fuhrgeschästsinhaber Johann Müller aus Nowawes ab, der wegen desselben Vergel>enS angeklagt lvar. Müller hatte seinen Angestellten Beträge in Höhe von 200 M. für die Krankenkasse in Abzug vom Lohn gebracht, aber nicht ab- geführt. Ter Angeklagte war geständig, entschuldigte aber sein Vor- gehen durch feine Notlage. Er war manchmal mcyt imstande, den Lohn zu bezahlen. Die Strafkammer verurteilte M. zu 50 Mark Geldstrafe wegen Vergehen gegen das Krankenversicherungsgesetz. Solange die Rechtsprechung,„gelehrten" Richtern überlassen bleibt, werden die Freisprechungen oder milde Bestrafungen von Unternehmern nicht aufhören, die die Krankcnkaffenbeitrcige in der geschilderten Weise unterschlagen. Erfüllung der Wartezeit der Altersrentner. Altersrentenanwärter, welche im Laufe des Jahre« 1909 ihr 70. Lebensjahr vollenden, haben an Beitragswochen nachzuweisen, wenn sie nach Eintritt in die Versilberung beschäftigt waren: a) als Arbeiter, Gehilsen, Gesellen, Dienstboten, HandlungZ- gehilfen, Bctriebsbeamte....~ b) als Hausgewerbetreibende der Tabakfabrikation....... o) als Hausgewerbetreibende der Textilindustrie mit BersicherungS- Pflicht vom Jahre 1894.... ä) als Hansgewerbetreibende der Textilindustrie mit BersicherungS- Pflicht vom Jahre 1890.... o) als Lehrer, Lehrerinnen, Erzieher, Gesellschafterinnen, sonstige Anae» stellte, deren dienstliche Beschäfti» gung ihren Hauptberuf bildet und dergleichen......... 720—760 BeitragSwochen, 680—720 574— 614 530-560 360-400 Die überseeische Auswanderung über Hauibnrg und Breme». Insoweit die überseeische Auswanderung über Hamburg und Bremen erfolgt, läßt sie noch immer kein Zeichen von Belebung erkennen. Jene über Hamburg betrug in den ersten zehn Monaten laufenden JahreS 63 230 gegen 166 366 in der gleichen Periode 1907. Für Bremen betragen die gleichen Ziffern 53 311 gegen 204 770. Speziell die Oltoberziffern der Auswanderung über Hamburg be- liefen sich auf 9326 im lausenden Jahre gegen 15 980 im Jahre 1907. Dabei war die� Septemberauswanderung über Hamburg im laufenden Jahre 9717 Personen noch etwas großer als im Oktober. Ueber Bremen wanderten im Oktober lautenden JabreS 9169 Personen aus gegen 24 351 im Oktober 1907. Freilich belief sich die Zahl der Auswanderer über Bremen im September 1903 nur auf 7228, wies also im Okiober eine gewisse Steigerung gegen den Vormonat auf. Wenn sich auch die über Hamburg und Bremen Auswandernden noch inimer größtenteils nach den Vereinigten Staaten wenden, so hat doch in den letzten Monaten gerade die Anöwauderung nach Südamerika , und zwar insbesondere »acb Argentinien zugenommen. Ju den ersten zehn Monaten laufenden Jahres betrug die Auswanderung über Hamburg nur drei Achtel jener des Jahres 1907 in der gleichen Periode, während die Auswanderung über Bremen gleichzeitig gar nur auf ein Viertel herabsank._ SewerklckaftttcRes- Altpreußifche Sparsamkeit in den Gewerkschaften. „Wer weniger verdient, aber spart, ist nützlicher für die Nation, als der, der viel verdient und viel verbraucht." So Bülow unter anderem in seiner Rede bei der ersten Beratung der NcicbSfinanz- reform. Treffender als mit durch Wiedergabe dieses Satzes kann das Verständnis der Regierung und ihres höchsten Beamten für die Lage der arbeitenden Klassen überhaupt nicht charakterisiert werden. ES vervollständigt nur das Bild, wenn das Jammern deS Ministers über die riesigen„indirekten Steuern", die die Ar- bciter in Gestalt von GewerkschaftSbeiträgen zahlen, noch mit hin» zugefügt, wird. Gewiß haben unsere Gewerkschaften hohe Ein- nahmen, aber was wird mit den wenigen Millionen geleistet! Zu» mal jetzt, wo eS die Regierung für notwendig hält, den Slrbcitcrn in einer Zeit wirtschaftlichen Daniederliegens Hunderte von Millionen neuer Steuern aufzubütoen, lohnt cö sich, diesen ver» gleich zu ziehen-
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