Einzelbild herunterladen
 

Nr. 286. 25. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 6. Dezember 1908.

Literarische Rundschau.

In dem worwort zu seiner 1859 erschienenen ritit der politischen Oekonomie", in dem Karl Marg die Grund­züge seiner materialistischen Geschichtsauffassung darlegt, spricht er den Gedanken aus, daß auch die religiösen Anschauungen durch die Produktionsweise des materiellen Lebens" bedingt werden, einen Gedanken, den Friedrich Engels   in seiner Streitschrift gegen Eugen Dühring   später in die Worte faßte: Alle Religion ist nichts anderes als die phantastische wider fpiegelung, in den Köpfen der Menschen, der jenigen Mächte, die ihr alltägliches Dasein be­herrschen, eine Widerspiegelung, in der die irdischen Mächte die Form von überirdischen an­nehmen.

Karl Kautsky  : Der Ursprung des Christentums. Eines In dieser Aufsuchung der kausalen Zusammenhänge zwischen Der Verfall des Römerreiche in den ersten Jahrhunderten historische Untersuchung. Verlag von J. H. W. der allgemeinen Wirtschaftsgestaltung und den im Urchristentum unserer Zeit griff nicht nur viel tiefer in alle überlieferten Lebens­Die Nachfolger, Stuttgart  . XVI und 508 Seiten Ottav. zur Geltung gelangenden religiös- ethischen Vorstellungen ist verhältnisse ein, sondern erstredte sich auch über eine weit längere, Preis broschiert 5 M., gebunden 5,75 M. Kautsky weit über alle seine Vorgänger hinausgegangen, und in eine mehrhundertjährige Zeitperiode. Es gibt deshalb auch, wie dieser Untersuchung, also in den sozialgeschichtlichen Partien, liegt schon Gibbon erkannte, in der Geschichte der geistigen Epidemien auch im wesentlichen der Wert seines Buches. teine Epoche, die so tiefe Spuren des Zusammenbruches aufweist, Im gewissen Sinne spricht sich dieser Charakter des als die Zeit des Verfalls der alten römischen Weltherrschaft. Ale Kautskyschen Buches schon darin aus, daß von seinen 508 Seiten überlieferten Denkweisen gerieten ins Wanten. Der Gemeinfinn die kritische Erörterung der heidnischen und christlichen Quellen verfiel. Ein selbstsüchtiger Individualismus gewann die Ober und des Streites der Theologen um das Jesusbild nur 25 Seiten hand. Neben lagen epituräischen Anschauungen beherrschte ein umfaßt, dagegen die Schilderung der sozialen Zustände der heuchlerischer, gefünftelter Etoizismus das philosophische Denken. römischen Kaiserzeit 157 Seiten sowie die Schilderung der jüdischen Berachtung des Lebens und Selbstmord wurden geradezu zur Mode­Wirtschafts- und Geistesentwidelung 138 Seiten beansprucht, und fache. Und neben der Lebensüberdrüssigkeit tritt wieder eine innere daß ferner auch in der Darstellung der Anfänge des Christentums Feigheit, eine fast epidemicartige Todesfurcht und ein Unsterblich die Betrachtung der sozialen Lebensverhältnisse in ihrer Wirkung keitssehnen hervor, eine eigenartige Unselbständigkeit und Hilflosigkeit, auf die politisch- ethischen Auffassungen der urchristlichen Ge- ein Anheimfallen an die widerspruchsvollsten Stimmungen: an die meinden bei weitem überwiegt. Rautstys Ursprung des Regungen des Mitleids, der Wohltätigkeit wie der Vergewaltigung Die neuere Religionsgeschichtsforschung gibt diese Abhängig- Christentums" ist demnach vor allem ein sozialgeschichtliches und der Mordlust. Dort Blasiertheit, Lebensüberdruß, Sensations­keit der religiösen Anschauungen von der Wirtschaft größtenteils Werk. Manche seiner geschichtlichen Ausführungen, besonders in sucht, hier Todessehnen, Astese und hysterische Ertase. zu, wenn sie auch in ihrer Ausdrudsweise an die Stelle des Wortes feiner Schilderung der jüdischen Entwickelung, find in ihrer Art Aus den Berichten der Historiker, der Philosophen und Kirchen­Produktionsweise" das Wort Lebensweise" segt; aber meist fleine Meisterstüde kausaler Geschichtserklärung. Mit scharfen väter jener Zeit bringt Kautsky   eine lange Reihe von Beispielen soll diese Abhängigkeit der religiösen Vorstellungen vom Wirtschafts- Strichen weiß die materiellen Lebensbedingungen des für diese innere Selbstauflösung der damaligen römischen Gesell­leben nur für jene unteren Stufen der Religionsentwidelung gelten, Judentums im Wandel der Zeiten zu zeichnen und den sich schaft bei und zeigt, wie bereits alle jene Sitmmungen, alle jene auf denen der Mensch in seinem Fühlen und Denten noch un- aus diesen Bedingungen ergebenden Gedankenelementen nachzu- Gedankenkonzeptionen vorhanden sind, die später in den Schriften mittelbar unter dem Einfluß der ihn umgebenden Naturgewalten spüren, so daß man aus den scharfumrissenen Stizzen vielfach des Neuen Testaments   ihren Niederschag gefunden haben. steht, d. h. noch nicht zum spekulativen Denken erwacht ist. Je einen besseren Begriff vom jüdischen Staats- und Geistesleben Vielleicht besser noch als die Schilderung des Selbstzersetzungs­mehr er im Laufe seines geistigen Werdeprozesses die Fähigkeit der erhält, als durch das Studium so mancher didleibigen Geschichten prozesses des cäfaristischen Roms ist dem Verfasser die Darstellung Spekulation erlangt, desto mehr, so wird behauptet, befreit er sich Israels  , in denen die Tatsachen des realen Lebens in einem der jüdischen Volfsentwickelung gelungen, da er hier mehr noch von diesem Einfluß, und wie die Philosophie, schlägt auch die dicken Rebel religiös- spekulativer Mystik oder eines philosemitischen als im ersten Teil seiner Schrift sich die Aufgabe gestellt hat, religiöse Anschauung eine selbständige Richtung ein, entsprechend Naffen- und Voltsgenietultus erstiden. die ethischen Anschauungen des jüdischen Boltes aus dessen wirtschaft den in ihr vorhandenen selbsttätigen psychologischen Antrieben. lichen Entwickelungsgang zu erklären.

11

-

Demnach wird meist nur für die unteren Stufen der Religions= entwickelung der enge Zusammenhang der religiösen Gedankenwelt mit den Lebensverhältnissen anerkannt da sich nun einmal die Abhängigkeit der Götter- und Schöpfungsvorstellungen wie der religiösen Ethik jener Stufen von der wirtschaftlichen Betätigung des Menschen nicht leugnen und sich bei den Jäger- und Hirten-, wie bei den derbauvölkern der alten Flußkulturen bis ins ein­zelne nachweisen läßt, wie ihre religiöse Ideenwelt genau ihre wirtschaftlichen Lebensformen und ihre Gliederung in Totem­berbänden unb Familiengemeinschaften widerspiegelt.

#

Kautsky   holt bei diesen Darlegungen ziemlich weit aus. Er schildert die semitischen Völkerwanderungen, das Eindringen der Israeliten in das Land der Kanaaniter. Als Hirtenvolt, als Beduinen­Nomaden waren die Hebräer ins Land gekommen; auch in dem er­oberten Palästina   blieben sie noch lange Zeit Hirten, obgleich sie feßhaft wurden. Nach und nach nahmen sie jedoch von den Kanaa­nitern, mit denen sie sich vielfach vermischten, die Bodenkultur an, den Anbau von Getreide, Wein, die Aufzucht von Oel- und Feigen­bäumen usw. Begünstigt durch die geographische Lage Palästinas, das von wichtigen Karawanenstraßen durchzogen wurde, gewann neben der Viehzucht und dem Landbau der schon vorher von den hebräischen Stämmen betriebene Handel an fortschreitender Be­deutung, während Handwerk und Kunst im Vergleich zur Ent­widelung anderer semitischer Völker zurückblieben.

Nachdem Kautsky   untersucht hat, was die heidnischen und christlichen Quellenschriften über die Persönlichkeit Jesu  , des an­geblichen Stifters der christlichen Religion, wissen, und zu dem Er­gebnis gelangt ist, daß die historische Existenz Jesu sich mit einiger Sicherheit aus keiner dieser Schriften ergibt, schildert er, wie die römische Gesellschaft der Kaiserzeit entstand. Er legt dar, wie die Grundlage der Produktionsweise jener Länder, aus denen sich das Römerreich aufbaute, zunächst die bäuerliche Landwirtschaft und daneben, in geringerem Maße, Handwerk und Warenhandel Für die höheren Formen der religiösen Vorstellungswelt, für bildeten, wie sich der Großgrundbesitz entwickelte, zur Befriedigung die sogenannten bergeistigten" Religionen soll dagegen jene der Nachfrage des erweiterten Haushalts nach häuslichen Arbeits­Abhängigkeit der religiösen Anschauungen von den materiellen Kräften die Haussflaberei entstand, der darauf die Sklaverei in der Lebensbedingungen nicht gelten, vornehmlich natürlich Warenproduktion folgte. Der Kleinbetrieb trat gegen die Sklaven­nicht vom Christentum. Und doch hat gerade in bezug auf wirtschaft zurüd, die Großbetricbe nahmen zu, besonders der große Die dieser Stufe entsprechenden Gottesvorstellungen der Israes das Christentum eine mehr als hundertjährige Forschung erwiesen, Grundbesitz dehnte sich mehr und mehr aus. Latifundien ent- liten schildert Kautsky   als eine Art Fetischismus, oder, wie es in der daß zu Lebzeiten feines angeblichen Begründers keine einzige der standen. Der Bauer wurde enteignet, sein Kleinbetrieb durch die Ausdrucksweise der heutigen Ethnologie heißt, als Naturanimismus, neutestamentlichen Schriften entstanden ist, und daß, was heute Plantagenwirtschaft ersetzt. Notwendig führte diese Entwickelung aus dem er später unter dem Einfluß des babylonischen Priester­als urchriftliche Lehre gilt, nichts anderes ist als ein Niederschlag zur Zersehung des bäuerlichen Lebens. Je mehr sich die Ueber- monotheismus sofort den jüdischen Monotheismus hervorgehen läßt. des Geistes bestimmter hebräischer und ägyptischer, vornehmlich schüsse steigerten, die sich durch die Latifundienausdehnung und die Wäre das richtig, dann würde tatsächlich die jüdische Religionsent­aber griechisch- römischer Bevölkerungsschichten, so daß Bruno Vermehrung der Sklavenmassen in den Händen weniger ber- widelung andere Bahnen eingeschlagen haben, als bei anderen Bauer es schon vor vierzig Jahren in seiner 1878 erschienenen einigten, desto mehr wurde das Genießen, die Verschwendung Völkern, während Kautsky   selbst gegenüber den philosemitischen Schrift Christus und die Cäsaren" zu unternehmen ver- dieser Ueberschüsse die vornehmste gesellschaftliche Funktion der Historikern, die sich bemühen, überall einen besonderen Spezial­mochte, die Existenz des angeblichen Stifters der christlichen Religion herrschenden Klasse, desto mehr entbrannte der Wetteifer, einander genius des auserwählten Voltes" zu entdecken, hervorhebt, daß bis glattweg zu verneinen und den Ursprung des Christentums aus an Glanz, leppigkeit, Nichtstun zu überbieten. Doch der Jagd zum Eril die jüdische Entwickelung dieselben bezw. ähnliche Züge dem römischen Griechentum herzuleiten, indem er bis ins einzelne nach Genüssen folgte der Kazenjammer, der Etel vor jedem Genuß, aufweist, wie die anderer Kleinasiatischer Völker. Tatsächlich war nachwies, wie die urchristlichen Vorstellungen ihre parallelen Züge oft völliger Lebensüberdruß, das Empfinden, daß alles irdische auch bei den Hebräern, genau wie bei anderen Völkerschaften gleicher haben in den Lebensauffassungen des versinkenden Römerreiches. Trachten eitel sei: Verzweiflung, Todessehnsucht, aber auch die Entwidelungsstufe, schon lange vor dem Eril der früheren Animis Und seitdem hat, so sehr auch die meisten der Kirchenhistoriker Sehnsucht nach einem neuen, höheren Leben. Und neben dieser mus größtenteils durch den Geschlechts- und Ahnentultus verdrängt, und Bibelforscher, nicht nur die Behschlag, sondern auch die Harnack übersättigten, herrschenden Klasse erstand eine riesige Sflaven- auf den wir in den altjüdischen Schriften an den verschiedensten und Pfleiderer, sich bemühten, aus der versinkenden Welt des schar, ein Heer verrohter menschlicher Lasttiere, und ein ver- Stellen stoßen. Wie anderswo, finden wir auch bei den Jeraeliten Glaubens zu retten, was sich retten ließ, und sogenannte historische tommenes, arbeitscheues Lumpenproletariat. das Geschlecht, die Mischpacha, als Sakralgenossenschaft, die Be­Belege für die Erzählungen der Evangelien zu finden, immer Doch die Stlavenarbeit führte in eine Sadgasse. Mit der schwörung der Ob" genannten Ahnengeister, die Berehrung der deutlicher gezeigt, daß die christliche Lehre nicht als eine bestimmte Verkümmerung des Bauernstandes verlor Rom   auch sein Soldaten- Ahnengrabstätten und eine ganze Reihe dem Ahnenkult angehörende aus der Eigenart jüdischen Geistes geborene ethische Dogmatit material. Der städtische Lumpenproletarier und der fingerfertige, Gebräuche, wie z. B. verschiedene Blutritualien und Trauerges der religiösen Jdeenwelt des Römertums entgegentrat, sondern verweichlichte Handwerker boten dafür keinen Ersatz. Der römische bräuche, ferner auch die Stellung der Stlaben unter den Schutz der daß sie selbst nichts als ein Produkt der damaligen griechisch Staat sah sich immer mehr genötigt, die Zahl der dienstpflichtigen Familiengötter( Exodus 21, 2). Ueberdies wird durch verschiedene römischen Geistesverfassung ist. Ein Produkt, das je nach Milissoldaten durch angeworbene Freiwillige, durch barbarische Stellen im Jesaja  , Jeremia   und in den Büchern Samuelis der den besonderen Verhältnissen der einzelnen Gebietsteile des Söldner aus den unterworfenen Provinzen, schließlich sogar durch Totenkult direkt bezeugt. So verbietet z. B. Jesaja( 8, 19), daß die römischen Weltreiches jahrhundertelang in allen möglichen Lokal- Anwerbung von Ausländern zu ergänzen. Und mit der Ein Lebenden die Toten um Rat fragen lassen, im ersten Buch Samuelis, färbungen schillerte, bis später unter dem Einfluß der neuent- schränkung der Neueroberung fremder Gebiete und der Beschränkung Rapitel 28, zitiert die Totenbeschwörerin von Endor vor Saul   den stehenden Hierarchie und ihrer Machtkonzentrationsbestrebungen der Verteidigung fremden Besites gegen die angreifenden Bar Geist des gestorbenen Samuel, und Jeremia   schildert( 31,15), wie unter Ausscheidung der sogenannten gnostischen Richtungen eine barenhorden hörte auch die Zufuhr billiger Sklaven auf. Die der Geist der Ahnenmutter Ephraims über den Untergang der Zusammenfassung zu dogmatischer Einheitlichkeit stattfand. Und Latifundienwirtschaft rentierte sich nicht mehr. An die Stelle des Nachkommen flagt. bereits in diesen ersten Jahrhunderten der werdenden Kirche wird Großbetriebes trat vielfach wieder der Kleinbetrieb: die Zer­das kaiserliche Rom   dermaßen zum geistigen Mittelpunkt der neuen ftüdelung der Latifundien in kleine Grundstücke und ihre Ver­Lehre, daß der Bremer   Pastor Kalthoff in seiner Schrift über die pachtung an Kolonnen. Entstehung des Christentums" die christliche Lehre in Rom   ent­stehen läßt und annimmt, erst von dort aus sei der Schauplatz der evangelischen Geschichte nach Palästina verlegt worden.

"

-

-

Mit diesem Ahnenkultus steht der Jahwedienst keineswegs in Widerspruch. Im Gegenteil, wo ein ausgeprägter Ahnenfultus herrscht, finden wir meist neben diesem die Verehrung eines Be In scharfen Umrissen zeichnet Kautsky   diesen Entwickelungs- schüßers der Gesamtheit der zu einem Volt vereinigten Ge­gang, indem er zugleich energisch den Historifern entgegentritt, die, schlechterverbände, die Verehrung eines National- oder Volks­getäuscht durch einzelne Aehnlichkeiten, in dem damaligen und dem gottes, der hin und wieder auch als allgemeiner Weltgott, als Aber bei dieser Ableitung der Elemente der chriftlichen An- heutigen kapitalistischen   Entwidelungsprozeß etwas Gleichartiges Herr des Himmels und der Erde  ", gedacht wird. So verehrten schauungen aus dem griechisch- römischen Geistesleben sind selbst schen und aus dem Verlauf der sozialen Stämpfe in Rom   allerlei die Altperuaner 3. B. neben ihren Geschlechtergottheiten, den jene Forscher stehen geblieben, die die historische Gristenz Jesu Rückschlüsse   auf den wahrscheinlichen Ausgang des heutigen Huacas, einen Schöpfergott( Huiracocha) in den Gestalten des bestreiten und in der christlichen Lehre lediglich ein Gedanken- Rampfes zwischen Stapitalisten und Proletariat ziehen. Bachacamac( Weltbeseelers), Pacharurac( Weltregenten) und produkt der proletarischen Schichten des verfallenden Römerreiches Dem wirtschaftlichen Entwidelungsprozeß entsprach die Gestal- Pachayachachic( Weltunterweisers), der nach ihrer Ansicht nicht sehen. Wohl find sie sich bewußt, daß dieses Geiftesleben mit den tung des römischen Staatswesens. Kautsky   schildert den Fort- nur die Welt geschaffen hatte und leitete, sondern auch in grauer politischen Zuständen Roms, mit seiner Sittenberderbnis und schritt des Warenhandels, die Gegensätze zwischen Patriziern und Urzeit die Ahnengottheiten geformt und beseelt hatte. Und wie feinem Stulturverfall, mit dem Aufstieg des militärischen Impera- Plebejern, die römische Staatsorganisation, die Käuflichkeit des selbst lange nach der Rückkehr aus dem Eril die Jsrealiten ihren torentums zusammenhängt; aber genauer zu untersuchen, wie die römischen Lumpenproletariats und den Aufstieg des Cäsarentums Jahre immer noch als ihren besonderen Nationalgott betrachteten, Gedankenelemente des griechisch- römischen Geisteslebens mit den und unternimmt dann in einem dritten Kapitel, aus den Zer- so statteten auch einzelne peruanische Stämme ihren Weltgott Gesellschaftszuständen des Römerreiches zusammenhängen und wie sehungserscheinungen des römischen Wirtschafts- und Staatslebens mit allerlei Stammesattributen aus und legten ihm besondere Be­dieie Zustände wiederum durch die wirtschaftliche Entwidelung der das Denten und Empfinden der römischen Kaiser nennungen bei. Der Stamm der Chancas nannte 3. B. seinen Boaufgegangenen Zeiten bedingt waren: dazu find weder Bauer 3eit" abzuleiten. Schöpfergott Huiracocha Chanca; der Stamm der Huarochiris nech Kalthoff gelangt, obgleich legierer die geschichtlichen Erschei­Eine jede Zeit andauernden Berfalls überlieferter Wirtschafts- nannte ihn Huiracocha Coniraya usw. nungen als Massenwirkungen aufgefaßt wissen will. Was sie und Lebensformen zieht erfahrungsgemäß auch eine Erschütterung Indes handelt es sich bei diesen und anderen Einwänden, die daran hinderte, war ihre ideologische Geschichtsauffassung, die das der Dentformen, der alten Ideale und des inneren geistigen Gleich ich gegen Kautskys Darstellung zu machen habe auch den Einfluß eigentliche Agens der Geschichte in der Ideenentwickelung fieht, gewichts nach sich. An die Stelle des Vertrauens auf die eigene der babylonischen Religionsphilosophie auf den jüdischen Mono­feien es nun Individual- oder Massenideen. geistige Kraft tritt ein unsicheres Suchen und Tasten, eine Sich- theismus überschätzt meiner Ansicht nach Kautsky  - nur um neben­Hier seht Karl Kautskys neue Schrift über den Ur- selbstauslieferung der einzelnen an plöbliche Eindrücke und Stim- fächliche Teile seiner neuen Schrift. Der Hauptwert seiner Schilde sprung des Christentums" ein, indem er vom Standpunkt mungen, Kritiflosigkeit gegenüber den Erzeugnissen der eigenen rung des Judentums vor und nach dem Eril liegt in seinen wirt­der materialistischen Geschichtsauffassung aus systematisch die wirt- Phantasie, d. h. eine gewisse mystisch- naive Wundergläubigkeit. schaftsgeschichtlichen Ausführungen. Hier auf seinem eigentlichen schaftliche Entwidelung Roms und Palästinas sowie den Zu- Wo wir Perioden des wirtschaftlichen Verfalls in der Geschichte be- Spezialgebiet zeigt sich Kautsky   nicht nur als gründlicher Wirt­sammenhang ihrer ethischen und religiösen Gedankenwelt mit gegnen, da sehen wir auch die Disposition zur Wundergläubigkeit. fchaftshistoriker, sondern auch als scharfsinniger Völkerpsychologe. Dieser Entwickelung untersucht und dann zeigt, wie die christliche So brachte der Verfall der urwüchsigen Städteherrlichkeit und Hochinteressant sind besonders seine Ausführungen über die Ent­Lehre die dem proletarischen Charakter ihrer Anhängerschaft ent- des feudalen Rittertums den Wahnsinn der Herenprozesse; unter widelung des Handels in den vorderasiatischen Ländern und dessen sprechenden Gedankenelemente aus jenen jüdischen und römischen der wirtschaftlichen Depression der zweiten Hälfte des 18. Jahr Rüdwirkung auf die Denfweise. Während in den griechischen See Geistesströmungen übernimmt und sie entsprechend ihrem Propa­städten die Entwickelung des wissenschaftlichen Denkens, der Philo­gationsbedürfnis modelt und verändert, so daß die Frage, wes­sophie, der Aristokratie zufiel, wurde sie unter den Wirtschafts­halb das Christentum zur herrschenden Religion des Weltrömer­verhältnissen der semitischen Staaten zu einer Aufgabe der Priester. reiches zu werden vermochte, sich einfach daraus beantwortet, daß schaft. Damit erhielt ihr Denken eine einseitige Beziehung auf den es bas religiöse Jdeenprodukt dieser Welt ist. Religionskultus und förderte zudem die ohnehin schon bedeutende

hunderts blühte das Unwesen der Rosenkreuzer und Geisterseher, der Cagliostros und Saint- Germains; und die heutige Zeit der tapitalistischen Abwirtschaftung hat allerlei spiritistische und offul­tistische Systeme, den Schwindel der Geisterbeschwörungen und des Geſundbetens wieder in voller Glorie entstehen lassen.

-