Das aveS ist der„Freisinnigen Zeitung" natürlich sehr gut bekannt. Ebenso die Tatsache, daß die österreichische Dozialdcmo- kratie die Obstruktion der deutschen Genossen von 1S02 allzeit leb- Haft anerkannt hat. Indes, ihre Leser wissend tvahrscbeinlich nicht mehr und also braucht sich daS gewissenhafte Fraktionsorgan in der Verdrehung der Dinge keinen Zwang aufzuerlegen. Ob keiner der freisinnigen Abgeordneten das Schweigen seines Parteiorgans zur Nixdorfer Wahlrcchtssck'aiidc als— wir wollen nicht sagen als Schmach, aber doch als sehr ungeschickt empfindet? Ob keiner sich sagt, daß dieser plumpe Diebesknisf die Aufmerksam- keit vom Dreck am eigenen stecken durch tölpelhafte Dreckwürfe auf den Gegner abzulenken, die Verlegenheit nur vergrößern mutz, wenn die Herren im Parlament vor aller Oeffentlichkeit auf die Tat ihrer Parteigenossen und die untätige Haltung des Fraktions- organs angenagelt werden?_ Abermals gemahregelt! Dem Sprecher der Prinzendelegation auf Radbod, P i l g r i m, und fünf seiner Kameraden, die auf Zeche Daakermulde(Radboder Gebiet) Arbeit bekommen hatten, Nmrde zum nächstzulässigen Kündigungstermin wieder gekündigt. Pilgrim war inzwischen auf persönliche Vorstellung bei der untersuchenden Bergbehörde als Zeuge vernommen worden, da er, wie viele andere Zeugen, noch keine Vor- ladung erhalten hatte. Er hat mit seinen Kameraden im Bochunier Revier nirgends Arbeit bekommen. Man wollte ihn auf Zeche Daakermulde nicht haben, weil man „Stänker" und„Aufwiegler" nicht gebrauchen könne.— Ein interessanter Marineprozeh wird in der nächsten Zeit in Berlin zur Verhandlung kommen. Der Staatssekretär V. T i r p i tz hat Strafantrag gestellt gegen den jkapilän z. S, a. D. B e r g e r und den Herausgeoer des„Blaubuck" Dr. Jlgenstein wegen Beleidigung. Der Kapitän Berger behauptet, daß das Marinekabinett Beschwerden unterdrückt habe, die er an den Kaiser gerichtet halte. Diesen Vorfall und noch andere Borkommnisse in der Marine hat er in einem Artikel, den das„Blau- buch" veröffentlichte, geschildert. Der Zweck, den er damit befolgte, war der, ein strafrechtliches Einschreiten gegen sich selbst herbeizuführen— Die maßgebenden Instanzen haben lange gezögert, ehe sie sich zu einem Vorgehen entschlossen. Der Prozeß verspricht ein interessantes Schlaglicht auf die Tätigkeit des Marmekabinetts zu werfen._ Unterschleife bei der kaiserlichen Werst. Seit Jahresfrist sind eine ganz hübsche Anzahl von Unter- schlagungen aufgedeckt worden, die in staatlichen Betrieben vor- gekommen sind. Der Untersuchungsrichter in Kiel hat dieser Tage mitgeleilt, daß sich die bei der dortigen Werft entdeckten Unter- schlagungen auf über eine Million Mark belaufen. Angesichts dessen drängt sich denn doch die Frage auf, ob die in solchen Staatsbetriebe» so massenhaft vorhandenen Beamten auch ihre Schuldigkeit annähernd erfüllen. Der Staatssekretär des ReichSmarineamtS , v. T i r p i tz, hat mehr als einmal verkündet, daß in den deutschen Marine- betrieben eine mu st erhafte Ordnung herrsche.— Wie die Ereignisse der letzten Zeit beweisen, scheint aber doch sehr viel faul zu sein im Staate Dänemark. _ Gegen die badische Regierung erheben unsere dortigen Parteiorgane neuerdings die Anschuldigung, daß von ihr die sozialdemokratische Partei ungerechtfertigt zur Seite geschoben werde. Das Ministerium schuf den von dem Landtag geforderten WasserwirtschaftSrat, in welchen Vertreter der verschiedenen volkswirtschaftlichen Interessentenkreise, sowie Abgeordnete der beiden Kanunern berufen worden sind. Einzig die Arbeiterschaft ist darin nicht vertreten, der sozialdemokra- tischen Partei erwies die Regierung nicht die Berücksichtigung, die den Herren vom Zentrum und liberalen Block durch die Berufung ihrer Führer zuteil geworden ist. Die Umgehung der Arbeiterschaft in dieser Spezialität einer Kanimer, welche sich hauptsächlich mit der Verwertung der Wasserkräfte � für Industrie und Verkehr zu befassen hat, ist skandalös I Das Verhalten des Ministeriums gerade in dieser Angelegenheit muß die Nichtigkeit der Auffassung bestätigen, daß man der badischen Regierung mit einem platonischen Miß- trauensvotum nicht imponieren kann; ein Protest muß in der Verweigerung des Etats ausgedrückt sein, wenn er stechen und hauen soll. Die Mannheimer.Volksstimme" erhebt neuerdings den Vorwurf einer„verwerflichsten politischen Unmoral" wegen der fortgesetzten Versuche der Lehrerknebelung durch den Ober schulrat. Letzterer ließ den Vorsitzenden der Neckar - elzer Lehrerlonferenz und einige seiner AmlSkollegen d i e n st- polizeilich vernehmen, um den Verfasser oder Ver- anlasser der VertrauenSresolut ton zugunsten deS ge- maßregelten Rödel zu ermitteln. Die Inquisition war e r« f o l g l o S, da sich keiner der Lehrer bereit fand, zum Der- räter eines Kollegen zu werden. Die.Volksstimme" zieht eine Paralelle dieser disziplinären Untersuchung mit dem Schutze, den im siaatsanwaltlichen Strafverfahren diejenigen genießen, welche als Täter in Frage kommen; sie sind berechtigt, das Zeugnis ab- zulehnen. Und ein Lehrer ergänzt in der liberalen Presse diesen Vergleich mit dem Hinweise darauf, daß bei der letzten Landtags- Wahl ein bekannter katholischer Geistlicher in der Jen- trumsflugschrift..Waldmichel" die Regierung und den Großherzog in„beispiellos dastehender Weise" beleidigte, ohne disziplinarisch oder richterlich belästigt zu werden. Und noch etwas! Die öffentlichen Beschwerden mehren sich auS den Kreisen des unteren Beamtentums darüber, daß der neue G e- Haltstarif schwere Enttäuschungen hervorgerufen hat, nament- lich bei den Angestellten der Eisenbahnverwaltung. Im„Volks- freund" führen Beteiligte den Nachweis, daß die Beschlüsse der Kammerverhandlungcn von der Staatsverwaltung nicht beachtet werden und viele Ungerechtigkeiten bei den Anstellungsverhältnissen unterlaufen. So geht das Jahr nicht zur Neige, ohne in steigendem Maße durch die letzte Phase der politischen Entwickelung darauf hinzu- weisen, wie verkehrt die Auffassung unserer badischen Partei. genossen war. die ihnen eine entgegenkommendere Taktik gegenüber der Regierung angebracht erscheinen ließ. Die Beratung der BoltsschulnovcUe im württem- bergischen Landtag ist nun glücklich so weit gediehen, daß der Artikel 1 deS Gesetzes fertig ist. Der sozialdemokratische Antrag. Gesetzes- und Bürgerkunde für fakultative Lehrfächer zu erklären, wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und dreier Volks- parteiler abgelehnt. Der volksparteiliche Abgeordnete Lehrer Lochst er meinte, die Gesetzes, und Bürgerkunde fei für die Volksschule ein zu schweres Fach. Im gleichen Sinne sprachen sich der konservative Baucrnbündler S ch r e m p f und der Zentrums- mann R e m b o l d- Aalen aus. Auch der Zentrumsabgeordnete Weber Pflichtete dem bolksparteilichen Redner bei. Die Er- richtung von Hilfsschulen für Schwachbegabte wurde ferner den Gemeinden ermöglicht. Der Kultusminister teilte mit. daß ein Gesetzentwurf betreffend die Regelung der Schul» arztfrage ausgearbeitet sei. � Die Zweite Kammer lehnte am Montag bei der Beratung der Volksschulnovelle den Antrag der Volkspartei auf o b l i g a- torische Einführung des achten Schuljahres mit bg gegen L3 Stimmen der Volkspartei und Sozialdemokraten ab. Dagegen wurde dem Antrag der Kommission auf fakultative Ein- führung de» achten Schuljahres zugestimmt. Die blamierten Sozialistenveruichter von Gotha . Gotha , 21. Dezember. (Privatdepesche des„Vorwärts".) Bei der heutigen Nachwahl im 8. LandtngSwahlbezirke des Herzogtums Gotha wurde mit 21 gegen 20 Wahlinännerstimmen abermals Genosse Bock zum Landtagsabgeordneten gewählt. Die Nachwahl war bekanntlich notwendig geworden, weil die bürgerliche Mehrheit deS Golhaer Landtages unter rücksichtsloser Umsloßmig der früher beobachteten Grundsätze der Wahlprüfung das Mandat deS Genossen Bock für ungültig erklärt hatte. Nun hat den Bürgerlichen diese Gewalthandlung, die sie aut die schlimmste Weise bloßstellte, nicht einmal den Ertrag eingebracht, den sie davon erhofften. Der gehaßte Gegner, den sie auS dem Landtage drängen wollten, kehrt in das Landesparlament zurück und ihnen bleibt nur die Einbuße an Ansehen, die ihre Tat notwendig im Gefolge haben mußte._ Gärung auf Samoa . DaS„W. T. B." meldet: Aucklaiid, 21. Dezember. Nach hier eingegangenen Nachrichten versuchen einige Häuptlinge in Samoa Unruhe zu stiften, weil sie durch die Auslösung deS ehemaligen samoanischen Parlaments an Macht und Würde verloren zu haben glauben und die Auschauimg verfechten. Deutschland sei nur ihr Pro- t e k t o r und nichts weiter. Wenn das samoanische Parlament wieder zusammentritt, wünschen sie, die samoanische Flagge zu hissen, und es ist wahrscheinlich, daß sie an England und Amerika appellieren werden, damit diese Länder entscheiden, ob ihre Handlungsweise gerechtfertigt sei oder nicht. Gewalttätigkeiten werden nicht befürchtet, doch werden die Häuptlinge den deutschen Behörden wahrscheinlich passive R e s i st e n z entgegensetzen. Derartige Intrigen einzelner samoanischer Häuptlinge sind, wie unS an amtlicher Stelle mitgeteilt wird, wiederholt vor» gekommen. Das Gouvernement hat jedoch schädliche, für die Ruhe auf Samoa bedenkliche Wirkungen solcher Intrigen stets ohne Schwierigkeit abgewendet. Besonders glücklich scheinen sich danach die Samoaner unter der deutschen Herrschaft nicht zu fühlen. Ob sich die Unzufriedenheit auf die Häuptlinge beschränkt, erscheint zweifelhaft, da man ja durch Import chinesischer Kults die Löhne der eingeborenen Arbeiter gehörig zu drücken verstanden hat!— Zusammenstöße in Südwestafrika. Die letzten Nachrichten aus Südwestafrika lassen erkennen, daß es mit der vollständigen Ruhe, die dort drüben angeblich herrscht. nicht weit her sein kann. Bei Nomansdrist wurden bewaffnete Ein- geborene gesehen, die sofort von einer Kompagnie verfolgt wurden. Einer der Eingeborenen wurde erschoffen. Milte November kam es im Zarisgebirge zu einem Zusammenstoß mit Buschleuten; dabei wurden einige der Buschleute erschossen und eine Anzahl Kinder ge- fangen genommen. Offenbar haben die Hottentotten eine Art Bandenkrieg organisiert. Wenn man bedenkt, daß gerade in den Kolonien da? Ver- tuschungssystcm überaus sorgfältig gepflegt wird, dann geht man wohl kaum fehl in der Annahme, daß dort auf lange Zeit hinaus die Kämpfe noch kein Ende nehmen werden. Ein ehemaliger Hottentottenkrieger z« sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Der Gefangenenaufseher Reichel stand am Sonnabend wegen Verbrechen nach ß 174 des Strafgesetzbuches unter Anklage vor der Strafkammer des Landgerichts in Weimar . Er hat sich i n sechs- zehn Fällen an gefangenen Frauen vergriffen. Beanttagt wurden hierfür fünf Jahre Zuchthaus. Der Verteidiger trat aber in Anbetracht der Tatsache, daß Reichel in Afrika als Soldat gedient habe, für mildernde Umstände ein. Das Gericht schloß sich dem an und— es blieb der ehemalige Hottentotten- krieger vom Zuchthaus besteit, dafür wurde er aber zu sechs Jahren Gefängnis und zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. Militärjustiz. Wegen Fahnenflucht im zweiten Rückfalle wurde von dem Kriegsgericht der 16. Division der Musketier Meurer vom 20. In- fanierieregiment in Trier zu fünf Jahren neun Monaten Zuchthaus verurteilt. Der Verurteilte, der Keffelflicker und Korb- macher ist und ein sehr bewegtes Leben hinter sich hat, gab als Grund für seine drei Desertionen an, er sei beim Militär schlecht behandelt worden. Es waren sechs Jahre Zuchthaus beanttagt. Der Unglückliche erkannte das Urteil sofort an.— Oeftcmicb. Vertagung. DaS österreichische Abgeordnetenhaus ist am Sonnabend in die Ferien gegangen, nachdem es der Regierung noch die Er- mächtigung zur Fortführung der handelspolitischen Verhandlungen und zur Verlängerung des Handelsvertrages mit Serbien gegeben hatte. Die Agrarier hatten dem Gesetz den schärfsten Wtt«rstand entgegengesetzt, blieben aber schließlich in der Minorität. Dann wurde noch auf Anttag der Sozialdemokraten die RegierungS. vorläge über die Sozialversicherung einem eigenen Aus- schuh von 62 Mitgliedern zugewiesen. DaS wichtigste Ergebnis des Sessionsabschnittes besteht darin, daß das Haus des gleichen Wahlrechts vor allem dank der muttgen und energischen Initiative der sozialdemokratischen Fraktion seine Lebenskraft glänzend bewiesen hat und seine Arbeitsfähigkeit in Situationen bewährt hat, in denen das alte Kurienparlament längst vor dem AbsoluttSmuS des§ 14 kapituliert hätte.— frankmeb. Ein bed/utungsvoller Wahlsieg. Paris , 21. Dezember. (Privatdcpesche des„Vorwärts".) Sonntag fanden in Villefranche und Charolles zwei Stichwahlen statt, in denen die Genossen C a b r o t und Dmarrouge gegen zwei Regierungsradikale standen. Beide wurden gewählt und unsere französischen Genossen gewinnen damit zwei neue Sitze in der Kommune. Der Erfolg ist um so bedeutungsvoller, da er deutlich zeigt, daß die offizielle Scharfmacherei der Clemencisten gegen unsere Partei bei den Wählern schmählich zusammen- gebrochen ist. Die Wahl in Charolles, wo Cabrot gegen den Sohn des früheren Ministers S a r r i e n gewählt wurde, bedeutet zugleich einen Protest gegen die bei den Radikalen immer mehr um sich greifende Klüngelwirtschaft. Der Erfolg unserer französischen Genossen ist um so freudiger zu begrüßen, als er deutlich beweist, daß die Partei, seitdem sie eine ein- heitliche und energische Klassenpolitik betreibt, trotz aller Hetze der verräterischen Radikalen und trotz der unverständigen Nörgelei der„unabhängigen Sozialisten", immer neues Feld erobert. Italien . Die richtige Antwort. Wir haben in der SonntagZnummer daS reaktionäre Verhalten der Kamnicrmehrheit bei der Debatte über die Maßregelung des Postsekretärs Campanozzi geschildert. Die Wähler haben den Abgeordneten jetzt, wie unS ein Privattelegramm auS Rom meldet, die nötige Zurechtweisung angedeihen lassen. Genosse Campanozzi wurde in Biandrate mit 3041 gegen 2736 Sttnimen, die auf den Kandidaten der Regierung fielen, geivählt. Das ist die richtige Art. einer Regierung die Lust zu Maßregelungen aus- zutreiben._ Die Neuwahlen. Rom . 21, Dezember. Ministerpräsident Giolitti erklärte, daß die W a h l e n im Frühjahr, wahrscheinlich am 9. Mai, statt- finden werden. Die jetzige Kammer würde bis Ende März tagen. Spanien . Fortschritte der Republikaner . Madrid , 21. Dezember. In Valencia siegten die re» publikanischen Kandidaten Azzati und Eervcra, der erste mit 9000, der zweite mit 7600 Stimmen gegen den ministe- riellen Kandidaten, der 6600, und den Karlisten, welcher 6000 Stimmen erhielt. Zahlreiche Häuser der Stadt wurden il l u m t» niert. Mit den Wahlen in Barcelona treten nunmehr 6 neue republikanische Abgeordnete in die Kammer ein. Portugal . Die Ministerkrise. Lissabon , 21. Dezember. Die politische Lage ist äußerst verwickelt. Die Führer der drei monarchistischen Gruppen haben sich dahin verständigt, eine Auflösung des Parlamentes zu ver- hüten. Der Führer der Regeneradores Vilhena hat versprochen, jedes Kabinett zu unterstützen, wie es auch zusammengesetzt sein möge. Weiter sind die Parteiführer damit einverstanden, daß das Parlament dringend die Reform der Verfassung der Polizei beraten müsse. Es ist möglich, daß der frühere francoistische Minister Bas- concellos in das Kabinett eintrirt. England. Das Achtstundengesetz für Bergleute. London , 19. Dezember. Das Oberhaus hat eine wichtige Verschlechterung der Achlstundenvorlage durchgesetzt. Es hat die- jenigen Bestimmungen ausgemerzt, die vom Jahre 1914 den Acht- stundentag einschließlich der Einfahrt festsetzten. DaS Unterhaus nahm diese Verschlechterung auf Anraten der Bergleute an, so daß die Vorlage nunmehr als Gesetz betrachtet werden kann. D er Maximalarbeitstag für Bergleute ist also acht Stunden ausschließlich Ein- und Ausfahrt. Die Bergleute sind der Ansicht, daß es sich nicht lohne, schon jetzt den Kamps zu beginnen, um die Arbeitszeit vom Jahre 1914 an festzulegen. Kommt Zeit, kommt Rat. Eine Erklärung Keir HardieS. London , 19. Dezember.(Eig. Ber.) Im„Labour Leader" vom 18. d. MtS. schreibt Keir Hardts: .. Auf meinen AgitattonStouren finlde ich fortgesetzt, daß An- strengungen gemacht werden, besonders durch NichtMitglieder der Unabhängiger Arbeiterpartei, Uneinigkeit und Verdächtigung unter den Mitgliedern der Unabhängigen Arbeiterpartei und der Arbeiterpartei hervorzurufen. Eine der beliebtesten Methoden dieser Jnttiganten ist es, Andeutungen darüber zu machen, daß irgendein Einverständnis, ein Abkommen oder eine Allianz zwischen der Arbeiterpartei und den Liberalen bestehe. Mit allem Nach- druck, der mir nur zu Gebote steht, erkläre ich diese Behauptung oder diese Insinuation für eine absolute Unwahrheit... So- lange ich noch schreiben oder sprechen kann, würde ich mit meinen Anklagen gegen diejenigen nicht geizen, die eine derartige re- aktionäre Politik einführen wollten."—» Reformen für Indien . London , 19. Dezember.(Eig. Ber.) Lord Morley, der Staatssekretär für Jüdien, hat am 17. d. Mts. in einer Rede im Oberhause die für Indien bestimmten Reformen dargelegt. Vom Standpunkte der indischen Reform- bewegung enthalten die Darlegungen Morleys wenig Erbau- lich es. Sie verdienen indes nichtsdestoweniger unsere Be- achtung, da sie den ersten Schritt zur Heranziehung der Hindu zur Verwaltung ihres Landes bedeuten. Sehen wir, worin diese Reformen bestehen. 1. Die oberste Behörde Indiens ist der von der englischen Regierung er- nannte Vizekönig ober Statthalter. Ihm zur Seite steht der aus. führende Rat oder daS Kabinett, das sich anS sechs der höchsten Be- amten(Minister) und dem Generalkommandierenden zusammen» setzt. Bis jetzt war noch kein Hindu Mitglied des Kabinetts. Nun- mehr soll bei der nächsten Vakanz ein Hindu ins Kabinet eintreten. 2. Dem Kabinett zur Seite steht ein gesetzgebender Rat. Er zählt 24 Mitglieder, wovon 14 Beamte sind. Von den Nichtbeamtcn waren nur 4 Hindu. Von den 24 Mitgliedern waren 19 ernannt, 6 gewählt. Jetzt soll der gesetzgebende Rat aus 64 Mitgliedern be- stehen, wovon 23 gewählt werden sollen. Die Zahl der Hindu soll von 4 auf 26 erhöht werden. Früher fanden dort keine ernsten Debatten über die Gesetzentwürfe und den Etat statt. Jetzt sollen die parlamentarischen Formen mehr beachtet werden: die Mit- glieder dürfen Resoluttonen einbringen, die Etatsposten festsetzen, namentliche Abstimmungen provozieren usw. Die Wähler sind: die Gebildeten, die Grundherren, die Mohammedaner, die Kaufleute und die Gewerbetteibenden. Dies gilt von der Zentralbehörde. Nun kommen Reformen für' die Provinzverwal» tungen. Die gesetzgebenden Kammern der Provinzen sollen aus je 62 Mitgliedern bestehen, davon 28 gewählten. Die Nichtbeamten und Hindu sollen da die Mehrheiten bilden. Die Provinzen haben noch keine Kabinette. Diese sollen aber nach und nach eingeführt werden. Wäre diese Reform vor mehreren Jahren eingeführt worden. so würden sie vielleicht die gemäßigten Reformer befriedigt haben. Jetzt kommen sie ohne Zweifel zu spät. Es werden noch viel radi- kalere Maßnahmen nötig werden, um Indien zu beruhigen. Die Thronrede. London » 21. Dezember. Die Thronrede, mit der der König das Parlament geschlossen hat, besagt: Die Beziehungen zu den aus- wärtigen Mächten seien andauernd freundschaftlich. Im abgelaufenen Jahre sind, heißt es weiter, mit fremden Regierungen verschiedene Uebcreinkommen geschlossen worden, welche durch Beseitigung von Streitpunkten der Befestigung de» Friedens dienen, darunter das Abkommen über die Aufrecht- erhaltung des territorialen Status quo in den Grenzgebieten der Nordsee . Neuerdings haben sich gewisse Ereignisse vollzogen, die darauf berechnet sind, die durch den Berliner Vertrag auf dem Balkan gettoffene Regelung zu stören, aber es ist mit Recht zu hoffen, daß durch weise und versöhnliche Ver- Handlungen eine friedliche Beilegung unter Zu. stimmung der Vertragsmächte erreicht wird. Orkei. Der künftige Präsident. Konstantinopel , 21. Dezember. Die Wahl des Führers der ungtürken Achmed Riza Bch zum Präsidenten de« arlaments gilt als sicher.
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