Einzelbild herunterladen
 

Justkzpflcge gegen die Arbeiterklasse und diejenigen, die ehrlich sind, schwingen lassen? Ter angekündigte Inhalt der Novelle ist ein so ungeheuerlicher, daß erwartet werden mutz, datz schleunigst und rückhaltlos offiziös mitgeteilt wird, ob daö in denLokal-Anzcigcr" gelegte reaktionäre Ei nur von einem besonders reaktionär veranlagten Streber, der die Oeffentlichkeit in besonderen� Motze zu scheuen hat, ausgebrütet oder ob es Gesamtarbcit der Leute im preußischen Justizmini- sterinm und dem Neichsjustizsekretariat istt' Die niMiche Sozialdernoltrafle und der iPannawisnius. In der Debatte, die die russische Duma der Rede Iswolstis folgen ließ, hat die sozialdemokratische Fraktion den Fetisch des Panslawismus, um den sich jetzt die bürger- lichen Parteien Rußlands bis zu den Kadetten scharen, er- barmungslos zerfetzt. Der Sprecher der Sozialdemokraten, Genosse P o k r o w s k i, den die wütendenPatrioten" be- kanntlich nicht ausreden ließen, ging der Lüge, daß das Nuß- land des Zaren allezeit der Schützer der slawischen Völker ge- Wesen sei und sein werde, eine Lüge, die bei der gespannten Lage auf dem Balkan dem Frieden gefährlich ist, mit der- nichtenden Hieben zu Leibe. Er entwarf in knappen Zügen ein Bild der traditionellen Slawcnpolitik der russischen Re- gierung, die stets als«Deckmantel der rohen räuberischen Jnvasions- und Herrscherpolitik" Ruhlairds gedient hat. Er verfolgte die gesamte Orientpolitik Rußlands im 19. Jahr- hundert und wies an der Hand von Beispielen aus der Re- gierungszeit von Alexander I. und Nikolaus I. , Alexander II. und Alexander III. nach, datz die Phrasen über die Blutver- wandtsckkaft und Religionsgemeinschaft der Russen und Balkan - flawen dag offizielle Rußland niemals daran gehindert hätten, das Leben und die Interessen der Slawenstämme den je- Weiligen macchiavelistischen Plänen der russischen Regierung zum Opfer zu bringen. Unter der atemlosen Spannung des ganzen Hauses und der zunehmenden Erregung des Präsi- diums und der Minister verlas er eme Reihe von Dokumenten aus dem 1893 in Berlin erschienenen Werke von Leonow: -Geheimdokumente der russischen Orientpolitik, 1881 bis 1899", aus denen hervorgeht, daß die Agenten der russischen Regie- rung in ihrem direkten Auftrage Tynamitattentate usw. gegen den damaligen Fürsten von Bulgarien inszenierten, der der russischen Regierung unbequem geworden war. Die Wut der russischen Regierungspresse über diese Eick- hüllungen ist unbeschreiblich. Die Osfiziösen wetteifern mit- einander, um das Werk von Leonow als eine Fälschung hinzustellen, die angeblich schon längst aufgedeckt sei. Auf diese Behauptungen sind auch schon die Korrespondenten einiger deutscher Blätter, so auch der desBerliner Tageblattes", hereingefallen. In Wirklichkeit verhält es sich mit diesem Werk wie folgt: Das in Berlin 1893 erschienene Buch ist die Ilebersetzung eines Werkes, das von der bulgarischen Regierung als letztes Mittel im Kampfe gegen die russische Regierung herausge- geben wurde. Sein wirklicher Herausgeber war der da- malige bulgarische Ministerpräsident Stambulow, der in der Folge für diese Tat sein Leben einbüßen mußte, nachdem der am 15. September 1899 mit«Allerhöchster Genehmigung" unternommene Versuch, ihn durch die Hand des Kapitäns Metetelow ermorden zu lassen, mißlungen war. Die Ein- leitung zu diesem Buche war vom bulgarischen Kammerpräsi- deuten Petkow» einem Anhänger Stambulows- ge- schrieben. Das Werk enthält 241 Depeschen. Geheimzirkulare und die geheime Korrespondenz der russischen Konsuln, Agenten usw. in Bulgarien und Rumänien mit der russischen Regie- rung. Die Mehrzahl dieser Dokumente und hierbei die wichtigsten stammten aus der Feder des damaligen russi- fchen Gesandten in Bukarest , Chitrowo. Nach diesen Ent- hüllungen war sein Aufenthalt in den Valkanländern un- möglich geworden: er wurde als Gesandter nach Lissabon ge- schickt. Tie bulgarische Regierung erhielt diese Dokumente vom Dragoman der russischen Gesandtschaft in Bukarest . Jakob- s o h n, zur Zeit da dieser nach der Entfernung aller russischer Konsulen aus Bulgarien im November 1886 bis 1889 das Geheimarchiv der russischen Konsulate aufbewahrte. Im Jahre 1891 strengte die russische, Regierung gegen Jakobsohn, der jetzt von der offiziösen Presse der Fälschung angeschuldigt wird, einen Prozeß an wegen Herausgabe offi- gieller Dokumente! Die bulgarische Negierung weigerte sich, Jakobsohn auszuliefern, und diesem gelang es, nach Australien zu entkommen. Nach den Angaben Petkows und Stambulows kann die Authentizität dieser Dokumente nicht angezweifelt werden. Einige von ihnen wurden bereits im Jahre 1892 im offi- ziellen Organ der bulgarischen Regierung S w o b o d a" und desgleichen in derKölnische n Z t g." und derNeuen Freien Presse" veröffentlicht. Jni Jahre 1994 erschien eine Reihe von Artikeln im Vorwärts", in welchen das wesentlichste aus dem Werke von Leonow wiedergegeben wurde. '.* Während die russische Sozialdemokratie so durch ihren Feldzug gegen die verbrecherische Auslandspolitik des Zaris- mus und gegen den friedengefährdenden Panslawismus der Bourgeoisie dem Frieden dient, getreu den Pflichten, die ihr als Glied der internationalen Sozialdemokratie obliegen, steht der russische Liberalismus völlig im Lager des blödesten Chauvinismus. Der Redner der Kadetten, Miljukow, dieser einstmals revolutionären Partei, blies in der Dumadebatte dieselbe panslawistisch-imperialistische Fanfare wie die Okto- bristen und übte nur an der russischen Politik in Persien eine leise Kritik. Im übrigen lobte er Herrn Jswolski über alle Maßen und erklärte im Namen seiner Fraktion, datz er sich dem Vertrauensvotum der reaktionären Parteien anschlietze! Es patzt zu dieser jämmerlichen Haltung, datz die Kadetten ohne jede Scham für die Ausschlietzung des sozialdemokratischen Redners, des Genossen Pokrowski, eintraten. Der russische Liberalismus ist nicht besser als der deutsche . politifcbe debcrficbt. Berlin , den 29. Dezember 1908. Der Feldzugsplan gegen die Buren. Frankfurt a. M.» 29. Dezember. (Privatdepesche des Vorwärts".) DerDolksstimme" ist ein Schriftstück auf den Tisch geflogen, das eine neue Erklärung gibt zu den: Feld- zngsplan Wilhelm ll. gegen die Buren. In dem Artikel des Daist) Telegraph" war etwas ähnliches gesagt, aber noch nicht das Richtige, und Reichskanzler B ü l o w hat zwar im Reichs- tage erklärt, es handele sich nicht um einen richtigen Feld- zugsplan, sondern es seien nur Aphorismen. Dazu sagt nun die Zuschrift, die derVolksstimmc" zugegangen ist: Herr Bülow hat da nichts Falsches gesagt, aber doch das R i ch t i g e verschwiegen. Es wird dann darauf hingewiesen, datz in den Kasinos der deutschen Offizlere in den verschiedeneil Garnisonen sogenannte Kriegsspiele ver- anstaltet werden, bei denen die Truppenteile, die Batterien usw. mit bunten Stcinchen bezeichnet werden. Die beste Lösung bei einem solchen Spiel wird als Patent- lösung bezeichnet. Eine solche Patentlösung war es nun auch, und zwar eine Patentlösung des Großen Generalstabes, die Wilhelm II. als Feldzugsplan mit eigenhändigen Randbemerkungen per» sehen oder wie Bülow gesagt hat, mitAphorismen", nach England geschickt hat. Der Große Generalstab also hat zur Zeit des Burenkrieges ein Kriegsspiel veranstaltet und die beste damalige Lösung ist der Feldzugsplan, den Wilhelm II. feiner Großmutter geschickt hat._ Ein Zentralverband der deutschen Richter. Die Richter und StaatZanwälie waren in Deutschland bisher nur in Landesvereinen organisiert. Jetzt haben sie sich eine Zentralorganisation geschaffen, die unter dem Namen Deutscher Richterbund am 1. Januar k. I. ins Leben treten wird. Dieser neuen gewerkschaftlichen Organisation gehören bis jetzt etwa 3<X1Y Richter und Staatsanwälte an. Sie erstreben in ihrem Ver- band: Förderung der Rechtspflege und der Berufsangelegenheiten; zu den letzteren gehören natürlich auch Fragen materieller Natur. Allerdings dürfte ein Streik der Richter oder der Staatsanwälte, der dann von der Organisation zu unterstützen wäre, kaum zu bc- fürchten sein. Ob aber wenigstens künftig organisierte Richter und Staatsanwälte einen organisierten Arbeiter, der als An- geklagter von ihnen steht vielleicht wegen Verrufserklärung, mit anderen Augen ansehen werden, als sie das bisher gewohnt waren? Die Herren des Staates. In derDeutschen Tageszeitung' regt sich ein Agrarier über mangelhasteS Entgegenkommen der preußischen Eisenbahnverwaltung auf. Er beschwerte sich nämlich bei der Eisenbahndirektion darüber, datz die Eiseiibahnmeisterei Kinderseiner OrtSarmen", denen er Wohnung usw. gewähre, wider seinen Willen als Arbeiter bei der Bahn beschäftige. Er führte der Direktion gegenüber auS, er sei gegen dieses Ver- fahren zunächst bei der Eisenbahnmeisterei vorstellig geworden, habe aber die Antwort erhalten, die Eisenbahnmeisterei habe so viel Arbeiten zu leisten, daß sie die Arbeiter nehmen müsse, gleichviel. wo sie sie finde. Die Eisenbahndirektion beantwortete die Be- schwerde hierüber mit der Erklärung: Der Eintritt in den Eisenbahndienst kann den Leuten ohne Beschränkung derFreizügigkeit nicht verwehrt werden, zumal, wenn sie zur Aufrechterhaltung eines ordnungsmäßigen Betriebes erforderlich sind." Diese verständige und korrekte Antwort findet das Agrarierblatt nicht rücksichtsvoll genug. Sie ruft deshalb den Eisenbahnministcr an. daß er die heiligen Interessen des AgrariSmus besser berück- sichtige._ Hollos Nachfolger? Da die Rückkehr des Kultusministers Dr. Holle in fein Amt als ausgeschlossen gelten tann, beginnen spetnlative Köpfe sich mit der Frage zu beschäftigen, wer sein Nachfolger werden dürfte, ob- gleich es sicherlich ganz nebensächlich ist, od der zukünftige Minister Schwartzkopff, Müller oder Meyer heißen wird; denn unter allen Umständen wird er im bisherigen Gleise weiterwursteln. Nach der«Berl. Universal-Korr." soll der Handelsminister Delbrück den eigenartigen Ehrgeiz besitzen, Kultusminister werden zu wollen; denn in einem Zirkel polnischer Freunde habe er erst türzlich die Aeußerung fallen lassen, er sei sich der Schwierig- keilen bewußt, die die Uebernohme des Kultusministeriums mit sich bringe, doch würde er keinen Moment zögern, das Kultusministerrum zu übernehmen, falls die Wahl ihn träfe. Doch entweder hat Herr Delbrück nicht diesen sonderbaren Ehrgeiz, oder er will ihn vorläufig noch nicht eingestehen; denn im Berl. Tagebl." läßt cr erklären, daß die Meldung der genannten Korrespondenz von Ansang bis zum Ende erfunden sei Die ihm zugeschriebene Aeußerung habe er nicht getan, an die Uebernahme des Kultusministeriums noch keinen Augenblick gedacht und isber- Haupt keinen herzlicheren Wunsch, als fern Ressort zu behalten. Zur Wahlrechtsreforui in Oldenburg . Nachdem der Landtag die Aenderung des StaatSgrundgesetzeS in erster und zweiter Lesung beschlossen hat, wonach anstatt der indirekten die direkte Wahl eingeführt werden soll, ist dieser Beschluß nur noch abhängig von der Annahme des Wahlgesetzes. dessen Beratung nach Neujahr bevorsteht. Bekanntlich versuchen die Agrarier, das direkte Wahlrecht mit dem Mehr- st i m m e n r e ch t zu verbinden, um so ein dauerndes lieber- gewicht des Besitzes, eines höheren Einkommens und der seßhaften Bevölkerung gegenüber der industriellen Bevölkerung mehr noch zu erzielen, als eS tatsächlich schon durch die Klausel der drei- jährigen Wartezeit geschehen wird. Inzwischen ist nun der Mehrheitsbericht des VcrwaltungSauSschusses. der sich gegen die Pluralwahlrechtsanträge ausspricht, fertiggestellt. Dieser Be- richt behandelt im übrigen die gesamten, im Ausschüsse zum Wohl- gesetze gestellten Anträge und gibt deshalb einen interessanten Ein- blick in den Stand der Wahlreform. Obwohl der Landlag in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten beschlossen hat. von einer Ver- teilung des Berichtes bis zur Fertigstellung des Minderheits- bcrichtes abzusehen, sind wir dennoch in der Lage, das wesentliche aus dem Berichte über das Wahlgesetz der Oeffentlichkeit zu unter- breitem Das eine kann dabei vorweg mit Sicherheit gesagt werden: Die Aussichten auf eine wirklich demokratische Gestaltung des Landtagswahlrechtes in Oldenburg sind schlechter als je zuvor. Es sind drei Konstellationen vorhanden: Ten Agrariern und Z e n t r u m S a b g e o r d n e te n ist der Re- gierungsentwurf bereits viel zu radikal. Sie wollen dis Wirkung der direkten Wahl möglichst unterbinden durch größere BeVorrecht ung von Besitz und Einkommen und das Wahlgesetz zu einem Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie gestalten. Ten Sozialdemokraten geht der Regierungs - entwarf nicht weit genug. Die im Wahlgesetzentwurf vorgesehene Wa-Hlkreisgeomekrie lZweimännerwahlkreise) wird für sie unan- nehmbar sein. Sie hat deshalb in 2. Lesung bereits gegen die Aenderung des StaatsgrundgesctzeS. das neben der direkten Wahl die dreijährige Wartezeit und fünfjährige Legislatur vorgesehen hat, gestimmt, um sich nicht den Weg für eine freiere Gestaltung des Wahlgesetzes zu verbarrikadieren. Die Liberalen schließ- sich, die zunächst auch mit dem Entwürfe in mancherlei Richtung nicht zufrieden sind, werden in letzter Linie, d. h. in zweiter Lesung, falls die Regierung den Abänderungsanträgen gegenüber sich ablehnend verhält, mit dem RegierungSentwurse stehen und fallen. Die zweite Lesung wird dann den entscheidenden Kampf bringen: Entweder die PluralwahlrechtS- freunde fast die Hälfte deS Landtages beharren auf ihren Anträgen und stimmen gegen das ganze Gesetz, dann fällt damit die Wahlreform überhaupt, oder die Pluralwahlrechtsanträge finden bis zu einem Teile das Ohr der Regierung, und daS direkte Wahlrecht wird zu einem Plural» und Geldsackswahl» recht, oder aber cS entsteht die dritte Möglichkeit, die dis meiste Wahrscheinlichkeit für sich hat: Der Regie rungSentwurf mit seinen Zw ei männer Wahlkreisen und einer ganz u n- gerechten W a h l k r e i S g e o m e t r i e vereinigt eine Mehrheit auf sich. Zwar ist nicht ganz die Möglicbkeit ausgeschlossen, daß die Regierung dem Antrage auf Einzelwahltreise entspricht, da sie in: Ausschusse keine direkt ablehnende Haltung eingenommen hat. Bct der vom Ausschüsse vorgeschlagenen Einzelwahlkreisgeoinetrie würde die Sozialdemokratie,.da industrielle Bezirke nicht mtt ländlichen allzu sehr verquickt worden sind, nicht allzu schlecht abschneiden. Auch der Beibehaltung der bisherigen Gruppenwahl und Verhält- niswahl, wie sie der sozialdemokratische Abgeordnete Schulz'mit noch fünf anderen?lusschutzmitgliedern beantragt hat, steht die Regierung nicht völlig ablehnend gegenüber. Dieses System wäre aber zweifellos speziell für die.oldenburgischen Verhältnisse mit seinen durcheinander laufenden städtischen und ländlichen Interessen das allergerechtcste. Jedoch ist bis zur 2. Lesung ein langer Weg, und die reaktionäre Haltung der Agrarier und Zentrumsabgeord- neten auf der einen und die Rückgratlosigkeit der Liberalen auf der anderen Seite wird leider dafür sorgen, daß bei der ganzen Wahl- rechtsbrodelei keine anständige Reform des staatsbürgerlichen Rechtes herauskommen wird. Ein Blick in den AusschNßbericht jätzi das ohne weiteres ahnen. Zwar will die Mehrheit nach dem Berichte an dem gleichen Wahlrecht festhalten. Sie versteht aber darunter ausschließlich das Wahlrecht für die Männer. Für die Forde- rung, auch den Frauen das Wahlrecht zu geben, tritt bloß dex sozial« demokratische?lbgeordnete Schulz ein. Er fand damit bei den Liberalen keine Unterstützung; ebensowenig für die Herab- fetzung der Wahlrechtsgrenze von 25 auf 2l Jahre und für die Herabsetzung der Wartezeit von drei Jahre auf ein Jahr. Es bleibt auch beim Verluste des Wahlrechtes für Perionen, die sich im Konkurse befinden oder Armenunterstützung beziehen Das Schick- sal dieser Anträge im Plenum steht sonach fest. Für die Verhalt- niswahl erklärten sich außer den Sozialdemokraten bloß 5 liberale Abgeordnete. Der Abgeordnete Sckmlz(Soz.) beantragte, alle 20 Jahre eine Neueinteilung der Wahlkreise vorzunehmen, drang aber damit nicht durch. Von bürgerlufcr Seite war die Abschaffung der Kuvertwahl beantragt worden, diesem Antrag gegenüber stand ein Antrag des Sozialdemokraten, zur größeren Sicherung des Wahlgeheimnisses einheitliche Wahlurnen zu beschaffen. Beide Anträge fanden keine Mehrheit; ebenso nicht der sozialdenw- klatiscbe Antrag aus Vornahme der Wahlen an einem Ruhetage. TaL sind die wesentlichsten Anträge aus dem Bericht über das Wahlgesetz._ Steuerverweigernde Agrarier. Eine Massenklage gegen das Oldenburgische Staaisministerium haben LM Grundbesitzer im Fürstentum Lübeck angestrengt. Sie wollen sich beim Bundesrat wegen Verletzung des Art. 77 der Reichsversassung durch die Oldenourgische Staatsregierung(Justiz- Verweigerung und Justizhemmung) beschweren. Die Gutsbesitzer gehören einem Landstrich an, der von Preußen seinerzeit an Olden- bürg abgetreten wurde, und der Grund des Streites liegt darin, datz von ihnen noch alte Steuern nach dänischem Recht erhoben werden, die in Preußen längst abgeschafft sind. Eine Versammlung der Grundbesitzer beschloß einstimmig, die zu Neujahr fälligen, alten dänischen Abgaben nicht weiter zu bezahlen. Zu spät! Der Reichstags- Abgeordnete Held hat sein Mandat für den Wahlkreis 6 Hannover niedergelegt. Es hat sehr lange gedauert, bis Held sein Mandat nieder- gelegt hat. Bereits im Oktober 190?-wurde ihm vom Ge- richt bescheinigt, daß er sich unsauberer Geschäfts- Manipulationen und eines Erpressungsversuch' schuldig gemacht habe. Erst jetzt, nachdem ihm seine ehren- rührigen Handlungen erneut gerichtlich testiert worden sind, leistet er Verzicht aus das längst verwsi-rre Maiwall Es wird nun zu einer Neuwahl in seinem Wahlkreise, dem sechsten hannoverschen(Verden-Hoya-Shke-Achim) zu schreiten sein. Dieser Kreis ist lange Jahre(von 1881 bis 1892) durch den Welsen Baron v. A r n 2 w a l d t. der sich dem Zentrum anschloß, vertreten gewesen. DaS Wclfentum ist nun in dem Kreise stark zurückgegangen. Dagegen ist die Sozial- demokratio langsam aber stetig gewachsen. Sie hat bei der Stichwahl 1993 mit den Welsen gemeinschast- liche Sache gemacht, ohne jedoch einen Erfolg zu erreichen. Bei der Hottentottenwahl wurde der nationalliberale Ab geordnete glatt mit ansehnlicher Majorität gewählt. Bedingte Begnadigung in Bayern . Das bayerische Justizministerium hat in einem Erlaffe An- Weisungen darüber gegeben, in welchen Fällen die Gerichte ans bedingte Begnadigung erkennen können. Die Stellung eines An­trages auf Bewilligung einer Bewährungsfrist ist nach diesem Erlas; dann in Erwägung zu ziehen: 1. wenn der Verurteilte zur Zeit der Tat das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, oder 2. wenn aus besonderen Gründen dem Ansporn zu guter Führung der Vorzug vor der Strafvollstreckung zu geben ist. so insbesondere, wenn die Tat nach ihren Umständen eine mildere Beurteilung zu- läßt, zum Beispiel wenn sie weniger aus verbrecherischer Neigung als aus Leichtsinn, Unbesonnenheit, Mangel an Erfahrung. Nct oder infolge von Verführung begangen worden ist. wenn der Ver- urteilte früher keine oder nur geringe Bestrafungen erlitten hat, wenn er ein Geständnis abgelegt oder den verursachten Schaden wieder gutzumacl�n suchte, oder wenn die Vollstreckung der Strafe die wirtschaftliche Existenz des Verurteilten oder seiner Familie gefährden oder die Möglichkeit seines späteren Einlommeui, in Frage stellen würde._ Es wird weiter gemahregelt. Der badische Oberschulrat erhebt nun im Karle- ruher Regierungsorgan seine drohende Stimme auch gegen den Vorstand des Badischen Lehrervereins. Letzterer konnte bekanntlich in der Dortmunder Rede seines zweiten Obmanncs Rödel keine Verletzung der Standespflichten erkennen und sprach deshalb wegen der Disziplinierung das tiefe Bedauern und dem Vorkämpfer daS une-rsckütterliche Vertrauen aus. Darauf der Oberschulrat: Der Vorstand des Lehrervereins wird gerügt, weil er daS dienstpolizeiliche Erkenntnis kritisiert und sich durch Einmischung in ein noch nicht abgeschlossenes Disziplinar- verfahren einer unerlaubten Bemängelung einer behördlichen Entschließung schuldig machte. Also: Magister taeeat in re publica, der Lehrer Badens darf an einem OberschulraiSerloß keine Kritik üben, nicht einmal dann, wenn die privat- und staatsrechtlichen Interessen seines ganzen Standes dabei in Betracht kommen! Das ist die konsequente Aus- dchnung des Grundsatzes, den auch der Minister mit bezug auf die politische Gesinnung der badischen Staatsbeamten proklamierte, die eine ihm verhaßte Gesinnung wohl haben, aber nicht äußern dürfen! Jeder badiscbe Staatsbeamte müßte fernerhin alle Re- gierungsmaßnahmen mit Stillschweigen behandeln, wenn er sich nicht durch eine Kritik in Gefahr bringen will. Zur Beruhigung der Diener des Staates ging jetzt ein großer Ordensregen her- unter, auch eines Demokratenführers Knopfloch ist davon betroffen. IRückgang der Sparkasseneinlagen. Wie die Ergebnisse der preußischen Sparkassenstatistik 1907 zeigen, waren sie nicht nur ungünstiger al" die de? Vorjahre?, son- dem auch die ungünstigsten der letzten Jahre überhaupt. Während die Neueinlagen im Jahre 1906 2264.99 Millionen Mark ausmachten, die Rückzahlungen aber nur 2021.16 Millionen betrugen, sind im Jahre 1907 die Neueinlagen zwar auf 2347,10 Millionen gestiegen, aber auch die Rückzahlungen haben eine erhöhte Summe, nämlich