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f,m. aM** t Keilllge desVomarls" Kttliacr NolllsblM. lkziieoeleml vor dem ClnztlrkMer. I. «ebertretungen kann der ümisrichtcr im Falle der Borführung deS Beschuldigten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ohne Zuziehung von Schöffen nach§ Sil Str�Pr.-O. aburteilen, wenn der Beschuldigte nur wegen uebertretung verfolgt wird und die ihm zur Last gelegte Tat eingesteht. Diese Berhandlunaen er- folgen in Berlin   in den GerichtZräumen am Alexanderplah. Sie entrollen ein Bild des Jammers und Elends. Betrachten wir solche Verhandlungen etwas genauer. Wann liegt«ine Uebertretung vor? Das Strafgesetzbuch zählt eine Unmenge solcher in den ßs 330 370 auf. Daneben gibt es eine Unzahl von Uebertretungen, die durch Zuwiderhandlungen gegen Polizeiverordnungen begangen werden. Eine Uebertretung begeht z. B. jemand, der keine Wohnung kriegen kann, obschon ihm von der Behörde dringend empfohlen lvorden, sich eine Wohnung zu verschaffen. Uebertretung ist es. wenn einer auf der Straße seine Notdurst verrichtet. Uebertretung. wenn einer in den Anlagen nächtigt.... Zweifelt hiernach noch jemand, daß es auch Uebcr. tretung fei. wenn einer bettelt? Und ob das Uebertretung ist! Desselbigen gleichen auch, wenn ein« sogenannte Prostituierte sich in einen Hausflur stellt. Oder wenn sie sich umsieht. Oder mit einer Kollegin spricht. Dieses alles wird bitter an ihr gerochen. Denn es ist unsittlich, den Hansflur zu betreten; unsittlich, sich umzudrehen; unsittlich, mit seinesgleichen zu rede». Jene scheußlichen Verbrecher, oie sich der erwähnten Untaten schuldig gemacht haben, werden alltäglich zu vielen Dutzenden auf- gebracht und vor einen Einzelrichter des Amtsgerichts Berlin-Mitte geschleppt. Der Leser glaube ja nicht, daß sie hier so billig davon- kommen, wie jene Studenten, die einen Schutzmann als Eckstein behandeln(in Halle blüht diese schöne Hundesitte) oder das-Auge des Gesetzes blutig schlagen. Denn solcherlei Späße erheischen bloß geringe Gcldsühne. Anders, wenn ein Proletarier um ein Brödchen bettelt! Der Einzelrichter kann sechs Wochen Haft für solche Uebertretung zuerkennen. Nicht daß er immer gleich so streng wäre? Er sagt vielleicht erst: Sie haben um ein Brötcben ge- bettelt. Strafe: kl, 10, 20, 1S0 M. Du lachst, Prolet, und zeigst ihm Deine leere Taschen. Hierauf lacht er gleichfalls und bemerkt: Also Saft zwischen einem Tag und sechs Wochen. Er meinte es gut mit dem Angeklagten. Aber wenn er nicht bezahlen kann... Ob dem Einzelrichter nicht wenigstens ein M a s s e n v e r» teidiger gegenübersteht? Keineswegs. Mögen sich die Ueber- treter selber verteidigen! Oft zwar sind sie so heruntergekommen. daß sie kaum die Fragen des Richters verstehen, geschweige denn richtig daraus antworten können. Dann greift allenfalls der gut- mutige Gerichtsdiener ein, wenn der Richter das Mißverständnis nicht bemerkt und an der Sache vorbeiredet. Aber ein Amtsanwalt ist da! Ein QmtLanwalt? Sollte es nicht ein Automat sein? Ein menschlich geformter Phonograph? Denn er ist ganz auf zweiStücke" gestellt. TaS erste heißt:Mit Rücksicht auf dre Vorstrafen beantrag« ich vier Wochen Haft. Oder so. Die Zahl ist auswechselbar und schwankt zwischen einS und sechs. Manchmal wird auch eine Platte eingelegt:3 Tage". Manchmal auch:.Ohne Antrag". Dies das eine Stück. Das andere aber ist dem gleich. ES heißt:»Verzichte". Der Amts» anwalt pflegt nämlich auf weiteres zu verzichten, wenn der Richter die Strafe verändert hat. Der Richter mildert sie meistens um etwa ein Drittel herab. Denn der Amtsanwalt ist«in kleiner Staatsanwalt. Der Staatsanwalt aber lebt nach dem Grundsatze: vi« mehr ich fordere, desto mehr kriegt er. Soll also einer zwei Jahre kriegen, so wird ein erfahrener Staatsanwalt mindestens drei Jahre beantragen. ... Wenn der Zuhörer eine Reihe von Fällen mitangehört hat. so klingt ihm allmählich das.Berzichle" deS Amtsanwalts ganz wunderlich in den Ohren. Vielleicht schleift sich das Wort auch im Munde des Sprechers ab. Kurz, es verfärbt sich wird zu einemAoazichtc", dann zuBoazichle",Voazichlig..., und schließlich klingt es hinter dem Urteil des Richters her wie ein glucksendesVorzüglich". Der Leser soll aber ja nicht denken, die Uebertreter seien ganz wehrlos! Jeder Uebertreter hat das Recht, seine Strafe , ncht anzunehmen. Himmlisch, nicht wahr? So ein Subjekt sagt ganz patzig dem Richter ins Antlitz:»Ich nehme die Strafe nicht an." Der Leser denkt: Da, jetzt steckt man ihn gleich wegen Ungebühr ein. Mit Nichten! Der Richter lächelt verbindlich und teilt mit, daß sich nunmehr das Schöffengericht mit der Sache befassen werde.... Der Verbrecher(meint der Leser) geht trutzig nach Hause? I Gott bewahre! Er ivohnt ja nicht in Liebenberg. Und außerdem ist die Güte des Staates unerschöpflich; er sorgt dafür, daß der Sünder bis zur Verhandlung vor dem Schöffengericht habe, wo er sein Haupt hinlege und womit er seinen Bauch fülle: er nimmt den Angeschuldigten in eine Unter- suchungshaft, die durch keinerlei Lharit6behandlung oder Automobil- ausflöge verschärft wird, wie man sie wohl meineidigen Hundert- undfünsundsiebzigern zuteil werden läßt. Die Untersuchungshaft dauert etwa zwei, oft auch mehr Wochen. Was Wunder, daß selten einer erklärt, er nehme seine Strafe nicht cm! Resigniert geht er lieber gleich ins Loch. Und Richter und bürgerliche Gesell- schast halten sich über denMangel an Energie" bei den armen Ludern auf, die ihnen zum Opfer fallen, kleines femUetem. Goethe in Messina   nach dem Erdbeben von 1783. Die furcht- bare Katastrophe, die jetzt die unglücklich« Stadt Messina   fast völlig zerstört hat, weckt die Erinnerung an die große Erdbebenkatastrophe vom Jahre 1783, die damals Messina   zur Hälfte vernichtete. Als Goethe auf seiner sizilianischen Reise in Messina   eintraf, starrten ihm überall die grausigen Folgen der Elementarkatastrophe cnt- gegen, und in seiner italienischen Reise hat er den Eindruck dieses zerstörten MrssinaS festgehalten. Er hatte die erste Nacht im Quartier des Vetturins(Fuhrmanns) zugebracht und plante, sich am Morgen nach einem besseren Quartier umzusehen.Dieser Entschluß gab uns gleich beim Eintritt den fürchterlichen Begriff einer zerstörten Stadt, denn wir ritten eine Viertelstunde lang an Trümmern nach Trümmern vorbei, che wir zur Herberge kamen, die, im ganzen Revier allein wieder ausgebaut, aus den Fenstern des oberen Stocks nur eine zackige Ruinenlvüste über- sehen lieh. Außer dem Bezirk dieses Gehöftes spürte man weder Mensch noch Tier; es war nachts eine furchtbare Stille. Die Türen ließen sich weder verschließen noch verriegeln; auf mensch- liche Gäste war man hier so wenig eingerichtet als in ähnlichen Pfcrdewohnungen; und doch schliefen mir ruhig ans einer Matratze, welche der dienstfertige Vetturin dem Wirte unter dem Leibe weg- geschwatzt hatte." Roch waren die zerstörten Bauten nickst wieder errichtet, und das eigentliche Leben spielte sich außerhalb der Stadl ab.Nach- dem ungeheuren Unglück, das Messina   betraf," so schreibt Goethe am 11. Mai,blieb, nach 12 000 umgekommenen Einwohnern, für die übrigen dreißigtausend keine Wohnung: die meisten Gebäude waren niedergestürzt, die zerrissenen Mauern der übriasn gaben einen unsicheren Aufenthalt. Man errichtete daher viligst im Norden von Messina  , auf einer großen Wiese, eine Bretterstadt; alle Kramläden und Werkstätten sind gegen die Straße geöffnet, vieles ereignet sich außerhalb. Daher sind nur wenig größere Gebäude, aucg nicht sonderlich gegen das Oeffenlliche ver- schlössen, indem die Bewohner manche Zeit unter freiem Himmel zubringen. So wohnen sie nun sckion drei Jahre, und diese Buden-, Hutten-, ja Zcltwirtschgft hat auf den Charakter der Einwohner entschiedenen Einfluß. Das Entsetzen über jenes ungeheure Er- eignis, die Furcht vor einem ähnlichen treibt sie, der Freuden des Augenblicks mit gutmütigem Frohsinn zu genießen. Die Sorge vor neuem Unheil ward am 21. April, also ungefähr vor ztoanzig Tagen, erneuert: ein merklicher Erdstoß erschütterte den Boden abermals. Man zeigte unS eine kleine Kirche, wo eine Rasse Menschen, gerade in dem Augenblick zusammengedrängt, diese Er- Ickmtterung empfanden. Einige Personen, die dann gewesen, schienen sich von ihrem Sckjrecken-noch nicht erholt zu haben." In Begleitung eines sreundlichen Konsuls durchschreitet Goethe   dann die»Trümmerwüste" und beobachtet das Treiben der Sizilianer» die mit grotesken Lustbarkeiten die Erinnerung an die furchtbare Heimsuchung zu betäuben trachten, oder er besucht unter der Führung eines Einheimischen die improvisierten Wohnstatteu, mit Brettern beschlagene und gedeckt« Hütten, die auf Goethe in ihrer rplwmtilHw Lmrthkit clasa Eindruck machen»völlig wie der jener StZdtverordneteii- Versammlung. 27. Sitzung vom Mittwoch, den 30. Dezember 1008, nachmittags 0 Uhr. Der Vorsteher M i ch e l c t eröffnet die Sitzung nach 5Va Uhr und veranlaßt zunächst die Einführung des neugewählten Stadt- verordneten Dr. M u g d a n. In seiner Ansprache weist der Vor- steher auf den beispiellos heftigen Wahlkampf hin, der zu diesem Resultat geführt hat, und hebt hervor, daß angesichts der ein- gegangenen Proteste die Gültigkeit der Wahl noch der Prüfung durch den Wahlprüfungsausschuß jind der Bestätigung durch die Versammlung bedarf. Ter neue Stadtverordnete wird darauf auf die Städteordnung verpflichtet. Drei neue Ausschüsse sind gewählt und haben sich konstituiert. In demjenigen für die Vorberatung der Vorlage wegen neuer und erhöhter Zuwendungen an gemeinnützige Anstalten,'Vereine und dergleichen ist die sozialdemokratische Fraktion durch die Etadtver- ordneten Singer, Stadthagcn und Wurm vertreten. In Worten lvärmster Teilnahme gedenkt der Vorsteher des erschütternden Unglücks, welches das italienische Land und die uns eng befreundete italienische Nation durch das furchtbare Erd- und Seebeben betroffen hat, wodurch aus Sizilien und in Calabrien   blühende Gemeinwesen und Tausende von Menschen- leben vernichtet worden sind. Er stellt dem Magistrat unter all- gemeinem Beifall der Versammlung anHeim, von dieser Sympathie- kundgebung der Vertretung der Bürgerschaft der italienischen Re- gierung durch Bermittclung deS Botschafters Kenntnis zu geben, mit vollen Händen sei man bereit, dem Freunde in dar Not zu geben, was er aus der Hand des Freundes erwarten dürfe. Für den ausgescbiedenen Stadtv. Fähndrich haben Ersatzwahlen stattzufinden. Gewählt werden in die Grunoeigentumsdeputation Sladtv. Runge, in die StvaßenreinigungSdeputation Stadwer» ordneter Dr. Tröpfle, in das Kuratorium der Neichenheim. Stiftung Stadtv. Groncwaldt. Die Ersatzwahl in die Irren» pflegedeputaiion wird auf die nächste Sitzung verschoben. Um 6 Uhr findet die Wohl eines besoldeten Stadt» ratL(mi Stelle des ausscheidenden Herrn Geheimrat   Friede!) statt. Gewählt wird Stadtrat D ü r i n g» Bromberg   mit 60 von III Stimmen; Magistratsrat Hamburger erhält 35, Magistratsrat Frantz 16 Stinunen. Die Petition des Schankwirts Michael DemkieS, Choriner Straße 28, um Gewährung einer Unfallentschädi­gung für seinen in der 63. Gemeindeschule von einem Mitschüler verletzten Sohn beantragt der PetitionSausschuß dem Magistrat mit der Einschränkung zur Berücksichtigung zu überweisen, dem Petenten zwar keine Unsallrente, aber auS Billigkeit eine ein- m a l i g e Entschädigung zu gewähren. Referent deS Aus- schusseS ist der Stadtv. Leid(Soz.). Stadtv. Mommsen(Fr. Fr.): Wir haben nur ein formelles Bedenken gegen den Ausschußantrag. Im Protokoll heißt es, der Jnstanzenzug sei nicht erschöpft, da der Petent sich nicht an den Magistrat gewendet habe. Wir können dem Antrag nur zu» stimmen, wenn der Jnstanzenzug erschöpft ist.(Pause.) Da sich vom Magistrat niemand meldet, möchte ich bei der Wichtigkeit der Frage die Absetzung der Angelegenheit beantragen. Meßbuden, wo man wilde Tiere oder sonstige Abenteuer für Geld sehen läßt." Das prächtige Wetter und der helle Sonnenschein läßt die Spuren des Unheils nur um so schärfer hervortreten, und für Goethe bleibt die verwüstete Stadt das»unselige Messina  ". Die prachtvolle halbrunde Palazzata mit ihren alten schönen Pa» lasten war so gut wie zerstört.»Einzig unangenehm ist der An- blick der sogenannten Palazzata, einer sichelförmigen Reihe von wahrhaften Palästen, die, wohl in der Länge einer Biertelstunde. die Reede einschließen und bezeichnen. Alles waren steinerne, vier- stöckige Gebäude, von welchen mehrere Vorderseiten bis aufs Haupt- gcsims noch völlig stehen,-andere bis auf den dritten, zweiten, ersten Stock heruntergebrochcn sind, so daß die ehemalige Pracht- reihe nun aufs widerlichste zahnlückig erscheint und auch durch- löchert; denn der blaue Himmel schaut beinahe durch alle Fenster. Die inneren eigentlichen Wohnungen sind sämtlich zusammen- gestürzt. An diesem seltsamen Phänomen ist Ursache, daß. nach der von den Reichen begonnenen architektonischen Prachtanlage, weniger begüterte Nachbarn, mit dem Scheine wetteifernd, ihre alten, aus größeren und kleineren Flußgeschieben und vielem Kalk zusammengekneteten Häuser hinter neuen, aus Owa-derstücken auf­geführten Vorderseiten versteckten. Jenes an sich schon unsichere Gefüge mußte, von der ungeheuren Erschütterung aufgelöst und zerbröckelt, zusammenstürzen; wie man denn unter manchen bei so großem Unglück vorgekommenen wunderbaren Rettungen auch fol- gendes erzählt: der Bewohner eines solchen Gebäudes sei im urchtbaren Augenblick gerade in die Mauervertiefung eines Fensters getreten, das Haus aber hinter ihm völlig zusammen- gestürzt; und so habe cr. in der Höhe gerettet, den Augenblick leiner Befreiung aus diesem luftigen Kerker beruhigt abgewartet. Daß jene aus Mangel naher Bruchsteine so schlechte Bauart Haupt- sächlich schuld an dem völligen Ruin der Stadt gewesen, zeigt die Beharrlichkeit solider Gebäude. Der Jesuiten Kollegium unv Kirche, von tüchtigen Quadern aufgeführt, stehen noch unverletzt in ihrer anfänglichen Tüchtigkeit. Dem fei aber, wie ihm wolle, MessinaS Anblick ist äußerst verdrießlich und erinnert an die Ur- zeiten, wo Sikancr und Sikuler diesen unruhigen Erdboden ver- ließen und die westliche Küste Siziliens   bebauten." Die Wirkung von Erdbeben aus den menschlichen Organismus ist. wie Geheimrat Branco in seiner Berliner   Rektoraisrede über Wirkungen und Ursachen der Erdbeben"(1002) ausführt, eine höchst cigeniüinlichc. In Kalabriep hatten 1783 die Erschütterungen, wie v. Salis auf Grund der von ihm an Ort und Stelle gemachten Erhebungen sagt,fast auf alle Menschen die Wirkung, daß sie Ucbelkciten fühlen und starke Neigung zum Brechen hatten. Man fand sich dabei so übel, daß man innerhalb LI Stunden zu nichts tauglich war." Doch setzt cr einschränkend hinzu: Das geschah aber in hohem Grade doch nur bei den stärksten Stößen. Wie überaus schnell das Gefühl der Seekrankheit bei Erdbeben sich einstellen kann, zeigt der Bericht eines Augenzeugen des Erdbebens von Mendoza in Peru   1885, welcher bereits bei dem dritten Stoße von dem Ucbel ergriffen wurde. I. Schmidt schildert die Wirkungen der mehr als drei Jahre währenden Bebenzeit in PhokiS   auf die Menschen, während welcher etwa Vj vi Millionen Erdbeben, Phänomen sich vollzogen. Er weist auf die zahlreichen Nerven» Stadt. Leid(Berichterstatter): Es ist eine Entscheidung den städtischen Schuldeputation ergangen, und der Ausschutz hat gemein.. daß das als eine Entscheidung des Magistrats anzusehen sei. Der Magistratsvertreter hat allerdings erklärt, diese Verfügung sn m Dezernatswege ergangen; der Ausschuß blieb aber bei seiner "Stadtv. Easscl(A. L.) bittet den Kollegen Mommsen. seine Bedenken zurückzustellen. Der Ausschußantrag wird hieraus angenommen._ Die Petition des Eigentümers Eduard U h l i g um Erlag der Umsatzsteuer für das Grundstück Alt-Moabit 73 will der Petitionsauöschuß, Referent Stadtv. Dr. P r c u ß(sos.-fortschr.), dem Magistrat insoweit zur Berücksichtigung überwiesen wissen. daß der Betrag der ausgefallenen Hypothek(175 000 M.) von den» der Besteuerung zugrunde liegenden Kaufpreis(703000 M.) ab- "��"r �Referent weist darauf hin. daß die neue, von d« Stadt Berlin   beschlossene Umsatzsteuerordnuug noch jetzt nach Jahren nicht genehmigt worden ist und empfiehlt dem Magistrat, doch einmal gehörigen Orts deswegen nachzufragen. Diese-srage spiele auch in der Behandlung der Petition mit. Stadtv. Zylicz(Ä. L.) bekämpft den Ausschußcmtrag. Ter Hypothekerwerber hätte beim Erwerbe wissen müssen, was er tat; Bedürftigkeit liege auch nicht vor. Stadtv. Diihrenfurtl,(fr. Fr.) äußert sich in gleichem Sinne, ebenso die Stadtvv. Habcrland und Galland(A. L.). Stadtv. Cassel gibt auch hier seinem Erstaunen Ausdruck, daß der Magistrat in einer so wichtigen Frage nicht vertreten ist und spricht die Hoffnung aus, daß er wenigstens nachträglich die steno  - graphischen Berichte über die Verhandlungen lesen möchte. Stadtv. Solmit?(fr. Fr.): Im Ausschuß hat der Magistrate- Vertreter zugegeben, daß die neue Fassung der Umsatzsteucrordnunz auf diesen Fall Anwendung finden würde._ Im Gegensatz zum Plusschußantrag wird über die Petition zur Tagesordnung übergegangen. Vom Stadtv. Ladewig(A. L.) ist mit Unterstützung der Mtcn Linken am t5. Dezember der Antrag eingebracht worden, den Magistrat zu ersuchen, schleunigst ein Projekt bezüglich Er« b a u u n g einer Stadtbibliothek vorzulegen. Stadtv. Ladewig: Schon vor elf Jahren hat die Versammlung eine Resolution gleicher Tendenz beschlösse». Eine erste Baurate ist ja in den Etat schon eingestellt, aber nicht als eine Baurate im eigentlichen Sinne, sondern als Fonds zur Ansammlung eines Baukapitals. Das kam»»noch 10 oder 15 Jahre dauern, und so lange kann Berlin   nicht aus einen eigenen Bau warten. Die Siadtb'ibliothek hat trotz erst einjährigen Bestehens bereits einen Bestand von 90 000 Bänden und hat in diesem Jahre 102 000 Bände ausgeliehen. Die jetzigen Räume lassen sich nicht ans- dehnen und die Benutzung für die Leser ist aufs äußerste erschwert. Schon hat das Kuratorium für die Leser aus den Vororten unlieb- same Beschränkungen eintreten lassen müssen. Stadtv. Gallaud erkennt ebenfalls dos Bedürfnis eines Neu« baues als außerordentlich dringend an. Jeden Abend müßten 40 bis 50 Leute unv errichteter Sache abziehen, weil die Räumlichketten völlig ungenügend seien. Auch die Volksbibliotheken könnten keine Abhilfe bieten; sie seien selbst längst überlastet. Stadtv. Mommsen beantragt Ausschußberatung. Etadw. Cassel tritt dem Antrage Mommsen bei, den er für sehr praktisch hält. Stadtv. Bruns(Soz.): Wir können dem Antrage um so freu» diger beitreten, als die ganze Angelegenheit ja gerade von meinci» Freunden stets mit besonderem Eifer verfolgt worden ist.(Zu- rufe.) Es ist ja sehr erfreulich, daß Herr Ladewig sich schon in der kurzen Zeit seiner Mitgliedschaft in dem Bibliothekkuratoriuu, von der Notwendigkeit eines Neubaues überzeugt hat; es wäre cr- wünscht, wenn die Kollegen alle auf diese Weise, wenn auch nur kurze Zeit, sich in dem Kuratorium informierten. Wir stimmen auch für den Antrag auf Ausschußbcratung; es wird dort eventuell ja auch über das zu sprechen sein, was provisorisch gesche-hen kann, obwohl das eine besonders schwierige Sache ist. Das Kuratorium hatte schon bei der Eröffnung der Bibliothek den ganzen Tag für die Ausgabe von Bückern offenhalten wollen;«aber der Ma» gistrat hat das gestrichen und eS blieb nichts übrig, als sich auf wenige Stunden des Tages zu beschränken. Die städtischen Zuwendungen für die Bibliotheken sind allerdings von Jahr"zu Jahr geringer geworden, und die Stiftungen, welche diese Leistungen erkrcmkungen und auf das bleiche, bläuliche Aussehen der Gesichte»: der Ueberlebenden hin. Auch Dr. Schwartz, wie Wcismantcl zitiert. berichtet, daß nach den Beben aus Chios   1881der größte Teil des jungen weiblichen Geschlechts teils cm Epilepsie, teils an Krampf- anfallen erkrankte". Das verstörte, bleiche, totenähnliche Aussehen der Menschen bei plötzlichen, sehr starken Stößen, das verschiedene Schilderungen betonen, versteht sich leicht. SkuphoS fügt(Beben in Lokris  ) dem noch die Worte bei:Das Zurücktreten der Zunge bis in die tieffte Höhlung deS Mundes, sowie das schreckliche Gefühl des Durstes, welches durch die bei allen eingetretene un- heimliche Erregung hervorgerufen wurde." In welcher Weise sich die Erregtheit und demzufolge die Feinempfindung des Nerven- systcms steigern kann, wenn das Beben längere Zeit andauert. dürfte aus Angaben über die Erderschütterungen von Agram in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hervorgehen. Pilar schreibt, daß alle, die die Schreckenstags des November 1880 nich» mitgemacht hatten, die späteren, ganz leichten Erschütterungen auch nicht zu empfinden vermochten; wogegen solche, die jene Tage miterlebt hatten, also durch sie nervöser, feinfühliger dafür gc- worden waren, sie ohne weiteres empfanden. Auch gelegentlich des Bebens vom 20. Februar 1835 in Chili bemerkt Thauars, daß die Fremden nickt im selben Matze unter der durch das Beben hervor- gerufenen geistigen Depression leiden, wie die dortigen Einge- borcnen; denn entgegen allen anderen Gefahren, gegen die man sich durch Gewohnheit abstumpft, wachse umgekehrt bei den Beben der Schrecken und auch die Fähigkeit, ganz leise Erschütterungen zu empfinden. Wenn man das verallgemeinern dürfte, so würden viele leichte Erderschüttcrungen, die immerhin für Menschen fühl, bar werden können, wenn diese empfindlich genug geworden sind, unter normalen Verhältnissen uiigemcrkt vorübergehen. Aus der anderen Seite wird als Beweis der Abstumpfung gegen Gcfaba berichtet, die Menschen hätten sich so an die Erschütterungen ge- wöhnt, daß sie bei leichten Stößen, die den neu Hinzugekommenen aufschreckten, ruhig in ihren Hütten geblieben feien. Daß Ein- zelnc vor Schreck den Gebrauch der Sprache verlieren, wie das bei dem Beben von Philippeville   in Algier   erwähnt wird, ist für so schreckliche Erlebnisse nichts Außerordentliches. Dasselbe gilt von der umgekehrten Tatsache, daß bei dem Beben von Brussa» Klein- assen, 1853, Gelähmte plötzlich den Gebrauch ihrer Glieder wieder erhalten haben sollen. Durch die Entstehung so vieler Sümpf« bei dem kalabrischen Beben 1783 wurden Krankheiten in solchem Umfange hervorgerufen, daß mit den schwersten Opfern an Gelt» die sofortige Entwässerung bewirkt werden mutzte, den» die Ein- ivohnerstarben dahin wie die Mücken". Dec während des Sommers unerträglich loerdcndc Geruch, der aus den Leichen von 30 000 Menschen und zahlreichen Tieren in allen Städten und Dörfern aufstieg, rief wohl gleichfalls eine Einwirkung auf den Gesundheitszustand der Ueberlebenden hervor. Außer den 30 000 direkt bei dem Erdbeben Gestorbenen starben noch 570 Menschen an Krankheiten, die infolge aller dieser Leiden ausvrachen. Ein merkwürdiger Widerspruch der Menschenseele liegt in dem lim» stände, daß selbst durch so fürchterliche Ereignisse die Menschen nicht Mut und Lust verlieren, sich sofort wieder an derselben Stelle Häuser, Dörfer und Städte zu baue»/ an der diese soeben erst in den Glaub sanken, Aach   dann nicht verlieren, wenn ihnen von