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stZndnislosigkeit auf politischem und sozialökonomischem Ge biete natürlich noch größer ist. als die ihrer Professoren. Und die sogenanntenFreistudenten" sind zum größten Teil genau so arbeiterfeindlich, genau so rotscheu wie die Mitglieder der Wer bindungen. Ein freistudcntischerFührer", Herr Dr. S s y m a n k, schreibt in seiner Broschüre:Die Reformbedürftigkeit der Gesetz gcbung für Studierende"**):.... Die Hochschulen sind... Ein- richtungen des Staates und werden auf dessen Kosten unterhalten. Der Staat hat infolgedessen ein beträchtliches Interesse daran, daß außer den Zwecken der Hochschule auch die seinen beachtet werden, und daß insbesondere alle sein Dasein untergrabenden feindlichen Tendenzen nicht etwa durch liebevolle Pflege und Agitation einen günstigen Nährboden in der Hochschuljugend finden."(S. 7.) Aehnlich schreibt ein anderer freistudentischer Führer, Herr Ingenieur Joseph Nu mann- Pasing, der Per- traiiensmann der Münchener Freien Studentenschaft, in Nr. 3 der .Münchener Hochschulzeitnng", der Staat müssedarauf halten, daß die Hochschule nicht zu einer Be- schützerin staatsfeindlicher Bestrebungen wird." Also bei Professoren wie bei Studenten derselbe Geist der Sozialistenfeindlichkeit. Die Arbeiterschaft möge daraus ersehen, daß die Universität heutzutage nichts anderes ist, als eine Waffe der herrschenden Klassen gegen das sozialistische Proletariat zur Aufrechterhaltung deS kapi- talistischen Plünderst) st emS! Huf dem Biege nach MeMna. Neapel , 1. Januar. (Eig. Ber.) Ter Anblick von Neapel gibt eine schwache Vorstellung von dein Grauen, das uns in Messina erwartet. Die große, sonst so lebensfrohe Stadt ist. wie ich schon telegraphierte, ein Krankenhaus. Da ist kein Automobil, kein Wagen in der Stadt, der jetzt nicht Samariterdienste täte. Seit zwei Tagen fahren Hunderte von Automobilen, von den Besitzern geführt, vom Hafen zu den Hospitälern, mit ihrer traurigen Ladung von Bahren und Verwundeten. Die Menge bildet Spalier, stumm-erschüttert. Fast alle Läden sind geschlossen wegen Landestrauer. Und an einem einzigen Tage hat Neapel 600 000 Lire für die Opfer gegeben. Die Samm- lungen übersteigen bereits 3 Millionen. Schon über 70 000 Verwundete hat Neapel in seinen Hospitälern, in den Privat- Häusern, im königlichen Schloß. Es hat mir unendliche Mühe gekostet, die Erlaubnis zur Uebcrfahrt von der Präfektur zu erwirken:Wir brauchen Aerzte, Krankenpfleger und Arbeiter, die die Verschütteten ausgraben Journalisten nicht!" Während wir unter- handeln, kommt ein Beamter. Er hat telegraphische Order vom Minister des Innern, sich sofort nach Messina zu begeben man verweigert ihm die Erlaubnis zur Ueberfahrt. Man braucht keinen Mund, der den Opfern da? Brot wegißt, keinen, der den Hilfsbedürftigen auch nur eine Decke fürs Nachtlager entzieht. Nur Soldaten und Sanitätskolonnen, nicht einmal die Aerzte. die Verwandte in Messina haben. dürfen sich einschiffen, wenn sie nicht einer autorisierten Sani- tätsfolonne angehören. Endlich, um 7 Uhr früh, am Neujahrstage, erhalten wir die Erlaubnis, uns um 12 Uhr einzuschiffen an Bord der .N ord-Amerik a". Alle Ueberseedampfer, die disponibel waren, sind requiriert worden: sie bringen Brot, Wasser, Decken und Soldaten nach Messina und führen Ver- wundete zurück. Sterbende, verwaiste Kinder, Verstümmelte. dem Wahnsinn verfallene Mütter eine furchtbare Ladung des Elends, eine Ladung, die die Hölle ausgespicn zu haben scheint: all es Menschenleid, das Leib und Seele tragen können. Fast alle Verwundete haben Kopfwunden. Be- sonders entsetzlich sind die Kinder anzuschauen, mit den dunklen südländischen Gesichtern in den weißen Verbänden, starr und abwesend wie Schlafwandelnde, auf den Armen von Soldaten. Polizisten oder Aerzten. Wer hört, daß wir nach Messina reisen, gibt uns Auf- träge. Ein Mann bittet mich umetnWerkderVarm- Herzigkeit: um Nachricht von den Seinen, seiner ganzen Familie. Er schreibt mir 12 Namen auf, seine Eltern, seine Geschwister, feine zum Weihnachtsfest nach Messina gereisten Kinder! Er hat niemanden mehr und keine Nachricht. Und er hofft, daß sich aus dem Lcichenfeld von Messina , auS dem größten Trümmerhaufen, von dem die Geschichte weiß, Nach- richt verschaffen kann, die Kunde, daß ihm wenigstens einer geblieben ist.... Neue Listm werden mir gegeben, immer neue verzweifelte Augen sehen mich an, Augen, die längst keine Tränen mehr haben. Jnzwischm sausen die Automobile vor- bei, eins nach dem anderen, ohne Unterbrechung, und bringen Bahren, Bahren, nichts als Bahren. Es ist wie eine Vision aus der Hölle was wird Messina sein?! *« j�eue BtöDc. Die Erdstöße in Messina dauern noch an«nd rnfen große Be- ingstigun» hervor. In Montcleone wurden neue heftige Erdstöße verspürt. In der Nacht vom Sonntag auf Montag wurden nicht weniger alS hundert gezählt! Die Bevölkerung ist von neuem Entsct?en verfolgt. Auf der Insel Stromboli wurde Sonntag 5 Uhr 22 Minuten ein mehrere Sekunden anhaltendes Erdbeben wahrgenommen. Der Bulkan zeigte eine starte Tätigkeit. Der Bevölkerung bemächtigte fich eine große Panik. Die Zahl der eingestürzten Häuser beträgt vierzig. Trotz der empfindlichen Trmpcraturverminbcrung kampiert alles im Freien. Der PanzerJameguibrmi" erhielt einen BereitschaftSbefehl nach Messina . Messina . DieTribuua" meldet auS Messina summarisch folgende Ver- kuste: Getötet das ganze 83. Regiment, alle Karabinieri» alle Zoll- Wächter, die ganze Mannschaft deS TrajektschiffeS, baS ganze Seminar, sämtliche Gemeinderäte. Der Erzbischof weigert sich fort- gesetzt, den Palast zu Verlasien, wo ein einziges Gemach erhalten ist und aus dem Erdgeschoß Leichengeruch zu ihm empordringt. Die Zahl der W a h n s i n n i g e n ist ungeheuer, darunter befindet fich der Abgeordnete Ludovico Fulci. Unter den Trümmern des Herr- lichen Doms liegt der Kirchenschatz, desien Wert auf fünfzig Millionen angegeben wird. Der amerikanische Konsul in Messina , Doktor Cheney, ist samt seiner jungen Gattin tot. Von der Familie des russischen Konsuls ist nur die Frau am Leben geblieben. Reggio . Aus Reggio werden fortwährend grausige Einzelheiten berichtet. Eine junge Dame war vom Balkon gesprungen, blieb aber im Gartengitter stecken, wo sie vier Tage lang gepfählt blieb. Der ) Akademischer Berlag, München ISVS. Kopf hing nach unten, ihr Nachtgewand wurde vom Sturme zer- zaust. Die Tote war ganz schwarz geworden wie Mumien in den Katakomben von Palermo. Po» einer durch die Gewalt des Erd- beben? in die Tiefe geschleuderten und dort durch Trümmer fest- gebannten Frau lief das Blut in Strömen auf ihren Mann und die Kinder herab, die genau unter ihr erdrückt lagen. Die Uitglücktiche ist gerettet worden, aber sie wurde wahnsinnig. Die Journalisten haben den Schauplatz der Erdbeben Verlasien wegen der Unmöglichleit, von hier aus zu telegraphieren. Vesorgsnilation. Wie wir schon andeuteten, ließ und läßt auch weiter noch die Organisation des Hilsswesens leider recht viel zu wünschen übrig. Das wird jetzt immer deutlicher. Es häufen sich die Klagen über Mangel an Ucberblick und Dispositionstalent bei denjenigen Stellen, die berufen wären, in der allgemeinen Verwirrung den Kopf oben zu behalten und die Schwierig- keiten so gut wie möglich zu bezwingen. Tie Berichterstatter oller italienischen Blätter beklagen die Unordnung im Rettungsdienst: Mit Hilfsmatcrial beladene Schiffe kommen an, während niemand die Löschung befiehlt und Hunderte von Menschen sozusagen angesichts der Vorräte, die für sie be- stimmt sind, vor Kiilte oder Hunger sterben. Trotzdem der Ehef des Generalstabs Bettolo die Vorwürfe des Abgeordneten Colajanni in einer Unterredung mit einem Vertreter des Corriere della Sera " als unbegründetnachweist", wollen die Stimmen, die diese Anschuldigungen bestätigen, nicht schweigen. Im Gegenteil: die Mitteilungen über ungenügende Beteiligung der italienischen Marine werden von immer neuen Augenzeugen b e st ä t i g t. So wird behauptet, daß die italienischen Kriegsschiffe, da sie keine Ermächtigung der vor- gesetzten Behörden besaßen, Hundertc von Flüchtlingen zurück- gewiesen hatten, die dann von russischen Kreuzern auf- genommen wurden II Der Bürgermeister der Stadt Milazza, die an der Nordküste, nicht weit von Messina , liegt, hatte den Vorschlag gemacht, der notleidenden Bevölkerung täglich frische Lebensmittel zu liefern, wenn diese von einem Torpedoboot abgeholt würden. Mit der Ausflucht, daß hierzu erst die Erlaubnis des Marineministerinms erlangt werden müßte, wurde dieser vernünftige Vorschlag abgewiesen, während der Hunger die Ueberlebcnden vernichtete! Der Berichterstatter derCorriera della Sera " tele- graphiert aus Messina ,es fehlt immer noch an Schiffen!" Die Barken sind voll von Flüchtlingen, irren um den Hafen umher und werden zurückgewiesen, weil�alle Schiffe schon überfüllt sind. Tausendc von Begrabenen hätten befreit werden können, wenn rechtzeitig 10 000 statt nur 5000 Soldaten am Platze gewesen wären. Sechs-bissieben- tausend hungrige Ueberlebende erwarten Brot und Schiffe. In Palmi, " so drahtet ein anderer Korrespondent des- selben Blattes,liegen seit vier Tagen 500 Leichen unbestattet, und der Ausbruch von Epidemien ist unvermeidlich." Nicht nur der Deputierte Colajanni. auch sein Kollege Marchese di Bugnano und verschiedene Journalisten behaupten, daß die italienischen Schiffe Flüchtlinge zurückgewiesen hätten, die dann von russischen Kreuzern aufgenommen wurden. In Reggio ereignen sich zahlreiche Fälle, daß noch lebende Verwundete zwischen Trümmern ihrem Schicksal preisgegeben werden,weil ihre Rettung noch schwere Unglücksfälle ver- Ursachen würde". Diesen Aermsten wird sogar keine Nahrung gereicht» damit ihr Todeskampf nicht länger andauere.... Charakteristisch für die Konsusion und bureaukratische Pedanterie in der italienischen Marine sind die Erzählungen des offiziösen Journalisten Wadala, des römischen Stadt- verordneten Rossi Daria und des schon aenannten Deputierten Marchese di Bugnano, die alle darin übereinstimmen, daß die Pflicht der reinen Menschlichkeit unter Berufung auf daS Fehlen von höheren Aufträgen hintangesetzt wurde.. Der Hunger treibt die Bevölkerung(von Reggio zum Beispiel) zur Wildheit. Ganze Scharen Halbverhungerter strecken an den Straßen drohend die Hand aus. In den zer- störten Städten brechen Meutereien gegen die Soldaten aus, die ihre bescheidenen Rationen verteilen. Das Bahnpersonal läuft von seinem Posten, um zu den Familien zu eilm. Die zahlreich eintreffenden freiwilligen Hilfskolonncn bilden trotz ihres guten Willens ein Hindernis, da das Wichtigste. Zelte und Lebensmittel, fehlen: viele Kolonnen mußten deshalb schon umkehren. Wie sinnlos gestraft wird, geht aus einer Meldung hervor, nach der Leuten, die mitverdächtigen" Bündeln betroffen werden, ohne große Prüfung ihre Bündel abgenommen und ins Meer geworfen wurden! Auch die Tatsache, daß die Fleischpreise in Neapel wegen der Ueberfüllung der Stadt mit Flüchtlingen um 25 Centisinn pro Pfund erhöht wurden, zeigt, mit welcher Skrupel- und Gedankenlosigkeit dasbarmherzige Samariter- werk" besorgt wird. Bei dieser Lage der Dinge ist es nicht zu verwundern. daß Akte der Verzweiflung begangen werden von Männern und Frauen, die um jeden Preis Brot für ihre Kinder haben wollen. Diesen halbirrsinnigen Hungernden gegenüber scheint dieEnergie" nicht zu versagen, die bei der Organi- sation der Hilfstätigkeit im Großen besser am Platze wäre.... Die Kriegsgerichte arbeiten und leisten sich suntmarische Massenaburteilungcn, bei denen gewiß mancher Gerechte mit den Sündern leiden muß. Ein Major, der mit einer Ab» teilung Soldaten die Straßen MessinaS bewacht, bemerkte einen Mann, der sich unter den Trümmern eines Hauses zu schaffen machte. Befragt, was er dort suche, antwortete der Mann: Das hier ist mein Haus!" Ohne ihn auch nnr weiter auSznhören, wurde der Mann hinter eine Mauer geführt und auf der Stelle«iedergefchossenki Die Rüfstätigbeit DieFrankfurter Zeitung " übersandte heute auS ihrer Tamm- lung als erste Rat« 30 000 Are an den Ministerpräsidenten Giolitti und 10 000 Lire an den deutschen Konsul Lselmeyer in Neapel . Der amerikanische Kongreß wird einen Kredit von b 00 000 Dollar zur Beschaffung von Lebensmitteln und Kleidungsstücken genehmigen. Die englische Subskriptionsliste erreichte 600 000 Mark. Der Gemeindcrat von Madrid beschloß, dem italienischen Ge- sandten 20 000 Fr. zu überreichen. Zahlreiche Gemeinderäte tu den anderen spanischen Städten organisterten Festlichkeiten, deren Ertrag für den gleichen Zweck bestimmt ist. Der Gemeinderat von Athen bewilligte 10000 Fr. Die kretische Regierung hat 20 000 Frank bewilltgt. Der Chefarzt der Wiener Rettungsgesellschaft Charitas hat sich Sonntagabend mit drei Feldküchen nach dem Erdbebengebiet begeben. Die Wiener Bevölkerung hat eine Anzahl Konserven für die bei der Katastrophe Geschädigten gespendet. Die drei Feldküchen, die der Chefarzt nach dem Erdbebengebiet mitgenommen hat, können täglich 2b 000 Personen verköstigen. Das traurlge fazit Die Behörden nehmen mit Sicherheit an, daß die Kata- trophe noch weit mehr Menschenleben gekostet hat, als bisher elbst die pessimistischsten Schätzungen angenommen haben. Ver- chiedcne Berichterstatter haben die Umgebung von Mesfinn und Reggio abgestreift, und das Gesamtresultat, das sich ans ihren Berichten ergibt, ist, daß 24 Städte, viele Dörfer und sonstige Ansiedelungen durch die Katastrophe fast vollkommen zer- stört wurde», nämlich B a g n a r a, Serlia Villa Sau Giovanni, Cauitello, Catona, Sgallico, Villa San Giuseppe, Palmi , Gerace, Gallina. Campo Calabro, San Roberti, Santo Stefano, Catasono, Pcllaro Motte, Sazjare, Saline, Montabcllo, Archi, Reggio , Jgonio, Maropa, Sunt Eufemia und Seminar». ».» Dementi. Rom , 4. Januar. DieAgenzia Stefani" erhielt folgende Note des Ministerpräsidenten zur Deröffentlichung: Einige Journalisten, die sich nicht in dem Gebiete bcS Erd- bebenunglücks befinden, im Gegenteil sehr weit davon entfernt find, senden zurzeit Mitteilungen an ihre Zeitungen, in denen sie die Er­eignisse entstellen, phantastische Schilderungen entwerfen, von Maß- nahmen der Regierung sprechen, die in Wirklichkeit nicht getrojfcu wurden, und überhaupt falsche Meldungen jeder Art verbreiten. Hierher gehört u. a. die Meidung von einer beabsichtigten Bombar- dierung Messinas und ReggioS, sowie von dem Tode 6� russischer Soldaten infolge eines Zusammenstoßes mit Plünderern. Solche Nachrichten in dieser schmerzlichen Zeit sind geeignet, die öffentliche Meinung zu beunruhigen und nicht nur in der vom Unglück so grausam geprüflent Bevölkerung, sondern im ganzen Lande lebhafteste Befürchtungen hervorzurufen. Es wird deshalb an den Patriotismus der Schriftsteller aller italienischen Zeitungen appelliert und das Ersuchen an sie gerichtet, Nachrichten nicht aufzu- nehmen, die ernster Begründung entbehren und über deren He» kunst und Glaubwürdigkeit keine Bürgschaft zu erlangen ist.' Letzte J�acbricbtcn. Rom , 4. Januar. DieGazetta Uffiziale" veröffentlicht ein Dekret vom 3. Januar, da? über die Gemeinden Messina und die Gemeinden des Kreises Reggio den Belagerungszustand verkündet und den Generalleutnant RSazza zum außerordentlichen bcvoll- mächtigten Kommissar ernennt. Slcggio di Calabria, 4. Januar. Die provisorischen Popämter in der Umgebung des Bahnhofes begannen heute mit der AuL- tvagung der Briefe. Die aus den Trümmern geborgenen Leiche» werden in langen Gräben bestattet und mit Kalk überdeckt. Auch heute noch wurden einige Personen gerettet. Zahlreiche Ueber- lebende sammeln sich um die Berteilungsstellen für Lebensmittel. politische Gcbcrficht. Berlin , den 4. Januar 190®. Eine nicht veröffentlichte Kaiserrede. DasVerl . Tagebl." meldet: Am Sonnabend hat, wie schon mitgeteilt wurde, im könig- lichen Schlosse daSüblicheDiner der ko mmandierendeu Generäle stattgefunden. Nach Aufhebung der Tafel hielt der Kaiser einen sachlich militärischen Bortrag über die Aufgaben und Lehren der letzten Manöver. Der Kaiser wies an der Hand von Karten auf diejenigen Momente der Manöver hin, die seiner Meinung nach geeignet sein könnten. anregend und belehrend zu wirken. Am Schlüsse dieses militärtechnischen Vortrages spielte der Kaiser, wie wir hören, mit einigen Worten auf die Vorgänge an. die sich im An- schlug an die Beröffentlichung de» Daily- Telegraph-Jnterviews ereignet. Der Kaiser sprach in sehr ruhiger Weise, und daS. was er sagte, ließ erlennen, daß die letzten Ereignisse einen sehr ernsten Eindruck auf ihn gemacht haben. Er verlas auch einen kürzlich erschienenen Revueartilel und fügte hinzu, daß dieser Artikel ungefähr daS enthalte, was er selbst über die jüngsten Vorgänge sagen könnte. AlS der Kaiser seine Rede geendet, nahm der rang- älteste der anwesenden Generäle das Wort, dankte dem Monarchen und versicherte ihn des rückhaltlosen Lerttauenö der Armee." Auffallend wäre sofern diese Meldung den Tatsachen entspricht daß der rangälteste der Generäle es für not- wendig gebatten hätte. Wilhelm II. des Vertrauens zu versichern! Im übrigen wäre selbstverständlich zu verlangen, daß alle Reden Wilhelms II., die er außerhalb eines privaten Zirkels hält, auch der Oefsentlichkett mitgeteilt würden! Der Zweck der Militäruiufik. DiePost" gibt zu. daß derVorwärts" durchso und so viel geschickt gruppierte Einzelheiten' nachgewiesen habe, daß an unserem Moloch Militarismus, selbst vom Standpunkte der An- Hänger unseres heutigen Militarismus au«, durch völlige Beseitigung der Militärmusik erklecklich gespart werden kann. Unsere Argumente find offenbar so durchschlagend, daß diePost" gegen fie aber auch nichts ins Feld zu führen vermochte. Statt die milttärtiche, strategische Notwendigkeit der Mlltärmusi! uachzu- lveisen, macht fie da» famose Eingeständnis, daß die Militärmusü hauptsächlich den Zweck habe, den Militarismus populär zu machen: Sehr unangenehm scheint ihm(demvorwärts") die offen­bare Vorliebe des bürgerlichen Publikums und selbst seiner eigenen Genossen für die M i l i t ä r m u s i k zu sein. weil er wohl nicht mit Unrecht befürchtet, daß die Militärmusik ein gutes Teil dazu beittägt. unsere Sol« baten populär und unser Militär überhaupt be- liebt zu machen, was ein nicht zu unterschätzender Faktor auch bei Bewilligungen für HeereSaus- gaben ist. und was deshalb demVorwärts* ein so großer Dorn im Auge ist.* Jetzt weiß man doch, weshalb die nichtbesttzende Klaffe nebe» anderen Ausgaben für den Militarismus auch die für die Militär- nmsik in Gestalt indirekter Steuern aufbringen soll: um dem bürgerlichen Publikum den Militarismus sympathischer zu machen.-_ Die Hamburger Handelskammer und die Tabaksteuer. In dem soeben veröffentlichten Jahresberichte der Hamburger Handelskammer für 1008 befindet sich unter der Ueberschrist ReichSfinanzen" der nachstehende Passus: In Uebereinstimmung mit den Interessenten haben wir uns auch gegen die Zigarrenbanderolestcuer, als die für die Zigarren- Industrie verderblichste, für den Staat überdies kostspieligstc Form der Besteuerung ausgesprochen und dagegen eine Erhöhung des Zolle» und der tnländlschen Tabaksteuer unter Beibehaltung der bestehenden Spannung empfohlen.* Wer sind dieInteressenten* in der Hamburger Zigarren« Industrie, welche durch die Hamburger Handelskammer der Rc. gierung einen höheren Tabakzoll empfehlen? Die Tabakarbeitcr selbstverständlich nicht, ebensowenig die Zigarrmhändler auch der Hamburger Zigarronfabrtkantenverein hat sich einstimmig in feiner Versammlung«NN v. November nicht nur gegen die