Danoeroleflener. sondern gegen jede Mehrbelastung der Industrieausgesprochen. Bei der eminenten Bedeutung der Sache wäre esPflicht der Hamburger Handelskammer, die Namen der„Jnter-estentcn" öffentlich bekannt zu geben. Wir bezweifeln, dah dasgeschehen wird, und können deshalb nur unserer Vermutung dahinAusdruck geben, dag die„Interessenten" der Hamburger Handels-kammer einige Grogfabrikanten sind, für welche der höhere Zollbedeuten würde, das; sie mit ihren großen Kapitalien imstandewären, die mittleren und kleinen Zigarrenfabrikanten„an dieWand zu drücken, daß sie quietschen". Der Deutsche Tabakverein,dem diese Herren ohne Zweifel als Mitglied angehören, hat alleVeranlassung, die Hamburger Handelskammer um Aufklärung zubitten. In Arbeiterkreisen werden Mitglieder, die die Beschlüsseder Gesamtheit zu durchkreuzen suchen, einfach ausgeschlossen. Willsich der Tabakverein nicht mitschuldig machen an den Machen-schatten hinter den Kulissen seitens einiger Millionäre in derZigarrenindustrie, so darf er eine solche Durchkreuzung seiner Be»schlüsse seitens dieser Herren unter keinen Umständen dulden.Die Hamburger Handelskammer aber hat sich mit ihrer Emp-fehlung eines höheren Zolles auf Tabak zum Sprachrohr desGroßkapitals gemacht. Sie hat in höchst einseitiger Weise einerBelastung der großen Massen der Raucher zugunsten der Besitzendendas Wort geredet. Ein höherer Zoll und eine Erhöhung der In»landsteuer würden die billigen Sorten enorm verteuern, währender bei den teuren Sorten, die die besser Situicrten rauchen, einenkaum merklichen Einfluß aus den Preis der Zigarre ausüben wird.Daß die Hamburger Großfabrikanten, welche vorwiegend teure Sor-ten fabrizieren, ein Interesse daran haben, ihre Fabrikate mög-lichst wenig belastet zu erhalten, ist erklärlich;für die gesamteZigarrenindustrie aber kommt der Massen-konsum in Betracht, nicht das geringe Quan-tum von Zigarren, welches die Besitzendenverbrauchen. Mit ihrer Empfehlung des höheren Zolles undder höheren Jnlandsteuer hat sich die Hamburger Handelskammeralso in direkten Gegensatz zu den Interessen der Gesamtindustrie.der Massen der Raucher und vor allem der Tabakarbeiter gesetzt,von welchen infolge der enormen Belastung deS MassenkonsumSZehntausende brotlos gemacht werden würden.Wie Holle Minister wurde.Da es sich gegenwärtig ja wieder einmal um die Berufungeines neuen Kultusministers handelt, so ist eS nicht uninteressant,zu erfahren, wie im Sommer des Jahres 1907 die Kandidatur deSDr. Holle eitstanden ist, von der man allgemein annahm, daß sieunter dem Zeichen der Blockpolitik als eine auch, dem Liberalismusgenehme gelten sollte. Der damalige Unterstaatssekretär im Ministerium der öffentlichen Arbeiten wurde, so erzählen die„Verl.Neuesten Nachrichten", dem Ministerpräsidenten durch Herrnv. Loebell in Vorschlag gebracht, der diese An-regung wieder von dem Chefredakteur der»Kreuzzeitung", dem früheren Ministerialdirek.tor HermeS, erhielt.„Wir erwähnen", sagt daS konserva-tive Blatt,„diesen— den Tatsachen unzweifelhaft entsprechenden— Vorgang nur, um an einem Beispiel zu zeigen, wie rein persön-liche Einflüsse, die mit der öffentlichen Meinung in keinem Zu-sammenhang stehen, von entscheidender Bedeutung sein können."Das Fiasko der Fahrkartensteuer.In ihrem Jahresüberblick schreibt die„Ztg. des VereinsD. Eisenbahnverwalt." über die Ergebnisse der Fahrkarten-steuer und ihrer Rückwirkung auf den Personenverkehr:Der Personenverkehr lieferte«m letzten Jahre zwar wiederMehreinnahmen, auch in den Gebieten, in denen mit der Re-form von 1909 die 2 Pf.-K lasse eingerichtet war, aber die Eisen-bahnverwalhinge» wurden sich der Tatsache, daß eine sehr starkeAbwanderung auS allen oberen Klassen in die nächstniederenstattgefunden habe, mehr und mehr bewußt.... Da diese Ab-Wanderung überall wahrgenommen ist, muß sie doch wohl zueinem nicht geringen Teil der Fahrkartensteuer und ihren oft er-örterten Mängeln zur Last gelegt werden; denn hier(in Nord-deutschland) bot die Personentarifreform selbst nun zu den nichtso sehr inS Gewicht fallenden Abwanderungen auS der erstenKlasse Anlaß. Bekanntlich soll die Fahrkartensteuer nach denReformvorschlägen der Reichsregierung aufgehoben werden, unddie Eisenbahnen würden es gewiß lebhaft begrüßen, wenn sievon dieser ihnen aufgezwungenen, höchst unbeliebten Steuer be-freit werden. Sollte bei dem großen Widerstand, dem die ge-nannten Reformvorschläge leider in allen ihren Einzelheiten be-gegnen, die 23 Mi Millionen, die die Fahrkartensteuer wohl sicherbringt, vom Reich schließlich doch nicht entbehrt werden können,so wird jedenfalls wenigstens eine Reform der Steuer eintreten,die ihre offensichtlichen schweren Mängel beseitigt.Danach scheint man in den Eisenbahnverwaltungen trotz6er Zusage des Reichsschatzamtes keineswegs bestimmt miteiner Abschaffung der Fahrkartensteuer zu rechnen, sondernnur mit einer Reform, die die Abwanderung der Reisendender oberen Klassen in die unteren verhindert oder einschränkt.Soll vielleicht die Fahrkartensteuer für die erste Wagenklasseermäßigt und für die vierte die Steuer eingeführt werden.Erzberger im Urteil der Zentrumspresse.Die»Kölnische BolkSzeitung", das führende rheinische Zentrumsorgan, schüttelt den rede« und schreiblnstigen Erzberger, der sichneuerdings recht oft im Scherlkchen„Tag" austobt, sehr energisch ab.In einer Polemik gegen Bassermanns„staatsmännischen Neujahrs-ariikel" verweist daS Blatt darauf, daß die Zentrumssraktion außer-ordentlich zurückhaltend sei und Bassermann in den offiziellen Kund-gebnngen der Zentrumspartei keinerlei Anhalt zu seinen prophetischenExpektorationen finde. Und eS führt fort:.Bielleicht wirft man nun aber ein, der Abg. Erzberger redeauch. Ja, Herr Erzberger redet und sch reibt, und erredet und schreibt viel. Aber Herr Erzberger ist ebennicht mir Parlamentarier, sondern auch Journalist, und zwareiner der fleißigsten. Seine Artikel schreibt er aber nicht im Auf«trage der Zentrumssraktion, sondern aus eigene Rechnungund Gefahr. Man mag ihnen Beachtung schenken, sovielman will, aber man darf nicht sagen:„Da redet und schreibt dieZentrumssraktion. Die Fraktion übt zurzeit eine große Zurück-Haltung und sie Hai recht, das zu tun."...Zur Reichstags-Erstchwahlim 6. hannoverschen Wahlkreis haben die Nationalliberalen denVerlagsbuchhändler Dr. Max I ä n e ck e«Hannover, der dem Reichs«tag schon einmal kurze Zeit angehörte, aber ausschied, weil seinMandat für ungültig erklärt wurde, aufgestellt. Für die Welsenkandidiert der Baron v. L en the- Sch w a rnstc d t, für unsereParteigenossen dürfte wieder Genosse Hencke-Bremen kan-didieren._Die zweite Konferenz der sozialdemokratischen Landtags-abgeordneten der Thüringischen Staatenfand am Sonntag, den 3. Januar, in Saalfeld a. d. S. statt. An-wesend waren aus Altenburg zwei. Meiningen sechs, Gotha sechs,Koburg ei», Reuß j. S. zwei, Weimar drei und Rudolstadt fünfAbgeordnete. Der Parteivorstand war durch den Genossen Mollen-buhr vertreten.Nachdem Genosse Leber- Jena einen lleberbllck über diepolitische Lage in den Thüringer Kleinstaaten gegeben hatte, hieltGenosse Bock-Golha einen insormicrenden Vortrag über daS Thema:»Welchen Einfluß wird die Reichsfinanzreform ans die Finanzen derThüringer Kleinstaaten ausüben?"Nach lebhasrer Diskussion wurde einstimmig folgende Resolutionangenommen:„Durch die ins Ungeheuerliche wachsenden Ausgaben für denMilitarismus. Flotten- und Weltpolitit und die dadurch bedingrefinanzielle Auspowerung deS arbeilenden Volkes und völligeZerrüttung des FinauzwesenS der Kleinstaaten protestiert dieKonferenz der Thüringer sozialdemokratischen LandtagSabgeordnelenauf das energischste gegen jede weitere Belastung durch indirekreSteuern. Sie verlangt vielmehr, daß daß gegenwärtige Reichs-defizit— einschließlich der gestundeten Matrikularbetträge— durcheine progressive Reichseinkommensleuer, beginnend von 3000 M.Einkommen an, durch eine Vermögenssteuer, beginnend von15 000 M. an, gedeckt wird.Ferner fordert die Konferenz, um eine praktischere, zweck-mäßigere, gangbare und billigere Verwalttmg in den ThüringerStaaten zu erreichen, mit aller Energie darauf hinzuarbeiten, daßdiese Staaten durch ein Ministerium und eine gesetzgebendeKörperschaft verwaltet werden. Schon heute sind diese Kleinstaatengezwungen, durch gemeinsame Justiz- und Strafdnrchfllhrung, Irren-pflege usw. diesen Weg zu beschreiten. Die gesamte Thüringer Be«völkerung hat ein Jnlerefse daran, daß wir auS dieser politischenund wirtschaftlichen Rückständigkeit erlöst werden."Genosse H o f m a n n- Saalkeld sprach dann eingehend über dieFrage:»Liegt in den Thüringer Landtagen die Möglichkeit vor, daßdurch Ablehnung des Budgets ein für die Arbeiterichaft schlechteresBudget an Stelle des abgelehnten treten kann?"Nach längerer Debatte wurde folgender Resolution zugestimmt:„Die zweite Konferenz der sozialdeinokratiicheu Abgeordnetender Thüringer Landtage erlrärt, daß sie in der Frage der Budget-bewilligung voll und ganz auf dem Boden der Nürnberger Ne-solutton steht."lieber die Beamtengehältcr in den Thüringer Kleinstaaten referierteGenosse B a u d e r t- Weimar. In der sich anschließenden auS-gedehnten Debatte wurde daS Verhalten etneS großen Teiles derBeamten kritisiert, die durch ihre Haltung und ihren Einfluß beipolitischen Wahlen eS mitverschuldet haben, daß eine Politik unter-stützt wurde, die zur Verteuerung der Lebenshaltung führen mußte.Die nächste derartige Konferenz soll in Gotha stattfinden. DenZeitpunkt setzen die Parteisekretäre fest.AitS dem hessischen Parlament.Darmstadt, 4. Januar. Heute vormittag trat die ZweiteKammer wieder zusammen.Auf eine Anfrage deS Abgeordneten Molthan betreffend dieEinführung einer Flaschenweinsteuer erklärte StaatSministerEwald, die Regierung habe im Bundesrat beantragt, alle Weine.die von Privaten auf Flaschen gefüllt und selbst verbrauchtwerden, soweit der Preis der Flasche 70 Pfennige nicht über-steigt, von jeder Abgabe freizulassen. Da dieser Antrag ab-gelehnt worden sei, habe die Regierung gegen den ganzen Entwurfgestimmt. Nachdem die Abstimmung bekannt geworden sei. habe dieRegierung eine besondere Verwahrung gegen die Steuer imReichstage nicht für angebracht gehalten. Sie glaube viel-mehr, es den hessischen Reichstagsabgeordneten überlastenzu können, die Berückstchligung der besonderen Verhältnisse Hessensan zuständiger Stelle zu sichern. Der Minister des Innern, Braun,erklärte, daß die Regierung die Aufgabe gehabt hätte, die Vorlage alsGanzes zu prüfen. Auf Enind dieser Prüfung sei sie zu dem ableh-nenden Standpunkt gekommen; denn zweifellos würde einTeil des Landes durch die Wein st euer schwer be-troffen.Finanzminister Gnauth äußerte sich über die Finanzlage Hessensund berief sich dabei im wesentlichen auf die Ausführungen derKronräte. Der Minister stellte, falls die Reichsfinanzreform nichtzustande komme, eine Erhöhung der direkten Steuernum2b biS30Proz. für1910 in Aussicht.In Baden wird weiter gemasiregelt.Der Oberschulrat in Karlsruhe hat den Leiter der Lehrer-konferenz in Neckarelz, welche die Resolution gegen die Maß-regelung des Hauptlehrers Rädel gefaßt hat, mit einemernstenVerweisundSVM. Geldstrafebelegt,wozu noch etwa 100 M. Kosten kommen. Der Bestraste,Hauptlehrer Bähr in Epfenbachbei Heidelberg, soll gegendie Pflichten seines Standes verstoßen haben, als er über diedas Verhalten des Oberschulrats mißbilligende Resolution abstimmen ließ. Es wird immer schöner im„liberalen" Baden.Neue Kolonial-Reichtsimer.Wenn eS mit den Meldungen über wertvolle Funde in Süd-Westafrika so weitergeht, dann wird demgegenüber daS biblischeLand, in dem der Honig floß, bald als eine jämmerliche Sandwüsteerscheinen. Neben den Diamanten hat man jetzt auch 100 Ktlo«meter von Swakopmund entfernt, Tantasit entdeckt. ES ist das einsehr teures Metall, das in der ElektrizitStSindustrie zur Herstellungvon stromsparenden Metallfäden verwendet wird. Die Kolonial-Enthusiasten werden daraus zweifellos neue Hoffnungen schöpfen;eS wird aber doch wohl erst abgewartet werden müssen, was an denneuen Funden Wahres ist. Jedenfalls ist es sehr auffällig, daß inder letzten Zeit gerade Südwestafrikra als begehrenswerte Koloniegeschildert wird. ES läßt sich der Gedanke nicht von der Handweisen, daß in einem Teil deS deutschen Volkes eine gewisse Hurra-stimmung hervorgerufen werden soll, auf die man sich so schön be-rufen kann, wemi besondere Ausgaben für Südwestafrika gefordertwerden.—_Die Valkankrise.Die serbische Politik.In der serbischen Skupschtina hielt der Minister deS Auswärtigen Dr. Milowanowitsch am 2. Januar eine Rede, inder er seine Politik zu rechtfertigen suchte. Um seine Positiongegenüber den chauvinistischen Angriffen seiner Gegner zu stärken,schlug er gegen die österreichische Regierung recht herausforderndeTöne an. So erklärte er, Oesterreich müsse aufhören, eine Rolleals Balkanstaat spielen zu wollen und sich hinter die Donau- undSavegrenze zurückziehen. Bosnien und die Herzogewina müssendie volle oder wenigstens die halbe Souveränität unter der Kon-trolle Europas erhalten. Nicht gegen Rußland, sondern gegenOesterreich müsse das Gleichgewicht«ruf dem Balkan verteidigt undOesterreich der Weg zum Aegäischen Meere versperrt werden.Schließlich stellte der Minister, dessen Ausführungen in starkemGegensatz zu denen Jswolskis stehen, der keinen Zweifel darüberließ, daß Rußland jetzt für keinen Krieg gerüstet sei, die Per-trauenSfrage.Am Tage darauf nahm die Skupschtina die von der Regie-rung akzeptierte Tagesordnung an, wonach die Skupschtina Ruß-land. England. Italien und Frankreich für ihre Sympathien herz-lichst dankt und von diesen Mächten, besonders vom brüderlichenRußland, auch sachliche Unterstützung erhofft. Sie erwartet fernervon der serbischen Regierung alle Maßnahmen, die erforderlichsind, um bei der Revision des Berliner Vertrages vollkommenepolitische und wirtschaftliche Unabhängigkeitfür Serbien und Montenegro zu sichern. Rur der sozial-demokratische Abgeordnete hatte den Mut, den kriege-rischen Reden entgegenzutreten und auch gegen die TageS-Ordnung zu stimmen.In Oesterreich werden die Angriffe des serbischen Ministersvon offiziöser Seite scharf zurückgewiesen, wenn auch gleichzeitigbetont wird, daß Milowanowitsch seine Angriffe vor allem des-wegen gemacht habe, um seinen Gegnern den Wind aus den Segelnzu nehmen. Es heißt, daß der österreichische Gesandte in Belgradvon dem Minister Aufklärungen verlangen wird.Demission des serbischen Kabinetts.Belgrad, 4. Januar. DaS Kabinett Welimirowitschdemissionierte, nachdem im Ministerrat der Minister desInnern und der Finanzminister erklärten, keinesfalls das Porte-feuille behalten zu wollen.Kritische Situation.Sofia, 4. Januar. Bei Eröffnung der Verhandlungen überdaS Kriegsbudget machte Ministerpräsident Malinowfolgende Erklärung: Die heutige Lage ist für den Frieden auf derValkanhalbinsel kritischer, als sie eS bei dem Ausbruch desgricchisch-türkischcn Krieges und dem mazedonischen Aufständewar. Deshalb müssen wir auf alles vorbereitet sein. Ichkann erklären, daß wir eö auch in diplomatischer Beziehung sind,denn Bulgarien hat trotz allem, was geschehen ist, mehr Freundebei den Mächten, als manche meinen. Die Sobranje votierte dasKrlcgSbudget per Akklamation.Der Boykott.Konstantinopel, 3. Januar. Der diplomatische Agent Bul-garienS erhob gestern bei dem Großwcsir Vorstellungenwegen deS Boykotts gegen bulgarische Waren, ebenso dergriechische Gesandte wegen der geplanten Protcstversamm-lungen in der kretensischen Frage. Beide hoben hervor, daß der»artige Kundgebungen did beiderseitigen guten Beziehungen trübenkönnten.frankrcich.Die Senatswahlen.Paris, 4. Januar. Bei den Senatswahlen wurden imersten Wahlgang 23 Republikaner, 24 Radikale, 20 sozialistischRadikale, S Progressisten und 4 Konservative gewählt. 24 Stich.wählen sind erforderlich Unter den Gewählten befinden sich außerClemenceau unter anderen DeStournelles, ConstanS, JeanDupuh, Möline, Pierre Baudin, Sarrien, Frcvcinet, Maujati undRibot. 15 Deputierte sind zu Senatoren gewählt.Die endgültigen Resultate sind folgende: 29 Re-publikaner, von diesen sind sieben neu gewählt; 31 Radikale, davon12 neu; 30 Sozialistisch-Radikale, davon die Hälfte neu; ein un-abhängiger Sozialist; 10 Progressisten, wovon 4 neu; V Konservative, davon einer neu gewählt. Die Gesamtzahl der Gewähltenbeträgt 103. Die Ministeriellen gewannen 15 Sitze.DaS Wahlergebnis wird von der gesamten Presse besprochen.Die konservativen, nationalistischen und gemäßigt-republikanischenBlätter stellen mit Bedauern fest, daß der Radikalismuswettere Fortschritte gemacht habe. Die radikalen Blättersind von dem Ergebnis außerordentlich befriedigt. Der Sieg seiein vollständiger und unbestreitbarer. Das Land habe wieder ein-mal gezeigt, daß es auf der Seite der Republik stehe. Die Regie-rung, die bei den Kammertvahlen so große Erfolge errungen habe,triumphiere nunmehr auch bei den Senatswahlen. Nur vergesse«die radikalen Blätter hinzuzufügen, daß die Siege des Radikalis-muS mit der Preisgabe seiner politischen Prinzipien erkauft wordensind._'Eine Nachwahl.PariS» 4. Januar. Im Departement Loir-et-Cher wurde beider gestrigen Kammerersatzwahl an Stelle deS verstorbenen sozialistisch-radikalen Tassin der sozialistisch-radikale Boncourt, Bu«reaudirektor des Arbeitzministers, mit 12 692 Stimmen ohne Gegenkandidaten gewählt.RußtanctEm Attentatsversuch.Petersburg, 3. Januar. In der vorigen Nacht explodiertein einem stark besuchten Cafe auf dem NewSkiprospekt eineBombe, die ein Mann in Studcntenuniform mitgebracht hatte.Ein Kellner wurde getötet. Man vermutet, dah eS sich um die Vor-bereitung eineö Anschlags auf einen hochgestellten Beamten han-delt. Leute früh wurde auf dem NewSkiprospekt ein Mann verhaftet, der der Mitwissenschaft verdächtig ist.perilen.Eine angebliche Niederlage der Revolutionäre.Petersburg, 3. Januar. Wie der Petersburger Telegraphen»agrntur aus T ä b r i S über Dschulfa gemeldet wird, sind inGorghan die Revolutionär« vollstänoig aufs Haupt ge-schlagen worden. Der Gouverneur von Maroga zieht gegenTäbriS.Neue Unruhen.Teheran» 3. Januar. In Jspahan sind große Ruhe«störungen ausgebrochen. Angehörige deS Stammes derBakhtiari sind in die Stadt eingedrungen und plündern dort allesaus, was ihnen erreichbar ist. Es kam wiederholt zu Zusammen»stößen. Der Schaden ist bedeutend.Die Unruhen sind durch Feindseligkeit der Bevölkerung gegenden Gouverneur und gewisse von ihm eingeführte Steuern der-anlaßt. Bor zwei Tagen suchten eine Anzahl Priester und Kauf.leute wegen der drohenden Gefahr Zuflucht im britischen Konsulat,der Eintritt wurde ihnen aber verweigert. Dagegen gelang eSihnen. Unterkunft im russischen Konsulat zu ftnden. Ueber dasErgebnis der Kampfe zwischen den BakHtiaris und dem Militärist noch nichts bekannt. Die meisten Bazare sollen von den erster«»geplündert sein. Der Gouverneur befindet sich im britischen Kon-sulat. Der russische und der englische Gesandte haben bei der Re-gierung dringende Vorstellungen gemacht und dieselbe für verant-wortlich für Leben und Eigentum ihrer Staatsangehörigen erklärt,China.Auanshikaio Sturz.Die Entlassung und Berbanmmg NuanshikaiS, die gänzlich un«erwartet gekommen ist, hat große Aufregung Hervorgerufen. Duan»schikai war über ein Jahrzehnt der Hauptratgeber der verstorbenenKaiserin und galt als Haupt der Reformpartei. Er suchte diechinesische Armee nach deutschem Muster zu reorganisieren, die öko«nomische Entwickelung China« zu fördern und sie in kapitalistischeBahnen zu lenken. Verwaltungsreformen einzuführen, das Schul«Wesen zu verbessern und allmählich die Einführung einer Verfassungvorzubereiten, wobei er nichts weniger als radikal zu Werke ging.Sein Sturz erweckt daher die Befürchtung, daß auch mit diesemsehr konservativen Resormsystem gebrochen werde und der RegentTschim zur alten reaktionären Politik zurückkehren wolle.In Peking glaubt man auch, daß der Rücktritt auf Intrigenreaktionärer MandschuS zurückzuführen sei, die Duanshikai vorallem die Gleichstellung der MandschuS mit den Chinesen nicht ver»zeihen konnten.