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Nr. 8. 26. Jahrgang.

3. Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Sontag, 10. Januar 1909.

Spionageprozeß Huber vor dem Reichsgericht.

Deffentlichfeit wegen Gefährdung der Staatsführung der Verschlechterung in den Wagenbauereien ins Zeug ficherheit ausgeschlossen. Erschienen waren 15 Zeugen, gelegt. In einigen Großbetrieben sei ein starker Drud zum Eins ein militärischer Sachverständiger und drei medizinische tritt in die gelben Vereine auf die Kollegen ausgeübt worden, daß Sachverständige. Medizinalrat Dr. Thümmler erklärte den viele Mitglieder dem Druck nicht widerstehen konnten. In den Angeflagten für verhandlungsfähig. Bei der Vernehmung der beiden Werkstätten der Großen Berliner Straßenbahn sei im März das anderen medizinischen Sachverständigen handelte es sich lediglich um Verlangen, dem gelben Verein beizutreten, an die Kollegen ge­die Frage, ob bei dem Angeklagten geistige Störung vorliegt und er stellt worden. Eine Anzahl der Kollegen habe dem Verlangen Leipzig , 8. Januar. Ein eigenartiges psychologisches Problem die Tat in einem Zustande geistiger Unzurechnungsfähigkeit begangen stattgegeben. Die anderen, welche standhaft blieben und sich nicht war es, mit dem sich heute der vereinigte zweite und dritte Straf- hat. Daß Huber an Dämmerungszuständen leidet, wurde zugegeben, in den gelben Verein preffen ließen, feien entlassen worden, so daß fenat des Reichsgerichts unter dem Vorfiz des Senatspräsidenten auch daß er seine Selbstbezichtigung in einem solchen Zustande vor in den Werkstätten der Straßenbahn kein gewerkschaftlich organi­Dr. Frhrn. v. Bülow zu beschäftigen hatte. Wo wäre es jemals genommen habe. Während Medizinalrat Dr. Leppmann aus fierter Kollege mehr beschäftigt sei. Ganz derfelbe Vorgang habe vorgekommen, daß ein Spion felbst zum Staatsanwalt geht und sich Berlin der Meinung war, daß die Tat felbst, die sich durch mehrere sich bei den Firmen Siemens u. Salske und Siemens­cines mit Zuchthaus bedrohten Verbrechens selbst bezichtigt, und daß Wochen hinzog, nicht in einem Dämmerungszustande begangen Schudert abgespielt. Die Meister seien bei den Kollegen herum­er bei seiner Behauptung beharrt hätte, obwohl ihm der Staats- fein fönne, vertrat Privatdozent Dr. Bumie aus Freiburg gegangen und hätten jedem bedeutet, wenn er Arbeit haben wolle, anwalt wohlmeinend riet, nach Hause zu gehen? Franz Josef( Breisgau ) die Ansicht, daß man Dies doch wenigstens müsse er dem gelben Verein beitreten. Als durch diese Einschüchte Huber, Maurergeselle und Gasarbeiter, ursprünglich Kaminfeger, für möglich halten müsse. Nachdem gegen 3 1hr die rung erft cinige Kollegen sich in die Liste des gelben Bereins cin­geboren am 1. November 1864 in Mörsch , Amt Ettlingen in Baden , Deffentlichkeit wieder hergestellt war, ergriff der Vertreter gezeichnet hatten, zeigte der Meister diese Unterschriften den ist ein solcher Sonderling. Kein Mensch hatte ihn im Bekdacht, für der Reichsanwaltschaft, Staatsanwaltschafts- anderen Kollegen und sagte, die Unterzeichner feien freiwillig dem Frankreich zu spionieren. Und doch ging er vor etiva neun Monaten rat Dr. Preiser, das Wort. Er war der Meinung, gelben Berein beigetreten. Diese falsche Vorspiegelung habe zum Staatsanwalt in Karlsruhe und gab an, er fühle fich durch Ge- daß der Angeklagte bei Begehung der Tat sich nicht in einem Zu wieder einen Teil der Kollegen veranlaßt, dem Druck nachzugeben. wiffensbisse veranlaßt, zu bekennen, daß er im Jahre 1906 einem Agenten stande von Geistesstörung befunden habe und daß das, was er dem Nur eine kleine Zahl sei dem Verbande treu geblieben, die seien der französischen Regierung, der ihn in seinem damaligen Wohnorte franzöfifchen Agenten geliefert hat, von dessen Auftraggebern als dann kurz vor Weihnachten entlassen worden. 150 Bläge in den Eimeldingen aufsuchte, gegen einen Vorschuß von 300 Fr. und eine wertvoll angesehen sein müsse, weil man sonst nicht soviel dafür be- genannten Firmen, die früher von Verbandsmitgliedern einge­nachträgliche Bezahlung von 500 Fr. eine Zeichnung der Festung zahlt haben würde. Die Pläne der Festung Istein feien geheim- nommen wurden, seien jetzt durch Gelbe besetzt. Jstein und andere Notizen geliefert. Nur weil er mit großer Be- zuhalten und der Angeflagte als ehemaliger Soldat, der auf einer Umständen sei es begreiflich, daß die Sektion im vergangenen harrlichkeit bei seiner Behauptung verblieb, wurde er schließlich in Festung gedient habe, müsse dies auch gewußt haben. Zuzugeben Jahre keine Zunahme ihrer Mitgliederzahl verzeichnen konnte. haft genommen. Herr Huber war, wie sich herausstellte, von fei, daß der Angeklagte erblich belastet und geistig minderwertig sei. Doch dürfe das die Kollegen nicht mutlos machen. Die Sektions­jeher ein großer Flunkerer gewesen, der lange Geschichten erfand, Dies könne aber nur bei der Strafabmessung in Betracht leitung habe getan, was sie tun konnte, fie rechne auf die Unter­um andere damit zu narren. Als Sohn eines Trinkers ist er kommen. Er beantrage die Mindest strafe nach§ 1 stüßung der Kollegen, um deren Interessen auch ferner nach besten erblich belastet. Während er auf der Festung Rastatt Soldat des Spionagegefeges, wei Jahre Zuchthaus, außer Sträften wahrnehmen zu können. war, hat ihn ein Pferd mit dem Hufe am Kopfe verlegt. dem 5 Jahre Ehrenrechtsverlust und Polizeiauf- Nachdem die Diskussion des Geschäftsberichte erlebigt war, Seitdem foll er öfter sogenannte Dämmerauftande ficht. Da die Untersuchungshaft sich ohne Schuld des Angeklagten fand die Neuwahl der Seftionsleitung ftatt. Der bisherige Sef­gehabt haben, die etwa eine Moche andauern. Was sehr verlängert habe, beantrage er, neun Monate derselben auf die tionsleiter Haase lehnte eine Wiederwahl aus Gesundheitsrüd­er während eines solchen Zustandes getan, dessen will er sich Strafe anzurechnen. Die Beratung dauerte nur turze fichten ab. Gewählt wurden: Belt, Geftionsleiter, Stender, nicht mehr erinnern fönnen. Als er nun einige Zeit in Unter- geit. Das gegen 5 Uhr verkündete Urteil lautete auf& rei Schriftführer, Schlösser, stellvertretender Schriftführer, fuchungshaft saß, wollte er auf einmal von dem, was er bei seiner sprechung. Die Begründung war nur furz. Das Gericht hat Linde, Kassierer, Remmel und Reinke, Beifizer, ölzce Selbststellung behauptet hatte, nichts mehr wiffen; er leugnete den Beweis, daß der objektive Tatbestand festgestellt sei, nicht für und Fechner, Bibliothefare. jegliche Schuld. Während der Untersuchungshaft selbst foll auch erwiesen angesehen, weil nicht festzustellen war, wie die Zeichnungen wieder ein Dämmerungszustand eingetreten sein. Huber bildete sich beschaffen waren, die dem franzöfifchen Agenten überliefert sein ein, man wolle ihn vergiften, und er vier Tage lang nichts. Erft, sollen. Der Angeklagte wurde sofort aus der Haft entlaffen. nachdem ihm der Arzt gut zugeredet hatte, nahun er wieder Nahrung zu sich.

In der heutigen Verhandlung machte er einen vorteilhaften Eindruck. Er sprach wie ein gebildeter Mann und gab Beweise eines vorzüglich funktionierenden Gedankensinnes. Er war feineswegs bemüht, zu leugnen und erzählte eingehend, toie sich eines Tages im Jahre 1906 ein Mann, der die Züricher Mundart sprach, mit ihm bekanntgemacht und nach der Festung Jitein gefragt habe. Da er dort früher gearbeitet, habe er Aus funft geben tönnen. Der Fremde, der sich Jänny nannte und nach Ansicht der Anklage ein Agent des französischen Nachrichtenbureaus war, habe von ihm eine Zeichnung der Festung verlangt und ihm im voraus 800 Fr. dafür gegeben. Er habe die Zeichnung nur aus dem Gedächtnisse anfertigen können, aber abfichtlich falsche Angaben gemacht. Auf die Bemerkung des Präsidenten, daß er dann Boch den Fremden beschwindelt habe, gab er zu, unrecht gehandelt zu haben. Er versicherte, er fei ein durchaus patriotischer Mann, der nichts fun würde, um sein Vaterland zu verraten. Trogdem behauptete er, nach Ablieferung der Zeichnung noch 500 Fr. von dem Fremden er­halten zu haben. Daraus folgert die Anklage, daß die Auftrag geber des Jänny die Zeichnung nicht für wertlos gehalten haben fönnen. Huber meint, er habe geglaubt, Janny fei ein Ingenieur, der sich um einen Festungsbau in der Schweiz bewerben und dazu die Notizen benußen wollte. Nach 10 Uhr wurde die

Verfammlungen.

Vermischtes.

Unter diesen

Folgenschwere Explosion in der Freiberger Gasanftalt. Aus Freiberg i. S. wird gemeldet: In der hiefigen Gasanstalt erfolgte heute früh eine schwere Explosion, wodurch das Reinigungshaus zerstört und sechs Arbeiter verlegt wurden. Das Unglüd ist dadurch entstanden, daß sich in dem Reinigungsraum zu viel Gas ange­fammelt hatte.

Die Lackiererfektion des Malerverbandes hielt am Donnerstag eine Versammlung ab, in der der Sektionsleiter Haase den Jahresbericht erstattete. Der Rebner sagte unter anderem: Die wirtschaftliche Depression habe sich auch im Beruf der Lackierer sehr start bemerkbar gemacht. In den Betrieben seien viel weniger Ein breizehneinhalbjähriger Luftmörder. Nach einer Meldung Radierer beschäftigt, als im Jahre 1907. Infolgedeffen sei aus Brag find in Radeschowiß in den lezten Tagen bret Lustmorde auch der Besuch der Werkstatt- und Sektionsversammlungen an kleinen Kindern verübt worden. Als Täter ist gestern her schwächer gewesen als im Vorjahre. Infolgedessen habe von Lohn- dreizehneinhalb Jahre alte Knabe Rotschek aus dem Orie verhaftet bewegungen im größeren Umfange keine Rede sein können. Wo worden. kleine Bewegungen und Differenzen stattfanden, seien fie un­günstig verlaufen. Die Kollegen hätten sich sogar Verschlechte- Ein Millionendiebstahl. Von einem der Baris- Lyon - Mittel­rungen der Lohn- und Arbeitsverhältnisse gefallen laffen müssen, meer- Bahn gehörigen Laftwagen wurde nach einer Meldung aus um Stampfe zu vermeiden, die aussichtslos waren. In den Wagen- Paris gestern aus dem Frachtenbureau der Ostbahngesellschaft ein baubetrieben seien die Errungenschaften des Jahres 1906 größten- Sad mit Wertpapieren in Höhe von 1 Million Frants gestohlen. teils wieder verloren gegangen. Das sei zurückzuführen auf die Sämtliche Banken sind von dem Diebstahl verständigt. Da die Treibereien des Kartells der Wagenbauunternehmer. Der Wagen- Papiere auf den Namen lauten, werden sie von den Dieben nicht fabrikant Neuß habe sich mit besonderem Eifer für die Dura- leicht veräußert werden können.

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